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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Protokoll des 4. Bundestreffens der ver.di-Linken am 4./5. April 2008 in Sennestadt Am 4.und 5. April hat das 4. bundesweite Treffen der ver.di Linken in Bielefeld stattgefunden. Die Teilnehmenden befassten sich u.a.
Christian Koberg: (zusammengefasste Thesen) Ver.di nach dem Bundeskongress :
Angelo Lucifero : Rechtsentwicklung in Deutschland: Die Teilnehmenden informieren sich zunächst über den in ver.di umstrittenen Fall des Gewerkschaftssekretärs Angelo Lucifero, der als profilierter Antifaschist in die Schlagzeilen außerhalb und innerhalb der Organisation geraten ist. Angelo war nach ver.di Gründung Mitglied der Landesleitung in Thüringen und später Landesfachbereichsleiter für den Fachbereich 12. Die Art seines antifaschistischen Engagements war und ist umstritten und hat letztendlich zur Beendigung seiner bisherigen Tätigkeit in ver.di geführt. Der Umgang der Organisation mit seiner Art des Antifaschismus war Thema in Anträgen zum Bundeskongress, die dazu aufgerufen haben ihn in seinem Engagement zu unterstützen (A 121). Viele aktive gewerkschaftliche Antifaschisten/innen, so auch die ver.di Linke, waren deshalb empört als bekannt wurde, der er wegen der Benutzung einer "Pseudowaffe" entlassen werden sollte. Nachträglich sind weitere Kündigungsgründe nachgeschoben worden. Die beabsichtigte Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist aufgrund der massiven Proteste zwischenzeitlich zurückgenommen worden und Angelo wird bis 2010 in einer von den Gewerkschaften eingerichteten Gesellschaft beschäftigt. Danach wird er eine Beschäftigung in ver.di in einem Westbezirk aufnehmen. Angelo referiert über die aus seiner Sicht zunehmende Notwendigkeit sich als Gewerkschaft gegen die Rechtsentwicklung in der Gesellschaft zu engagieren. Aus seiner Sicht reichen insbesondere im Osten die Widerstands-Aktivitäten nicht aus in gegen die Rechtsentwicklung nicht aus. So sollten die Bündnismöglichkeiten mit anderen aktiven Anfifaschisten/innen (z.B. Kirchen, soziale Bewegungen usw.) ausgebaut werden. Er hält allerdings ein Verbot der NPD für nicht zielführend, weil dadurch die Nazis förmlich gezwungen werden innovative Alternativen zu entwickeln die noch schwieriger zu bekämpfen sind. In der anschließenden Diskussion stimmen die Teilnehmenden darin überein, dass neben notwendigen Demonstrationen bzw. Gegendemonstrationen der Kampf um die Köpfe in den Betrieben und Dienststellen verstärkt geführt werden muss. Die Strategie der Nazis hat sich insofern geändert, dass sie sogar versuchen sich innerhalb der Gewerkschaften zu organisieren. Sie versuchen zunehmend die soziale Frage zu besetzen So haben in einzelnen DGB-Jugendausschüssen die Nazis teilweise Mehrheiten (solange sie sich nicht direkt als solche bekennen oder bekannt sind) und versuchen die Organisationseinheiten für ihre Zwecke zu missbrauchen. Eine Möglichkeit besteht darin, als Interessenvertreter in den Betrieben und Verwaltungen Vereinbarungen darüber zu treffen, dass Nazismus in den Betrieben keine Akzeptanz findet und sanktioniert wird. Wobei auf der einen Seite deutlich werden muss, dass Aktionen der Nazis direkt bekämpft werden müssen, aber auf der anderen Seite Verbote allein nicht ausreichen. Es muss vielmehr darum gehen nachzuweisen, dass die Politik der Nazis aus vielerlei Gründen ins Verderben führt. In dem Maße, wie sich die sozialen Probleme zuspitzen erweitern sich die Möglichkeiten für die Nazis mit ihren dumpfen Parolen. Diesen Zusammenhang zwischen der Verunsicherung durch den sozialen Abstieg auf der einen Seite und der Ausbreitung der vermeintlichen einfachen Antworten der Nazis darauf auf der anderen Seite gilt es immer wieder nachzuweisen. Gewerkschaften und soziale Bewegungen sind verstärkt gefordert in vielfältiger Form den Aktivitäten der Nazis entgegenzutreten. Insbesondere die Linken haben die Aufgabe auch die programmatischen Aussagen der Organisation daraufhin zu überprüfen, ob sie ausreichen oder weiterentwickelt werden müssen. Auch die immer noch weit verbreitete Position zur Standortpolitik muss vor diesem Hintergrund kritisch hinterfragt werden. Ähnliches gilt für die zunehmende Ideologie des Kapitals, die Konkurrenz unter den Menschen zu verschärfen. Dies führt zu einer zunehmenden Entsolidarisierung in der Gesellschaft und findet ihren Niederschlag u.a. bereits in der Bildungspolitik. Die im Mai stattfindenden Jahrestage (Besetzung der Gewerkschaftshäuser [2.5.], Niederlage des Faschismus [8.5.], Bücherverbrennung [10.05] eignen sich für die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Ideologie der Nazis. Gregor Falkenhain Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst: Nach jahrelanger tarifpolitischer Enthaltsamkeit der Beschäftigten im ÖD haben die Diskussionen im gesellschaftlichen Umfeld (Managergehälter, Diätenerhöhung, GDL usw.) die Erwartungshaltung hoch geschraubt. Zum Teil lagen die diskutierten Forderungen im zweistelligen Bereich. Zu Beginn der 5 Verhandlungsrunden hat der Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite ernsthaft nachgefragt, ob die Forderung ernst gemeint sei. Das Scheinangebot Schäubles in der 2. Runde, angeblich 5%, hat die Beschäftigten erbost und die Kampfbereitschaft deutlich erhöht. Ausdruck dessen war die ausgesprochen gute Beteiligung an den Warnstreikaktionen. Diese Bereitschaft hat auch den Verhandlungsführern auf Arbeitnehmerseite den Rücken und die Position gestärkt und die Schlichtungsvorschläge waren sehr schnell abgelehnt. Das Thema "Arbeitszeitverlängerung" ist ärgerlicherweise aufs Tableau gekommen, obwohl es in der Vorbereitung keine Rolle spielte, aber dann seine eigene Dynamik gewonnen hat. Das Ergebnis liegt in den unteren und mittleren Entgeltgruppen bei über 5,1%. Die große Tarifkommission hat das Verhandlungsergebnis mit 64 - 25 Stimmen angenommen. NRW hat fast geschlossen dagegen gestimmt, weil NRW von den Arbeitszeitverlängerungen besonders betroffen ist, da andere Landesbezirke bereits die 39 Stundenwoche hatten. Die Verlängerung der Arbeitszeit führt im ÖD fast immer durch die Personalbudgetierungen direkt zum Abbau von Arbeitsplätzen. Die Stundenzahlen werden direkt in abzubauende Stellen umgerechnet und führen zu weiteren Leistungsverdichtungen bei den Beschäftigten. Die Arbeitgeber nehmen auf Verlangen von ver.di Abstand von der unsäglichen Meistbegünstigungsklausel. Handwerkliche Fehler, Fehlinterpretationen bzw. Restanten (rund 40 "Baustellen") aus dem überarbeiteten Tarifwerk (TVöD) konnten ebenfalls bereinigt werden, allerdings um den Preis neuer verlängerter Arbeitszeitregelungen. Dies ist ein weiterer Teilerfolg. Das Eingruppierungsrecht beinhaltet Übergangsregelungen, die dafür sorgen sollten, dass durch die neuen Regelungen niemand schlechter gestellt sein sollte als vorher. Ein Teil dieser Übergangsregelungen war befristet und bereits abgelaufen mit der Folge, dass Beschäftigte in Einzelfällen reale Einkommenseinbußen hinnehmen mussten. Auch dieses Problem wird im Rahmen dieser Runde beseitigt werden. Die Durchsetzungsfähigkeit im ÖD besteht in der Verzahnung der Branchen und der Möglichkeit die Bereiche gemeinsam in die Auseinandersetzung zu führen. Da die Regelungen für den Nahverkehr wenig griffig sind, kommt aus dem Kreis dieser Kolleginnen und Kollegen erhebliche Kritik am Abschluss. Jede Stunde Arbeitszeitverlängerung wird im ÖD mit 2,6% beziffert. Bei aller Kritik im Einzelnen gibt es gleichwohl breite Zustimmung zu diesem Ergebnis. Nun sollen im Nachhinein die Mitglieder zu dem Abschluss befragt werden. Bei aller Unterstützung für eine Mitgliederbeteiligung ist es ausgesprochen schwierig ein Ergebnis zu interpretieren. Wenn mehr als 75% das Ergebnis ablehnen, müsste die Organisation zum Streik aufrufen. Insgesamt wirft diese Mitgliederbefragung mehr Probleme auf, als das solche gelöst würden. Diskussion: Aus Sicht von ver.di-Linken:
Schlussfolgerungen:
Komprimiert:
Stellungnahme der ver.di Linken zum Tarifabschluss im öffentlichen Dienst. Die Teilnehmenden am 4. Bundestreffen der ver.di Linken am 4./5. in Bielefeld/Sennestadt haben den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst kritisch gewürdigt. Die Erhöhung der Einkommen war dringend notwendig und stößt auf breite Akzeptanz bei den Beschäftigten, insbesondere vor dem Hintergrund der Tarifabschlüsse anderer Branchen in diesem Jahr. Positiv gewertet wird auch die Abarbeitung einer Reihe so genannter Restanten aus den Umsetzungserfahrungen des TVöD und die Verlängerung von Überleitungsregelungen. Die Laufzeit erweist sich als problematisch:
Ausgesprochen kritisch bewerten die Teilnehmenden die Verlängerung der Arbeitszeit, weil sie direkt auf einen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen auswirkt, bei Auszubildenden eine Übernahme und dauerhafte Arbeitsverträge befristet Beschäftigter schwieriger macht. Alle gestellten Anträge zum Bundeskongress zielten auf eine Verkürzung der Arbeitszeit ab. Insofern stellt die jetzt vereinbarte Verlängerung einen Tabubruch dar. Die Stimmung in den Betrieben und Dienststellen ist überwiegend gut und die Bereitschaft einen Arbeitskampf zu führen war hoch, Ausdruck dessen ist die Tatsache, dass eine Reihe realer Warnstreiks mit hoher Beteiligung durchgeführt worden sind, insofern wäre aus Sicht der Teilnehmenden mehr drin gewesen. Als problematisch wurde die Kopplung an die Finanzierbarkeit des Abschlusses und die Spartendifferenzierung mit ihren sehr unterschiedlichen Auswirkungen gesehen. Die Argumentation für höhere Einkommen sollte sich schließlich nicht aus den ökonomischen Möglichkeiten der öffentlichen Betriebe und Einrichtungen ableiten sondern aus den Bedürfnissen der Mitglieder. Es ist nicht gelungen die Auseinandersetzungen der großen Tarifrunden im öffentlichen Dienst, dem Einzelhandel und bei der Post zusammenzuführen. Die Art der anstehenden Mitgliederbefragung ist aus Sicht der Teilnehmenden nicht geeignet, um nach dem Abschluss darüber zu entscheiden, ob das Ergebnis anzunehmen oder abzulehnen ist, es ist schließlich keine Urabstimmung. Der Umgang mit den Ergebnissen ist offen und wird u. U. eine Reihe neuer Probleme aufwerfen, denn ein Teil der Mitglieder der BTK werden damit konfrontiert werden, dass sie einer Fehleinschätzung unterlegen sind; schlimmer noch ist allerdings, wenn der Eindruck entsteht, die ver.di Mitglieder wären nicht streikbereit gewesen, wenn sie jetzt für den Abschluss stimmen. Die Teilnehmenden schlagen deshalb vor die Diskussion über die Befragung offensiv für die Zukunft unserer Tarifverträge zu nutzen. Im Mittelpunkt sollten dabei folgende Ziele stehen:
Sennestadt, 5. April 2008 Hugo Braun Europäisches Sozialforum in Malmö am 17.-21. September 2008 .: (ESF2008.org) Hugo Braun erläutert den Stand der Vorbereitungen in Deutschland. Die kapitalorientierte Europapolitik führt zu umfassenden Einschränkungen in der Sozialpolitik. Unstrittig sind die Foren der einzige politische Raum, in dem notwendige strategische Diskussionen auf europäischer Ebene stattfinden. Deshalb ist es von außerordentlicher Bedeutung, dass sich insbesondere Gewerkschaften an diesen Diskussionen beteiligen und sich mit ihren Positionen einbringen. Die Infrastruktur der Vorbereitung durch ein nordisches Bündnis scheinen sehr professionell zu sein und so können wir davon ausgehen, dass die Diskussionen in Malmö unter guten Rahmenbedingungen stattfinden werden. In Deutschland haben bisher 3 Vorbereitungstreffen stattgefunden (Attac, BUND und BUND-Jugend, ev. Jugend, starke gewerkschaftliche Beteiligung [GEW, IGM, NGG, ver.di, ver.di Jugend,]) Innerhalb der Gewerkschaften nimmt das Interesse zu, auch wenn ver.di durch die Bundesebene nicht vertreten war. F. Bsirske hat für ver.di vor, in Malmö teilzunehmen, ohne dass bisher klar ist, mit welchen Beiträgen oder Themen. Es wäre ausgesprochen hilfreich, wenn mit ver.di Teilnehmer mit Bussen nach Malmö fahren würden. Aus der IGM wollen Peters (Präsident der intern. der Metallarbeiter) und H.-J. Urban nach Malmö fahren, unabhängig von Querelen in der IGM ist die IGM-Jugend mit der Vorbereitung befasst. Innerhalb der Forumsbesetzung bilden sich zunehmend inhaltliche Netzwerke heraus (Privatisierung, Gesundheitswesen usw. [Labor and Organization]). Die Vorbereitungsgruppe hat in Hannover einen Aufruf verfasst, der am 1. Mai verteilt werden soll. Die Teilnehmenden sind aufgefordert eigene Vorstellungen für die Durchführung von Foren anzustellen. So könnte z.B. ver.di einen Beitrag zum Kampf gegen die Privatisierung der Bahn leisten. Die Grünbuchdebatte könnte zusammen mit der IGM einen interessanten Beitrag leisten. Kernthemen sollten und könnten Flexicurity und Grünbuchdebatte sein. Auch Mindestlohn und Leiharbeit könnten Themen sein. Nachdem wir 7 Jahre lang diskutiert und festgestellt haben, dass eine andere Welt möglich ist, stellt sich langsam die Frage nach Alternativen. Dabei sind natürlich die Linken oder die sich als solche verstehen gefragt. Nach Malmö beginnt der europäische Wahlkampf. Bernt Kamin Tarifpolitik und Diskussion zum Tarifpolitischen Programm Bernt Kamin verweist auf die Quellen, die es in der Diskussion zu berücksichtigen gilt und die Aufgabe sich in den kommenden Monaten mit dem tarifpolitischen Programm zu beschäftigen. Bisher haben nur die Delegierten die Beschlüsse des Bundeskongresses in gedruckter Form erhalten. Diese sollen allerdings in den kommenden Wochen als CD vorliegen und somit allen Mitgliedern zugänglich sein. Bei der Diskussion über mögliche Lösungsansätze hält sich Bernt an seinen eigenen Erfahrungshintergrund aus dem Transportwesen. Quellenhinweise:
Tarifpolitisches Programm:
3. Lohnpolitik und Verteilung
Buchtip: Arbeitszeit fair teilen!!! Analysiert sicherlich die Geschichte der Arbeitszeitverkürzung und den aktuellen Stand, gibt aber wenig Hinweise darauf, was den zu tun ist.
Hinweis: die Ansätze verharren in erhabener Plattheit und bieten wenig konkrete Handlungsmöglichkeiten Lösungsansätze , die zum Teil strittig diskutiert worden sind:
Anmerkung: bei allen Varianten wird man/frau Teil der kapitalistischen Verwertungslogik. Dies gilt allerdings auch für jedes Bankkonto oder Versicherung.
Die Organisationseinheiten haben wie vorne beschrieben die Aufgabe Beiträge zum tarifpolitischen Programm zu leisten. Die ver.di Linke kann sich insbesondere in der Arbeitszeitfrage einbringen und die Diskussion vorantreiben. Ein Problem besteht darin, dass sich bisher nur wenige Organisationseinheiten mit dem Entwurf beschäftigt haben. So ist z.B. die Arbeitszeitinitiative ( Grundlage: A 2 Entschließung zur Arbeitszeit auf dem Gründungskongress) der Jahre 2002-2006 an den meisten Mitgliedern spurlos vorbeigelaufen. Bernt hat in seiner Rolle als Fachbereichsvorsitzender Verkehr in Hamburg eine Tarifpolitische Konferenz für September auf den Weg gebracht. Ähnlich könnten auch andere Fachbereiche initiativ werden und somit einen Beitrag für die längst fällige Diskussion leisten. Für das Protokoll: Bernt Kamin-Seggewies |