Gesundheitsreform: Der unterbelichtete Punkt
"Kaum ein Punkt der geplanten Gesundheitsreform wird von irgendeiner Organisation oder Gruppe nicht kritisiert. Ein Punkt jedoch bleibt bei linker wie liberaler oder konservativer, bei gewerkschaftsorientierter wie kapitalfreundlicher Kritik unterbelichtet. Das ist wahrscheinlich kein Zufall. Denn auf den Punkt aufmerksam zu werden, setzt etwas voraus, das in der politischen Kultur Deutschlands leicht unter die Räder kommt: es ist der Begriff des Bürgers in der Tradition der Französischen Revolution von 1789 und das mit diesem Begriff einhergehende Staatsverständnis." Diskussionsbeitrag von Revolutionäre Organismen bei Ungesundleben
»Das Solidarprinzip wird geschwächt«
Durch die »Gesundheitsreform« nähern sich die gesetzlichen den privaten Krankenkassen an. Ein Gespräch mit Simone Leiber , Referatsleiterin Sozialpolitik am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung von Jan Eisner in junge Welt vom 19.04.2007
Nach der Reform ist vor der Reform. Mit der Gesundheitsreform sind die Weichen zu einer schleichenden Privatisierung der Krankenkassen gestellt
"Die innerhalb der Koalition umstrittene und von der Opposition heftig kritisierte Gesundheitsreform wurde mit der erfolgreichen Abstimmung im Bundestag am Freitag verabschiedet. Das war bereits für den Januar vorgesehen, konnte aber erst jetzt in dritter Lesung bewerkstelligt werden. Der parlamentarische Weg zu diesem Gesetz verlief turbulent und quer und durch alle Gräben." Artikel von Reinhard Jellen in telepolis vom 07.02.2007
Deutscher Bundestag beschließt Gesundheitsreform
Der Deutsche Bundestag hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) abschließend beraten und beschlossen. Damit ist der Weg zur neuen Gesundheitsversicherung bereitet. Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates und soll im Wesentlichen am 1. April 2007 in Kraft treten. Die Sonderseite des Bundesministeriums für Gesundheit zum Gesetz mit Übersichten, Terminplänen etc.
Rechtswissenschaftler untersucht Gesundheitsreform. Europarechtliche Risiken durch Abschwächung des Solidarprinzips
"Die von der Bundesregierung geplante Gesundheitsreform schwächt das Solidarprinzip in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dadurch wächst das Risiko, dass das System der GKV längerfristig in Konflikt mit dem europäischen Kartellrecht geraten könnte. Zu diesem Ergebnis kommt Prof. Dr. Thorsten Kingreen, Professor für Sozial- und Gesundheitsrecht an der Universität Regensburg in einem Rechtsgutachten im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung." Pressemitteilung vom 18.01.2007 . Siehe dazu:
Europarechtliche Implikationen des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG)
Rechtsgutachten von Prof. Dr. iur. Thorsten Kingreen vom Januar 2007 für den Deutschen Gewerkschaftsbund und die Hans Böckler-Stiftung bei der HBS
Sieg nach Punkten. In der Gesundheitsreform haben sich die Lobbyisten durchgesetzt. Und der "große Wurf" der Bürgerversicherung ist vorläufig geblockt
Artikel von Ulrike Baureithel in Freitag vom 26.01.2007
Die Gesundheitsreform löst keine Probleme, sondern schafft jede Menge neue und ist höchst unsozial
Artikel von Siegfried Dierke, eine überarbeitete Fassung eines Artikels, der im Dezember-Heft der "quer - Zeitschrift für Erwerbslose" erschienen ist
Die Gesundheitsreform löst keine Probleme, sondern schafft jede Menge neue und ist höchst unsozial
Artikel von Siegfried Dierke, eine überarbeitete Fassung eines Artikels, der im Dezember-Heft der "quer - Zeitschrift für Erwerbslose" erschienen ist Früh übt, wer morgen Zähne zeigen will
"Soziales Kapital" stärkt die Gesundheit, sagen Gesundheitswissenschaftler - und kritisieren harsch die geplante Gesundheitsreform. Artikel von Ulrike Baureithel in Freitag vom 8.12.06 Teuer und krank - unser Gesundheitswesen
Referat des Medizinsoziologen Professor Dr. Hans-Ulrich Deppe bei einer isw-Veranstaltung am 13. Oktober 2006 in München. Es setzt sich mit grundsätzlichen Fragen des Gesundheitswesens im neoliberalen Kapitalismus als auch mit dem aktuellen Stand der Gesundheitsreform Stichwort: Gesundheitsfonds - auseinander. Gesundheitsreform 2006 - ein Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit?
Die Entscheidung für eine Stärkung der sozialen Gerechtigkeit im deutschen Gesundheitssystem ist - wieder einmal - vertagt worden. Artikel von Kai Mosebach und Rolf Schmucker in spw - sozialistische Politik und Wirtschaft vom 05.12.2006 Zitat zum Thema:
"Streit um Gesundheitsreform beendet
Berlin: Die Bundesregierung hat den wochenlangen Streit um die diesjährige Gesundheitsreform erfolgreich beendet. Die Ergebnisse sind: Die Regierung bleibt gesund, die soziale Krankenversicherung erhält die letzte Ölung, und die Kosten übernehmen wie immer die Bürger."
Aus: Deutscher Einheit(z)-Textdienst von Werner Lutz 11/06 Einigung bei der Gesundheitsreform
"Die Koalitionsparteien haben sich auf die Ausgestaltung und den Zeitplan der Gesundheitsreform geeinigt. Die Zusatzbeiträge der Kassen sollen ein Prozent nicht übersteigen. Der Start des Gesundheitsfonds wird auf den 1. Januar 2009 verschoben." Meldung der Bundesregierung vom 05.10.2006 . Siehe dazu auch:
Gemeinsame Pressemitteilung zur Gesundheitsreform
Die gemeinsame Pressemitteilung der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel, des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck und des CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber zur Gesundheitsreform im Wortlaut vom 05.10.2006 Gesundheitsreform verärgert (fast) alle
Auf massive Kritik zahlreicher Verbände und der parlamentarischen Opposition ist der Kompromiss der Koalition zur Gesundheitsreform gestoßen. Auch innerhalb der Union wurden Vorbehalte laut. Artikel in der Frankfurter Rundschau vom 06.10.2006 Fällt jetzt die Unfallversicherung?
"Die gesetzlich geregelten Versorgungssysteme aus der Zeit des Sozialstaates wie Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- oder Pflegeversicherung sind unter »Rot-Grün« mehrfach marktradikalen, kapitalfreundlichen »Reformen« unterzogen worden. Lediglich die Gesetzliche Unfallversicherung, organisiert durch die Berufsgenossenschaften, blieb bisher vor der neoliberalen Konterrevolution verschont. Unter der Regierung Merkel/Müntefering steht nunmehr auch hier eine Systemänderung bevor." Artikel von Otto Meyer im Linksnet vom 27.08.2006 Nützlicher Lärm
Gesundheitsfonds: Verdi und die Kassen haben den Protest begonnen. Aber er ist noch zu unpolitisch. Artikel von Michael Jäger in Freitag vom 4.8.06 Protest gegen die Gesundheitsreform
Ulla Schmidt hat den Krankenkassen, die öffentlich und gegenüber ihren Mitgliedern Kritik an der Gesundheitsreform äußern will, "aufsichtsrechtliche" Schritte angedroht. Jeder, der sozialversicherungspflichtig und in einem fest Beschäftigungsverhältnis steht, kann sich hier maßgeblich "unterstützend" einschalten. Einfach (am Besten brieflich / per Email) der Kasse mitteilen, dass man sie wechselt, falls sie sich dem Diktat der Regierung fügt. Die Mitglieder haben so eine ziemlich gute und legale Möglichkeit "unterstützend" einzuwirken. Siehe dazu einen Beispielbrief an die Krankenkasse. Aus dem Text: ".ich begrüße es sehr, dass einige Krankenkasse beschlossen haben, die Interessen ihrer Mitglieder auch gegenüber der Regierung zu vertreten und die geplante sog. "Gesundheitsreform" öffentlich zu kritisieren. (.) Ich kann auch anderen Sozialversicherungspflichtigen nur empfehlen, ihre weitere Mitgliedschaft in der jeweiligen Kasse auch davon abhängig zu machen, ob diese deren Interessen konsequent vertritt. Schließlich handelt es sich bei der geplanten sog. "Gesundheitsreform" nicht um eine Auseinandersetzung zwischen Regierung und Verwaltung der Kassen, sondern um eine Auseinandersetzung zwischen jetziger Regierung und den Interessen der Krankenkassenmitglieder an einem günstigen und qualitativen Gesundheitswesen. In diesem Sinne, erwarte ich eine konsequente Vertretung meiner Interessen als Versicherter durch meine Krankenkasse - auch gegenüber der derzeit regierenden Politik." Zitat zum Thema
"Gesundheitsfonds
Wenn man von den bisherigen Erfahrungen mit Investmentfonds ausgeht, wird die Einrichtung eines Gesundheitsfonds in Deutschland folgende unwesentliche Änderungen bringen: Die Renditeversorgung für Kapitalanleger auf Rezept, die Verlagerung der kompletten ärztlichen Versorgung und der Kliniken nach Polen, China oder Thailand (bei gleichbleibend freier Arztwahl) - und die anschließende endgültige Abwicklung der letzten Reste der sozialen Gesundheitsvorsorge in Deutschland nach spätestens einem Jahr."
Aus: Deutscher Einheit(z)-Textdienst von Werner Lutz 8/2006 Steuer- oder Beitragsfinanzierung?
"Sollen die Sozialsysteme aus Steuern finanziert werden? Beitragsfinanzierte Sozialsysteme (wie das deutsche Gesundheitssystem) geraten unter Druck, denn die Erwerbsbevölkerung ist immer weniger in der Lage, die steigenden Kosten zu finanzieren. Steuerfinanzierung heißt nun das Rezept, das in einem ersten Schritt mit der jüngsten Gesundheitsreform angegangen wird: Die Gesundheitsausgaben der Kinder werden ausgelagert. Doch Steuerfinanzierung hat Nachteile. Der Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge hält sie sogar für eine komplette Fehlorientierung. Da irrt er sich, widerspricht ihm der Volkswirtschaftler Gert G. Wagner, denn die Steuerfinanzierung könnte verteilungs- und arbeitsmarktpolitisch sinnvoll sein - vorausgesetzt, man gestaltet den Umbau richtig." Eine Debatte in Freitag Nr. 30 vom 28.7.06:
- Nein Danke.
Glaube und Illusion. Die Zauberformel "Steuer- statt Beitragsfinanzierung" ist der falsche Weg. Artikel von Christoph Butterwegge
- Ja Bitte - aber nachhaltig
Phantasie und Gestaltung. Richtig ausgestaltet, dürfte die Steuerfinanzierung positive Aspekte bewirken. Artikel von Gert G. Wagner
Gesundheitsreform: Massive Proteste sind notwendig
"Das Büro gegen Altersdiskriminierung e.V. ruft seine Mitglieder und Verbündeten zu massiven Protesten gegen die von der GROSSEN Koalition beschlossene GesundheitsREFORM (haha) auf. Dieser mit heißer Nadel während der Fußball-WM in einer Nacht geheftete MURKS muss verhindert werden." Pressemitteilung von Hanne Schweitzer vom 06.07.2006 "Schnellster Fahrstuhl zur Zweiklassen-Medizin". Gewerkschaften verurteilen Reform-Kompromiss / Privatversicherer wollen sich gegen Einschnitte wehren
"Wäre die Reaktion der betroffenen Interessen-Verbände ein verlässliches Indiz, müsste die schwarz-rote Gesundheitsreform mindestens eines sein: hoch wirksam. Experten jenseits der Lobby beurteilen das Konzept freilich zurückhaltend." Artikel von Knut Pries in Frankfurter Rundschau vom 4.7.06 Gut für alle, außer für die meisten
"Die Gesundheitsreform stärkt die Position der privaten Krankenkassen. Die versichern künftig mehr Menschen, denn den gesetzlichen Kassen werden die Beitragszahler weglaufen. Um einen Zusatzbeitrag zu vermeiden, dürften die gesetzlichen zunächst die Leistungen abschmelzen." Bericht in der taz vom 4.7.2006 Auf dem Weg zur Klassenmedizin?
Die Medizinsoziologin Nadja Rakowitz über die Gesundheitsreform der großen Koalition und mögliche Alternativen. Interview von Peter Nowak in telepolis vom 03.07.2006 Zitat zum Thema:
"Neues von der Gesundheitsreform
Künftig sollen nach dem Willen der Bundesregierung Versicherte generell bei selbstverschuldeten Unfällen zahlen. Die Regelung ist übrigens schon in Kraft: die Wahl der jetzigen Bundesregierung war der größte eigenverschuldete Unfall aller Zeiten."
Aus: Deutscher Einhei(t)Z-Textdienst von Werner Lutz, Ausgabe 7/06 Höhere Beiträge. Die Gesundheitsreform steht
"Monatelang hatte es innerhalb der großen Koalition Streit über die Ausgestaltung der Gesundheitsreform gegeben. In der Nacht zu Montag haben sich die Regierungsparteien nun auf die Grundzüge verständigt. Obgleich das erklärte Ziel von Union und SPD ist, mit der Neugestaltung Geld zu sparen, müssen die Versicherten tiefer in die Tasche greifen." Artikel in Handelsblatt vom 3.7.06 "Die Solidargemeinschaft muß verteidigt werden"
IG-Metall-Chef Peters kündigt Proteste gegen Gesundheitsreform an - Gewerkschaften planen heißen Herbst - Ruf nach Wende in der Steuerpolitik. Interview von Philipp Neumann in Die Welt vom 3.7.06 Themendienst "Gesundheitsreform 2006" der IG BAU
"Eckpunkte zur Gesundheitsreform sollen am Sonntag beschlossen werden. Noch stehen die Einzelheiten nicht fest. Sogar der Zeitpunkt wird gerade wieder in Frage gestellt. Der Themendienst "Gesundheitsreform 2006" stellt die gegensätzlichen Standpunkte dar und trägt Thesen für ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem zusammen." Themendienst vom Juni 2006 Bürgerversicherung versus Kopfpauschale. Debatte um die Gesundheitsreform
Die Politik streitet um die Zukunft der Krankenversicherung. Die Diskussion kreist um die beiden Modelltypen "Bürgerversicherung" und "Kopfpauschale". Oder gibt es einen dritten Weg? Fakten und Forschung zur Debatte auf der Sonderseite der Hans-Böckler-Stiftung Reformpläne: Das liegt auf dem Tisch
"Das Ringen um die Gesundheitsreform geht in die heiße Phase. Bis zur Sommerpause soll ein neues Modell stehen, doch bislang konnten sich die Koalitionäre nicht einigen. Gleich mehrere konkurrierende Konzepte liegen auf dem Tisch." Ein Überblick im Handelsblatt Was Bürger und Unternehmen von höheren Steuern für die Krankenversicherung hätten - Folgen für die Arbeitnehmer.
Übersicht bei der Financial Times Deutschland Modellwechsel. Gesundheitsfonds: Klingt nach wundersamer Selbstvermehrung und ist grob ungerecht
Artikel von Ulrike Baureithel in Freitag vom 16.06.2006 . Aus dem Text: ".Während die Unternehmen mit fixen 5,5 Prozent mit von der Partie sein sollen und damit perspektivisch gewinnen, trifft es die Versicherten dreifach. Als Versicherungsnehmer würden sie mit rund 6,5 Prozent vom Gesamtbruttoeinkommen (das heißt inklusive aller Nebeneinkünfte) und als Steuerzahler in Form eines Gesundheits-Solis oder eines Aufschlags auf die Einkommenssteuer zur Kasse gebeten. Die heutigen Zuzahlungen blieben bestehen oder würden sogar ausgeweitet. (.) Die Verbraucherverbände haben errechnet, dass sich mit einem derart ausgestalteten Gesundheitsfonds die ohnehin nicht mehr gleich verteilte Last zwischen Unternehmen und Versicherten auf ein Verhältnis von einem Drittel zu zwei Dritteln annähern würde. Es wäre das endgültige Ende der paritätischen Versicherung." Der Weltmeister ist gesund
Schon die vergangene Gesundheitsreform hatte verheerende Wirkungen auf die ärztliche Versorgung der Armen. Die derzeit diskutierten Modelle dürften die Situation verschlimmern. Artikel von Philipp Steglich in Jungle World vom 14. Juni 2006 Gesundheitsreform. Schmerzgrenze der Arbeitnehmer ist erreicht
"Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) wendet sich entschieden gegen eine weitere Belastung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Zuge der geplanten Gesundheitsreform. (.) Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die Große Koalition plant, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung einzufrieren und die künftige Finanzierung des Gesundheitswesens über Kopfpauschalen sicherzustellen.." Ver.di-Pressemitteilung vom 21.06.2006 Gesundheitsreform: Grobes Foul gegen Versicherte
argumente 4/2006 der IG Metall |