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Updated: 18.12.2012 15:51
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Gründungskonferenz der ver.di Linken vom 26./27. März 2004 in Bielefeld

Ort: ver.di-Bildungsstätte Buntes Haus in Bielefeld-Sennestadt

  • Freitag
    • 16.30 Uhr: "Die Politische Lage in der Bundesrepublik Deutschland und die Aufgaben der Gewerkschaften" - Bernd Riexinger, anschl. Diskussion
  • Samstag
    • 9.00 Uhr: "Bilanz des 1. ver.di-Bundeskongresses" - NN/anschl. Diskussion.
    • Anschliessend: "Die Notwendigkeit eines bundesweiten Zusammenhangs der ver.di-Linken" - Wolfgang Zimmermann, anschl. Diskussion
    • "Die Vorbereitung des Perspektivkongresses am 14. - 16. Mai 2004" - NN, anschl.Diskussion.
    • Ende der Tagung: ca. 16 Uhr.

Hintergrund

Im Rahmen des 1. ordentlichen Bundeskongresses von ver.di im Oktober in Berlin haben die ver.di Linken aus NRW dazu eingeladen, sich während des Kongresses über zentrale politische Fragen zu verständigen. Fast 100 Delegierte sind dieser Einladung gefolgt und haben den Wunsch geäußert, zukünftig bundesweit zusammenzuarbeiten und sich in eine entsprechende Mailliste eingetragen. Daraus ist letztendlich die Einladung zu dieser Tagung entstanden, an der ca. 60 Kolleginnen und Kollegen teilgenommen haben. Die Teilnehmenden haben ausführlich über die politischen Aufgaben der Gewerkschaften in der aktuellen Situation diskutiert und sich dann in weiteren Arbeitsschritten darüber verständigt, an welchen konkreten politischen Feldern gearbeitet werden soll. Darüber hinaus wurde beschlossen, in welcher Form zukünftig gearbeitet werden soll. Neben der Frage, wie es nach dem 3. April weitergehen soll, nahm die Tarifpolitik des öffentlichen Dienstes einen breiten Raum ein, die von zentraler Bedeutung für die Gesamtorganisation ist. Die Tagung endete mit einer Verständigung darüber, welchem inhaltlichen Beitrag die ver.di Linken in den Perspektivkongress im Mai einbringen wollen. Im Folgenden nun die Zusammenfassung der einzelnen Diskussionsschwerpunkte.

Zum Selbstverständnis

Als ver.di Linke eint uns, bei Anerkennung aller ideologischen und politischen Unterschiede, die Kritik an einem Gesellschaftssystem, dass die Verwertungsbedingungen des Kapitals über die Interessen der Menschen stellt. Dabei gehen wir davon aus, dass Politik im Interesse der Bürger nur durchgesetzt werden kann, wenn mehr Menschen als bisher in die Auseinandersetzung über die Zukunft unser Gesellschaft einsteigen. Deshalb kommt der Mobilisierungsfähigkeit unserer Organisation eine zentrale Bedeutung zu. Als Mitglieder und FunktionärInnen in ver.di kommen wir zusammen, um in zentralen Fragen der gesellschaftlichen Auseinandersetzung Position zu beziehen und diese weiterzuentwickeln. Damit leisten wir einen Beitrag zur programmatischen und politischen Weiterentwicklung von ver.di. Wir haben die Einschätzung, dass ver.di sich in einer politischen Krise befindet und nur durch eine politische Neu- bzw. Umorientierung aus dieser Krise herauskommt. Aus diesem Grunde treten die Diskussionen über Budget- und Strukturfragen in den Hintergrund. Als ver.di Linke verstehen wir uns als aktiver Teil der Gewerkschaftslinken in der Bundesrepublik. Um die vorstehenden Ziele erreichen zu können, entwickeln wir eine Form der Zusammenarbeit, die es uns ermöglicht, die politische Arbeit sowohl in den Regionen, als auch auf Bundesebene zu koordinieren. Aufgrund der Tatsache, dass immer mehr politische Entscheidungen auf internationaler Ebene getroffen werden, kommt der Zusammenarbeit auf diesem Feld eine wachsende Bedeutung zu. Insbesondere durch die Diskussion über den Richtlinienentwurf "Dienstleistungen im Binnenmarkt", wollen wir einen Beitrag dazu leisten. Wir treffen uns zukünftig einmal in jedem Jahr zu einem Bundestreffen der ver.di Linken.

Wir rufen dazu auf, in den einzelnen Regionen aktive Kolleginnen und Kollegen für den Koordinierungskreis zu benennen. Bisher sind 16 Kolleginnen und Kollegen aus 8 Landesbezirken hierfür benannt. Der Koordinierungskreis trifft sich am Rande der "Anti-Privatisierungskonferenz" vom 25.09.04 in Berlin. Die Kollegen Helmut Born und Wolfgang Zimmermann werden gebeten, die Tagungen vorzubereiten. Der Koordinierungskreis legt seine Arbeitsweise im Anschluss an diese Tagung fest.

Kernfragen der gesellschaftlichen Auseinandersetzung

Das Motto der Tagung lautet: " Solidarität statt Entsolidarisierung. Wir müssen die Umverteilung umkehren." Die Teilnehmenden verständigen sich auf 3 Kernforderungen in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung, die geeignet erscheinen mit anderen gesellschaftlichen Kräften erfolgreich durchgesetzt zu werden. Dabei handelt es sich um:
- Die Selbstbeteiligung bei den Gesundheitskosten
- Den Erhalt der Arbeitslosenhilfe
- Die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer
Wir setzen der Aussage, dass die Kosten der Sozialsysteme nicht mehr länger finanzierbar seien, die These entgegen, dass "Geld ist genug da, es ist nur verkehrt verteilt".

Zentrale Fragen der Tarifpolitik

Bei der Diskussion über die Tarifpolitik von ver.di kommen die Teilnehmenden zu folgenden Schlüssen:

  • wegen der hohen Bedeutung des Tarifwerkes BAT (über 6 Mio. Betroffene) haben die Ergebnisse der Prozessvereinbarung einen zentralen Stellenwert für die Gesamtorganisation. Grundsätzlich halten wir einen Ausstieg aus der Prozessvereinbarung für nötig, zumal die Arbeitgeber ihren Teil der getroffenen Vereinbarungen nicht eingehalten haben. Gleichwohl kann die Situation eintreten, dass es für einen Ausstieg aus der Prozessvereinbarung keine Mehrheiten gibt. Für diesen Fall halten wir Kriterien für erforderlich, an denen Ergebnisse gemessen werden müssen.
    Solche Kriterien sind aus unser Sicht:
    • Die Verlängerung der Arbeitszeit
    • Der Kündigungsschutz
    • Die Lohngestaltung bzw. die Ablehnung von Niedriglohngruppen
  • wegen der bevorstehenden Sitzung der Bundestarifkommission am 2. April sind alle Anwesenden aufgefordert, die Mitglieder der BTK in ihren Landesbezirken über die diskutierten Positionen zu informieren und sie dadurch bei ihrer verantwortungsvollen Arbeit zu unterstützen. Unabhängig von den Ergebnissen der Tarifrunde im öffentlichen Dienst halten die Teilnehmenden eine Kampagne zur Verteidigung der Tarifverträge für dringend erforderlich.

Vorbereitung des Perspektivenkongresses

Der Perspektivenkongress findet vom 14. ­ 16. Mai in der TU Berlin statt. Unter dem Motto "Es geht auch anders! Perspektiven für eine andere Politik" will diese Großveranstaltung mit einem breitem Bündnis außerhalb der etablierten Politik programmatische Ansätze für ein soziales und politisches Gegenmodell zum neoliberalen Umbau der Gesellschaft diskutieren und formulieren. Damit dieser "Perspektivenkongress" nicht auf dem Niveau eines "Marktes der Möglichkeiten und offenen Fragen" stehen bleibt, wird sich die ver.di Linke kritisch in die Debatte einbringen und erwartet, dass ver.di Ihrer Verantwortung nachkommt und die Zusammenarbeit in den sozialen Bewegungen festigt.

Abschlussbemerkung

Die Teilnehmenden sind sich der Bedeutung der europäischen Aktionstage am 2. und 3. April bewusst. Der Beitrag der ver.di Linken besteht über die Mobilisierung zu den Aktionstagen hinaus darin, die Diskussion über die zentralen Fragen der gesellschaftlichen Auseinandersetzung auch danach weiter voranzutreiben. Insbesondere die "Repolitisierung" der betrieblichen Arbeit ist notwendig. Dabei sind die Möglichkeiten politischer Arbeitskämpfe weiterzuentwickeln. Die vorstehende Erklärung wurde ohne Gegenstimmen angenommen.

Bielefeld den 27.04.2004

Für den Koordinierungskreis:

Helmut Born (NRW), Eva Dockerill (Nord), Klaus Engert (Bayern), Bernt Kamin (Hamburg), Erdogan Kaya (B-B), Steffi Nitschke (Hessen), Ulrich Peter (B-B), Wolfgang Zimmermann (NRW).


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