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Updated: 18.12.2012 15:51
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Doch noch einen Bogen spannen von der Arbeit: "Angst essen Seele auf" - bis zum "Finanzmarktabu" ("Heiligkeit der Märkte")

Ein erster Schritt - die Betroffenen: Volkskrankheit Burnout: "Angst essen Seele auf" / Paul Schobel

Dieses Krankheitsbild trägt das Kennzeichen einer Depression, ist schon Depression oder triggert sie. Sie frisst sich gnadenlos hinein in die Beziehungen, die ohne sorgsame Pflege nicht standhalten können. Dafür fehlt es aber an Kraft und Zeit. Das Leben wird eindimensional, ist nur noch auf die Erwerbsarbeit hin zentriert. Die Überlast der Arbeit versperrt den Betroffenen nach und nach den Zugang zu den reichen Schätzen der Bildung und Kultur und führt zu einem Kümmerdasein. Mehr noch: Es macht die Betroffenen zu gesellschaftlichen "Blindgängern"...
Immer mehr treibt mich die Frage um: Ist das womöglich so gemeint?

Es darf nicht sein, dass die Wirtschaft den Arbeitenden sozusagen ihre zehn besten Jahre des Lebens abgreift, um sie dann leergebrannt zu verschrotten. Wir arbeiten, um leben zu können, und nicht umgekehrt!

Dabei ist eines allerdings klar: Ohne eine wirksame Mitbestimmung wird es keine menschengerechte oder "gute Arbeit" geben. (http://www.kontextwochenzeitung.de/newsartikel/2012/06/arbeit-angst-essen-seele-auf externer Link)

Und auch den Trend zum "Cloud Working", um eine weitere Stufe der Intensivierung der Ausbeutung auf der Grundlage neuer technischer Entwicklungen hat unser Paul Schobel in seinen "schönen" Essay nicht vergessen (www.taz.de/Cloud-Working-im-Trend/!91173/ externer Link). So wird der schon bisherige Trend zur Standardisierung weiter vorangetrieben und dadurch die Austauschbarkeit und Unsicherheit noch gravierender erhöht (www.gegenblende.de/14-2012/++co++145f1894-8a04-11e1-768c-001ec9b03e44 externer Link).

Und zusätzlich unter dem zunehmenden Druck junger qualifierter Arbeitsmigranten als Euro-Krisenfolge aus den südeuropäischen Euro-Ländern wird diese Möglichkeit eine verstärkte "Konjunktur" erfahren.

So wird der Trend zu den psychischen Erkrankungen als "Volkskrankheit" weiter anhalten und wohl eher noch ansteigen - aber natürlich eher in der öffentlichen Diskussion weiter verdrängt werden. (http://idw-online.de:80/de/news483299 externer Link)

Der jetzt auch noch notwendige zweite Schritt zum politischen "Rahmen": Ein "Breitband-Antibiotikum" gegen das komplexe Krankheitsbild von "Burnout?

Während der Autor, ein früherer Betriebsseelsorger, auf die Ansätze zur Bewältigung dieser um sich greifenden "Volkskrankeit" bei den Betroffenen selbst noch ausführlich hinführt, bleibt als zentraler Punkt das Lernen einer solidarischen Gegenwehr der Beschäftigten, denn nur dies kann auch die Mitbestimmung dann mit Leben erfüllen.
Aber mir geht es jetzt auch darum im Rahmen dieses "Breitband-Antibiotikums" gegen diese krankmachende Arbeit auch auf den gesellschaftspolitischen Rahmen zu kommen - die sogenannte "Euro-Krise".

Das fängt schon an, dass wir die "typisch" deutsche Erzählung für die Krise: "Wir haben gespart und unser Land reformiert, das war schwer, aber wir haben das ge- und ertragen. Währenddessen haben die anderen munter weiter Geld ausgegeben und Schulden gemacht ("Schuldenkrise"!). Und dass wir jetzt noch für diese Schulden aufkommen sollen ist eine Frechheit" (www.fr-online.de/schuldenkrise/essay-das-gespenst-der-krise,1471908,16500530.html externer Link)

Die so entscheidende Frage lautet daher: Gilt es jetzt den "unumkehrbaren Schritt zu einer nachhaltigen Stabilitätsunion" (Merkel) zu gehen, oder erst einmal gegen diesen Schritt zu einer weiteren Strangulierung von Wirtschaft und Sozialstaat anzugehen?

Darum gilt es jetzt  zu der Frage vorzudringen, ob diese Erzählung überhaupt im Interesse der großen Mehrheit in diesem Lande sein kann?

Das müsste ganz aktuell auch zu der Aufklärung darüber führen, dass dieses Vertragswerk, das gerade vom Bundestag mit so überwältigender - verfassunsgändernder - Mehrheit im Bundestag beschlossen wurde (vgl. dazu noch die Einschätzungen vorher  www.nachdenkseiten.de/?p=13700 externer Link oder auch www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahlgipfel.html), ein wesentliches Teil zu diesem Gesamt-Puzzle ist, das den Druck auf die Beschäftigten (zu wessen Gunsten?) immer weiter erhöhen wird. Denn dieser Fiskalpakt hat die verheerende Wirkung, dass Wirtschaft und Sozialstaat noch weiter  - krisenverschärfend - stranguliert werden (http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/Fiskalpakt_Misere__
end_04_12.pdf
externer Link pdf-Datei oder auch noch www.nachdenkseiten.de/?p=13657#h02 externer Link) und wir endlich - stattdessen - zu einem New Deal für Europa fortschreiten müssen (http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/09200.pdf externer Link pdf-Datei), weil nur das im Interesse aller ist.

Diese Erkenntnis scheint noch nicht weit vorgedrungen zu sein, denn sonst hätte dieser "Strangulierungspakt" keine so gewaltige Mehrheit im Bundestag finden können.
Man muss jedoch hinzufügen, dass die Gewerkschaften die Situation klarer erkannt haben - und nicht mitsamt der Politik in diese Sackgasse gerannt sind. Der Brief von Verdi an alle Bundestagsabgeordneten konnte jedoch nur 111 Abgeordnete, die dagegen gestimmt haben, in ihrem politischen Verständnis "erreichen"  (www.verdi.de/themen/wirtschaft-finanzen/++co++3187ac90-b622-11e1-7184-0019b9e321e1 externer Link) - der Fiskalpakt ist und bleibt aber ökonomisch falsch.

Dies hat der DGB noch mit der Beantwortung von 10 Fragen "Warum der Fiskalpakt keine Lösung ist" unterstützt (www.dgb.de/themen/++co++c7974c20-bb7f-11e1-5ac6-00188b4dc422 externer Link).  

Nur im Moment bleibt angesichts der breiten politischen Unterstützung für diesen Fiskalpakt das einzige schwache Hebelchen das Bundesverfassungsgericht, das jetzt von Tausenden von Klägern mit Herta Däubler-Gmelin, der früheren SPD-Justizministerin, angerufenen wird (www.taz.de/Klage-gegen-den-Fiskalpakt/!96404/ externer Link), da durch den Fiskalpakt auch die Haushaltsrechte des Bundestages gravierend verändert - bzw. praktisch weitgehend beseitigt werden.

Wie wichtig diese Klage wird, macht die Erklärung der Bundeskanzlerin zu diesem Fiskal-Vertrag im Bundestag deutlich: Mit diesen Verträgen mache "Europa unumkehrbare Schritte hin zu einer Stabilitätsunion"  (www.sueddeutsche.de/politik/abstimmung-ueber-esm-und-fiskalpakt-bundestag-und-bundesrat-billigen-euro-rettungsschirm-1.1397842 externer Link). 

Auch wenn sich noch "niemand" so richtig an diesen so weit gespannten Bogen der Krisenbewältigung machen will, so gilt es doch so langsam auch auf dieses "Ende" hinzuwirken, um doch noch für die betroffenen Menschen zu einem "Gesamtbild" der Krise zu  kommen. So zerstückelt, wie das bisher wahrgenommen wird, gehen die Menschen bei uns "drauf" - und entwickeln dann nur einen hilflosen "Hass" auf die angeblich so faulen Griechen.
Voraussetzung aber dafür ist vor allem auch, dass das Tabu der Finanzmärkte gebrochen wird (vgl. Seite 2 unten bei www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahlgipfel.html).

Wie thematiserte diese Politik am "Scheideweg" der Sozialwissenschaftler Wolfgang Streeck so prägnant bei den kürzlich gehaltenen Adorno-Vorlesungen : "Wir haben jetzt die Wahl "Marktvolk" oder "Staatsvolk" zu werden" - falls uns diese Wahl noch bleiben wird.

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 1.7.2012


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