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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Kommentierte Betrachtungen zu den Gewerkschaften in Frankreich und Deutschland Ach es ist wunderbar, endlich wird angefangen sich ein wenig in Europa gegenseitig auch über die Gewerkschaften zu informieren. Nur ich bin enttäuscht, da die Betrachtung - oh, ein immer wieder ins Auge fallende Schwäche der heutigen Politikwissenschaft! - einen national verengten Blick nur auf die "Institution" der Gewerkschaften in Frankreich wirft. Ach ja, schon einer der "Urväter" der sozialwissenschaftlichen Analyse, dieser Franzose Alexis de Toqueville ("Der alte Staat und die Revolution") meinte, ich kann Frankreich nicht verstehen, wenn ich nicht Deutschland und England auch verstehe. Die Analyse zu den französischen Gewerkschaften Hier eine Kurz-Beschreibung und der link:
die französischen Gewerkschaften stehen unter Druck - der Mitgliederschwund
und die ideologischen Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte stellen Die Betrachtung eines nationalen Gewerkschafts"systems" für sich hilft nicht weiter Nach der Lektüre dieses sehr kenntnisreichen Berichtes aus Frankreich ist
vielleicht mein Aufseufzen mit Toqueville ein wenig klarer geworden?
Ich habe jetzt schon einmal aus der deutschen Sicht kürzlich anhand eines
Berichtes aus Frankreich wiederum meiner deutschen Faszination über die"französischen Verhältnisse" Ausdruch verliehen (siehe Anmerkung zu dem Und zur Gegenüberstellung kann man einmal auf eine Darstellung mit der eher beteiligungsfeindlichen gewerkschaftsinternen Öffentlichkeit bei Tarifverhandlungen blicken, die gerade Mag Wompel auf dem Kongress "Öffentlichkeit und Demokratie" in ein sehr plastisches Bild gefasst hatte. So meint Mag Wompel zu recht für diese Nicht-Öffentlichkeit - vor allem wichtig in den Tarifverhandlungen, diesem "Kerngeschäft" der Einzelgewerkschaften - brauche es eine "Gegen"-Öffentlichkeit z.B. durch Labournet. Dies sei nicht nur wegen der Diskussion um die Höhe der Lohnforderungen, sondern auch für weitere Ziele, wie z.B. die Qualität der Arbeit (hieß das nicht einmal "Humanisierung der Arbeit"?), von großer Bedeutung. Und ein unterschiedliches Menschenbild Und Mag Wompel hebt hier auch auf das Menschenbild ab - und gerade dies unterscheidet sich eben so deutlich vom französischen. Während dem/der deutschen ArbeitnehmerIn mit einem grundsätzlichen Mißtrauen begegnet wird, um ihm/ihr nur ja keine "Eigenverantwortung" zuzugestehen und so seine mögliche Rolle der eigenen Beteiligung ziemlich weitgehend vernachlässigt und zu einer marginalen Bedeutung an den Rand gedrängt wird, werden in Frankreich die ArbeitnehmerInnen als Wirtschaftsbürger ernst genommen und ihnen genau diese Verantwortung selbst in die Hand gelegt. Es wäre an der Zeit im gemeinsamen Europa auch über solche Defizite, die in China sicher groß der Anklage wert wären, jetzt auch in Deutschland einmal grundsätzlich zu "reflektieren". Aber zurück nach Frankreich: Von diesen Stärken des französischen Systems finden wir in der Aber schon wieder ganz anders wird die Perspektive, wenn ich nicht mehr allein meinen Blick auf die institutionellen Schwächen eines gewerkschaftlichen "Sets" richte - sozusagen ganz isoliert für sich, sondern die Ökonomie miteinbeziehe - und mit Paul Krugman u.a. zu einer "politökonomischen" Analyse gelange (siehe z.B. die Seite 1 mit dem Bezug auf Paul Krugman`s "Nach Bush"). Und dabei ist die Einbeziehung der ökonomischen Kriterien unter dem umfassenden Dache der gemeinsamen Währung des Euro allein schon zwingend geworden. Der gemeinsame Euro zwingt aber dazu auch noch die Relation zu den anderen Ländern herzustellen. Die Gewerkschaften in den jeweiligen Ländern sind die zentralen institutionellen Faktoren für die jeweilige Höhe der Löhne - und -, anscheinend schwierig zu begreifen,- die Löhne sind im "Wettbewerb" der Volkswirtschaften untereinander - nachdem die "Stellschraube" der Währung mit ihren Auf- und Abwertungsmöglichkeiten ausfällt - die letzte Möglichkeit für eine "Nationalökonomie" (das allgemeine Globalisierungsgeschwafel übersieht diesen Fakt "neoliberal eingefärbt" geflissentlich) die internationale wirtschaftliche Position zu stärken - und damit gibt es ein allgemein verbreitetes politisches Interesse die Position der Gewerkschaften zu schwächen. Übrigens: wenn ich zu dieser Erkenntnis gelangt bin, kann ich auch ziemlich schnell zu den ähnlich gelagerten Problemsituationen für die Gewerkschaften in Deutschland und Frankreich gelangen, z.B. der starke "Rückzug" auf die betriebliche Ebene als zentral verbleibende Einflussmöglichkeit (und ein ekklatante Schwäche für "volkswirtschaftlichen Einfluss"). Nur wenn ich mich allein und so isoliert auf derartige institutionellen Schwächen stürze, übersehe ich die klarenökonomischen Differenzen zwischen dem - trotz alledem - Einfluss auf die jeweilige Volkswirtschaft und ihr jeweiliges Lohnniveau. Und da schaut es einfach doch beim Vergleich der beiden Länder ziemlich gravierend anders aus: Frankreich ist in der Lohnfindung - gerade mit "seinen" Gewerkschaften! - wesentlich besser dran, nicht nur mit einer deutlich stärkeren Kaufkraft , sondern auch mit einer die ökonomischen Verteilungsspielräume (Inflation plus Produktivitätsanstieg) ziemlich optimal ausnutzenden "Performance". (www.boeckler.de/show_product_imk.html?productfile=HBS-004212.xml ) Nur bin ich immer noch nicht davon überzeugt, dass der Mindestlohn der "Treiber" für diese stärkere Kaufkraftentwicklung ist, sondern der
institutionelle "Set" des einfach effizienteren Streikrechtes
(siehe dazu noch einmal "Für eine Renaissance der Gewerkschaften - und des "Stärke" oder "Schwäche" der Gewerkschaften bei der Lohnfindung führen zu Konflikten in Europa M.E. ergibt sich das schon zwingend aus den dann daraus folgenden
Konflikten auf der Europäischen Ebene, wo jetzt im Oktober 2010 die
französiche Wirtschaftsministerin Lagarde einen Bericht für den "Ecofin" (Gremium der Finanzminister der Euro-Gruppe) zu dem Lohndumping aus Dabei erfuhr sie nicht nur argumentative Schützenhilfe von der
wissenschaftlichen Seite durch den französischen "Wirtschaftsweisen" Patrick
Artus (http://library.fes.de/pdf-files/wiso/06933.pdf ), sondern auch von
dem Vorsitzenden von "Ecofin", dem luxemburgischen Ministerpräsidenten Wie will ich diese ökonomischen Zusammenhänge verstehen, wenn ich nicht
die Gewerkschaften "politökonomisch" betrachte - und nicht nur rein national
institutionell? Da bleibt dann unter dem Strich nur die "Einordnung" in die
jeweiligen nationalen wirtschaftspolitischen Ziele (hier dann wohl Denn gerade wenn in Frankreich die vielleicht rein defensive "Widerstandskraft" (Pernot) der Gewerkschaften eine konservative Regierung wegen der gewerkschaftlichen Fähigkeit zur Mobilisierung auch gegen unsoziale Politik (siehe die deutschen Arbeitsmarktreformen) daran hindert den politschen Weg des Lohndumping wie in Deutschland zu beschreiten, bleibt ihr nur der Weg der Koordinierung in Europa - und durch die Gewerkschaften möglichst selbst. Europa weiterhin durch "negative Koordination"(Scharpf ) auf dem Weg abwärts für ein "Soziales Europa Wie sieht nun aber diese Koordination in den gegenwärtigen europäischen Institutionen aus? Entsprechend dem "Juristensyndrom" wird ein neues Rechtspaket geschaffen, das durchaus den Begriff "ökonomische Ungleichgewichte" enthält - und somit schon von verschiedenen Seiten zu Jubelschreien über diese neue "Vernunft" der EU geführt hatte. (www.nachdenkseiten.de/?p=6968 sowie www.fr-online.de/politik/meinung/strafen-fuer-mindestlohn-verweigerer/-/1472602/4696092/-/index.html (allgemein zu dem Problem der "Ökonomischen Ungleichgewichte" siehe z.B."Deutschland als "Spielverderber" für ein europäisches Sozialmodell" Es zeigt nur wie gut derartige Rechtsetzung "funktioniert": der noch offene Begriff der "ökonomischen Ungleichgewichte" ermöglicht jedem "seine Philosophie" - eher neoliberal oder mehr keynesianisch - von diesen Ungleichgewichten dort hineinzulegen. Irgend wie kann erst einmal jede(r) zufrieden sein. Erst mit den Kriterien, die noch nicht vorliegen, und der daraus folgenden "Exekution" würde dann deutlich, wohin die Reise geht. Und Harald Schumann vom Tagesspiegel hat wohl schon genauer hingehört (www.nachdenkseiten.de/?p=6942#h02 ). Der zuständige Kommissar Uli Rehn hat es wohl auch gleich erklärt, wie die EU diese Ungleichgewichte verstehen will. Da ist von der ursprünglich-angenommenen Intention der französischen Wirtschaftsministerin Lagarde, nämlich Stellung zu beziehen gegen das Lohndumping aus Deutschland, nichts mehr übrig geblieben (- oder war das auch gar nicht ihre Intention?). Uli Rehn machte nämlich deutlich, dass die Kommission das deutsche Export-Überschuss-Modell für das Ergebnis guter Wirtschaftspolitik halte. Damit, so meint Harald Schumann wohl zu recht, würde mit einer solchen Verschärfung des Stabiltätspaktes einem Prinzip gefolgt, den Patienten dadurch zu heilen, dass eine giftige Medizin in noch höherer Dosis verabreicht würde. Käme es zu dieser Interpretation der ökonomischen Ungleichgewichte mit Deutschland und seinem Lohndumping als Referenz-Modell (Indikatoren!), dann würde europaweit eine Spirale von Lohnsenkungen und Einsparungen in Gang gesetzt, die nur noch in den wirtschaftlichen Abstieg - oder gar "Ruin" Europas führt. Vielleicht war das auch die "eigentliche" Intention der Lagarde, den französichen Arbeitnehmern und Gewerkschaften zu zeigen, schaut es geht gar nicht anders ihr müsst jetzt "freiwillig" zum Niveau des deutschen Lohndumping "runter"gehen - sonst sind eure Arbeitsplätze gefährdet.... Und als wichtigstem Absatzmarkt wirkt der deutsche Lohndumingdruck auf die dortigen Gewerkschaften weiter Und immer noch ist Europa der größte Außenhandelspartner für Deutschland (http://idw-online.de/pages/de/news387746 oder auch www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_54_2010.pdf ).
Und Westeuropa bleibt auch 2008 mit 51 Prozent der größte Absatzmarkt für
deutsche Erzeugnisse, was für unsere europäischen Partnerländer unter dem
Dache des Euro immer stärker zum Alptraum wird. Fazit: Als Zwischenbilanz ist traurigerweise - aber man kommt nicht
drumherum - festzuhalten, dass den Gewerkschaften jetzt nur zu raten ist,
vergesst diese politikwissenschaftlichen Analysen, um den Kopf für die
Zukunftsgestaltung in die Höhe zu bekommen. Der Anspruch Pernot`s ist zwar Artikel von Volker Bahl vom 12.10.2010 |