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Updated: 18.12.2012 16:22 |
liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 20. Januar 2006: I.Internationales / Irak Gemeinsame Erklärung aller Gewerkschaften gegen IWF und Weltbank Die Forderungen dieser Erklärung sind die naheliegenden: Die Schulden des Saddam-Regimes sollen nicht mehr bezahlt werden, IWF und Weltbank sollen ihre Politik der Erpressung für "Strukturreformen" beenden, öffentliche Betriebe unterstützt werden, die Streichung der Nahrungsmittelhilfe rückgängig gemacht, die Verbraucherpreise für Ölprodukte nicht mehr erhöht, keine weiteren Privatisierungen im Energiesektor, Erziehungs- und Gesundheitswesen, sowie im Transport und Bausektor, neue Arbeits- und Sozialversicherungsgesetze verabschiedet, die die grundlegenden Arbeiterrecht einführen - ein 8 Punkte Katalog, dessen Inhalt direkter Gegensatz zur Politik der Besatzungsmächte und ihrer einheimischen Helfer ist. Beinahe noch wichtiger ist die Tatsache, dass alle wesentlichen gewerkschaftlichen Organisationen unterzeichnet haben: General Federation of Iraqi Workers, Oil Unions Federation in Iraq / Basra , Federation of Workers Councils and Unions in Iraq , Kurdistan General Workers Syndicate Union / Erbil , Iraqi Kurdistan Workers Syndicate Union. Die (englische, hiermit kurz zusammengefasste) Erklärung von Amman "A Joint Statement Concerning the Programs of the World Bank and International Monetary Fund in Iraq" vom 16. Januar 2006. II.Internationales / Ägypten Solidarität mit verfolgten sudanesischen Flüchtlingen - Bestrafung der Mörder Das Massaker an sudanesischen Flüchtlingen am 30. Dezember in Kairo hat, nach einer ersten "Schockreaktion" jetzt zahlreiche Protestreaktionen hervorgerufen - während die Regierung Anfang Januar die Abschiebung von 650 SudanesInnen bekannt gab. Einem Aufruf des "Nationalen Rats der Menschenrechte" Ägyptens folgend haben mehr als 20 Organisationen (gewerkschaftliche Gruppierungen sind darunter nicht zu finden, vielleicht, weil es sich ja "nur" um ausländische Lastenträger, Strassenhändler und Putzfrauen handelt) eine Kampagne zu organisieren begonnen. "Jugez les criminels!" (Bestraft die Täter), der (französische, mit kurzer deutscher Zusammenfassung) Aufruf vom 13. Januar 2006 III.Internationales / Argentinien Lebenslänglich für die Mörder von Dario und Maximilian- die politisch Verantwortlichen müssen nun endlich zur Rechenschaft gezogen werden Wegen Mordes an Dario Santillan und Maximilian Kosteki (und
weiterer Mordversuche) wurden der Exkomissar Fanchiotti und der Exsergeant
Acosta vom Gericht in Lomas de Zamora am 8. Januar zu lebenslänglicher
Gefängnisstrafe (25 Jahre) verurteilt, 5 weitere Expolizisten zu
Strafen zwischen 10 Monaten und 4 Jahren (wobei Strafen unter 3 Jahren
zur Bewährung ausgesetzt werden). Die Verwandten unterstrichen der
Presse gegenüber, dass es ihnen nicht um Rache, sondern um Gerechtigkeit
gehe (und verwiesen unter anderem darauf, dass die grössten Zeitungen
damals Schlagzeilen hatten wie etwa "Die Krise verursacht neue Todesopfer")
und dass es gerade deswegen jetzt darum ginge, auch die politischen Verantwortlichen
- von denen verschiedene auch heute noch hohe Ämter innehaben - zur
verantwortung zu ziehen. Der (spanische) Bericht über die Urteilsverkündigung
"Ahora
vamos por Duhalde" IV.Internationales / Chile / Gewerkschaften und Arbeitskämpfe Gewerkschaftsoppositionelle aus Arica erklären ihre Solidarität mit streikenden Zeitarbeitern Das "Kampfkomitee (der Stadt) Arica", das aus Eisenbahnern, Hafenarbeitern, Studenten und Schülern besteht hat den streikenden Zeitarbeitern der Kupfermine CODELCO seine Solidarität übermittelt und die Notwendigkeit der Unterstützung dieses Kampfes zum einen mit den eigenen Kämpfen, zum anderen mit der (mehr als) zögerlichen Haltung des Gewerkschaftsbundes CUT gegenüber der Regierung und ihrem Zeitarbeitsgesetz. Die Hafenarbeiter von Arica haben nach der Privatisierung des Hafens durch die Regierung Lagos (Vorgänger und Ziehvater der frischgewählten Präsidentin Bachelet) mit dem Subunternehmen ULTRAPORT zu tun, das unter anderem 16-Stunden Schichten einführen will (und "natürlich" soziale Errungenschaften streichen). Die Eisenbahnarbeiter stehen nach der Privatisierung durch Lagos der Linie Arica - La Paz und ihrem Verkauf an eine bolivianische Unternehmensgruppe (deren Chef der Neffe von Exdikator Banzer ist) vor dem aus: eine private Eisenbahn mehr, die trotz aller Einsparungen (auch bei der Sicherheit) vor dem Bankkrott steht - und womit die staatliche chilenische Eisenbahngesellschaft EFE "nichts zu tun haben will". Schüler und Studenten schliesslich beklagen und bekämpfen die Situation, dass nach der weiteren Privatisierung des Bildungsbereichs durch die Lagos-Regierung bis zu 3.500 Dollars für eine Ausbildung bezahlt werden müssen, was den Zugang für ärmere Schichten unmöglich macht. Deswegen fordert das Komitee von Arica einen ausserordentlichen Kongress der CUT, um der Politik der Unterstützung eines angeblich kleineren Übels ein Ende zu machen und die Strategie Kämpfe zu "domestizieren" sein zu lassen. Die (spanische, hiermit kurz zusammengefasste) Erklärung "Comunicado de solidaridad obrera del Comité de Lucha de Arica a los aguerridos mineros" des Arica-Komitees vom 13. Januar 2006. V.Internationales / Algerien / Gewerkschaften Vorsitzender der Zöllnergewerkschaft aus dem UGTA Vorstand ausgeschlossen - Spaltung? Auf der Tagesordnung der Sitzung des Sekretariats des Gewerkschaftsbundes
UGTA stand "der Fall" am Sonntag, den 15. Januar nicht, er wurde
aber trotzdem zum wichtigsten Punkt und stundenlang debattiert: Der Ausschluss,
bzw die "Suspendierung" von Ahmed Badaoui, Generalsekretär
des "Syndicat des douanes" (SND) aus dem Gremium. Dessen "Vergehen":
Er hat - erfolgreich - dafür gearbeitet, dass in den Häfen Algeriens
ein eigenständiges Koordinationsgremium der bestehenden Gewerkschaften
sich entwickelte, zum Teil auch mit entstehenden unabhängigen Organisationen,
eine ähnliche - und ähnlich vielschichtige Konstellation wie
etwa im Erziehungssektor. Diese Koordination wird von der Regierung -
demnächst mit Hilfe der Justiz - aktiv bekämpft. Die UGTA, die
laut Badaoui "niemals ihre Nabelschnur zur Regierung abgeschnitten"
habe, hilft, aus Angst vor Konkurrenz der Regierung dabei, gewerkschaftliche
Organisation zu unterdrücken. Die Hafengewerkschaften organisierten
daraufhin am Montag, den 16.Januar zahlreiche Versammlungen, in denen
eine Vielzahl von Teilnehmern die Gründung einer neuen Zentrale forderten.
Gemässigtere Stimmen forderten, den uGTA-Vorsitzenden Sidi Said zur
Rechenschaft zu ziehen, der die Suspendierung "im Alleingang"
durchgesetzt habe - wie schon die "realistische" Haltung der
UGTA zur Privatiserungspolitik. Der (französische, hiermit kurz zusammengefasste)
Bericht "L’UGTA
suspend Ahmed Badaoui" VI.Internationales / Vietnam "Wilde" Streikwelle erfolgreich - Mindestlohn erhöht Nachdem die Regierung sechs Jahre den Mindestlohn nicht
erhöht hatte, wurde sie jetzt dazu gezwungen: die Streikwelle in
den "Export Processing Zones" (EPZ) war erfolgreich. Wochenlang
streikten mehr als 40.000 ArbeiterInnen immer wieder, in über einem
Dutzend Streiks- jetzt bekommen sie beinahe 40 Prozent mehr als bisher,
zwischen 45 und 55 Dollar im Monat, je nach Grösse der Stadt (und
entsprechender Preisgestaltung) in der sie leben. In diesen sechs Jahren
hatte die Inflation 28 Prozent der Einkommen aufgefressen. Der Vietnamesische
Gewerkschaftsbund hatte in all den Jahren nichts unternommen, und war
jetzt nicht mehr in der Lage, die "Sache" im Griff zu behalten.
Der Durchbruch der spontanen Streikbewegung geschah, als die 18.000 ArbeiterInnen
bei Freetrend - einem taiwanesischen Unternehmen, das die schmutzige Arbeit
für Nike und Adidas organisiert - in den Streik traten, obwohl sie
in der Regel mehr als den Mindestlohn erhalten, aber eben immer noch erbärmlich
wenig. Der taiwanesische Unternehmerverband hat schon damit gedroht, Teile
der etwa 1.400 Betriebe, in denen sie in Vietnam investiert haben, nach
anderswo zu verlagern - aber in China etwa liegt der Mindestlohn bei 63
Dollar. Der (englische, hiermit kurz zusammengefasste) Bericht "Wildcat
Strikes Pay Off" VII.Internationales / USA / Arbeits- und Lebensbedingungen Wer war Rosa Parks? Über Rosa Parks wurde anlässlich ihres Todes viel
geschrieben. "Die Frau, die sitzen blieb" - oft genug wurde
geschrieben, als ob es ein einmaliger Akt gewesen wäre. Aber war
es nicht: Rosa Parks war langjährige gewerkschaftliche Aktivistin.
Und als sie 1955 im Bus in Montgomery auf einem Idiotenplatz ("whites
only") trotz Aufforderung sitzen blieb und festgenommen wurde, war
dies keineswegs nur, weil sie müde von der Arbeit war. Sie war nicht
nur Aktivistin der Bürgerrechtsorganisation NAACP, sondern auch eines
informellen Zirkels schwarzer GewerkschafterInnen, die gemeinsam versuchten
die Bürgerrechtsbewegung "militanter" zu gestalten. Der
lesenswerte (englische) Beitrag "What
Really Happened in Montgomery ?" VIII.Internationales / Paraguay Prozentuale Lohnerhöhung spaltet - heftige innergewerkschaftliche Auseinandersetzung Es gibt sie noch - zumindest in Paraguay und Argentinien
- jene GewerkschafterInnen, die eine der einfachsten Losungen vertreten,
die die Gewerkschaftsbewegung zu bieten hat: Festgeld hiess das in Deutschland,
als es noch grundsätzliche Überlegungen gab. In dem argentinisch-paraguayischen
Unternehmen EBY protestiert die Mehrheit der paraguayischen Mitgliedschaft
der Gewerkschaft SIFEBY (die Niedrigbezahlten, meist ZeitarbeiterInnen)
gegen den Tarifabschluss, weil nur die Argentinier denselben Betrag für
alle erreicht haben, während in Paraguay die (durchaus beträchtliche)
Lohnerhöhung prozentual abgeschlossen wurde, was die Opposition als
"spalterisch" kennzeichnet. Der Gewerkschaftsvorsitzende wusste
dazu nur zu sagen, es sei einerseits eine Entscheidung des Unternehmens
gewesen und andrerseits, bei Festgeldvereinbarungen würden dann eben
die Besserbezahlten protestieren. Der (spanische) Bericht "Critican
a sindicalistas de EBY" IX.Internationales / Marokko Streik bei Royal Air Maroc nach 6 Monaten beendet Am 30. Dezember mussten sie aufgeben: die Gewerkschaft STAM
und die mehreren Hundert Techniker und Mechaniker der Royal Air Maroc,
die seit Juni im Streik waren. Ohne die Unterstützung der etablierten
Gewerkschaftszentralen waren die Unterstützungsmittel von STAM am
Ende, und die Streikenden ohnehin in extremen Finanznöten. Die Niederlage
ist schwer, alle wesentlichen Forderungen des Unternehmens - zentral die,
dass eine Reihe Belegschaftsmitglieder vor den Disziplinarausschuss müssen
- wurden durchgesetzt. Wer auf wenn auch späte so doch unumgängliche
gewerkschaftliche Solidarität gehofft hatte, sah sich enttäuscht:
nicht nur der marokkanische Gewerkschafts-Apparatschiki sieht in potentieller
Konkurrenz die grössere Gefahr als den "Sozialpartner".
Der (französische) Bericht "Pourquoi
les techniciens de la RAM ont arrêté leur grève"
X.Internationales / Iran / Gewerkschaften Trotz aller Widerstände... Ein kurzer aktueller Versuch, einen Überblick über die Entwicklung der Gewerkschaftsbewegung im Iran - jenes Teils, der sich unabhängig von den und gegen die islamischen Arbeiterräte entwickelt - ist der Beitrag "Gegen alle Widerstände... gewerkschaftlicher Aufbruch im Iran" der uns am 17. Januar 2006 von der Berliner Solidaritätsgruppe zugeschickt wurde, und der unter anderem vom 1. Mai und vom gegenwärtigen Teheraner Busfahrerstreik handelt. bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |