Liebe KollegInnen,
neu im LabourNet Germany am Mittwoch, 13.
Oktober 2004:
I. Diskussion: (Lohn)Arbeit / Praxis der
Sozialpolitik / Alg
II: "Zusammenführung" von Arbeitslosen- und Sozialhilfe
a) AlgII-Anträge
Vorsicht Alg II-Antrag! Ämter drohen mit Leistungskürzungen
In zahlreichen Arbeitsagenturen und Sozialämtern werden Leistungsberechtigte
mit Sanktionen bedroht, wenn sie Alg II-Anträge nicht zu bestimmten
Fristen abgeben. Eine solche Praxis ist rechtswidrig! Wir empfehlen gegen
deratige Bescheide sofort Widerspruch einzulegen! Siehe dazu:
- Achtung Antragspoker! Druck zur Antragsabgabe - unzulässige
Androhung von Leistungskürzungen. Bag-Shi-Info
vom 5.10.04
Aus dem Text: „…Dass Ämter mit der Androhung von
Sanktionen ihre Kompetenzen und das Gesetz maßlos überschreiten,
wird sogar seitens der Bundesagentur für Arbeit (BA) zugegeben.
Eine Sprecherin der BA erklärte gegenüber dem Mitteldeutschen
Rundfunk: „Wenn es in dem Brief nur um den Antrag geht, dann muss
der Aufgeforderte den Termin nicht wahrnehmen. Rechtlich gibt es keine
Grundlage dafür, dass Arbeitslose jetzt schon ihre Anträge
abgeben müssen.“ Streng genommen reicht der erste Werktag
im Januar 2005, um Alg II-Ansprüche zu sichern. Wer dann jedoch
nicht mit einer (wahrscheinlich verspäteten) Abschlagszahlung abgespeist
werden möchte, sollte den Bogen früher abgeben. (…)Zwei
Dinge sollten aber beachtet werden: Wenn nicht klar aus einer Amtsvorladung
hervorgeht, warum man einbestellt wird, sollte der Termin auf jeden
Fall wahrgenommen werden, denn Leistungsberechtigte unterliegen Mitwirkungspflichten
z.B. bei Eingliederungsangeboten und sonstiger „Aktivierung“
<Fußnote: § 309 SGB III oder § 1 Abs. 2 BSHG in Verbindung
mit den §§ 60 bis 64 SGB I>…“
- Druck zur Antragsabgabe kein Einzelfall. Pressemitteilung
von BAG-SHI und Doña Carmen vom 12.10.2004
Aus dem Text: „…Bundesweit bedienen sich Arbeits- und
Sozialämter rechtswidriger Mittel und einem rüden Umgangston,
um Arbeitslose und Sozialhilfebeziehende unter Druck zu setzen, damit
sie den ALG II-Antrag frühzeitig abgeben. Die bislang veröffentlichten
Fälle sind nur die Spitze des Eisberges. Dabei werden nicht nur
die Betroffenen eingeschüchtert und ihrer Leistung beraubt. Auch
die Mitarbeiter in den Ämtern werden immer mehr aufgerieben zwischen
dem Druck der Vorgesetzten, rechtswidrige Schikanen und unwürdige
Gängelung auszuweiten, und dem zunehmenden Ärger aufgrund
wachsender Verzweiflung der Leistungsberechtigten. Die Opfer dieser
Praktiken befinden sich demnach auf beiden Seiten des Amtstisches….“
- Stadt übt massiv Druck auf Arbeitslose aus. Unterstützung
gesperrt, bis ALG II-Antrag abgegeben war / Leiter räumt rechtswidriges
Verhalten der Behörde ein
Mit offenbar rechtswidrigen Methoden hat das Frankfurter Sozialamt Sozialhilfeempfänger
unter Druck gesetzt, damit sie möglichst schnell ihre Anträge
für das neue Arbeitslosengeld (ALG) II abgeben. Artikel
von Eske Hicken aus der FR vom 08.10.2004 bei BAG-SHI
Aus dem Text: „…Nach FR-Informationen sind die rechtswidrigen
Aufforderungen aber keine Einzelfälle: Unter anderem drohen das
Sozialamt Mainz und der Kreis Dahme-Spreewald in Brandenburg, die Zahlungen
einzustellen, wenn ALG-II-Anträge nicht fristgerecht abgegeben
werden. Nach Auskunft des Bundessozialministeriums dürfen die Ämter
aber weder Abgabetermine setzen, noch mit Leistungskürzung drohen.
"Die Betroffenen können dagegen beim Verwaltungsgericht klagen",
sagte eine Sprecherin des hessischen Sozialministeriums. Auch Arbeitsagenturen
üben Druck auf ihre Klienten aus. Der FR liegen auch Schreiben
der Agenturen Berlin-Süd, Göppingen, Wittenberg und Braunschweig
vor, die die Arbeitslosenhilfe einstellen wollen, wenn der Antrag nicht
fristgerecht abgegeben wird. Die Bundesagentur für Arbeit (BA)
lehnt diese Praxis nach Auskunft einer Sprecherin ab…“
- Siehe auch: Ausfüllhinweise
der Bundesagentur für Arbeit zum Antragsvordruck Arbeitslosengeld
II
der Bundesagentur für Arbeit, Stand 16.9.04, als pdf-Datei beim
dt. Städte- und Gemeindetag
Übrigens: Die Aktion Agenturschluss hat in ihrer letzten
Vorbereitungssitzung beschlossen, sich dem Aufruf „Hartz IV blockieren:
Arbeitslosengeld II-Anträge verzögern!“ des Wuppertaler
Sozialforum anzuschliessen, zum gemeinsamen Abgabetermin am Nikolaustag
den 6. Dezember 2004 aufzurufen – ein juristisch abgesicherter Aufruf
folgt demnächst…
b) Leistungen
und Auswirkungen
Grundsicherung für Arbeitssuchende r Arbeitssuchende
ALG II und Sozialgeld nach dem DGB II. Folienvortrag
von Harald Thomé
, Stand 11. Oktober 04
c) Regelungen
/ Sozialgesetzgebung
Alg II : Eingliederungsvereinbarung. Artikel
von Herbert Masslau vom 12. Oktober 2004
„Ein Bestandteil des Leistungssystems nach dem
SGB II (Bezug von Arbeitslosengeld II/Sozialgeld) ist das Instrument der
Eingliederungsvereinbarung. Diese Eingliederungsvereinbarung findet im
SGB II an drei Stellen Erwähnung: in § 2 Abs. 1 SGB II als Bestandteil
des „Forderns“, in § 15 SGB II hinsichtlich seiner inhaltlichen
Bestimmung und in § 31 Abs. 1 Nr. 1a und 1b hinsichtlich Bestrafung
bei Verweigerung oder Nichteinhaltung des Vertrages. Kurz und bündig:
Die Eingliederungsvereinbarung wird 1. von den Leistungsbeziehern gefordert,
2. bei Verweigerung des Vertragsabschlusses oder bei Nichteinhaltung der
Vertragsbestimmungen erfolgt die Bestrafung durch Leistungskürzung
und 3. die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbestimmungen unterliegt
der Willkür des sogenannten Fallmanagers….“
d) AlgII
und Kinder/Jugendliche
Hartz IV für Jugendliche. Auf 15- bis 25-Jährige
warten Profiling, Repressalien und Niedriglohn. Artikel
von Hermann Werle in MieterEcho 306/Oktober 2004
e) Niedrigstlohn:
1€-Jobs
- Tarifliche Bezahlung statt moderner Arbeitsdienst! Gemeinsam gegen
Lohndumping und prekäre Beschäftigung! Presseerklärung
des DGB Kreisverband Marburg-Biedenkopf
- Achtung! Schon jetzt 1,50 Euro-Jobs! Start am 1.Oktober 2004! Informationsbrief
Selbstbehauptung Nr.2/04
- Gewerkschaftliche Eckpunkte zur öffentlich geförderten
Beschäftigung. Position
von Deutscher Gewerkschaftsbund, Bundesvorstand, vom 05.10.04
- Berlin: AWO von Überflüssigen besetzt
„Seit weinigen Minuten ist die Landeszentrale der AWO (Arbeiterwohlfart)
am Halleschen Ufer 32-38 von 50 "Überflüssigen"
besetzt. Warum AWO? 600.000 Ein-Euro-Jobs wollen die Bundesverbände
der Arbeiterwohlfahrt, der Caritas, des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes,
des Deutschen Roten Kreuz und der Diakonie ab nächstem Jahr anbieten.
Bis vor wenigen Wochen waren die Hartz-Gesetze noch in der Kritik dieser
Verbände - jetzt wollen sie davon profitieren. Innerhalb der AWO
stößen die Pläne aber immer noch auf Widerstand.
Wer sind die "Überflüssigen"? Die "Überflüssigen"
sind aus einem Bündnis verschiedener Gruppen hervorgegangen. Im
Artikel mehr dazu….“ Bericht
von „kann jede/r gewesen sein“ vom 11.10.2004 bei indymedia
II. Diskussion: (Lohn)Arbeit / Praxis der
Sozialpolitik / Mindestlohn
- Es lebe die Tarifautonomie. Beitrag
von Armin Schild
in der "Financial Times Deutschland" vom 11. Oktober 2004
bei der IG Metall. Hieraus unser Unzitat des Tages:
„… Mindestlöhne konterkarieren das Niedriglohn-Konzept
nur in soweit, als sie eine skandalöse Bezahlung unterhalb des
niedrigsten Niveaus aller Flächentarifverträge ausschließen.
Es ist kein Geheimnis, dass in einer Reihe von Branchen Tarifverträge
existieren, die in den untersten Lohngruppen faktisch Niedriglöhne
zulassen. Das ist ein Preis der Tarifautonomie, den die Arbeitnehmer
zahlen….“
- Und das satirische Zitat zum Thema
Mindestlohngesetz
„Im Rahmen ihres Sorgerechts für die deutsche Wirtschaft
bringt die Bundesregierung mit diesem Mindestlohngesetz zum Ausdruck,
daß sich künftig für Unternehmen der Einsatz von Arbeitskräften
– wie der Name schon sagt – „mindestens lohnen“
muß. Aus diesem Grund gelten ab sofort folgende gesetzliche Bestimmungen:
§ 1: Mindestlohn bedeutet, daß übergangsweise für
lohnabhängig Beschäftigte mindestens noch Lohn zu zahlen ist.
§ 2: Der Mindestlohn darf 1 Euro pro Arbeitsstunde nicht überschreiten.
Damit ist er nach wie vor allerdings erheblich teurer als die Postgebühr
für einen Standartbrief.
§ 3: Alle weiteren Regelungen fallen daher unter die Postgebührenordnung.
Die Entlohnung darf vom Arbeitgeber mit sofortiger Wirkung aus der Portokasse
finanziert werden und ist steuerlich voll absetzbar.
§ 4: Unfrankierten Arbeitslosen ist die Arbeitserlaubnis unter
Androhung eines Strafportos zu verweigern.
§ 5: Nach Ablauf der Übergangsfrist zahlt die Gebühren
(also den Mindestlohn) der Empfänger (der Beschäftigte).“
Aus: Deutscher Einhei(t)Z-Textdienst von Werner Lutz, Ausgabe 10/04
III. Diskussion: (Lohn)Arbeit / Sozialpolitische
Aktionen und Proteste
a) Debatte der Protestformen / Proteste
und Gewerkschaften
Rede
des Gewerkschaftsforums Hannover auf der 3. hannoverschen Montagsdemonstration
am 11.10.2004
– Zwischenkundgebung vor der Hauptverwaltung der IG BCE
Aus dem Text: „…So konnte sich der DGB-Bundesvorstand
bisher nicht zu einer grundsätzlichen Ablehnung von Hartz IV und
zu einer bundesweiten Teilnahme an der Anti-Hartz-Bewegung durchringen.
Vielmehr wurde auf dem Höhepunkt der Montagsdemos – nicht nur
in der DGB-Spitze – ein Schlingerkurs zwischen begrenzter Annäherung
an die Bewegung und mancher verbalradikalen Schröder-Kritik einerseits
und Liebäugeleien mit einer neuen Sozialpartnerschaft und der spalterischen
Initiierung sog. „Donnerstagsdemos“ (wie z.B. in Bremerhaven)
andererseits gefahren. Die einzige bedeutende DGB-Gewerkschaft, die keinen
Schlingerkurs gefahren hat, war die IG BCE. Sie hat nie einen Hehl daraus
gemacht, wo sie steht, nämlich im innergewerkschaftlichen Spektrum
ganz rechts !...“
b) Montagsdemos
15. Jahrestag der Montagsdemonstrationen
Eine Gegenüberstellung
der Gründe für Montagsdemos1989 und 2004 in 10 Thesen von Bernd
Reißmann
aus Dresden. Der Autor, ein seit vielen Jahren arbeitsloser Informatiker
(davor u.a. Betriebsrat), ist einer der Organisatoren derDresdner Montagsdemos.
Als Aktivist der "euromasch"-Bewegung sprach er am 4. Oktober
auf der ersten Wiener Solidaritätsdemo mit dem Kampf gegen Agenda
2010 und Hartz IV in Deutschland.
IV. Diskussion: Wipo / GATS,
Privatisierung und Gegenkämpfe
- »Die Bevölkerung verliert jede Einflußmöglichkeit«.
Stuttgarter Gewerkschafter wehren sich gegen Umwandlung der Kliniken
in eine GmbH. Gewerkschaften und Beschäftigte müssen zusammenrücken.
Ein Gespräch mit Dieter Janssen, Personalrat im Klinikum Stuttgart
und aktiv im »Netzwerk für eine kämpferische und demokratische
ver.di«. Interview
von Daniel Behruzi in junge Welt vom 12.10.2004
- Schaumgebremster Protest. Hamburger Senat will Volksbegehren gegen
Privatisierung des Landesbetriebes Krankenhäuser ignorieren. Oppositionsparteien
kritisieren zwar, wollen aber keinen Krach riskieren. Artikel
von Andreas Grünwald in junge Welt vom 25.09.2004
- »Bürgerbegehren ist Beitrag zur Politisierung«. Kasseler
Initiative sammelt Unterschriften gegen Privatisierung der Wasserversorgung.
jW fragte Veronika Baier, Sprecherin der Kasseler Bürgerinitiative
»Unser Wasser gehört uns!« Interview
von Daniel Behruzi in junge Welt vom 04.10.2004
Lieber Gruss, Mag
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils
aient ou non un emploi
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