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Updated: 18.12.2012 15:51
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Frankreich / Neukaledonien: Chef und fünf Aktivisten der antikolonialen Gewerkschaft USTKE eingekerkert

Die Repression gegen die antikoloniale Gewerkschaft USTKE in Neukaledonien, der französischen De facto-Noch-Kolonie im Westpazifik, wütet fort.

Am 29. Juni, dem Montag vergangener Woche, wurden 28 Aktivist/inn/en der Gewerkschaft in der Inselhauptstadt Nouméa zu Haftstrafen verurteilt. Ihnen wurde vorgeworfen, einen Monat zuvor, am 28. o5. dieses Jahres, einen "Eingriff in den Flugverkehr" vorgenommen zu haben. (Dieser Vorwurf ist in Deutschland übrigens - mit dem Adjektiv "gefährlichen" ausgestattet - ein Tatbestand, der die Anwendung des Anti-Terrorismus-Strafrechts auslöst.) Die Gewerkschafter hatten an jenem Tag einen Streik bei dem Flugunternehmen Air Calédonie unterstützt, wo Gewerkschaftsmitglieder seit zwei Monaten gegen eine - eigentlich rechtswidrige - Kündigung von Aktiven kämpfen. Zunächst hatten die Protestierenden sich (friedlich) vor dem Flughafen versammelt, doch infolge eines brutalen Knüppeleinsatzes der Gendarmerie mit Unterstützung des GIPN (Eliteeinheit der französischen Polizei, ungefähr der deutschen GSG9 ähnlich) waren sie von den Prügeleinheiten auf die Start- und Landebahn gedrängt worden. Dort hatten sie sich gezwungen gesehen, sich ins Innere eines - leer stehenden! - Flugzeugs zu flüchten, um den Schlägen zu entgehen. Dies sollte ihnen nun zum Vorwurf des "Eingriffs in den Luftverkehr" gemacht werden. Zum Zeitpunkt des Geschehens startete und landete kein einziges Flugzeug, der Luftverkehr ruhte.

Die Repression zielt auf die Spitze des Gewerkschaftsverbands: Sowohl der USTKE-Chef Gérard Jodar als auch der Vorsitzende der Baugewerkschaft der USTKE, Michel Safoka, wurden zu einem Jahr OHNE Bewährung verurteilt. Die beiden wurden, zusammen mit vier weiteren Aktivisten, noch aus dem Verhandlungssaal im Gericht heraus in Haft überstellt und in das überfüllte Gefängnis ,Camp Est' transportiert. Üblicherweise können in Frankreich nach einem Strafprozess, bei dem Haftstrafen ausgesprochen werden, die Verurteilten das Gericht zunächst frei verlassen - und später über den Zeitpunkt und die Modalitäten ihres Absitzens verhandeln. Außer, wenn die Richter/innen ein ,mandat de dépôt' verhängen, d.h. eine ausdrückliche Anordnung zur direkten Überstellung in Haft, was meist nur bei schweren Verbrechen oder Gewalttaten praktiziert wird. In diesem Falle griff das Gericht auf diese juristische Option zurück, um die sechs Gewerkschaftsaktivisten sofort "einfahren" zu lassen.

Auf Neukaledonien - in der französischen De facto-Noch-Kolonie, die zwischen 2013 und 2018 über ihre mögliche Unabhängigkeit abstimmen soll - gibt es keine mit Laienrichter/inne/n besetzten Arbeitsgerichte wie in Festlandfrankreich (in Gestalt der ,conseils de prud'hommes' , die paritätisch mit Gewerkschafts- und Arbeitgeberrichtern besetzt sind). Ausschließlich der de facto-koloniale Justizapparat ist auch für Arbeitsrechtsprozesse zuständig. Da insofern eine sozialrechtliche "Vermittlungsinstanz" vollständig fehlt, werden Arbeitskämpfe und Kollektivkonflikte dort oftmals hart ausgetragen, dauern lange und sind hochgradig politisiert.

Auf der Webpage ,Europe Solidaires' lässt sich eine Petition für die sofortige Freilassung der inhaftierten Gewerkschafter unterzeichnen. (Vgl. die Homepage externer Link) Hiermit seien die Leser/innen herzlich aufgefordert, dies zu tun und ihre Unterschrift dort zu hinterlassen!

Bernard Schmid, 06.07.2009


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