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Updated: 18.12.2012 16:22 |
liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 21. September 2007: Eine kurze, ausnahmsweise nötige Vorrede: dies ist der erste freitägliche Internationale LabourNet Germany-Newsletter, der sich ausschliesslich (bis auf einen Beitrag) mit gewerkschaftlichen und sozialen Entwicklungen und Debatten aus und in Afrika befasst. Was künftig zwar unregelmässig, aber wiederholt passieren wird. Der Grund: im Gegensatz etwa zu Lateinamerika kommt gerade aus Afrika wenig zur Kenntniss, was über die üblichen Berichte über Hungersnöte, Kriegsherren und andere kapitalistische Wohltaten hinausgeht. Die grosse Vielfalt oppositoneller und alternativer Meinungen, Aktivitäten und Auseinandersetzungen bleibt weitgehend ausgeblendet, auch die Möglichkeiten, davon für die eigene Theorie und Praxis etwas zu erfahren, weitgehend ungenutzt. Da möchte LabourNet Germany mit seinen bescheidenen Mitteln ein bisschen gegensteuern... Als Anregung ein Zitat eines afrikanischen Aktivisten (Ratespiel ohne Preisvergabe: Wer wars?) „Verlassen wir dieses Europa, das nicht aufhört, vom Menschen zu reden, und ihn dabei niedermetzelt, wo es ihn trifft, an allen Ecken seiner eigenen Straßen, an allen Ecken der Welt. Ganze Jahrhunderte hat Europa nun schon den Fortschritt bei anderen Menschen aufgehalten und sie für seine Zwecke und seinen Ruhm unterjocht; ganze Jahrhunderte hat es im Namen seines angeblichen geistigen Abenteuers fast die ganze Menschheit erstickt. ... Also, meine Kampfgefährten, zahlen wir Europa nicht Tribut, in dem wir Staaten, Institutionen und Gesellschaften gründen, die von ihm inspiriert sind.“ I.Internationales / Mali Vier Jahre Kampf gegen die Privatisierung der Eisenbahn - die Volkskarawane kommt Durch 10 Städte entlang der Senegal-Mali Linie soll
die Karawane ziehen, die Cocidirail im November 2007 organisiert - womit
der nunmehr vierjährige Kampf zahlreicher Organisationen und großer
Mengen Bürger beider Länder gegen die Privatisierung der Eisenbahn
fortgesetzt werden soll. Die Losung der "Wiederherstellung der Malischen
Eisenbahngesellschaft unter Volkskontrolle" ist dabei die zentrale
Richtschnur, wie es auch in dem (französischen) Kommunique zum 4.
Jahrestag des Kampagnenbeginns "Pourquoi
la lutte pour renationaliser le chemin de fer est plus que jamais vital
?" II.Internationales / Südafrika Die "zwei Ökonomien" von Thabo Mbeki sind eine Südafrikanische und panafrikanische Wissenschaftler
und Aktivisten haben die Ergebnisse einer Tagung vom Frühjahr 2006
publiziert, die sich mit den Thesen zur Wirtschaft des Staatspräsidenten
Thabo Mbeki vom Jahr 2003 befassen, deren Kernaussage es war, im "neuen
Südafrika" gäbe es zwei Ökonomien - eine, die im kapitalistischen
Weltmarkt eine Rolle spiele und die abgekoppelte, um es sehr vereinfacht
auszudrücken. Nun hat die Politik der Dreierallianz dem Weltkapitalismus
durchaus einiges anzubieten: Die Erfindung des "prepaid"-Wassers
zum Beispiel, keine Karte, kein Wasser - digitalisierte Kontrollstrategie
um die "Große Verweigerung" zu unterlaufen. Oder die Entstehung
einer schwarzafrikanischen neuen bürgerlichen Klasse. Die TagungsteilnehmerInnen
aber hielten es lieber mit Rosa Luxemburg, erst recht aber mit den jeweils
jüngst Verstorbenen "großen Drei" der politischen
Ökonomie im südlichen Afrika: Harold Wolpe, Guy Mhone und José
Negrão, unter dem Leitwort des Herausgebers Patrick Bond (Vom Zentrum
für Zivilgesellschaft der Universität Kwazulu Natal) "Two
Economies - or one system of superexploitation". Beinhaltet neben
aktueller Analyse auch viele Rückblicke und Referenzen auf Debatten
in der linken und Gewerkschaftsbewegung. "Transcending
two economies" III.Internationales / Elfenbeinküste a) Ärztestreik - ohne "service minimum" - und jetzt auch das Lehrpersonal Bei der ersten "Streikrunde" im August 2007 gab es in den Krankenhäusern noch einen Notdienst - nun nicht mehr. Seit dem 5. September streiken die Ärzte und das "höhere Personal" der Krankenhäuser komplett - mit Ausnahme der Militärhospitale, die Staatspräsident Gagbo dann auch gleich besuchte und zur "Front" erklärte. In vielen Krankenhäusern hat nun auch die Gewerkschaft des Pflegepersonals den Streik ausgerufen, erste Technikergewerkschaften sind gefolgt. Bei einem Blick durch die Medien des Landes ist der Tenor unisono: Das Leiden der Kranken. Ausser natürlich jener gar nicht so wenigen, die sich eine private Klinik leisten können. Die Regierung hat eine Notsitzung durchgeführt, nach der an die pensionierten Ärzte appelliert wurde, beim Notdienst zu helfen. (Das generelle Pensionsalter beträgt 55 Jahre). Zugleich haben auch die Lehrergewerkschaften bekannt gemacht, sie bereiteten einen Streik vor - die allgemeine Lebensmittelverteuerung ist der Hintergrund für eine solche Streikbewegung bisher im öffentlichen Dienst. a) Als Beispiel für viele mögliche, die (französische)
Meldung "Grève
des médecins - les retraités appelés en renfort"
b) Der Bericht (mit wesentlich mehr Informationen) "Medical
strike enters ninth day" b) Zum Hintergrund: Die wirtschaftliche Lage der Elfenbeinküste, Beschäftigung und Gewerkschaften "Employment
and the union movement in Ivory Coast: a portrait of the situation"
IV.Internationales / DR Congo Der Streik der LehrerInnen wird von den Eltern unterstützt - warum? Seit der ersten Septemberwoche streiken die LehrerInnen in der Demokratischen Republik Kongo: es geht im wesentlichen um Lohnfragen sowie um befürchtete Ungerechtigkeiten in einem geplanten neuen Besoldungsverfahren. In den ersten Tagen wurde der Streik vor allem in der Hauptstadt befolgt, seit der zweiten Streikwoche breitet er sich im ganzen Land aus. Es streiken sowohl die Beschäftigten der staatlichen wie auch der katholischen Schulen, die beiden Gewerkschaften haben ein gemeinsames Streikkomitee. Das wesentliche an diesem Streik aber ist das Echo - unter den Eltern: sowohl die wichtigsten Elternorganisationen als auch die große Mehrheit der unorganisierten Eltern unterstützen den Streik. Über die Gründe für diese keienswegs selbstverständliche Konstellation ein kurzes Telefongespräch "Welche Erfolgsaussichten hat der Lehrerstreik?" mit Benoit Etienne, selbst streikender Lehrer in Kinshasa vom 19. September 2007. V.Internationales / Kenia Wenn es "um die Sache" geht... ...nämlich um die Pfründe, dann gibt es Streit
zwischen Gewerkschaften, auch in Kenia - wo es innerhalb des Gewerkschaftsbundes
COTU schon verschiedentlich heftige Spannungen gab, wie auch diesmal zwischen
zwei zur selben Zentrale gehörenden Gewerkschaften. Am 12. September
traten die 300 Beschäftigten der Transportfirma Anwarali and Brothers
Ltd in Mombasa in den Streik: sie forderten von der Unternehmensleitung
die Amalgamated Union of Kenya Metal Workers als ihre Gewerkschaft und
demnach Tarifpartei anzuerkennen und einen neuen Vertrag mit ihr abzuschliessen.
Sie fühlten sich von der Transport and Allied Workers Union (Tawu)
nicht mehr vertreten. Die Unternehmensleitung weigert sich bisher und
verweist auf den bestehenden Tarifvertrag mit der TAWU. diese hat bezeichnenderweise
dieselbe Stellungnahme abgegeben, wie das Unternehmen: TAWU sei nach dem
Gesetz (!) die einzig vertretungsberechtigte Gewerkschaft. vom Willen
der Belegschaft ist dabei nicht die Rede - diese sei von der konkurrierenden
Gewerkschaft zum Streik "aufgestachelt" worden...Wenn es eben
nicht um die Arbeits- und Lebensbedingungen der Belegschaft geht, sondern
um "die Organisation" dann kommen solche Abstrusitäten
zustande - und dies nun keineswegs nur in Kenia, wie viele LeserInnen
aus eigener Erfahrung wissen dürften. Eine der weltweiten Schwächequellen
der Gewerkschaftsbewegung sozusagen exemplarisch nachzulesen in dem (englischen)
Beitrag "Trade
Unions in Turf Battles" VI.Internationales / Ruanda Die Zahl der TagelöhnerInnen explodiert Ruanda ist ein stark agrarisch geprägtes Land: 2001
waren 90% der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Deren
warenproduzierender Teil aber zunehmend unter dem Druck der internationalen
Konkurrenz steht. Deswegen ist dieser Anteil der Bevölkerung innerhalb
von nur 5 Jahren, bis 2006, auf 80% gesunken - und viele dieser Menschen
sind jetzt als TagelöhnerInnen in Kigali tätig. TagelöhnerInnen
aus der Bauindustrie und auch dem öffentlichen Dienst kommen zu Wort
und sprechen über ihre Arbeitsbedingungen in dem (englischen) Bericht
"Why
casual labourers are on the increase" VII.Internationales / Senegal Die ganze Belegschaft entlassen... Nicht auf Gewerkschaften gewartet hatten die etwa 600 Beschäftigten
des Unternehmens Mèches Darling um ihre Lohnforderungen zu vertreten
- zunächst legten sie als Ausdruck der Unterstützung betrieblicher
Forderungen alle ein rotes Armband an und ließen "die Arbeit
ruhen", danach wurde ihnen allen gekündigt - bis auf 67, denen
großzügig angeboten wurde, sie "dürften" weiter
arbeiten - nur, daß sich auch von diesen 60 weigerten und dann auch
der Rest. Die Entlassung betraf sowohl festangestellte Belegschaftsmitglieder,
von denen viele seit langen Jahren im Betrieb arbeiten, als auch Beschäftigte
auf Zeit und von Subunternehmen. Der Bericht "Entire
workforce fired for wildcat strike" VIII.Internationales / Frankreich / Politik und Wirtschaft Reformterror "Am Donnerstag Abend schließlich verteidigte der seit vier Monaten amtierende Präsident seine Weichenstellungen, die er an den beiden Vortagen verkündet hatte, in einer Fernsehansprache an die Nation. Bei jedem Mal griff der oberste Hektiker im Staate eine Fülle von Einzelthemen auf..." - aus der Einleitung von Bernard Schmids Beitrag zur politischen Offensive des französischen Präsidenten "Reformterror" vom 21. September 2007 b) Siehe dazu auch: Die (französische)
Erklärung von SUD Rail "Bessere
Renten für alle" ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |