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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, zur Wiederaufnahme des speziellen freitäglichen Updates aus dem Bereich Internationales ein - weder vollständiger noch systematischer, hoffentlich aber trotzdem erhellender - Überblick zur kapitalistischen Krise weltweit und ihrer Auswirkungen nicht für Banken und Unternehmen, sondern für die Menschen. Und: einige Beispiele unterschiedlicher Reaktionen darauf... Neu im LabourNet Germany am Freitag, 27. Februar 2009: I.Internationales / Irland 120.000 auf der Straße Wenn bei einer EinwohnerInnenzahl von rund 4,2 Millionen über 120.000 Menschen auf die Straße gehen, um gegen die aktuelle Umverteilungspolitik der Regierung zu protestieren, muss die Stimmung insgesamt für diese Regierung ziemlich negativ sein. Die geplanten Rentenkürzungen im öffentlichen Dienst waren wohl jener Tropfen...Lehrergewerkschaft und die Gewerkschaft der Busfahrer und Lokführer bereiten Streikaktionen vor, der Gewerkschaftsbund ICTU will es wohl bei Demonstrationen belassen. Eine ausführliche Dokumentation der Großdemonstration samt aktueller Bestandsaufnahme von Regierungspolitik und Gewerkschaftswiderstand "120,000 workers march through Dublin - National strike now!" II. Internationales / USA / Lebensbedingungen Der Volksheld, der Kapitalismus, die Krise Der Pilot Chesley "Sully" Sullenberger war im Januar der Medienheld. Dass er es geschafft hatte, sein Flugzeug entgegen aller Erfahrungen auf dem New Yorker Hudson River so notzulanden, dass niemand zu Schaden kam, wurde in aller epischen Breite ausgewalzt. Jetzt war er vor den Kongress geladen, zu einem Hearing über Flugsicherheit und erwies sich als arger Spielverderber. Es fehlen erfahrene Piloten sagt er, weil sie vorziehen in Rente zu gehen oder andere Jobs zu suchen: 40% Einkommensverlust habe er persönlich in den letzten Jahren gehabt und mit der aktuellen Krise werde diese Tendenz zunehmen. Dementsprechend ist es auch nicht überraschend, dass er diesmal in den grossen Medien nicht so viel Platz fand; der (englische) Bericht "Chesley "Sully" Sullenberger To Congress: My Pay Has Been Cut 40 Percent In Recent Years, Pension Terminated" III.Internationales / Spanien Santanderbank besetzt: Schuldenfalle Damit die Regierung aufhört, nur an die Banken und Spekulanten zu denken, sondern auch mal an das Volk zu denken gezwungen wird, hat die andalusische Arbeitergewerkschaft SAT einen ganzen Mobilisierungskalender erarbeitet: Auftakt dazu war eine erneute Bankbesetzung, diesmal in der Ortschaft Arcos, die einen besonders hohen Anteil von problematischen Verschuldungen verzeichnet, wird in dem (spanischen) Bericht "Andalucía: Población en crisis ocupa un banco" IV.Internationales / Slowenien Verzichtsabkommen unterzeichnet Im öffentlichen Dienst Sloweniens war für 2009 eine Lohnerhöhung von 9,9% ausgehandelt worden. Jetzt gibt es ein aktuelles zusätzliches Verzichtsabkommen mit 23 Gewerkschaften dieses Sektors, das diese Lohnerhöhung auf 7,1% reduziert, natürlich der Krise wegen. So wird es kurz Berichtet in dem Beitrag "Public Sector and Govt Sign Austerity Pay Deal" V.Internationales / Tschechien Migranten aus der Mongolei: Rückfahrkarte. Kostenlos! Etwa 13.000 MongolInnen leben in Tschechien - und seit Jahresbeginn sind die meisten von ihnen erwerbslos. Jetzt hat ihnen die tschechische Regierung, unabhängig von ihrem Status (auf deutsch, das Angebot gilt auch für die als "illegal" bezeichneten) ein kostenloses Ticket in die Mongolei, angeboten - one way, versteht sich. Ob sie das Angebot annehmen oder sich lieber daran versuchen, irgendwie Geld zu verdienen wird mit Sicherheit auch von den allgemeinen Erfahrungen mongolischer MigrantInnen geprägt sein: Von den etwa 27.000, die in Südkorea arbeiteten, haben rund 10% den Heimweg angetreten, ohne Beschäftigung in aussicht, berichtet in "Mongolians in the Czech Republic" VI.Internationales / Mexiko Schuldnervereinigungen gegen Banken Die "Fundación Vida Digna" hat in mehreren mexikanischen Städten die demonstrative kollektive öffentliche Verbrennung von Kreditkarten organisiert. Damit wird gegen die Tatsache protestiert, dass Banken natürlich auch im mexikanischen Kapitalismus Steuergelder bekommen, was aber keineswegs bedeutet, dass sie dem Steuerzahler als Kunde irgendwie entgegenkommen würden. Und da Probleme mit Bankdarlehen in den letzten Wochen in Mexiko zu einem Massenproblem geworden sind, häufen sich die Proteste, inklusive der Blockade von Filialen. Der (spanische) Kurzbericht "Queman tarjetas de crédito en protesta de altos intereses" VII.Internationales / Ägypten "Stell Dir vor, der Kanal ist da, und keiner will durch..." 22 Prozent weniger Verkehrsaufkommen als im Januar des Vorjahres wurden im ersten Monat 2009 auf dem Suezkanal registriert. Und die Gebühren für die Kanalbenutzung sind ein beträchtlicher Anteil der Einnahmen des ägyptischen Staates. Jetzt wird Sorge über Einnahmeverluste ebenso geäußert wie Mutmaßungen über Einsparungen nicht nur bei der Kanalbehörde angestellt, so etwa in dem Beitrag "Egyptian Economists Worry About Falling Suez Canal Revenues" VIII.Internationales / Botswana Wenn es auf der Diamond Mall leer wird... Zwei Diamantenminen mit zusammen knapp 600 Beschäftigten werden den Rest des Jahres 2009 geschlossen bleiben, zwei weitere, die seit Jahresanfang geschlossen sind, werden es mindestens bis Mitte April bleiben. Das Minenunternehmen, das je zur Hälfte Botswana und de Beers gehört will - sozial "abgefedert" - alle 600 Bergarbeiter entlassen: Der Markt für Diamanten, in Industrie und Konsum ist schlecht, schon letztes Jahr wurden aufgrund der letzten Monate rund 4 Prozent weniger verkauft. Auch ein Schlaglicht auf die kapitalistische Krise ist der Bericht "Debswana Shuts Mines" IX.Internationales / Sambia Zwei Gewerkschaften, zwei Reaktionen Kupferminen: der Absatz sinkt, die Preise auch. Was fällt einem Unternehmen da ein? Richtig. Und um diese Entlassungen zu verhindern hat die kleinere der beiden Bergarbeitergewerkschaften Sambias nun öffentlich erklärt, sie werde auf jegliche Verhandlungen über Lohnerhöhungen im Jahre 2009 verzichten (und sich schon wenige Tage später darüber beklagt, dass die entlassungswelle trotzdem fortgesetzt würde...).
Die größere Mineworkers Union of Zambia (MUZ) hat diesen Verzicht der National Union of Miners and Allied Workers (NUMAW) kritisiert und als "übereilt" bezeichnet, noch hätten die Industrieräte des Sektors nicht entschieden, in denen die MUZ auf Gewerkschaftsseite jeweils die Mehrheit hat, berichtet der redaktionelle Beitrag "Mine Union Bodies Differ" X.Internationales / China Aufrührer von Gewerkschaften gesucht. Polizei als Sozialarbeiter? "Gehandelt" wird nicht nur in westlichen Medien die Zahl 20 Millionen, wiewohl fraglich ist, wer sie gezählt haben mag: Die MigrantInnen, die aufgrund der kapitalistischen Krise vor allem in den Exportzentren Südchinas erwerbslos geworden sind. Und staatstragende wie systembejahende Gewerkschafter sind nun wahrlich keine chinesische Spezialität. Aber der stellvertretende Vorsitzende des Allchinesischen Gewerkschaftsbundes
Sun Chunlan fällt schon etwas auf - seine Diktion ist nun sehr deckungsgleich mit jener von Polizeisprechern. So jedenfalls lautet es im gemeinsamen Bemühen, die soziale Stabilität zu wahren - die selbstverständlich von Aufrührern bedroht ist, und nicht von der Realität...So jedenfalls ist es nachzulesen in dem Beitrag ""Hostile" forces stirring up China jobless: official" XI.Internationales / Serbien Am Ende? Die Fortschritte der Privatwirtschaft sehen so aus: 240 Euros im Monat bei einem Achtstundentag. Dagegen 180 Euros in übrig gebliebenen staatlichen Betrieben, bei Sechsstundentag. Dass ein nicht genau erhobener, aber sehr hoher, Prozentsatz der Menschen trotz Job sich keine eigene Wohnung leisten kann, sondern auch mit 40 noch bei den Eltern wohnen muss, ist ein Teil der Realität, der andere: Zum Beispiel für die Autofirmen hat sich kaum einer der so arg gesuchten und gelockten Investoren gefunden - und jetzt ist die Lage so günstig dafür nicht. Diese und andere Schlaglichter in dem Beitrag "Serbia: Unemployment and Low Salaries" Bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |