Home > Diskussion > Gewerkschaftsstrategien > Tarifdebatte > Tarifeinheit > tarifeinh_bahls | |
Updated: 18.12.2012 15:51 |
Endgültiges Ende einer sehr erfolgreichen Gewerkschafts-Ära in Deutschland - jetzt nur gerichtlich "beglaubigt". Gibt es weitere Perspektiven - oder nur "gefangen" in der Abwärtsspirale der Löhne? Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 12.7.2010 Dieses Urteil des Bundesarbeitsgerichtes zur Tarifeinheit ist ein weiterer deutlicher Einschnitt für das deutsche Gewerkschafts"wesen " mit seinem so zentralen Element des Flächentarifvertrages vor dem Hintergrund von Einheitsgewerkschaften - auch wenn letztlich die Justiz - wie meist - die vor allem die politisch schon längst geschaffenen Fakten der allgemeinen Lohnbildung in Deutschland mehr oder minder nur "nachvollzieht". Aus der jetzt entstehenden "Ambivalenz" müssten vielleicht auch mögliche "Perspektiven" entwickelt werden - gerade auch noch mit dem zur Zeit besonders aktuellen Blick auf Europa - sprich Euro-Krise (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/urteil-zu-lohnstreit-gericht-kippt-tarifeinheit-1.964043 ). Wieso wird hier nur gerichtlich nachvollzogen, was längst Realität geworden ist ? Das Ende des Flächentarifvertrages als allgemeines Instrument zur Lohnfindung. Nur noch gut die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland werden von solch einem Tarifvertrag erfasst (www.nachdenkseiten.de/?p=5046#h08 ). Heiner Flassbeck hat als Ökonom recht ausführlich geschildert, wie es im deutschen Einigungsprozess zunächst schon dazu kam - und die Gewerkschaften "tölpelhaft" ihre Hand dazu geliehen haben bei der "Lohnangleichung-Ost", obwohl es noch keine Produktivitätsangleichung zum Westen gab, die eine solche Lohnpolitik erst ermöglicht hätten (Heiner Flassbeck, in: "Gescheitert", "Der falsche Lohn", S. 46 ff. - siehe auch www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/tarifpolitik/debatte.html). Verantwortlich für das Desaster der Lohnanpassung im Vereinigungsprozess waren jedoch nicht die Gewerkschaften, sondern die Politik die sich "schlitzohrig" dieser Aufgabe entzog, eine Lohnanpassung mit Produktivitätsfortschritt - oder einer Subventionierung - zu organisieren. Die Folge war dann diese Auflösung des Flächentarifvertrages. Und es ist gut, erst einmal den Ökonomen den Blick auf diese Entwicklung werfen zu lassen, weil die Juristen (Gericht) allzusehr allein auf diese "Faktizität" des verschwundenen Flächentarifvertrages blicken, um daraus sein Ende rechtlich zu "besiegeln" - mit dem ökonomisch Sinnvollen hat das wenig zu tun oder es tendiert gar zur "Abschaffung der Marktwirtschaft". Aber dazu noch einmal Flassbeck: "Weil die Löhne in Ostdeutschland insgesamt zu stark gestiegen sind, hat man die Abschaffung dieses so scheinbar "starren" Instrumentes für Deutschland insgesamt gefordert - und so übernahmen die westdeutschen Arbeitgeber in diesem Stück zweifellos den Part des gewieften Gewinnlers. "Flexibilität" wurde so das Zauberwort der Globalisierung - und wer sich daran nicht hält ist hoffnungslos altmodisch. Und bedauerlicherweise bläst ein durchaus den Gewerkschaften nahe stehender Arbeitsrechts-Profi, der ehemalige Präsident des Bundesarbeitsgerichtes Thomas Dieterich dann in dieses Horn, wenn er jetzt aus Anlass dieses Urteils es alternativlos als richtig und unausweichlich gutheißt - und eine Änderung durch den Bundestag schlichtweg verdammt (siehe "Außenansicht" in der Süddeutschen Zeitung vom Mittwoch den 30.Juni 2010, S. 2 ): "Das Gesetz das ein Irrsinn wäre - Ein Betrieb, ein Tarifvertrag? Endlich ist dieses Prinzip tot - und kein Paragraf wird es wieder zum Leben erwecken" - Da muss die Frage auftauchen, ist das angemessen? Dumm für diese modernen Politiker ist nur die Logik: Wer nämlich bei unterschiedlicher Produktivität zwischen den Betrieben die Tarife flexibel macht, macht die Gewinne starr und umgekehrt. Wenn nämlich ein produktivitätsschwacher Betrieb nur noch zahlen muss, was er sich wirtschaftlich leisten kann, dann ist die Marktwirtschaft am Ende. Die Gewerkschaften nannten diese Funktion des Flächentarifvertrages auch "eine Lohnpeitsche zur Durchsetzung von Produktivität und Rationalisierung" in den Betrieben. Und dieser institutionelle "Set" gehört durchaus zur wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte der - jetzt wohl "alten" - Bundesrepublik. Aber mit der allgemeinen Ausbreitung dieser Ideologie gegen den ökonomischen Verstand wurden die Gewerkschaften in der Folge mit ihrem Flächentarifvertrag unter dem marktwirtschaftlichen Motto "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" zum Schurken in diesem neoliberalen Stück. (vor allem Flassbeck , a.a.o ., S. 54 f. - aber hier vor allem auch den Schlussabschnitt mit Stephan Schulmeister: vom Realkapitalismus der 50-er und 60-er Jahre zum Finanzkapitalismus der letzten 30 Jahre als jeweils spezifischen politökonomischen Entwicklungszyklus - siehe ders.: "Mitten in der Großen Krise - Ein "New Deal" für Europa", S. 18) Und dann kam oben drauf noch der größte Niedriglohnsektor Europas Nach dieser Entwicklung schon im Vereinigungsprozess wurde dann auf der Grundlage dieser als herrschende "Leere" in der Ökonomie mit dem Prinzip der Lohndrückerei von der SPD unter ihrem Kanzler Schröder mit dem Bundeswirtschaftsminister Clement als Kommandanten eine weitere Verschärfung der Abschaffung gewerkschaftlicher Gestaltungsmacht durch die sog. Arbeitsmarktreformen durchexerziert. So gab die SPD ganz schnell ihre sozialdemokratischen Werte auf, um nicht als "unmodern" zu erscheinen. Die Folge war diese Hartz-Gesetzgebung, deren Folgen Wolf Stammitz bei der IG Metall Dortmund schon 2004 aufzeigte (siehe den Abschnitt 2.3 in seinem Vortrag http://agora.free.de/sofodo/themen/agenda-2010/agenda-2010-wst/ ). Der aufrechte Sozialdemokrat Ottmar Schreiner konnte nun sogar im Bundestag in einem prägnanten "Rundumschlag" jetzt aktuell in der Krise das Desaster dieser Entwicklung zum größten Niedriglohnsektor in Europa markieren (www.nachdenkseiten.de/?p=5961#h03 , siehe auch schon sein Buch "Gerechtigkeitslücke" www.nachdenkseiten.de/?p=3609 ). Nur war es gerade früh (1999) das Ziel der rot-grünen Regierung unter Kanzler Schröder in lohnsenkender Absicht zusätzlich zur bisherigen Auflösung des Flächentarifvertrages einen Niedriglohnsektor zu schaffen (siehe z.B. Eva Roth www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/lesetipps/?em_cnt=2286229 ). Auf diese Weise konnte der Kanzler Schröder dann 2005 vor den Bossen in Davos - nachdem er die Gewerkschaften mit seinem "Basta" abgefertigt hatte - mit der Einführung des "besten" Niedriglohnsektors in Europa prahlen (www.nachdenkseiten.de/?p=4480 ). So geriet der durchaus schon vorhandene Niedriglohnsektor - wie in den meisten Volkswirtschaften - unter Druck und weitete sich "dank" der Arbeitsmarktreformen stark aus (www.boeckler.de/169_91997.html ). Und immer mehr gerieten die " Niedriglöhner auf die Verliererseite" (auch ausführlicher www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28601/1.html und www.iaq.uni-due.de/iaq-report/2008/report2008-01.pdf ). Es ist wohl nötig, diese Geschichte der politisch gewollten Zerstörung des traditionellen deutschen Lohnfindungssystems so ausführlich zu skizzieren, um die jetzige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes in seinen - gerade auch ökonomischen - Kontext eines vor allem exportgetriebenen deutschen Wachstumsmodells auf Kosten eines immer größeren Teils der Beschäftigten einordnen zu können. (Zur Debatte um die deutsche Exportorientierung siehe www.boeckler.de/94074_103079.html mit Link unten zur Debatte....) Inzwischen wird das als "Spaltung der Gesellschaft" auch schon auf der politischen Bühne thematisiert - nicht zuletzt nachdem außer dem WSI-Verteilungsbericht auch das DIW dieses "Schrumpfen der Mitte" sehr klar vorgestellt hatte (www.nachdenkseiten.de/?p=5906#h01 ). Dabei ist es durchaus eine Ironie der Geschichte, dass just die Rot-Grüne Regierung, die für sich politisch so etwas wie die "Neue Mitte" entdeckt zu haben glaubte, die alte Mitte mit ihrer Politik zusammen"schrumpfte". Warum muss dieses politisch-initiierte Lohndumping Frankreich stören? Die Lagarde-Intervention Aber dieses exportgetriebene Wachstumsmodell ging und geht wohl nicht nur auf Kosten von vielen Beschäftigten in Deutschland, sondern auch auf Kosten der anderen Volkswirtschaften wie z.B. Frankreich - vor allem unter dem Dach einer gemeinsamen Währung dem Euro, wo, nachdem die Möglichkeit der Währungsabwertung wegfällt, stellen die Löhne die einzige "Stellschraube" dar im Wettbewerb der Volkswirtschaften untereinander. Diese Politik spießte die Wirtschaftsministerin Lagarde deshalb als unfair auf - einfach auch weil den Franzosen dieser Weg durch ein deutlich effizienteres Lohnfindungssystem, das die Verteilungsspielräume (Inflation und Produktivitätssteigerung) weit optimaler ausschöpft, versperrt ist. (www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,684061,00.html ) Dabei sprang ihr der französische "Wirtschaftsweise" Patrick Artus zur Seite (http://library.fes.de/pdf-files/wiso/06933.pdf ). Sie sprach auch genau den Punkt an, auf den es ihr ankam: diese Billiglöhne auf Kosten der anderen. (www.taz.de/1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/billigloehne-auf-kosten-anderer/ ). Und damit sprach sie die Ebene der deutschen Politik an, der eine konservative Regierung in Frankreich wohl durchaus gerne "hinterher marschiert" wäre - sozusagen außer der Spirale nach unten beim Steuerdumping in Europa auch noch hinein in die Abwärts-Spirale des Lohndumping. Ideologisch bestanden da bestimmt keine Barrieren - nur in der Praxis ging es wohl schlecht. Die Franzosen hatten ihrer Regierung schon viel geringere Angriffe auf den Sozialstaat (siehe CPE-Streik) so übel genommen, dass sie diese politischen Vorhaben einfach "weggestreikt" hatten. Ganz Frankreich war da in "Aufruhr". Etwas neidisch hatte das aus seiner saarländischen Ecke Oskar Lafontaine immer beobachten müssen - und ist den deutschen Gewerkschaften noch heute böse, dass sie die Hartz-Gesetzgebung bei uns nicht auch einfach auf diese Art durch einen sog. politischen Streik obsolet gemacht hatten - nur "leider" ist das bei uns verboten - wie der Streik überhaupt - und nur in besonderen Ausnahmefällen erlaubt (www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/real/dgbstruktur_bahl.html dort insbesondere die Seite drei). Aber umgekehrt bleibt für die Franzosen dieser Druck aus Deutschland auf die Löhne - ohne ihn im eigenen Land einfach weitergeben zu können. So bleibt - unter dem gemeinsamen Dache des Euro eben nur der Appell an die deutsche Bundesregierung. Wie ich das einmal ausgedrückt habe, die deutsche Bundesregierung hat im Kampf um die volkswirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit eben bei der Lohnstellschraube die "Pole-Position" inne. Habermas hatte - gerade wohl auch für solche Situationen - eine europäische Solidarität angemahnt - nur bei den Deutschen stieß er damit wohl auf taube Ohren (http://habermas-rawls.blogspot.com/2010/05/jurgen-habernas-on-germany-and-europe.html sowie www.nachdenkseiten.de/?p=5881#h15 ). Europa wird es eben nur geben, wenn nicht national-egoistisch das eigene Interesse durchgesetzt wird - koste es, was es wolle - hier eben einen enormen Niedriglohnsektor, der die Gesellschaft spaltet und gleiche Chancen - gerade für die jungen Leute - immer mehr zur Schimäre werden lässt. Dabei war unsere Gesellschaft einmal als "Mittelschichtsgesellschaft" in den 50-er und 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts gepriesen worden. Die eigentlich so wichtige Aufforderung des Philosphen Habermas für das Projekt Europa verhallt ungehört. So hängt weiter angesichts der deutschen Starrhalsigkeit das "Damokles-Schwert" einer Auflösung des Europäischen Währungsverbundes - und damit einer Zerlegung des Euro wieder in verschiedenen Währungen - über Europa , was Heiner Flassbeck schon seit 2005 befürchtet. (www.boeckler.de/pdf/wsimit_2005_12_flassbeck.pdf oder kurz: www.boeckler.de/88363_57951.html ) Ja, die französische Wirtschaftsministerin Lagarde hatte wohl ganz richtig gemeint, dass das so einseitige deutsche Export-Wachstumsmodell mit seinen Lohndumping nicht ökonomisch "nachhaltig" sei - wie wahr! Wenn man genau hinsieht, muss man feststellen, dass diese Unterbietung der Löhne durch die deutsche Wirtschaft im Euroraum gar nicht erst mit den Hartz-Arbeitsmarktreformen anfing. Die Zerstörung des Flächentarifvertrages hatte wohl schon das ihrige dazu getan. So stellt eine Studie des DIW von 2001 - also vor der Agenda 2010 - fest, dass es bis 1997 im Vereinigungsboom zwar - vielleicht auch übermäßige - Lohnsteigerungen gegeben habe, dass aber schon danach die Lohnzurückhaltung einsetzte (www.diw.de/sixcms/detail.php/285937 - speziell .....#HDR1). So begann also dieser Vorteil für den deutschen Export - insbesondere im Euro-Raum - sich schon damals durch eine unterschiedliche Nutzung der Verteilungsspielräume zu entwickeln - und die deutschen Arbeitskosten im europäischen Vergleich blieben niedrig (www.boeckler.de/show_product_imk.html?productfile=HBS-004558.xml ). Und wie Gerhard Bosch, Direktor des Institutes für Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg, konstatiert wird sich auch auf absehbare Zeit an der " ohndumpenden" Bedeutung von Deutschland wenig ändern - mangels wieder korrigierend eingreifender Politik (www.nachdenkseiten.de/?p=6082#h07 ). .... und trotzdem ein besseres Wachstum für Frankreich Es war aber überhaupt nicht so, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Frankreich deshalb schlecht war - nein, im Gegenteil seit der Währungsunion wächst Frankreich gerade dank einer ökonomisch angemessenen Ausnützung der Verteilungsspielräume bei den Löhnen besser als Deutschland - nur Deutschland wächst "auf Kosten der anderen" (siehe IMK-Report 31: "Frankreich ein Vorbild für Deutschland?"(www.boeckler.de/show_product_imk.html?productfile=HBS-004212.xml ) Meine Bedenken gegen die dort genannte Ursache "Mindestlohn" für das kräftigere Wachstum durch die Binnennachfrage in Frankreich haben sich eher noch erhöht. Ja, ich würde sogar sagen, "Umgekehrt wird ein Schuh draus": das französische Streikrecht, das im Gegensatz zu dem deutschen - eben nur so ein bisschen erlaubten - Streik wesentlich besser Druck ausüben kann - und zwar auch auf die Politik, hat die Notwendigkeit einer Lohnschranke von unten, wie den Mindestlohn, sehr nützlich erscheinen lassen, um die Lohndurchsetzung in diesen bereichen zu "befrieden". Ja es bedarf schon einer seltsamen Brille, um das Soziale des Arbeitslebens nur im Betrieb anzugehen, denn gerade die deutsche Politik des letzten Jahrzehnts hat deutlich gemacht, wie stark dieser Einfluss "von außen" die Lohnfindung beeinflussen kann. So sehe ich weiter das eindeutig stärkere individuelle Streikrecht der Franzosen als die entscheidende Ursache für die ökonomisch-effiziente Ausnutzung der Verteilungsspielräume. Nur wir leben zwar in Europa, aber in europäischen - auch vergleichenden - Perspektiven zu denken, liegt uns bisher sehr fern. Neuere Entwicklungen bei uns bestärken mich wiederum in dieser Einschätzung der leichteren und dezentralisierten Streikmöglichkeit als Ursache:
Die öffentliche sowie die arbeitsrechtliche Diskussion um dieses BAG-Urteil zur Tarifeinheit - Unterbietungs- oder Überbietungswettbewerb? Stellen wir erst einmal bei der Diskussion zu diesem Urteil (siehe Pressemitteilung Nr.46/10 zu dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 23.Juni 2010 zur Tarifeinheit - bzw. eher zur "Tarifpluralität"), ob diese Rechtsprechung jetzt durch den Gesetzgeber zu korrigieren wäre (siehe oben die klare Stellungnahme von Thomas Dieterich dagegen), hintan, um uns erst einmal den möglichen Folgen zuzuwenden. Zum einen gibt es sicher schon eine lange Geschichte des politischen Scheiterns, das im Konflikt "geborene" Arbeitsrecht in Gesetze zu fassen. Das beginnt mit dem "Begründer" der neoliberalen Wende in Deutschland, dem Grafen Lambsdorf (FDP) mit seinem Lambsdorffpapier (www.nachdenkseiten.de/?p=346 ) : Vorher wurde schon vorgeschlagen zur politisch gewünschten "Zähmung" der Gewerkschaften ein "Verbändegesetz" zu erlassen. Wütend schrieben wir damals dagegen an - das Ganze erschien so kontrafaktisch zu den bestehenden Verhältnissen (dazu Ulrike Wendeling-Schröder/Volker Bahl in den WSI-Mitteilungen 7/1981, S. 414 ff: "Wachsende Arbeitgebermacht und veränderte Rechtskonstellation als ein faktisches "Verbändegesetz auf Raten"), nicht ahnend, dass rund 20 Jahre später ausgerechnet die Sozialdemokratie über die Ecke der Arbeitsmarktreformen zum endgültigen Vollstrecker der Lambsdorff`schen Attacke für das "Löhne runter" wurde. Aber es war für mich heute beim Lesen dieses Beitrages aus dem Jahr 1981 nicht nur interessant, wie die Rechstordnung in den Dienst der neoliberalen Ideologie gestellt werden sollte und wurde, sondern auch welche Kampagnen damals groß gegen die Gewerkschaften auftrumpften, von der "Neuen Sozialen Frage" eines Heiner Geißler, hier schlossen sich dann gleich die Überlegungen in den sog. "Stoiber-Papieren" an zum Aufbau wirtschaftsfriedlicher - sprich christlicher - Gewerkschaften, um die Einheitsgewerkschaft zu "spalten" - dann weiter über die Propagierung eines "Gewerkschaftsstaates" und die Thematisierung der "Nicht-Regierbarkeit" - letztlich mit dem Ziel faktisch den Staat als sozial-vermittelnde Instanz auszuschalten und ihn auf die Rolle zu fixieren, die asozialen Krisenfolgen nach unten weiterzugeben, weil er sonst "überfordert" sei und dabei wurde schon damals die Staatsverschuldung "als Marsch in den Sozialismus" dämonisiert - nach "guter" deutscher Ökonomenart. Auf dem tarifpolitischen Feld spielten die Arbeitgeber mit ihrem "Tabu-Katalog" eine flankierende Rolle - auch in dem sie tarifvertragliche Verbesserungen (Stichwort "qualitative Tarifpolitik") mit dem absoluten Blockadeinstrument der Flächenaussperrung bedrohten. Dabei gab es von Gewerkschaftsseite ganz praktisch allenfalls ein kleinen Anlass, um die ganzen Kampagnen zu dieser Form auflaufen zu lassen: In der ersten Ölpreiskrise 1973 ff. hatten die Gewerkschaften in der sog. "Kluncker-Runde" um den Kaufkraftverlust durch die Ölpreissteigerungen auszugleichen bis zu 11 Prozent Lohnerhöhung durchgesetzt, obwohl es nichts zusätzlich zu verteilen gab.(siehe Heiner Flassbeck, Fiederike Spiecker in: "Das Ende der Massenarbeitslosigkeit", S.173 ff ( 174,176) Dieser "Ausreißer" hatte aber keine längerfristigen Verschiebungen zur Folge, sie wurden aber quasi zum "Aufhänger" für die Kampagnen für den Neoliberalismus. Auf folgenden Grundlagen an allgemeinen Veränderungen konnte er aufbauen:
Ja, so war es auch eines der bewegendsten Momente, als der scheidende bayerische IG-Metall-Bezirksleiter Werner Neugebauer bei seiner Mai-Rede auf dem Münchner Marien-Platz 2010 sagte: 1972 begann ich bei der IG Metall als hauptamtlicher Sekretär. Wenn mir damals jemand gesagt hätte, was jetzt inzwischen alles zur sozialen Tatsache in diesem Lande geworden ist, ich hätte ihn glatt für verrückt erklärt, weil ich solch eine Entwicklung für unmöglich hielt - wie gesagt 1972! Nur was zur Beseitigung der Gestaltungsmacht der Gewerkschaften - insbesondere bei der Lohnfindung - in Deutschland vor allem seit 1989 durchgesetzt werden konnte, erfüllt längst alle Anforderungen von Lambsdorff, Biedenkopf & Co. Nur diese Zusammenhänge thematisiert diese Juristendiskussion kaum noch und bewegt sich fast allein in ihren rechtsimmanenten Gedankengängen - während damals umgekehrt Biedenkopf, der selbst auch an zentraler Stelle die Verbände-Gesetz-Kampagne gegen die Gewerkschaften mitgetragen hatte, offensiv auf einem Juristentag (1978) für ein - sprich neoliberal geleitetes - "Weiterwurschteln" warb, "um möglicherweise neue Strukturen zu entwickeln, die für die langfristige Stabilität unserer Ordnung von außerordentlicher Bedeutung sind". Diese "Vorzeichen" außen vor lassend zog sich die Diskussion um die Kodifikation unter den Arbeitsrechtsspezialisten weiter hin (http://library.fes.de/fulltext/asfo/00627011.htm ). Dabei werden die gegensätzlichen Standpunkte zwischen Arbeitgebern und den Gewerkschaften immer wieder deutlich. Während die Arbeitgeber mit diesen Regelungen einen Unterbietungswettbewerb einrichten wollen, so dass die Lohnspirale "schön" in ihrem Interesse nach unten getrieben wird, hoffen die Gewerkschaften dann doch eher auf einen Überbietungswettbewerb (www.igmetall.de/cps/rde/xchg/internet/style.xsl/view_4092.htm ). Dabei neigt die Einschätzung - m.E . realistischerweise - dazu, dass dieses Ende der Tarifeinheit, da sonst alle Rahmenbedingungen gleichbleiben, die Löhne nicht in einem "Überbietungswettbewerb nach oben treiben wird (www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/?em_cnt=2793097&em_loc=31 ). Eva Roth dagegen meint, dass die DGB-Gewerkschaften unter Druck geraten, so viel an "Öffnungsklauseln" zugestanden haben - zugestehen mussten - immer mit der Tendenz der Senkung der Löhne nach unten -, dass es sogar erforderlich wurde, dass einzelne Berufsverbände wie die Pilotenvereinigung Cockpit, die Ärzte im Marburgerbund oder die Lokführergewerkschaft GDL diesen Trend gebrochen haben. Wenn also bisher die "Zerfaserung der Tarifordnung" (Arbeitgeberpräsident Hundt) durch die Öffnungsklauseln zur Lohnsenkung animierte, wurde für "Spezialisten" dieser Trend gestoppt, wenn nicht umgekehrt. Vielleicht ist ja dies die oberflächliche Gemeinsamkeit zwischen DGB und Arbeitgebern. Während erstere immer weiter auch für sich noch auf einen Überbietungswettbewerb hoffen, haben die Arbeitgeber weiter den Unterbietungswettbewerb im Sinn (www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/?em_cnt=2780127&em_loc=31 ). So gesehen macht dann dieses Urteil wenigstens für einzelne Fachkräfte-Gruppen (Berufsverbände) den Weg aus der Falle des Lohndumping frei, die von sich aus den Arbeitgeber unter Druck setzen können, weil sie nicht so leicht einfach ersetzbar werden - z.B. durch wiederum "lohnsenkende" Leiharbeitskräfte. Nur, statt dem Unterbietungswettbewerb - wie in Frankreich - dadurch zu entkommen, dass das Streikrecht von seinen bisherigen strikten Fesseln befreit wird - diesem "Nipperdeyschen Käfig" - haben jetzt Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und DGB-Chef Michael Sommer vor noch zusätzliche Leitplanken in das Tarifvertragsgesetz einzuziehen:
Aber dazu gibt es aus den Gewerkschaften heraus schon klaren Diskussionsbedarf wegen der Befürchtung einer noch weiteren Einschränkung des Streikrechtes - anstatt sich seiner Fesseln zu entledigen (www.nachdenkseiten.de/?p=6126#h09 ). Ja, hierfür, da hat der erfahrenen Arbeitrechts"fuchs" Thomas Dieterich (siehe oben) wohl recht, sollte man jetzt nicht noch eine Gesetzesänderung beschließen - zumal sich die paar Berufsverbände schon klar im Tarifvertragswesen etabliert haben - und darüber hinaus ist angesichts des in Deutschland so restriktiven Streikrechtes ohnehin nicht mehr Bedeutendes für einen Aufbruch aus dem schon so lange währenden Lohndumping zu erwarten. (siehe z.B. auch "Das laute Echo eines Urteils": www.sueddeutsche.de/wirtschaft/lufthansa-aezte-und-bahn-zur-tarifeinheit-das-laute-echo-eines-urteils-1.965094 ) Nur es ändert an der grundsätzlichen Misere des deutschen Lohnfindungssystems nicht, das weiter auf dem "Abstellgleis" vor sich hindümpelt und sich auch immer weiter von dem Ideal einer sozialen Gerechtigkeit entfernt hat. So kann eben das Prinzip der Einheitsgewerkschaft mit dem breit auf die sozialen Verhältnisse wirkenden Instrument des Flächentarifvertrages - das mit dem Urteil jetzt endgültig aufgehoben wurde, auch keine gestalterische Strahlkraft mehr entfalten. Gerade hier wird der grundsätzliche Einwand von Thomas Dieterich so wichtig: es war die funktionierende Einheitsgewerkschaft - sozusagen als außerrechtliche Grundlage -, die der Rechtsprechung die Basis gab für die Tarifeinheit als Rechtsprinzip hinzustehen. Die gewerkschaftlich geschaffenen Tatsachen vermochten dies also als Recht zu "legitimieren". Jetzt helfen keine juristischen Taschenspielertricks - wie diese Gesetzesänderungen -, diesem "Prinzip" Einheitsgewerkschaft mehr Anerkennung zu verschaffen, nachdem die Einheitsgewerkschaft als "Faktum" zerbröselt ist. Da muss man sich wahrscheinlich von Gewerkschaftsseite schon ein wenig mehr einfallen lassen, als diese diesbezüglich so ungenügende Flickschusterei mit ein paar "Fallstricken" für "Neuankömmlinge". Oder zementiert die EU-Verfassung gar allein den Unterbietungswettbewerb? Darf die EU jedweden Politikwechsel weg vom "Glauben" an die Marktradikalität blockieren? Ja, es wird schwierig für die deutschen Gewerkschaften aus dieser lohnsenkenden Falle, in der sie nun - politisch so gewollt - festsitzen, zu entkommen. Dabei wäre es, wie wir am Beispiel der "Lagarde-Intervention" gesehen haben, auch für ein "soziales Europa" dringend erforderlich. Nicht nur die deutsche Politik in ihrer neoliberalen Fixierung steht dem entgegen, sondern auch die Institutionen der Europäischen Union (EU) - allen voran der Europäische Gerichtshof - denn auf die Löhne bezogen ist etwas zugespitzt ausgedrückt Lohndumping das Ziel dieser Institution. So geriet das "Sozial-Modell Europa" auf die schiefe Ebene, um sich immer weiter dem Abgrund seines gänzlichen "Unterganges" zu nähern - angetrieben von einer europäischen Rechtsprechung, die dem Fetischismus des Marktes huldigt als letzte zu "verehrende" verfassungsmäßige Instanz. Am deutlichsten hat das Alain Supiot zum Ausdruck gebracht (www.journaldumauss.net/spip.php?page=imprimer&id_article=283 : "Wie Europa Staat und Recht an den Wettbewerb verkauft"). Ja, die Assoziation mit dem Vergleich des 1989 untergegangenen zentralen Steuerungselementes, der KP mit ihrem Zentralkomitee, dem eben alle strikt unterworfen werden und den Verstand hinter sich lassend einfach "zu glauben" haben, drängt sich einem förmlich auf - nur dass diese Steuerung durch das Zentralkomitee jetzt durch den "Markt" ersetzt wird, an den eben jetzt zu glauben ist. Nicht mit so kräftigen Worten und Vergleichen aufwartend hat in Deutschland Fritz Scharpf seine Bedenken gegen dieses Diktat einer marktradikalen EU-Verfassung formuliert, nur sein Begriff von der "negativen Integration" mit der Dynamik auf das niedrigste Niveau zeichnet in der Sache überhaupt kein freundlicheres Bild (www.boeckler.de/163_91911.html ). Auch er fordert von der Politik nun ein klares Gegensteuern, das diese Rechtsprechung wieder aufhebt. Der TAZ kam der Verdienst zu diesen nun schon klassischen Kritiker mit dem Europa-Abgeordneten Jo Leinen im letzten Wahlkampf zur Europawahl zu konfrontieren (www.labournet.de/diskussion/eu/sopo/bahl3.html). Nur herausgekommen ist ein politisches Armutszeugnis für den Europa-Parlamentarier, der angesichts der institutionellen Sackgasse (spielt die Kommission mit dem EuGH "über die Bande"?) mit der platten Fixierung auf den Markt, nur ein hilfloses "Wir brauchen den Druck der Strasse" hervorbrachte. Jedoch dachte er dabei keineswegs daran, wie das offensichtlich immer wieder sein saarländischer Landsmann Oskar Lafontaine zustande brachte, an eine Verbesserung der Streikrechte in Deutschland - etwa im gemeinsamen Europa angepasst an die "französischen Verhältnisse" (siehe oben den Labournet-Link zum Streikrecht) zu denken. Aber Fritz Scharpf hat am Kölner Max-Planck-Institut ihm würdige Nachfolger gefunden, die ein schönes Buch "Die politische Ökonomie der europäischen Integration" verfassten, in dem diese "institutionelle Sackgasse" durch marktradikale Festlegung ausführlich dargestellt wurde (Martin Höpner,Armin Schäfer, "Die politische Ökonomie der europäischen Integration"). Sie haben somit diesem Anliegen, dass in Europa einfach auch ein Politikwechsel möglich werden muss - und nicht institutionell durch demokratisch überhaupt nicht legitimierte Richter blockiert werden darf, immer wieder Ausdruck verliehen (www.boeckler.de/32014_94475.html sowie www.boeckler.de/pdf/impuls_2009_05_4-5.pdf ). Ja, Martin Höpner sah sich wohl inzwischen auch genötigt den Sprachgebrauch zu verschärfen, nachdem die Politik den Warnungen vor einer so einseitig marktradikal fixierten EU bisher keinerlei Beachtung schenkte und sich überhaupt nicht veranlasst fühlte, eine politische Initiative zu ergreifen - hin jetzt zur "Integration durch Usurpation". - ja, so sieht die "Freiheit" aus, die sie in Europa meinen (www.mpifg.de/pu/mpifg_dp/dp08-12.pdf - und kurz www.boeckler.de/119_95758.html ). Das Elend einer neoliberalen Blockade der Politik setzte sich nur dann sogar auf der nationalen Ebene in der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes fort ( www.nachdenkseiten.de/??p=4043#h21 ). Ja, dieses Gericht verstieg sich in seiner Ideologie sogar soweit, dass es diese Festlegung auf die Marktradikalität als einzig gangbaren Weg sogar als den "neuen Sozialstaat" der europäischen Verfassung einordnete - ein wahrlich an Orwell`sches "New Speech" erinnernde Wortwahl! Jetzt wird es schon verdammt eng für die deutschen und europäischen Gewerkschaften für die Zukunft: Wird das Lohnfindungssystem den deutschen Gewerkschaften durch die Politik weitgehend entwunden und die ihnen verbleibende Lohnbildung unter den Druck der Niedriglöhner gesetzt, so setzt das "deutsche System" die noch besser funktionierenden Lohnfindungsysteme in Europa unter Druck - und Deutschland wird zum Taktgeber für das Lohndumping nach unten. Und am Schluß kommt die EU und diktiert, dass dies der einzig mögliche Weg - ja, sogar der "neue Sozialstaat" jetzt sei. Bei der Vorstellung von diesem "Sozialstaatsmodell Europa" müssten sich die Gewerkschaften eigentlich vor Verzweiflung die Haare ausraufen - und händeringend nach neuen Ideen greifen....... Und ein Blick auf die deutschen Gewerkschaften 15 Jahre vorher mit Detlef Hensche ..... Ja, diese Ideen gab es schon - nur harren sie noch heute ihrer Verwirklichung bzw. die bisherigen Schritte zur Gewerkschafts-Reform achteten nicht auf diese Warnungen. Ich möchte hier zum Beispiel auf Detlef Hensche zurückgreifen, einen der klügsten Begleiter aber auch Mitgestalter der deutschen Gewerkschaftsbewegung.(zu Detlef Hensche siehe http://mmm.verdi.de/archiv/2008/08-09/portraet/vom_glueck_auf_dem_lebensweg sowie http://geschichte.verdi.de/persoenlichkeiten/detlef_hensche . Zuletzt trat er als Ankläger im Attac-Bankentribunal auf ( siehe www.attac.de/bankentribunal ) . Er beschrieb 1995 in den "Gewerkschaftlichen Monatsheften" - ein leider auch dem Sparwahn zum Opfer gefallenes Organ der Reflexion über Gewerkschaften - über die notwendig anzugehenden Veränderungen. Wir brauchen den politischen Willen zum Ausbruch aus der entsolidarisierenden Zweiteilung unserer Gesellschaft. Umgekehrt scheitern die Gewerkschaften, diese Spaltung zu überwinden, brauchen sie sich über weitere Reformen kaum noch den Kopf zu zerbrechen. Und das schon 1995, als die Verhältnisse noch relativ "harmlos" waren gegenüber heute. (siehe http://library.fes.de/gmh/main/pdf-files/gmh/1995/1995-02-a-065.pdf ) Hensche sah damals den Abschied vom Normalarbeitsverhältnis kommen - und sah die Gewerkschaften "am Ende als Arbeitsmarktkartelle, derer die Beschäftigung haben". Ja, man könnte sagen, dass dies ist just der Zustand ist, den die Gewerkschaften in Deutschland heute erreicht haben. Sie haben eben nicht das in Angriff genommen, was Detlef Hensche für notwendig erachtete, diesem "Ende" zu entkommen : für ihn war das eine Arbeitszeitverkürzung zur Überwindung der Arbeitsmarktmisere. Aber dieses Projekt erforderte ein hohes Maß an Solidarität. Dies ließe sich nur organisieren, wenn die Gewerkschaften bereit sind, "den DGB zum Motor und Träger eines solchen solidarischen Projektes zu machen". Nur was eben die Gewerkschaften inzwischen gemacht? Sie sind in die entgegengesetzte Richtung gegangen und haben den DGB nicht mehr als ihr gemeinsames - vor allem politisches - Projekt zur Überwindung der gesellschaftlichen und ökonomischen Misere verstanden, sondern ihn nur sparend zurechtgestutzt zur Restgröße als politischer Arm der Gewerkschaften. Der DGB-Kongress 2010 wurde daher nicht zum Glücksfall für die deutschen Gewerkschaften (vgl . "Der DGB, die Lohnpolitik und die Schwäche der Gewerkschaften" www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/real/dgbstruktur_bahl2.html - aber auch weiter Arno Klönne "Dieser DGB ist nicht mehr Kampagnenfähig!" www.nachdenkseiten.de/?p=5918#h12 ) Die weiter entstehende Gefahr bei der Politik der Einzelgewerkschaften liegt in der "Abstraktion" von der Volkswirtschaft, wie es kürzlich der Vorsitzende der IG Metall Berthold Huber aufzeigte. (siehe dazu "Der ökonomische Diskurs in der Weltwirtschaftskrise und ein Buch von Berthold Huber (IG Metall) - Die Gewerkschaften - und "Can the Euro be saved?" www.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/gewbahl.html) So fehlt den Gewerkschaften, die zu den "Arbeitsmarktkartellen, derer die Beschäftigung haben" wurden, jede weitere Idee über diesen Zustand wieder hinaus zu gelangen, die wohl angesichts der Weltwirtschaftskrise nur "volkswirtschaftlich" fundiert sein kann. Jetzt in der großen Weltwirtschaftskrise eingeordnet in den ökonomischen Langzeit-Trend: Vom Realkapitalismus der 50-er und 60-er Jahre zum Finanzkapitalismus der letzten 30 Jahre - Und jetzt wieder zurück? (mit Stephan Schulmeister u.a .) Wie aussteigen aus der Krise, wird jetzt zur wichtigsten Frage. Wir sind hier erst einmal - abstrahierend von den weiteren Krisenfaktoren - allein dem "Lohn-Pfad" in die Krise gefolgt, um seinen Beitrag so einmal "isoliert" zu betrachten - und haben dabei vor allem auch einen Blick auf die "Fähigkeiten" der Gewerkschaften unter ihren jeweils spezifischen "Institutionellen Bedingungen" geworfen, um einen auftretenden negativen Beitrag zur Krisenentwicklung wieder positiv verändern und "korrigieren zu können. Nun soll dieser "Strang" wieder in einen größeren Zusammenhang zurückgeführt werden, um sich wieder stärker der Gesamt-Krisen-Dynamik annähern zu können. Es ist sehr viel schon zur ganzen Genese dieser Krise in kritischer Absicht - vor allem auch von Albrecht Müller in seinen drei Büchern und Heiner Flassbeck in seinen Veröffentlichungen und Büchern zusammengetragen worden - aber eine begrifflich präzisere Periodisierung der ökonomischen Entwicklung ist m.E . vor allem jetzt Stephan Schulmeister in seinem neuen Büchlein "Mitten in der großen Krise - Ein New Deal für Europa" gelungen (www.wien.gv.at/kultur/abteilung/vorlesungen/termine/2010/newdeal-22-4.html und http://treiberagainstcapitalism.wordpress.com/2010/06/17/stephan-schulmeiser-mitten-in-der-krise-ein-%E2%80%9Enew-deal-fur-europa ). Auch Joseph Stiglitz hat insbesondere aus der Kenntnis der amerikanischen Verhältnisse einen solch großen Rundschlag der Krisen-Erklärung gewagt ("Im freien Fall"). Ich möchte hier keine "Nacherzählung" dieser mit so viel Wissen geschriebenen und ganz aktuellen Bücher von Schulmeister und Stiglitz vornehmen. Das möge jeder selbst mit seinen Kenntnissen nachvollziehen, sondern ich werde hier nur ein wenig grobe Umrisse "herausziehen", die für mich zur "abschließenden" Beurteilung ein wenig nützlich erscheinen, damit der hier skizzierte "Lohn- und Einkommens-Pfad" nicht einfach so frei "in der Luft" hängen bleibt, sondern in das breitere Krisengeschehen ein wenig "eingebettet" wird. Stephan Schulmeister verwendet hier die Bezeichnung eines Prozesses des politökonomischen Entwicklungszyklus. Der Realkapitalismus der 50-er und 60-er Jahre wurde in den letzten 30 Jahren "transformiert" seit Anfang der 70-er Jahre in einen neuen und anderen Typus des Kapitalismus - den Finanzkapitalismus. (Schulmeister,S . 34 ff. und 40 ff.) Als neuer Typus begegnet uns der Kapitalismus auch bei Stiglitz. Er nennt ihn nur einfach "amerikanischen Kapitalismus". (Stiglitz , S.21 und 67 f.) Analog zur Weltwirtschaftskrise 1929 ff. ist jetzt sozusagen wieder eine Transformation angesagt, die wohl nicht ohne Transformationskrise ablaufen wird. Aber es ist schon bemerkenswert, dass im angelsächsischen Raum - z.B. auch bei Krugman - die Analogie zur Weltwirtschaftskrise der 30-er Jahre des letzten Jahrhunderts zur Standardausrüstung gehört, diese Analogie dann aber bei uns im deutschen Sprachraum - was können wir daraus lernen? - eine so geringe Rolle spielt. So ist auch die wichtigste Arbeit zur "keynesianisch-inspirierten" Wirtschaftspolitik des deutschen Faschismus hin zur Kriegswirtschaft (ja für Deutschland d i e zentrale Folge der Weltwirtschaftskrise!) bisher von einem Briten ausführlich dargestellt worden (vgl.Adam Tooze: "Ökonomie der Zerstörung"). Dies veranlasste dann Wilhelm Röpke, einen der großen Köpfe der deutschen "Ordoliberalen", die die deutsche wirtschaftliche Vernunft der Nachkriegszeit so nachhaltig prägten, britische Sozialstaatspläne - wohl recht dreist - als auf dem Weg zum Faschismus zu denunzieren - weil staatlich initiiert - und so tief - scheinbar antifaschistisch legitimiert - den Anti-Keynesianismus in der deutschen Wirtschaftswissenschaft zu verankern . Dabei impliziert seine "Lehre" - so moralisch der Mensch Keynes selbst auch war (siehe z.B. Robert Skidelsky: Die Rückkehr des Meisters - Keynes für das 21.Jahr- hundert) - keineswegs die Verhinderung seines Missbrauches für die Kriegswirtschaft in einer brutalen Diktatur - um letztlich Tod und Vernichtung vorzubereiten. Dennoch waren weltweit - und davon profitierte auch Deutschland nach dem Krieg - mit Bretton Woods - und nicht zuletzt in den USA schon unter Roosevelt in den 30-er Jahren mit dem Glass-Steagall-Act (1933) die Weichen für den Typus "Realkapitalismus" gestellt worden - als ein Lernen aus der Krise. Mit dem Ende von "Bretton Woods" mit den freien Wechselkursen Anfang der 70-er Jahre begannen die Finanzmärkte an Anziehung zu gewinnen - und dadurch die Durchsetzung des Neoliberalismus als dafür angemessenen Theorie der großen Freiheit des Marktes als Notwendigkeit. Diese mit den Namen Friedman, Hayek und anderen verbundene Wirtschaftstheorie (Chicagoer Schule) will Schulmeister nun keinesfalls als eine falsche Ideologie denunzieren, sondern sie ist einfach die adäquate "Theorie" für den dann sich durchsetzenden Finanzkapitalismus, der sich - durchaus mit einer Transformationskrise - dann durchsetzte . Und diese Durchsetzung erreichte in den USA dann ihren Höhepunkt an "Marktfreisetzung" mit dem "Gramm-Leach-Bliley-Act" 1999 unter Präsident Clinton - nach jahrelanger massiver Lobbyarbeit der Finanzwirtschaft -, was einer Aufhebung des Glass-Steagall-Actes von 1933 gleichkam (vgl. Stiglitz, S . 216 ff.). Deutschland hinkte dann eiligst Anfang des Jahrtausends unter der Rot-Grünen Regierung mit seinen Deregulierungen der Finanzmärkte hinterher. Wichtig für die Gewerkschaften bleibt dabei die Feststellung, dass der Typus des Realkapitalismus mit einer Koalition von Unternehmern und Gewerkschaften so erfolgreich war (Schulmeister,S.20 (These 2) und S.40 f.(41)) Aber gerade auch durch seinen Erfolg ging er unter, meint Schulmeister (Schulmeister, S. 46 f.) - und bot dem Finanzkapital die Möglichkeit, mit der theoretischen Fundierung des Neoliberalismus den Unternehmern ein Bündnis mit dem Finanzwirtschaft anzudienen - und mit einer klaren Frontstellung gegen die Gewerkschaften . So verlagerte die schrittweise Entfesselung der Finanzmärkte seit Anfang der 70-er Jahre nach neoliberaler Rezeptur das Gewinnstreben von Real- zu Finanzinvestitionen und prägte so die finanzkapitalistische Abschwungphase der vergangenen drei Jahrzehnte, wo das Geld "selbstreferentiell" vermehrt wird - eben diese Spielanordnung des Finanzkapitalismus. Wie aber ist jetzt diese "Spielanordnung" im Interesse des Finanzkapitals wieder zu verlassen? Ich lasse jetzt einmal die Skepsis, ob die Eliten - aber auch der kleine Mann - als "Finanzrentiers" nicht ein bislang noch schwer zu überwindendes politisches Hindernis für eine Umkehr anzusehen sind (vgl. Schulmeister, S.22 f. - These 8), noch beiseite. Jetzt nehme ich mir einmal die Instrumente vor - und da entdecke ich Unterschiede zwischen den USA (Stiglitz als Beispiel) und Deutschland (Europa)(Schulmeister als Beispiel). Während Schulmeister von der finanziellen Seite an eine Beruhigung der Finanzmärkte herangeht - und ja richtig zum Protagonisten einer Finanztransaktionssteuer geworden ist (Schulmeister, S.87 ff., 99 ff., 104 ff.) und diese umfassend ökonomisch begründet hat mit dem Team des Wifo (Schulmeister et al. zur umfassenden Begründung der Finanztransaktionsteuer www.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/fts_bahl.html ), habe ich diesen steuerlichen Regulierungsansatz bei Stiglitz - soweit ich das übersehe, - ein Register fehlt, das mir "letzte Gewissheit" verschaffen könnte - überhaupt nicht finden können - nur auf Nachfrage eines deutschen Journalisten hat er sich zur Nützlichkeit dieser u.a . Steuern geäußert - vor allem, damit dem Finanzsektor Geld entzogen wird (Stiglitz zur Finanztransaktionssteuer www.taz.de/1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/rating-agenturen-sind-inkompetent/ ). In der US-amerikanischen Tradition des Glass-Steagall-Actes von 1933 spielt in seinem Werk für ihn die Zerschlagung der Großbanken - und damit das "too big to fail"-Problem - eine ganz zentrale Rolle den Finanzsektor wieder zu einer dienenden Rolle für die Realwirtschaft zu bewegen (Stiglitz, S. 216 bis 224). Eine Forderung, die umgekehrt im europäischen Kontext bisher keine besondere Rolle gespielt hat - auch wenn Prof. Voth sie für die wichtigere hält (Wie den Finanzsektor reformieren - siehe Abschnitt 2 bei www.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/g20bahl.html ). Nur die Rückkehr zum Typus des Realkapitalismus muss auf der Tagesordnung bleiben - und wohl am besten mit der Finanztransaktionssteuer (www.steuer-gegen-armut.org ) zusammen mit einer "Zerschlagung" der Großbanken - wovon die USA aber bei ihrer bisherigen Finanzmarktreform unter Präsident Obama auch noch weit entfernt ist. Zu dieser Unfähigkeit und warum auch die gegenwärtige US-Regierung - im Gegensatz zur Rossevelt-Regierung (vgl. auch Krugman, S.69 f.) - noch nicht die Fähigkeit entwickelt hat, die "Transformation" raus aus dem "amerikanischen Kapitalismus" (Stiglitz) zu bewerkstelligen, kann viel bei Stiglitz nachgelesen werden - aber vor allem trifft man auf das Phänomen: nach dem ersten Schock der Krise macht man sich ans "Verdrängen" und "Verleugnen", um sich nicht den Tatsachen des Krisenzusammenhanges stellen zu müssen. Aber genau dieses Denken in den Zusammenhängen - wofür auch der Name Keynes steht - muss jetzt nach den bloßen "Symptomkurierern" des Neoliberalismus wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden. (Schulmeister) Und das desillusionierendste an dieser Diskussion ist für die vor uns stehende Zeit erst einmal, dass die schwierigsten Probleme mit der Krise nicht hinter uns, sondern noch vor uns liegen (Schulmeister, S.21 - These 4 ) . Und es knistert schon wieder ordentlich im Gebälk des Bankensektors - wie schon zu Lehman Brothers Zeiten (www.nachdenkseiten.de/?p=6035#h02 ). Mal sehen, wie lange es dauert , um zu diesem so dringenden ökologischen "New Deal" zu gelangen, wie ihn Schulmeister vorschlägt - vornehmlich finanziert durch die Finanztransaktionssteuer (Schulmeister, S.76 ff., S.93 ff. sowie 106 ff.)). Die beiden aktuellen Werke zur Krise sind
.... und noch einen zusätzlichen Ausweg aus der Krise: die Gewerkschaften stärken! Nachdem wir so den allgemeinen Rahmen der Finanzkrise verursacht durch den Typus "Finanzkapitalismus" abgesteckt haben - und die vorzunehmenden Schritte darüber hinaus , gilt es noch genauer der Frage von Einkommen und Verteilung als Faktor für den Weg aus der Krise genauer zu erfassen. Ja, es gibt eine Gesellschaft in Europa, die schon aus der Weltwirtschaftskrise 1929 ff. ganz andere Konsequenzen - und eben solidarische - zog - wie z.B. Schweden und eine ganz zentrale Rolle des Staates "erfand". Die möglichen Gegensätze zwischen z.B. den USA und Schweden skizziert Stiglitz folgendermaßen: "Leider haben insbesondere in den Vereinigten Staaten viele überholte Klischees die Überlegungen zur angemessenen Rolle des Staates beeinträchtigt. Ein gängiger Aphorismus, der von Thomas Paine stammt, lautet: "Die beste Regierung ist die, die am wenigsten regiert". Eine der Kerndoktrinen der Republikaner lautet, dass Steuersenkungen jeden wirtschaftlichen Missstand beheben können - je niedriger der Steuersatz desto höher das Wirtschaftswachstum. Doch Schweden hat eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen, und bei allgemeinen Messskalen der Lebensqualität ( wie etwa dem vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen erstellten Index ) liegt Schweden weit vor den Vereinigten Staaten. Die Lebenserwartung liegt in Schweden bei 80,5 Jahren gegenüber 77 Jahren in den USA. Der ehemalige schwedische Finanzminister erklärte mir den Grund für das gute Abschneiden seines Landes: "Wir hatten höhere Steuern" (Stiglitz,S . 255). Aber diese massive Säule des Staates ist ein Faktor. Darüber hinaus hat man sich bei der Architektur des Sozialen in der Gesellschaft auch Gedanken zur Rolle der Gewerkschaften gemacht. Und hier beschritt man "beim Lernen aus der Krise" der 30-er Jahre in Schweden u.a . völlig andere Wege als die Sozialdemokratie in Deutschland mit ihrer "Marginalisierung" der Gewerkschaften für die Lohnfindung in der jetzigen Krise - und verschaffte den Gewerkschaften über die Verbindung mit der Arbeitslosenversicherung einen festen institutionellen Ort in der Gesellschaft - was nicht zuletzt auch zu einer sozialdemokratischen politischen Hegemonie über lange Zeit führte. Führende Ökonomen fragen sich inzwischen sehr stark, wie es von dem Ausgangspunkt einer Mittelschichtsgesellschaft der 50-er und 60-er Jahre zu dieser extremen Ungleichheit kommen konnte - sozusagen ein "verlorenes Paradies" (Paul Krugman) für so viele - wenn nicht die meisten - Menschen (Paul Krugman: "Nach Bush" Kapitel I - insbesondere S.13 ff.). Deshalb kommt es zu der so zentralen Frage - oder Krugman nennt es sogar das Rätsel des Neoliberalismus (S.189) - wie in einer Demokratie, die sich durch Wahlen legitimiert, die Mehrheiten, die keineswegs von der wachsenden Ungleichheit profitieren können, dennoch dieser Politik zu Mehrheiten verhalfen. Stiglitz / Fitoussi haben aus dieser Erfahrung heraus einen klaren Appell an die G20 für eine Umkehr zu mehr Gleichheit gerichtet. (www.ofce.sciences-po.fr/pdf/dtravail/WP2009-17.pdf ) Eine Diskussion, die auch in Deutschland ihren Anklang fand mit der Thematisierung der ökonomischen "Rolle der Ungleichheit" (www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_41_2009.pdf ). Paul Krugman "porträtiert" den Aufbruch in diese Mittelschichtsgesellschaft unter dem Motto "Die große Kompression" (Krugman: "Nach Bush", Kap. 3, S. 44 ff.). Dabei stellt er nur einmal fest, dass die Gewerkschaften während oder durch diesen "New Deal" einen großen Aufschwung erleben durften. Die Frage, welche Rolle der "New Deal" dabei direkt für das Anwachsen der Gewerkschaften gespielt hat, lässt er unentschieden (S. 58 ff. vgl. auch "Europäisches Sozialmodell - aber wie? Eine Politik der Gleichheit" www.labournet.de/diskussion/eu/sopo/bahl.html ) Die Schweden und seine Architekten für das "Nordische Modell" dachten da anders und folgenreicher. Für sie war es klar, dass eine möglichst starke Gewerkschaftsbewegung der bedeutendste Faktor für eine solidarische Gesellschaft ist - und die Politik in einer solchen Richtung unter Druck setzt. Dazu hier noch ein Zitat aus einer anderen Zeit: "Diese Gleichheit, heißt es, sei ein Hirngespinst der Spekulation, das in der Praxis nicht bestehen könne. Aber wenn der Missbrauch unvermeidlich ist, folgt dann nicht daraus, dass man ihn wenigstens steuern soll? Eben weil die Macht der Dinge immer dazu neigt, die Gleichheit zu zerstören, muß die Macht der Gesetzgebung immer nach ihrer Erhaltung trachten". - Ja, dieses Zitat stammt von Jean-Jacques Rouseau aus seinem "Contrat social" von 1762! Nun - damit kehren wir noch einmal zu den Franzosen zurück - haben diese die Gleichheit sogar in ihrer republikanischen Devise einbezogen "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" - was sie nicht daran hinderte, diesen Werten im Verlauf ihrer Geschichte eine jeweils ganz unterschiedlich Bedeutung zwischen den so unvereinbar scheinenden Polen Freiheit und Gleichheit beizumessen (vgl. das Kapitel "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" in Pierre Nora (Hg.): "Erinnerungsorte Frankreichs"). Nun die Schweden hatten vielleicht keine so großen philosophischen Begründungen, sondern haben sich einfach an die Aufgabe gemacht - ganz pragmatisch - wie sie , - ohne dabei allzu dogmatisch zu sein, - Gleichheit in ihrer Gesellschaft möglichst dauerhaft verankern können - indem man den Gewerkschaften eine ganz zentrale Rolle im institutionellen Aufbau des Staates zuweist. (siehe "Chance für das "Nordische Modell" - Mögliche gewerkschaftliche Perspektiven für Deutschland und Europa www.nachdenkseiten.de/?p=3737 ) Ja, und wie die ökonomischen Erfolge zeigen, ist diese "Verankerung" der Gewerkschaften mit dem Ziel einer größeren Gleichheit auch ökonomisch sinnvoll (siehe dazu: Wachstumszwang durch Ungleichheit und Ungleichheit als Wachstumsbremse? http://spw.de/data/sturn_treeck.pdf ). Aber auch hier sind die Institutionen längst nicht das alleine Seligmachende, wenn sie nicht durch ein breites Bewusstsein durch die Bevölkerung getragen werden. So hatten auch konservative Mehrheiten, die sich an eine Änderung machen wollten, keinen Anklang in der Bevölkerung gefunden. Es nützt also nichts eine solche institutionelle Macht der Gewerkschaften nur zu begründen, wenn diese es nicht verstehen, ihre Legitimation fortlaufend aufrechtzuerhalten. Aber unter dem Strich ist es nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern macht auch die Gesellschaft insgesamt glücklicher, wie britische Soziologen betätigt haben (siehe "Die Gleichheit und das Glück" www.nachdenkseiten.de/?p=4972#h12 sowie www.nachdenkseiten.de/?p=4786#h01 und nicht zuletzt "Nieder mit arm und reich" www.nachdenkseiten.de/?p=5934#h05 ) . So gibt es also über den aktuell so dringend notwendigen "New Deal" hinaus, der wohl zunächst auch einmal wieder die Gewerkschaften stärkt, die Möglichkeit mit einem "Nordischen Modell" diese Entwicklung zu verstetigen und politisch nachhaltiger zu gestalten - und gar nicht als Utopie, sondern als praktisch erfahrbare gesellschaftliche Realität in Europa. Und auch in der Krise bleibt zunächst dies für uns als erstaunliche Tatsache: Dieser "institutionelle Set" in Schweden erweist sich als besonders wenig "gestresst" auch in dieser Krise (www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/2821377_Der-Schwerkraft-getrotzt.html ). Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 12.7.2010 |