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Updated: 18.12.2012 15:51
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Wenige wurden erwartet, viele kamen

Am U-Bahnhof Rödingsmarkt warteten wir auf die Streikenden der Hamburger Krankenhäuser. Von dort sollte es um 8 Uhr runtergehen zum Hafen, wo der Arbeitgeberverband seinen Sitz hat. Um halb acht waren erst wenige da. Wir spekulierten, wie viele der ca. 18 000 Krankenhausbeschäftigten kommen würden. Je nach Naturell schätzen wir zwischen 200 und 1500. Um acht Uhr standen 4 000 Streikende auf dem Platz.

Woher unser Pessimismus? Der Plan des Arbeitgebers Asklepios mit den Horrorverschlechterungen wurde seit Ende September in den Krankenhäusern bekannt, besser: Einzelheiten sickerten gerüchteartig über Wochen in den Stationen und Abteilungen durch. Eine Mobilmachung von seiten der Gewerkschaftsführung passierte wochenlang nicht. Keine Protestversammlungen und keine Information, keine Öffentlichkeitsarbeit. In den Häusern breitete sich Angst, Lähmung aber auch Wut auf den Arbeitgeber aus. Eine zentrale Streikvorbereitungsgruppe wurde erst Wochen später gebildet. Also wahrlich kein Grund für Optimismus am Mittwochmorgen am Rödingsmarkt. "Zuvor war im Gewerkschaftshaus nicht selten auch Angst vor einem Großkonflikt zu spüren. Funktionäre verwiesen auf mangelnde Streikerfahrung...", so schreibt Junge Welt Autor Andreas Grünwald
am 1.12.

Ein seltsamer Zustand in unseren Gewerkschaften: Lähmung, Angst und Wut in den KH und Angst vor einem Großkonflikt im Gewerkschaftsapparat! (Nach meinem bisherigen politischen Verständnis sollte ja der Arbeitgeber Angst vor einem Großkonflikt haben). Daß 4 000 auf die Straße gingen, mit Wut und Engagement, die man ihnen anmerkte - das passierte allerdings nicht wegen sondern trotz dieser Art "Streikvorbereitung". Wut und Empörung waren zu groß, mußten sich entladen!

Auf der Kundgebung am Hafen vor dem Haus des Arbeitgeberverbandes kritisierte der verdi-Vorsitzende Wolfgang Rose den Marburger Bund wegen dessen Forderung nach 30 Prozent Lohnerhöhung für Ärzte und seiner "Standespolitik" (Der Marburger Bund war bis vor kurzem 37 Jahre lang der ÖTV/verdi angeschlossen gewesen). Ich halte es für falsch, jetzt, da es auf
eine Zuspitzung der Auseinanderssetzung und auf Erzwingunsstreik hinausläuft, zu versuchen, die Belegschaften in den KH zu spalten. Der Streit zwischen verdi und Marburger Bund sollte nicht öffentlich und am besten erst nach dem Konflikt ausgetragen werden. In den KH sind bisher keine Dissonanzen zwischen verdi-Ärzten und Marburger-Bund-Ärzten bekannt. Möge es so bleiben.

Den meisten Beifall erhielt die Rede von Axel Hopfmann vom Landesbetrieb Krankenhäuser.

Es passierte eine seltsame Ehrenrettung für die Gewerkschaft verdi: Wer das verteilte verdi-Flugblatt aufmerksam las, bemerkte, daß es nicht vom FB 03 (Gesundheitswesen) sondern von der vierten Ebene, dem Ortsverein des FB 03 (Medien) stammte. Eigentlich erstaunlich. Aber wenigstens etwas. Erstaunlich auch die Presseauswertung am nächsten Tag. Hamburger Morgenpost: Ein Bild mit Untertext. taz Hamburg: ein Bild mit Untertext. Hamburger Abendblatt: Ein sachlich absolut falscher Bericht: "Klinikärzte legen Berufsverkehr lahm"..."Die Ärzte protestierten gegen..." Wenn von den 4 000 Demonstranten zehn Prozent Ärzte dabei waren, so ist das sehr hoch geschätzt. Einzig der Bericht von Andreas Grünwald (Junge Welt) muß lobend
hervorgehoben werden.

Hamburg, den 1.12.05
Dieter Wegner.

Der Bericht von Andreas Grünwald in der Jungen Welt und die Rede von Axel Hopfmann ist unter www.labournet.de/branchen/dienstleistung/gw/hamburg.html zu lesen.


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