»Bündnissen« fehlt Verlässlichkeit. Fast ein Drittel der Unternehmen bricht Zusagen aus betrieblichen Standortvereinbarungen
"Vielfach ist in der gewerkschaftsnahen Fachpresse immer noch vom »deutschen Beschäftigungswunder« die Rede. Zwar wird dabei oft vergessen, daß in der Krise binnen weniger Wochen Zehntausende Leiharbeiter und befristet Beschäftigte auf die Straße gesetzt wurden. Dennoch ist es eine interessante Frage, mit welchen Mitteln trotz des dramatischen Wirtschaftseinbruchs zumindest betriebsbedingte Kündigungen bei Stammbeschäftigten in weiten Teilen vermieden werden konnten. Mit den diesbezüglich auf betrieblicher Ebene angewandten Strategien beschäftigt sich die aktuelle Ausgabe der von der Hans-Böckler-Stiftung herausgegebenen WSI-Mitteilungen." Artikel von Daniel Behruzi in junge Welt vom 15.02.2011
Tarifvertragliche Öffnung für betriebliche Bündnisse für Arbeit
"Wenn Tarifvertragsparteien in einem Flächentarifvertrag vereinbaren, dass im Falle der begründeten Notwendigkeit abweichender betrieblicher Regelungen zu bestimmten, im Tarifvertrag aufgeführten Zwecken einer entsprechenden Betriebsvereinbarung über abweichende Arbeitsbedingungen von den Tarifvertragsparteien zugestimmt werden "soll", und wenn die möglichen Abweichungen im Tarifvertrag selbst eingegrenzt sind, begründet dies bei Einhaltung dieser Kriterien eine tarifvertragliche Pflicht der Tarifvertragsparteien zur Erteilung der Zustimmung, wenn nicht gewichtige konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall einer solchen Zustimmung entgegenstehen. Die Einhaltung dieser Pflicht kann von dem anderen Tarifvertragspartner geltend gemacht werden." Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zum Urteil vom 20. Oktober 2010 - 4 AZR 105/09
»Belegschaften werden dadurch erpreßbar«. Debatte über Verlagerung von Tarifregelungen auf Betriebsebene bleibt brisant.
Interview mit Richard Altz von Daniel Behruzi , Leipzig, in junge Welt vom 07.11.2007. Aus dem Text: ".Wenn man die Tarifverhandlungen auf die Ebene der Betriebe herunterzieht, dann bedarf das eines sehr hohen Organisationsgrads und großer Kampfbereitschaft, um noch etwas durchsetzen zu können. Die Belegschaften werden durch die »Verbetrieblichung« erpreßbar; die Betriebsräte können vom Management mit der Drohung von Produktionsverlagerung oder Arbeitsplatzabbau über den Tisch gezogen werden. Die Errungenschaften des Flächentarifvertrags werden so auf dem Altar der Wettbewerbsfähigkeit geopfert. (...) Man muß sehen, daß die IG Metall auch vor dem Pforzheimer Vertrag bereits Abweichungen vom Flächentarif zugelassen hat. Pforzheim hat das legalisiert."
Zitat zum Thema: Betriebliche Mitteilung: neuer Tarifvertrag
"Sehr geehrte Mitarbeiter,
nach der gesetzlichen Abschaffung der Tarifautonomie machen wir Sie darauf aufmerksam, daß mit sofortiger Wirkung die tariflichen Regelungen ihres bisherigen Arbeitsvertrages hinfällig sind.
Jeder Mitarbeiter ist allerdings künftig legitimiert, mit der Firmenleitung seinen individuellen Tarifvertrag auszuhandeln und abzuschließen.
Die Tarifverhandlungen aller Mitarbeiter finden täglich morgens zu Arbeitsbeginn statt. Der jeweils aktuelle Tageslohn wird Ihnen dabei von Ihrem Vorarbeiter mitgeteilt. Mitarbeiter, die an einem Tag nicht namentlich aufgerufen werden, können wieder nach Hause gehen.
Wir wünschen Ihnen abschließend – bis zu ihrer täglichen Kündigung gegen Feierabend - eine lange und vertrauensvolle Mitarbeit in unserem Unternehmen als Tagelöhner.
Die Firmenleitung"
Aus: Der Deutsche Einheit(z)-Textdienst von Werner Lutz 10/2005
"Vorwärts IG BAU". Eine Gewerkschaft zum mitmachen ???
- »An den Taten sollt Ihr sie erkennen« IG BAU: Tarifvertraglicher Offenbarungseid und schnelle Eingreiftruppen
Artikel von Kjell Hansen, erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 10/05. Aus dem Text: " (.) Die Zeit bis zum Auslaufen des jüngsten Bau-Tarifvertrages Mitte 2007 soll nun genutzt werden, um sich »in den Betrieben völlig neu aufzustellen«. Nach Auslaufen der aktuellen Verträge will die Gewerkschaft in der Lage sein, »Häuserkämpfe«, also von Arbeitsniederlegungen begleitete Haustarifverhandlungen, in zahlreichen Unternehmen zu organisieren. Zu diesem Zweck werden in zahlreichen Bezirksverbänden bereits seit 2001 Vertrauensleute-Strukturen aufgebaut und Betriebsgruppen installiert - ein Novum, hatte man sich bislang ausschließlich auf die Organisierung in Ortsverbänden gestützt. (.) Um die schwächelnde Betreuung der Mitglieder aufzufangen und dennoch Kampffähigkeit herzustellen, betont Klaus Wiesehügel bereits seit einem Jahr die Notwendigkeit, den ehrenamtlichen Bereich der Organisation massiv zu stärken. Außerdem bemüht man sich emsig, neue Betriebsräte zu wählen und junge GewerkschafterInnen politisch zu schulen. Wie diese Bemühungen allerdings mit ausschließlich von der Organisationsspitze diktierten Tarifrunden zusammenpassen oder mit einem Gewerkschaftsbeirat erzielt werden sollen, der bislang allenfalls als «Nickdackel« agierte, sei dahingestellt."
- "Vorwärts IG BAU". Eine Gewerkschaft zum mitmachen Grundsatzreferat des Bundesvorsitzenden der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Klaus Wiesehügel, zum 19. Gewerkschaftstag am 5. Oktober 2005 in Bonn. Aus dem Text: ".Wir werden noch in diesem Jahr mit dem Aufbau einer schnellen, zentral geführten Eingreiftruppe beginnen. Was deren Aufgabe sein wird, werde ich hier nicht weiter öffentlich darlegen, damit es in zu erwartenden Strafgerichtsprozessen nicht gegen uns verwendet werden kann. Aber eines sage ich euch: Ich bin fest entschlossen, uns den Respekt zurückzuholen, den unsere Kolleginnen und Kollegen verdienen. Dabei werden wir diese Eingreiftruppe nicht nur im Bauhauptgewerbe einsetzen, sondern wo nötig auch in anderen Branchen. Eigentlich liegt es mir nicht, den "American Way of Live" zum Vorbild zu nehmen. Aber wem die Phantasie nicht ausreicht zu verstehen, was ich ausdrücken will, der soll sich mal das Wirken mancher amerikanischen Gewerkschaft anschauen. Zimperlich sind die wirklich nicht.." (S. 19) Siehe dazu auch:
- Die schlanke Gewerkschaft. IG BAU: Klaus Wiesehügel beschreibt Kampfmethoden für den Fall, dass der Flächentarifvertrag fällt. Artikel von Michael Jäger in Freitag vom 14.10.2005 Aus dem Text: ".Ohne Flächentarifvertrag wird der Tarifkampf Betrieb um Betrieb geführt werden. Die Gewerkschaft muss sich daher auf Hilfe für Einzelbetriebe umstellen, das heißt: von der Zentrale aus den Kampf koordinieren und mit Information versorgen, an der Basis den Aufbau von Betriebsgruppen vorantreiben. Weil so das Engagement des einzelnen Gewerkschafters in den Vordergrund rückt, muss das Organisationskonzept "von der Dienstleistungs- zur Mitmachgewerkschaft" umgestellt werden. Das bedeutet auch, die Zahl der mittleren Funktionäre kann sinken, sie muss es ohnehin aus Geldmangel. Die regionalen Büros allerdings werden noch wichtiger, weil auch sie koordinieren und informieren. Nun ist mit Betriebsgruppen allein nichts gewonnen. Sie könnten die Erpressbarkeit einer isolierten Belegschaft nicht entscheidend zügeln. Daher Wiesehügels Ankündigung der "schnellen Eingreiftruppe", die von außen zu Hilfe eilt. Ihr könnte kein Unternehmer Angst einjagen, er müsste aber selbst welche bekommen. Denn die Truppe wird schlimmstenfalls versuchen, das betreffende Unternehmen in den Bankrott zu treiben."
Abweichung vom Flächentarif: IG Metall erprobt neue Strategie für betriebliche Bündnisse
"Eine neue tarifpolitische Strategie beschert der IG Metall in Nordrhein-Westfalen offenbar wachsende Erfolge bei der Mitgliederwerbung. Kern der Strategie unter dem Motto "Besser statt billiger" ist ein offenerer Umgang mit möglichen Abweichungen vom Flächentarifvertrag auf Betriebsebene.." Artikel von Dietrich Creutzburg im Handelsblatt vom 11.8.05
Thesen zur Tarifpolitik - im Spannungsfeld von Fläche und Betrieb - Zukunftsfrage solidarischer Tarifpolitik Diskussionspapier (Stand 06.07.2005) von IG Metall Vorstand FB Tarifpolitik zur Vorbereitung der bundesweiten tarifpolitischen Konferenz der IGM vom 20. bis 23. Oktober 2005. Siehe dazu auch: Tarifpolitik der IGM: Wohin sollte der Weg gehen? "Vom 20. bis 23. Oktober findet die bundesweite tarifpolitische Konferenz der IGM statt. Seit Juli gibt es ein Diskussionspapier des IG Metall Vorstandes Fachbereich Tarifpolitik zur Vorbereitung dieser Konferenz: "Thesen zur Tarifpolitik - im Spannungsfeld von Fläche und Betrieb - Zukunftsfrage solidarischer Tarifpolitik". Auf dem letzten Gewerkschaftstag gab es sehr kontroverse Meinungen zu der stetigen Verbetrieblichung der Tarifpolitik. Dieses Papier, sowie die Konferenz, ist ein erneuter Versuch, diese Verbetrieblichung in der IGM zu etablieren. Hier einige kritische Anmerkungen zu diesem Papier." Diskussionsbeitrag von Christa Hourani im Netzwerk-Info Gewerkschaftslinke Nr. 7/2005 (auf Seite 8-10)
Zitat der 42. Woche 2002: "Flammendes Plädoyer gegen den Flächentarifvertrag"
Jürgen Hubbert vom Vorstand der DaimlerChrysler AG zum Vortrag des Stuttgarter IGM-Bezirksleiters Berthold Huber bei der Automobilkonferenz bei Stuttgart, in dem er den Arbeitgebern einen "Produktivitätspakt" anbietet. Zitiert in Frankfurter Rundschau vom 11.10.02. Siehe hierzu auch:
Vorstoß der IG Metall. Neue Wege. "Fast jeder dritte Arbeitsplatz der deutschen Automobil- und Zulieferindustrie ist in Baden-Württemberg angesiedelt. Daraus bezieht die IG Metall im Lande ein gesteigertes Selbstbewusstsein. Ungeachtet der Pilotabschlüsse, die sie in der Vergangenheit mit den Metallarbeitgebern getätigt hat, zeigt sich immer deutlicher, dass sie in der Tarifpolitik einen Sonderweg gehen will - einen Weg, der auf die Stärken und Schwächen der Autobauer im Lande mehr Rücksicht nimmt als der gültige Flächentarifvertrag...." Artikel aus der Stuttgarter Zeitung vom 11.10.2002
Tarife: Löhne zurück in die Betriebe
Neues aus der Reihe "was wir wissen müssen, um es verhindern zu können": Unabhängige Arbeitnehmervertretung kritisiert vor Delegiertentreffen Monopolstellung des DGB. "Am Vortag der Bundesdelegiertenkonferenz der Arbeitgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) hat deren Bundesvorsitzender Wilhelm Schelsky die Forderung der kleinen Arbeitnehmervereinigung nach neuen gesetzlichen Regelungen zu Gunsten betrieblicher Lösungen erneuert....." Artikel von Tom Strohschneider in ND vom 08.06.02
Betriebsnahe Tarifpolitik - aber anders als ihr denkt
Artikel von Eberhard Schmidt in der Reihe »Fund- und Schmuckstücke aus 40 Jahren express, für und mit Euch neu gelesen«; zuerst erschienen in express - Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit - Nr. 9, vom 15. September 1973, nun erneut in Ausgabe 2/2002
Globalisierung, Flächentarif und nationaler Fusionismus
Grüner Vorstoß zur Tarifdemontage. Worum wird eigentlich gestritten?
Ein Kommentar von Daniel Kreutz |