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Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

"Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln"

Eine Ergänzung* der LabourNet-Redaktion vom 28.9.06, basierend auf Informationen aus für gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen

Wie wir aus für gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erfahren, ist in VerBIS (der BA-Software, die die Vermittlungsaktivitäten dokumentieren und steuern soll) ein neues Tool "Abtesten der
Verfügbarkeit" implementiert worden. Arbeitsvermittler/innen werden inzwischen wieder verstärkt angewiesen, mit Hilfe dieses Tools einzuladen, um Sperrzeiten zu provozieren. Auch und gerade zu
Massenveranstaltungen, auch und gerade zu besonderen Terminen (z.B. 2.10.2006, 7:30 Uhr).

Dies betrifft absurderweise (oder gerade nicht absurder-, sondern konsequenterweise!) insbesondere sog. Betreuungskunden, also jene Klasse von Arbeitslosen, denen man soeben noch per Profiling und per unterschriebener Zielvereinbarung"Marktunfähigkeit" für den ersten Arbeitsmarkt unterstellt und Ehrenämter oder Mini-Jobs anempfohlen hat und die nunmehr auf ihre
Verfügbarkeit für eben diesen ersten Arbeitsmarkt abgetestet werden sollen. Die Florian-Gerstersche Sperrzeitenjagerei - im Grunde niemals ganz aufgegeben - feiert also fröhliche Urständ!

Nebenbei: Es gibt diverse SG-urteile, wonach eine sanktionsbewehrte Einladung nach 144 SGB III resp 31 SGB II immer einen konkreten, der Integration in den AM dienenden Grund haben muss. Man darf nicht einfach nur so aus Jux einladen ( dies ergibt sich im Grunde schon aus GG 1, da antanzen lassen demütigend und erniedrigend ist).

Übrigens: Der Report Mainz Bericht mit dem Vorwurf der Rechtswidrigkeit hat derart eingeschagen, dass gleich am nächsten Tag den MitarbeiterInnen Gegen"argumente" zur Verfügung gestellt wurden. Sie lauten: Aus 7 SGB III ergäbe sich die Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln... Das ist natürlich Schwachsinn: Aus der - von keinem bestrittenen - Verpflichtung, sorgfältig und sparsam mit den Geldern der Versicherten umzugehen, kann ja im Ernst nicht folgen, diesen Versicherten die Leistung, für die sie eingezahlt haben, vorzuenthalten!

Und: Neben 7 SGB III - so gestern ein operativer Geschäftsführer in einer Rundmail an alle Arbeitsvermittler - solle man, wenn "Kunden" erbost nachfragen, antworten: Es gäbe für alle Kundengruppen "paßgeneaue Produkte" zur Integration. Auch für Betreuungskunden. Und auch, wenn wir das mit dem "paßgenau" mal dahingestellt sein lassen wollen: das stimmt zunächst einmal! Er verkennt jedoch (vermutlich verkennt er es nicht...), dass es nicht darum geht, OB es auch Integrationshilfen für Betreuungskunden GIBT (die gibt es, stimmt!), sondern darum, dass man diese Kundengruppe eben ins Ehrenamt abdrängen (und nach Möglichkeit auch noch sanktionieren) soll. Das ist rechtswidrig. Sanktionen herbeiprovozieren ist darüber hinaus allein wg. 226 BGB (sog. Schikaneverbot) rechtswidrig!

Anmerkung:

*) Eine Ergänzung zu: Schwere Vorwürfe gegen Bundesagentur für Arbeit. Vertraulicher Prüfbericht des Bundesrechnungshofes: "Handlungsprogramm" zu Jobvermittlung ungesetzlich

  • "Der Bundesrechnungshof erhebt nach einem Bericht des ARD-Politikmagazin REPORT MAINZ schwere Vorwürfe gegen die Bundesagentur für Arbeit (BA). In einem vertraulichen Prüfbericht vom 05.07.2006 zu den sogenannten Handlungsprogrammen der BA bezweifelt der Bundesrechnungshof die Rechtmäßigkeit der Vermittlungspraxis von Arbeitslosen durch die Arbeitsagenturen in Deutschland. Wörtlich heißt es in dem 27-seitigen Prüfbericht, der REPORT MAINZ vorliegt: "Der Bundesrechnungshof hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Handlungsprogramme für Arbeitnehmer soweit diese dazu führen, dass Marktkunden keine Vermittlungsleistungen erhalten und Betreuungskunden aus dem Erwerbsleben "abgedrängt" werden." Und weiter: "Für rechtlich bedenklich halten wir auch die Zielsetzung mit Betreuungskunden "den Rückzug aus dem Erwerbsleben zu vereinbaren"." Presseinformation REPORT MAINZ vom 25.September 2006 externer Link
  • Zum Hintergrund siehe das Handlungskonzept externer Link beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Siehe dazu auch:

"Produkteinsatzlogik". Auszug aus dem Arbeitsmarktprogramm 2006 (SGB III) einer (beliebigen) Arbeitsagentur:

"Um durch den Einsatz der finanziellen Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik (Produkteinsatz) einen effizienten und effektiven Beitrag zur Zielerreichung in den o.g. Aufgabenbereichen zu erzielen, werden die Produkte grundsätzlich nur an Kunden vergeben, bei denen eine Verkürzung der Dauer des Kundenkontaktes erzielt wird und die Wirkung des Produkteinsatzes mit hoher Wahrscheinlichkeit vor Übertritt in den SGB II-Bereich erfolgt. Dabei ist grundsätzlich auf den anhand der Ergebnisse der Beratungs- und Vermittlungsgespräche ermittelten vermittlungsrelevanten Handlungsbedarf abzustellen:

  • Kaum Handlungsbedarf = geringer Produkteinsatz
  • Nach Ausgleich eines Handlungsbedarfs ist das Ziel der Integration erreichbar = signifikanter Produkteinsatz
  • So großer Handlungsbedarf, dass eine Integration mittelfristig kaum oder nicht erreicht werden kann = geringer Produkteinsatz"

Entnommen aus der Ergänzung des Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) pdf-Datei zur BIAJ-Kurzmitteilung "4,2 Milliarden Überschuss in  den 12 Monaten von April 2005 bis März 2006" vom 24.4.06

Dies deckt sich mit den uns vorliegenden Informationen, wonach den Arbeitsvermittlern intern eine Unterscheidung nach guten und schlechten „Kunden“ vorgeschrieben wird: Marktkunde (keine besondere Förderung, findet selbst was), Beratungskunde aktivieren (Aktivierung, Druck machen, ggfls zu Perspektivwechsel veranlassen - "als Chefsekretärin wirds nichts mehr, wie wärs mit Sachbearbeiterin bei der ZAF sowieso...") Beratungskunde fördern (muss noch eine FBW haben, ist danach vermittelbar) und Betreuungskunde (keine Förderung). Druck wird letztlich auf alle Gruppen ausgeübt, aber eben differenziert.


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