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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Streikrecht? Nur für uns IG-Metall-Chef Huber verteidigt in internem Schreiben Initiative zur Tarifeinheit. Diese soll nun von Einzelgewerkschaften durchgesetzt werden. Von Daniel Behruzi [*] "Die IG Metall hält die Initiative für Tarifeinheit weiterhin für richtig und wichtig." Das erklärte der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber am 6. Juni - einen Tag vor der Entscheidung des DGB-Bundesvorstands zur Beerdigung der offiziell im Juni vergangenen Jahres gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) gestarteten Initiative - in einem Schreiben an DGB-Chef Michael Sommer. Man habe "nichts zurückzunehmen", ließ der oberste Metaller in dem jW vorliegenden Brief wissen. "Neue Argumente, die zu bedenken wären, sind in den Debatten und Beiträgen der letzten 18 Monate nicht vorgebracht worden", behauptete Huber. Dabei hat in den DGB-Gewerkschaften über wenige Fragen eine derart intensive Diskussion gegeben wie über den Vorstoß der Gewerkschaftsspitzen, gemeinsam mit dem BDA das Streikrecht sogenannter Minderheitsgewerkschaften gesetzlich einschränken zu wollen. Scheinbar haben die Hinweise renommierter Arbeitsrechtler wie Wolfgang Däubler, Helmut Platow, Hermann Reichold und Detlef Hensche auf die Verfassungswidrigkeit des Vorhabens ebenso wenig Eindruck auf den IG-Metall-Chef gemacht wie das Argument, auch DGB-Gliederungen könnten in manchen Bereichen vom Streikverbot betroffen sein (nachzulesen im Labournet-Dossier: www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/tarifpolitik/dgbbda.html). Faktisch ruhe die Initiative bereits seit Monaten, "da die BDA in den Regierungsparteien keine Zustimmung organisieren konnte", so Huber weiter. In den Verlautbarungen des DGB müsse deutlich werden, daß die Verantwortung für das Scheitern "allein bei den Arbeitgebern" liege. Daß es Gewerkschaftsführer ihren "Sozialpartnern" in den Unternehmerverbänden zum Vorwurf machen, nicht genug Einfluß auf die Regierung auszuüben, ist wohl nur eine von vielen Skurrilitäten dieser Auseinandersetzung. Klar ist indes, daß sich Hubers Kritik auch und vor allem gegen ver.di-Chef Frank Bsirske richtet, der als eigentlicher Initiator des Vorstoßes gilt, den Rückzieher schließlich aber selbst einleitete. "Jetzt ist jede DGB-Gewerkschaft gefordert, in ihrem Organisationsbereich die faktische Tarifeinheit herzustellen", forderte der IG-Metall-Vorsitzende. Mit einer gesetzlichen Regelung wäre dies einfacher gewesen. "Gewerkschaftliche Beschlüsse sind jedoch nicht hinreichend - sie ändern die Wirklichkeit nicht. Das gilt nicht nur, aber auch für ver.di-Beschlüsse." Dabei könnte Huber eigentlich froh sein, die auch in der IG Metall - wenn auch nicht mit so hoher Intensität geführte - Debatte vor dem Gewerkschafstag im Oktober vom Tisch zu haben. Auch hier wäre, darauf deuten entsprechende Beschlüsse der Verwaltungsstellen Stuttgart, Wiesbaden-Limburg und Frankfurt am Main hin, eine Mehrheit keineswegs sicher gewesen. Ohnehin sind die Probleme der Metallergewerkschaft mit der Tarifkonkurrenz bislang gering, wie deren Justiziar Thomas Klebe kürzlich in einem Hintergrundgespräch bestätigte. Die Gefahr einer Aufsplitterung sei "zur Zeit überschaubar", meinte er. Beispielsweise seien Ingenieure mit Jahresgehältern von bis zu 95 000 Euro gut in den Metall-Tarifverträgen abgebildet. Eine andere Beschäftigtengruppe, bei der manche Verselbständigungstendenzen vermuten, sind die Mitarbeiter der Betriebsfeuerwehren. Doch bislang vertritt die kürzlich gegründete Deutsche Feuerwehrgewerkschaft (DFeuG) fast ausschließlich Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, was auch daran liegen dürfte, daß die Bezahlung der Betriebsfeuerwehrleute nach Metall-Tarif deutlich besser ist als ihrer Kollegen in den Kommunen. In jedem Fall aber hat diese Beschäftigtengruppe enorme Machthebel: In den Großbetrieben der Metall- und vor allem der Chemieindustrie würde ein Streik der Feuerwehrleute zumeist sofort weite Teile der Produktion lahmlegen. Grundsätzlich ausschließen möchte Klebe die Entstehung von Berufsgewerkschaften daher auch im Organisationsbereich der IG Metall nicht. Obwohl sich das Problem derzeit nicht stelle, trete seine Gewerkschaft "klar für eine solidarische Tarifpolitik" ein, so der Jurist. Dies sei neben der "Solidarität mit betroffenen DGB-Gewerkschaften" die Motivation der IG Metall gewesen, sich für die DGB/BDA-Initiative auszusprechen. Die IG Metall sei ebenso wie die IG BCE weiterhin davon überzeugt, dass die gesetzliche Fixierung der Tarifeinheit "der richtige Weg ist - aber die Grundlage dafür ist entfallen." Artikel von Daniel Behruzi in einer längeren Ursprungsversion des Beitrags in junge Welt vom 28.6.2011 Siehe dazu das Schreiben des IG-Metall-Vorsitzenden Berthold Huber vom 6. Juni 2011 an Michael Sommer (DGB) |