3. Unsicherheitsfaktor Arbeitsvertrag
Die Bewerbungen bei Maatwerk finden in der Regel in Form eines Gruppengesprächs,
dem meist Einzelgespräche zur Vertragsunterzeichnung folgen. Fast alle
InformantInnen berichten, dass es schwer ist, auf ihre Fragen zu den Vertragsbedingungen
konkrete Antworten zu bekommen. Fehlende Berücksichtigung der Qualifikation,
rückdatierte Verträge, geschummelter Urlaub, ungeklärte Fahrtkosten
und Pendelbereich - das sind häufig genannte Probleme schon mit dem Arbeitsvertrag.
Siehe als Beispiel einen Standard-Vertrag von
Maatwerk (pdf, Anhang 5). Dieser Vertrag ist wie alle befristet
auf 9 Monate[1] und sieht eine Probezeit von 3 Monaten vor,
mehrfach ist uns aber auch eine Probezeit von 6 Monaten genannt worden.
Folgendes schilderten uns unsere InformantInnen zu den Vorstellungsgesprächen
und den Problemen mit dem Arbeitsvertrag:
- "... bisher noch keine konkreten erfahrungen, habe
heute vom arbeitsamt bremen eine "vermittlung" an maatwerk bekommen.
bin zu meiner überraschung dann schon heute nachmittag von maatwerk angerufen
und für den [Tax X] "hinbeordert" worden. in diesem telefonat
- wo es nicht viele auskünfte gab (das klären wir später) war
die antwort auf die frage (stand im vermittlungsangebot vom arbeitsamt bremen
(nach tarif) nach welchem tarif gezahlt würde -"nach dem zeitarbeitstarifvertrag"
nach meinem einwand, dass es diesen gar nicht gäbe - bekam ich zur antwort
"angelehnt an den randstadt tarif" - kann mir da jemand weiterhelften
- wie ist der und vor allen dingen, ist es erlaubt unter dem jeweiligen branchentarif
zu zahlen?" Und 3 Wochen später: "habe heute mein vorstellungsgespräch
gehabt. viel infos waren nicht zu bekommen z. thema fahrkosten/porto für
bewerbungen z.b. nicht. (
) Die max. Vertragsdauer ist 9 monate - die
Probezeit immer 6 Monate - ist das eigentlich rechtens? (...) frage nach vwl
und betriebsrat wurde verneint, Aufsichtsrat sitzt wohl in holland, AR-Vorsitzender
ist den Damen nicht bekannt. (...) Frage: Probezeit 6 Monate für max
9 Monate Arbeitsvertrag! Ist das überhaupt ein richtiger Arbeitsvertrag,
wenn die BFA zahlt und die Arbeitslosenzeit nur unterbrochen wird? Ist das
korrekt, das dieser "Randstadttarifvertrag" ab 1.1.2004 für
alle Zeitarbeitsfirmen gültig ist?"
(Informant 12)
- "Am [Tag X] wurde ich bei der Maatwerk GmbH Jena
eingestellt. Schon bei der Einstellung ist einiges schief gegangen. Eigentlich
sollte ich bereits im August eingestellt werden. Später wurde der Termin
auf den [Tag X + 1] verschoben aus Gründen von Seiten der Maatwerk GmbH.
Beim Arbeitsamt wurde ich aber von der Maatwerk GmbH Jena bereits zum [Tag
X - 2] abgemeldet. Selber hatte ich mich beim Arbeitsamt noch nicht abgemeldet,
da ich noch keine unterschriebenen Arbeitsvertrag hatte. Als ich am [Tag X
+ 1] zur Unterzeichnung meines Arbeitsvertrages zur Maatwerk GmbH kam, wurde
mir mitgeteilt, dass mich Maatwerk erst zum [Tag X + 29] einstellen kann.
Ich könnte mich ja problemlos wieder beim Arbeitsamt anmelden (ich war
vorher in der Arbeitslosenhilfe). So ganz problemlos ging es jedoch beim Arbeitsamt
Jena nicht. Schließlich habe ich es beim Arbeitsamt Jena dann mit viel
Aufwand und Aufregung doch geschafft, mich wieder für die Arbeitslosenhilfe
anzumelden. Damit dachte ich, es wäre erst einmal alles erledigt. Nach
ein paar Tagen bekam ich vom Arbeitsamt Jena ein Schreiben, in dem stand,
dass Maatwerk beim Arbeitsamt abgegeben hätte, dass ich einen mit dem
Arbeitsamt Jena abgestimmten und angemeldeten Urlaub antreten würde (was
natürlich nicht stimmte) und deshalb der Arbeitsvertrag mit mir erst
zum [Tag X + 29] abgeschlossen werden kann. Damit könnte ich vom Arbeitsamt
keine Arbeitslosenhilfe erhalten. Ich soll mich bitte auch privat kranken
versichern. Ich hätte ja keinen Urlaub angemeldet und außerdem
die Arbeitstelle bei Maatwerk nicht angenommen." (Informant
1)
- ".. Am 02.02.04 wurde ich vom Amt nach Maatwerk geschickt.
Dort hab ich nen Fragebogen ausgefüllt, und mir wurde gesagt, das mein
Stundenlohn so bei ca. € 7,50 dann liegen würde. Hörte sich
gut an. Am 05.02.04 das Zweitgespräch - nochmals Fragebogen ausgefüllt.
Am 09.02.04 das dritte mal, eigentlich sollte ich den Vertrag unterschreiben.
Die Dame von den ersten zwei Gesprächen was "verhindert".
Habe ein paar Fragen zu den Fahrkosten u.s.w. gestellt, u.a. auch noch mal
zum Lohn, da mir ein Zettel ins Auge fiel, wo ein ganz anderer Satz draufstand.
Auf die Frage, warum jetzt nur € 6.88 , gabs keine Antwort. Die Frau
war so perplex erstmal, das sie mir sogar sagte, was ich normalerweise kriegen
würde, und das wären genau € 7.65. Warum das jetzt weniger
ist, kann sie nicht sagen, und hat mich mit dem Satz "Ich ruf Sie
dann nochmal an" schon fast rausgeschmissen. Am nächsten Tag kam
der Anruf: "€ 6.88, mehr ist nicht drinn, wolln Sie trotzdem unterschreiben?
Wenn nicht, muß ich das Arbeitsamt darüber informieren."..."
(Informant 19)
- "... Unterzeichnung des Vertrages. Vertrag wurde zum 28.07.03 über
die Dauer von 9 Monaten abgeschlossen. Vergütung brutto pro Stunde 7,20
€, 6 Monate Probezeit, Arbeitszeit 20 Stunden/Woche. Darauf hingewiesen
worden, dass man die Pflicht hat, sich ständig selbst weiter zu bewerben
und dieses auch nachzuweisen muss. Bei Nachfragen meinerseits zu Ziffer 12
des Arbeitsvertrages „Zusatz bei einer Tätigkeit im Ausland über
einen Monat hinaus“, wurde ich daraufhin beruhigt, dass für mich
vom Vertrag eigentlich nur die erste Seite gilt, ich bräuchte mir keine
Gedanken zu machen, das sind die Standardverträge. Am liebsten hätte
ich das schriftlich gehabt, aber die Vertragspartner haben abgeblockt..."
(Informant 28)
- "... Als Arbeitslohn wurden mir 7 Euro pro Stunde zugestanden.
Als Begründung nannte man mir, daß es in etwa dem Lohn vom Arbeitsamt
entsprechen sollte. Allerdings habe ich im Nachhinein von anderen höhe
Stundenlöhne erfahren. Es erschien mir doch ziemlich willkürlich.
Wer motzt, bekommt mehr..." (Informant 34)
Insgesamt scheint es, als ob Informationen knappes und kostbares Gut bei Maatwerk
waren, auch die selbstverständlichsten Informationen. als Beispiel für
die "Informationsfreude" möge ein detailliert protokolliertes
Vorstellungsgespräch dienen:
- ".... Die Unterhaltung lief bis Ende sehr sachlich. Nachdem mein
Lebenslauf gierig studiert wurde, mir fast im Small Talk der farbige
Bundesweite Wechsel-Einsatz mit Hotel erklärt wurde, dann, ebenfalls
im Small-Talk mein Frage-Antwort-Dialog. Resultat: Eine feste Anstellung beim
Entleiher und ein eigener Ausstieg zum anderen Tag sei möglich. Es gibt
Auslöse und je Kilometer eine Erstattung von 13cnt, 35h Woche, Überstunden
per Freizeitausgleich. Aber - leider: "...Ich bin nicht ausreichend für
die Firma qualifiziert...eine Beschäftigung nur für einfache Arbeiten
- 6,88Eur/h max in Übereinstimmung Tarif IGZ..."
Ich sagte: das hört sich doch gut an, aber ich muss zu Hause meine Verbindlichkeiten
mit den Erwartungen vergleichen - das würde außerhalb der Region
sehr dünn für mich werden, wenn ich die Fahr- u. Unterkunftskosten
vorstrecken müsste. Antwort: na ja, die Kostenabrechnung erfolgt durch
persönliche Sammelzettel und wird in der Folgezeit erstattet.(?) Meine
Frage zur Begutachtung eines Arbeitsvertrages und "wie gehts los?"
wurde erst einmal abgewehrt, auch kein Fragebogen. Dies mit der Bemerkung:
" Wir werden erst über ihre Aufnahme entscheiden, denn wir
haben zur Zeit einen übergroßen externen Andrang von Willigen..."
(...) ich verkündete nochmals meinen ernsthaften Willen um eine Club-Mitgliedschaft
und wir verblieben darin, dass ich also am 22.1 bis 12 Uhr per Telefon meinen
Willen wiederholen dürfte... (...) Heute, am 22.01 führte ich wie
vereinbart das Telefonat mit einem Herrn X vom MAATWERK-Büro Magdeburg.
Da ich einige offne Fragen hatte, auf die man mir beim persönlichen Gespräch
am 21.01 keine Antwort gab bzw. nicht mehr zur Sprache kamen, wollte ich diese
nun endgültig klären. Auch meine versprochene endgültige Entscheidung
hing ja wesentlich von den Antworten ab. Am Telefon sagte ich: „für
eine persönliche Entscheidung brauche ich ein paar Auskünfte, die
für mich sehr wichtig sind, da bei einem Bruttolohn von 6,88 Euro für
mich kein Spielraum für Vorauslage von Fahr- u. Unterbringungskosten
besteht und ich als Alleinstehender für alle Verbindlichkeiten selbst
aufkommen muss, ob eventuell eine Anpassung des Stundensatzes möglich
ist..“ Darauf seine Antwort: „eine höhere Einstufung können
wir ihnen nicht anbieten!“ Auf meine Frage: „die Höhe des
Auslösesatz bzw. der Tagessatz und welche Art der Unterkünfte sind
vorhanden bzw. muss man die sich erst am Tag X selbst organisieren?“
Seine Antwort: „darauf gebe ich keine Auskunft“. Dann die Frage
von mir: „ werden längere Anreisezeiten ausgeglichen und wie?“
Antwort: „dazu kann ich jetzt nichts sagen“. Darauf meine Bitte:
„wenn sie mir keine Auskunft geben können, dann möchte ich
nochmals ein persönliches Gespräch zur endgültigen Klärung“
Antwort: „ja, na gut - wir rufen sie dann an“.." (Frank
Adler, Magdeburg).
Es rief nie wieder jemand von Maatwerk an! Sein Fazit: ".. Die Zwangsdeportation
zu MATWERK ist in meinem Fall im Sande verlaufen - ich bin dort gar nicht
mehr in Vermittlung gekommen. Ich wollte von den dortigen Angestellten mehrfach
Auskünfte über die Art der Kostenerstattung beim fliegenden Wechsel
von Ort zu Ort und adäquat den Betrag der Auslöse wissen - man verweigerte
mir vorab die Angaben. Erst wenn ein Vertrag zustande gekommen wäre.
Ich wollte Einsicht in eine Vertragskopie haben - auch dieses Anliegen wurde
nicht mal Ansatzweise zugelassen - aber ich kannte diese Überrumpelungspraxis
und Täuschungsexzesse der Zeitfirmen schon - Fakt ist, für die Angebotenen
6,80Eur/h hätte ich kein Fahrgeld und keine Unterkunft im Voraus bezahlen
können. Da wären schnell einige Hundert Euro im Monat zusammengekommen
Dies alles nahm ich nun zum Anlaß, dieses Vermittlungsangebot zu Gersters
Büttel zurückzuschicken. Natürlich kalkulierte ich als Folge
eine Sperrfrist trotzdem ein, aber ich habe seit dem keine Nachricht von dieser
Schock-Agentur erhalten...." Frank Adler hat daraufhin seine "Karriere"
(Verweis zur PSA statt einer sinnvollen Umschulung) in einem Offenen
Brief an die SPD-Fraktion geschildert (pdf, Anlage 6).
Allen zukünftigen potentiellen Opfern einer PSA legen wir daher den "Musterbrief
bei Vermittlung in Leiharbeit" der KOS empfehlen. Es ist eine schriftliche
Bestätigung des Vorstellungsgesprächs samt der Liste auszuhändigender
Unterlagen.[2] Doch die Informationen bei Maatwerk waren
nicht nur knapp, oft auch falsch - falsch wie rückdatierten Arbeitsverträge[3]:
- So z.B. Informant 13: "
Bis zum gegenwärtigen
Zeitpunkt halte ich noch keinen Arbeitsvertrag in den Händen. Laut der
Mitarbeiter der Firma Maatwerk würde es sich um einen Arbeitsplatz im
Tagespendlerbereich (TPA) handeln, nach Aussagen anderer Bewerber wird aber
im Arbeitsvertrag bundesweit festgehalten. In den weiteren Gesprächen
verweist der Mitarbeiter von Maatwerk immer auf regional bzw. überregional.
Von TPA war schon nicht mehr die Rede. Da ich davon ausgehe, dass der Arbeitsplatz
in [X] sein wird, ist bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt
nicht geklärt, wer für die Fahrtkosten aufkommt. (
) Eine weitere
Ungereimtheit stellt sich folgendermaßen dar: ich soll einen Arbeitsvertrag
erhalten, der 3 Tage zurückdatiert ist! ..."
- "
Arbeitsbeginn sollte der [Tag X] werden.
Am [Tag X - 2] wurde der Arbeitsbeginn im Vertrag auf Freitag, den [Tag X
+ 11] geändert. Auf Nachfrage erhielt ich die Antwort, dass Maatwerk
keinen Einsatz/Entleiher, sprich keine Arbeit für mich hatte
"
(Informant 15).
Es gab aber auch Probleme mit allen anderen verwaltungstechnischen Angelegenheiten:
- ".. Es hat über 3 Monate gedauert bis ich von Maatwerk bei
meiner Krankenkasse korrekt gemeldet worden bin. Von den Anrufen bei den Krankenkassen
und auch bei Maatwerk Y war keine Klärung zu bekommen bis sich Der Chef
meiner Krankenkassendienstelle persönlich eingeschaltet hat. Danach lief
die Sache. (...) Die Personalakte die für die Arbeitnehmer angelegt wurde
habe ich während meiner Beruflichen Laufbahn, 15 Jahre in einer Firma,
nie kennengelernt. Urlaub wurde von der Firma Maatwerk diktiert. Es kam ein
Schreiben, wann der Urlaub zu nehmen sei. Ich habe mehrfach die Praktiken
bemängelt und habe vor Ablauf der Probezeit die Kündigung bekommen.
Ich habe keinen Tag bei einem Unternehmen einen Arbeitseinsatz bekommen"
(Informant 24)
- "... Obwohl meine Probezeit (6 Monate)am Ende des Monats abläuft,
wurde bisher noch kein einziger Vermittlungsversuch unternommen. In der PSA
meiner Stadt ist es jedoch im größeren Stil üblich, die Leiharbeitnehmer
im eigenen Haus zu beschäftigen um so eigene Personaldefizite abzudecken.
Unter dem Aspekt einer "vermittlungsorientierten Arbeitnehmerüberlassung"
bringt einem dies natürlich nichts, da ja der Vertrag mit Maatwerk nach
9 Monaten abläuft und man durch die Arbeit im Hause Maatwerk auch keine
Festanstellung erhält. Die Maatwerk kassiert zumindest bis zum 6. Monat
der Beschäftigung vom Arbeitsamt richtig ab, somit sind im eigenen Hause
beschäftigte Leiharbeitnehmer ziemlich billige Arbeitskräfte..."
(Informant 25)
- "... Erneute Probleme: Habe bei Vertragsunterzeichnung mein Krankenversicherungskarte
kopieren lassen. Maatwerk wollte sich mit meiner Krankenkasse XY in Verbindung
setzen. Es passierte wieder nichts. Ich bekam am 14.08. sowie am 02.09.03
Post von meiner Krankenkasse, dass mein neuer Arbeitgeber (Maatwerk) sich
immer noch nicht um die Angelegenheit gekümmert hat, obwohl er alle erforderlichen
Unterlagen von der Krankasse zugesandt bekam. Telefongespräch mit Maatwerk.
Ich bat um Erledigung. Da ich am 20.08.03. einen Termin bei Maatwerk hatte,
wollte ich eine Kopie meiner Mitgliedschaftsbescheinigung mitnehmen, um diese
dort abzugeben.." (Informant 28)
- Wohl aus Kapazitätsgründen, aber auch Sparmaßnahmen, hat
Maatwerk gern "nach Innen" vermittelt: "... Am nächsten
morgen rief mich dann Herr Y an. Und wollte wissen, was ich heute und morgen
vorhätte. An diesem Tag hatte ich vormittags einen Zahnarzttermin. Er
meinte, ich solle doch bitte (wenn möglich) danach vorbeischauen. Er
würde mich und noch ein paar andere Leute dort im Büro zum arbeiten
brauchen. Ich erschien also gegen Mittag dort in der Weißnichtstraße.
Ich war sehr gespannt, was mich dort erwarten würde. Ich wurde von einer
Dame (die ich bis dahin noch nie dort gesehen habe, heute weiß ich,
dass es sich um Frau Korsten handelt, die wohl jetzt für mich zuständig
wäre) informiert, worum es geht: Ich und noch 3 weitere „Mitarbeiter“
sollten die PERSONALAKTEN von den sogenannten externen Maatwerklern (also
von solchen Leuten, die wie ich bei denen angestellt waren) nach den Gesichtspunkten
des Arbeitsamtes neu ordnen. Ich bekam mit, dass es wohl eine Revision vom
Arbeitsamt gab und die äußerst ungehalten waren, wie die internen
Maatwerkler ihre Akten geführt haben. Also hatten wir die Aufgabe, alles
so herzurichten, dass das Arbeitsamt nichts mehr hätte beanstanden können.
Davon mal abgesehen, dass ich es echt traurig finde, dass so was erst SO hat
einreißen können (denn jeder meiner vorherigen Chefs hätte
mich für so eine Aktenführung entlassen!!), finde ich es einfach
unglaublich, dass ich und die anderen Einblick in höchst sensible Daten,
wie z.B. Kontodaten, Gehaltsabrechnung und die persönliche Beurteilung
der Disponenten hatten. Es wurde zwar drauf geachtet, dass wir unsere eigene
Akte nicht in die Hände bekamen, aber alles andere war egal. Das Gleiche
Spiel setzte sich dann am nächsten Tag fort.....am übernächsten
Tag waren wir dann fertig. Als einmal Frau Georg zu uns stieß, frage
ich sie, wie es eigentlich mit Fahrgeld wäre. Sie meinte, sie könne
es mir noch nicht sagen, dass müsste mit Holland geklärt werden.
Aber sie wollte sich informieren... ich habe bis heute keine Antwort bekommen...."
(Informant 30)
- "Obwohl Maatwerk von meiner Krankenkasse mehrfach wegen einer Lohnbescheinigung
angeschrieben wurde, sind bis zur Übersendung über 6 Wochen vergangen..."
(Informant 31)
Dieses "Gebaren" hat sich bei vielen Arbeitsämtern herumgesprochen,
es gab wiederholt Kontrollen, was folgende "Blitz-Korrekturen" an
den Unterlagen belegen:
- "... Mein Vertrag vom [Tag X] musste ich am [2 Monate später]
nochmals unterschreiben (mit dem Datum [Tag X]), in dem eine Änderung
vorgenommen worden war, und zwar war ich nicht mehr als „kaufmännische
Angestellte“ eingestellt worden, sondern als „Bauzeichnerin“.
Am selben Tag mussten noch diverse andere „Zettel“ unterschrieben
werden. Irgendwelche Sicherheitsunterweisungen für den Arbeitsplatz usw.,
die auf die Schnelle und den letzten Drücker durchgeführt wurden.
Hintergrund der „Aktion“ war eine für die darauf folgende
Woche angekündigte Revision des Arbeitsamtes XY..." (Informant
18)
- "... Nachricht auf Anrufbeantworter: Dringend, unbedingt kommen,
8.00 Termin bei Maatwerk „Betriebsversammlung“. Es stellte sich
heraus, dass viele Maatwerk-Mitarbeiter versammelt waren und darauf warteten,
dass eine Person (genau so Mitarbeiter wie du und ich) mit der betreffenden
Personalakte zu einem kam und die komplette Akte durchforstet wurde. Es wurde
nachgeschaut, was vergessen wurde zu unterzeichnen: z.B.: ein Arbeitspapier
mit Sicherheitsvorschriften am Arbeitsplatz (für Arbeiter), nachträglich
wurden Termine von Bewerbertraining etc. nachgetragen...." (Informant
28)
- "... Wir wurden zu mehreren Gesprächen ins Maatwerk-Büro
eingeladen. Immer erst auf den letzten Drücker. Einmal sogar gegen 16:00
telefonisch für den nächsten Morgen um 8:00 Uhr. Dabei ging es um
die Unterschrift verschiedener Arbeitsvertragsanlagen, wo es hauptsächlich
um Arbeitssicherheit ging. Da war völlig unprofessionell. Ich sollte
Dinge unterschreiben, die einen Kaufmann gar nicht betreffen. Weiterhin sollte
es rückdatiert werden. Ich habe mal rückgefragt, aber da kamen nur
dumme Antworten. Ich soll´s einfach machen, hat ja keine Auswirkungen
für mich und wenn´s mich nicht betrifft, wäre es ja auch nicht
wichtig. Im Nachhinein habe ich erfahren, daß das Arbeitsamt wohl Druck
gemacht hat und Maatwerk da wohl nicht fähig war, dies gleich zur Einstellung
hinzubekommen...." (Informant 34)
Maatwerk war auch zu anderem nicht fähig, wie die nachfolgenden Kapitel
zeigen werden...
Anmerkungen
1) Der Grund für die 9-Monate-Befristung
ist sehr wahrscheinlich finanzieller Natur: "Die PSA finanzieren sich aus
den Entleihgebühren und der Förderung der Bundesanstalt für Arbeit.
Das von den Arbeitsämtern für die PSA-Tätigkeit gezahlte Honorar
besteht aus einer Fallpauschale während der ersten neun Monate der PSA-Beschäftigung
sowie einer Erfolgsprämie im Fall der Vermittlung. Beide Honorarbestandteile
sinken mit der Dauer der Beschäftigung in der PSA." Aus: Vergabeverfahren
für PSA beginnt, BA-Presse Info Nr. 03 vom 03/01/2003
2) Erhältlich auf
der Homepage der KOS als rtf-Datei
3) Zu den Rückdatierungen und ihren
Gründen siehe Kapitel 8: "Wo bleibt mein Geld?",
dort wird die Finanzierung einer PSA beschrieben