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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Die Arbeiter der Videocon Anagni im Kampf gegen Entlassungen
Als das Unternehmen am 17. Oktober die «Geschäftsaufgabe» und die Entlassung der gesamten Belegschaft bekannt gegeben hat, haben sich die Arbeiter zwei Tage später auf dem Dach des Werks verbarrikadiert, um so gegen die Entlassungen und gegen die Schliessung des Betriebs zu protestieren. Die Besetzung des Dachs als Kampfmittel ist zum Merkmal der Arbeiterrebellion in Italien geworden, nachdem das Bild von den vier INNSE Arbeitern auf dem Kran im August von den Medien verbreitet worden ist. Die INNSE hat in Italien längst Schule gemacht, auch wenn viele Arbeiter sich der Illusion hingeben, es würde genügen, einen Kran oder ein Dach zu erobern, um den Patron zu besiegen, und sich nicht bewusst sind, dass die ArbeiterInnen der INNSE während 16 Monaten einen harten Kampf gegen Staat und Unternehmer geführt haben. Ein Kampf, der auf der Entschlossenheit der Arbeiter beruht, unter keinen Umständen zu erlauben, dass der Betrieb dicht gemacht wird. Im Fall der Videocon von Anagni jedoch geht die Ähnlichkeit mit der INNSE weit über die Verbarrikadierung auf dem Dach der Werkhalle hinaus. Inzwischen sind mehr als vier Jahre vergangen, seit die französische Firmengruppe Thomson, seit den 70er Jahren im Besitz des mittelitalienischen Werks Videocolor, dieses an den indischen Multi Videocon verkauft hat. «Damit wird eine neue Ära eingeleitet», hatte im Januar 2005 die angesehene italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" den Verkauf kommentiert und angefügt: «Videocon beabsichtigt, in drei Jahren in dem Werk hochmoderne Plasmabildschirme zu produzieren.» Auch der Provinksekretär der Gewerkschaft Filcea Cgil erklärte damals: « Der Einstieg von Videocon ist auf jeden Fall eine positive Nachricht: Ohne neue Investitionen wäre der Betrieb einem langsamen Niedergang geweiht gewesen.»
In Wirklichkeit sind es genau diese 180 Mio. Euro, worauf es Videocon abgesehen hat, wie sich bereits zwei Monate später zeigen sollte: Trotz den zwanzig LKW, die täglich das Werk verlassen, sind von den 1360 Beschäftigten in Anagni nur 450 an der Arbeit, alle andern bleiben in Kurzarbeit (Cassa integrazione), die bis im Mai 2009 verlängert wird. Der neue Besitzer hat seine Meinung geändert, die Verarschung ist perfekt, weil «eben erst die Bereitstellung öffentlicher Mittel in der Höhe von 46 Mio. (30 vom italienischen Staat, 16 von der Region) freigegeben wurde: das OK des Ministeriums für Entwicklung ist vom 1. April. » (Corriere della Sera, 14. Juli 2008) Alberto Morselli, Generalsekretär der Filcem Cgil, beklagt sich: «Wir haben einen Staat, der schwach ist im Verhandeln mit den multinationalen Unternehmen. » Warum nur mit den multinationalen Unternehmen? Der gewerkschaftliche Generalsekretär würde besser eingestehen, dass der Staat allen Unternehmen gegenüber «schwach» ist, oder genauer gesagt in deren Dienst steht, weil er nicht der Staat aller Bürgerinnen und Bürger ist, wie man uns weis machen will, sondern der Staat der Unternehmer. Ob gegenüber dem Multi Videocon, ob gegenüber dem Schrotthändler Genta, dem der Staat die INNSE zum symbolischen Preis von 700'000 Euro verkauft hatte, der Staat macht nichts anderes, als den Unternehmern zu Diensten zu stehen, mit Gesetzen zu ihren Gunsten und einem Heer an Polizeikräften, bereit auf die ArbeiterInnen loszuprügeln, sobald diese sich entschlossen gegen Entlassungen und Betriebsschliessungen zur Wehr setzen.
Die Arbeiter der Videocon von Anagni haben eine erste Schlacht gewonnen. Aber um einen Multi zu besiegen, werden noch zahlreiche weitere nötig sein, und es wird nicht genügen, die Autobahn zu besetzen. Man muss es wie bei INNSE machen, wo die Arbeiter rund um die Uhr das Werk besetzt hatten, um den Besitzer daran zu hindern, die Maschinen wegzuschaffen. Sorgen wir dafür, dass die Videocon von Anagni die neue INNSE wird! - rth Informationsquellen: |