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Updated: 18.12.2012 15:51
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3. Bundestreffen der ver.di Linken in Dortmund am 16. /17. 02. 2007

Zur Lage der Gewerkschaften in Zeiten der großen Koalition (Franz Kersjes)

Franz beginnt seinen Vortrag mit einigen biografischen Daten und verbindet dies mit den damit einhergehenden tarifpolitischen Änderungen (Flächentarif bis hin zum Häuserkampf). Die große Herausforderung für uns Gewerkschaften ist die zunehmende Angst und der ideologische Müll in den Köpfen unserer Kolleginnen und Kollegen. Wir müssen lernen Fragen zu stellen und Erfahrungen auszuwerten, z.B. dass Verzichte auf Errungenes niemanden retten. Ver.di muss ihre Mitglieder fachlich qualifiziert beraten können. -Sonst schaffen wir nie Gegenmacht. Gewerkschaften müssen politischer werden (z.B. Rente 67, Gesundheitsreform) und sich von Parteienbanden abnabeln. Unsere Gegner fürchten nichts mehr als soziale Unruhe. Leider sind Gewerkschaften insgesamt gespalten zwischen Gegenwehr- und Kompromisslerfraktionen.

Eine ausführliche Diskussion folgte den Ausführungen, die so zusammengefasst werden können:

Die Teilnehmenden setzen sich dafür ein, dass die Gewerkschaften klarere Positionen beziehen, um Gegenmacht organisieren. Die Schwäche der Gewerkschaften drückt sich u.a. dadurch aus, dass es spätestens seit den 90er Jahren zunehmende Abweichungen von den Flächentarifverträgen gibt, im Rahmen der Zerstörung der sozialen Systeme Belegschaften verängstigt sind und Gewerkschaften wie ver.di zuviel Kraft auf die Beschäftigung mit sich selbst vergeuden. Notwendige Veränderungen beginnen nach Auffassung der Teilnehmenden in den eigenen Köpfen.

Der Kampf um die 35 Stunden-Woche war die letzte "realistische Utopie", die umgesetzt werden konnte. Gleichwohl ist es dringend notwendig die Diskussion um eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit zu führen.

In einer globalisierten Welt dürfen die Kämpfe nicht an den Landesgrenzen enden. Schon gar nicht dürfen sich Gewerkschaften als Standortprotagonisten missbrauchen lassen. Es ist zwingend notwendig die Kämpfe in Deutschland mit denen unserer Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern, insbesondere in Europa zu verbinden.

Da immer mehr politische Entscheidungen gegen die Interessen der Beschäftigten, und Erwerbslosen getroffen werden, ist die Frage des politischen Streiks offensiv auf die Tagesordnung zu setzen.

Gewerkschaften und neue soziale Bewegungen (Hugo Braun).

Die Gewerkschaften sind die ältesten sozialen Bewegungen, während die neueren Formen der sozialen Bewegungen andere bzw. keine formalen Strukturen, sondern eher unverbindliche Formen hat. In den Gewerkschaften ist die Neigung, mit den sozialen Bewegungen zusammenzuarbeiten, eher gering (IGM, ver.di, BAU). Innerhalb Attac`s gibt es zwar überwiegend Bereitschaft und Einsicht zu kooperieren, gleichwohl gibt es auch erhebliche gewerkschaftsfeindliche Tendenzen.

Die konkrete Aufgabe besteht darin, die Kräfte zu bündeln, um die sozialen Kämpfe erfolgreich führen zu können. (Hinweis auf ver.di Bundesvorstandsbeschluss /Aufruf zum 2. Sozialforums in Cottbus). Die Perspektive politischer Veränderungen kann nur gelingen, wenn es sozialen Bewegungen und Gewerkschaften gemeinsam gelingt, an konkreten Zielen zu arbeiten (Urban/IGM). In Vorbereitung des 2. Sozialforums gibt es eine erfreulich gute Zusammenarbeit und Unterstützung durch die DGB Gewerkschaften. Hinderlich sind Befürchtungen innerhalb der Gewerkschaften sich für Positionen einvernehmen zu lassen, die konträr zu ihren originären stehen.

In Vorbereitung des G8 Gipfels stellt sich die Zusammenarbeit allerdings deutlich schwieriger dar. Trotz einer erfreulichen Bandbreite der Bewegungen fehlen bisher die Gewerkschaften. Notwendig ist eine Massendemonstration gegen die neoliberale Politik der führenden Industrienationen. Die Bundesregierung versucht indes massiv Einfluss auf die Gewerkschaften zu nehmen, nicht Teil der Proteste gegen den Gipfel zu werden

Der G8 Gipfel ist der zentrale Ausdruck neoliberaler Politik mit ihren katastrophalen Folgen für die Bürger und Beschäftigten. Von daher ist der Gipfel prädestiniert dafür den Protest gegen diese Politik zu artikulieren.

Die Teilnehmenden des ver.di linken Treffen rufen dazu auf, sich in allen Organisationseinheiten dafür einzusetzen, dass sich ver.di offiziell an den Protesten gegen G8 Gipfel in Rostock beteiligt und in der Vorbereitung eng mit den sozialen Bewegungen kooperiert.

Der Initiativantrag aus Nord, zur Mobilisierung gegen den Gipfel in Rostock soll auf den anstehenden Konferenzen genutzt werden, um die Sensibilität zu stärken.

Die um sich greifende Parteiverdrossenheit ist deutlicher Hinweis darauf, dass sich die Gewerkschaften aus der Umarmung von Parteien lösen müssen. Im Rahmen der letzten Bundestagswahl ist allerdings deutlich geworden, dass das "alte" Bündnis zwischen SPD und Gewerkschaften heftig erschüttert ist, weil sich die Bundesregierung aus dem tradierten Bündnis verabschiedet hat.

Termine:

  • Anmeldung zum Alternativgipfel ab kommender Woche
  • 14./15. April Vorbereitungskonferenz G8
  • Auf dem Wege nach Rostock findet der Euromarsch statt, beginnend in der ersten Maihälfte in der Nähe von Toulouse. Über Aachen und Köln (Pfingsten) am 27.5. ist der Marsch in Düsseldorf und geht über Hamburg 30./31. Mai. Am 2. Juni findet die Demo in Rostock statt. Vom 1. - 9. 6. 2007 finden Camps statt.

Programmdiskussion (Gregor Falkenhain)

Die fehlende Programmdiskussion zur Gründung von ver.di soll jetzt nachgeholt werden. Gregor stellt einzelne Positionen vor.

Ausgangsposition: Orientierungskrise der Gewerkschaften, deren Ausdrucksform zum einen die Mitgliederentwicklung und die Tarifpolitik sind. Zwischenzeitlich befinden wir uns nicht mehr nur im Stillstand, sondern in einer dramatischen Rückentwicklung. Notwendig ist eine Gegenoffensive mit klaren Aussagen z.B. Absage an die Sozialpartnerschaft und Orientierung auf die Interessen der Beschäftigten. Begleitend müssen eigene Werte definiert werden und diese müssen auch gelebt werden. Wir benötigen eine steigende Konfliktbereitschaft, Solidarität und eine Vorstellung davon, wie für uns eine Gesellschaft aussehen soll. Wir benötigen weiterhin eine deutliche Verkürzung der Arbeitszeit und einen Stopp der Privatisierungen. Wir benötigen eine offensive Lohnpolitik, die nicht nur der Konjunktur nachhinkt und die Inflation ausgleicht, sondern die Umverteilung wieder auf die Tagesordnung nimmt. Wir müssen alles unternehmen, was hilft, die Kräfteverhältnisse in der Gesellschaft zu verändern. Gewerkschaften müssen in Stadtvierteln, ebenso präsent sein wie bei den Erwerbslosen als auch den Prekarisierten.

Dazu sind die auf 7 Schwerpunkte konzentrierten Eckpunkte der Autorengruppe (Born, Falkenhain, Groef, Zimmermann) eine Diskussionsgrundlage:

  1. Kapitalistische Gesellschaftsordnung und neolibereale Ideologie

  2. Gesellschaftspolitische Ziele

  3. Arbeitszeitverkürzung aktualisieren

  4. Offensive Lohnpolitik - umverteilen

  5. Für ein anderes Verhältnis zur Politik

  6. Für ein solidarisches Europa

  7. Gegen Rüstung und Krieg - für internationale Solidarität

Der vom Bundesvorstand vorgelegte Programmentwurf (Aufbruch in die Zukunft) ist nichts anderes als eine Anleitung zur Begleitung des neoliberalistischen Kapitalismus.

Programmdiskussion (Christian Koberg)

Erster Programmentwurf ist ohne Analyse, Beschreibung neuer Politikfelder ohne Schlussfolgerungen auch für die Organisationspolitik. Niedrige Beteiligung bei der Programmdiskussion. Der zweite Entwurf ist zwar sprachlich geglättet, aber kaum inhaltlich verändert worden.

Wir brauchen die Kenntnis über die Veränderungen in der Arbeitwelt, aber verknüpft mit Handlungsorientierungen. Es fehlen klare Aussagen gegen die Rechtsentwicklung und für eine Orientierung auf eine friedliche Entwicklung.

Am 30. Januar ist der Entwurf in Hessen erschienen, der als Alternative auf der Landesbezirkskonferenz beschlossen werden soll.

Der Kongress selbst soll sich einen Tag lang mit der Programmatik beschäftigen.

Vorbereitung ist aufwändig (3 Szenarien von Bernt Kamin). Es ist allerdings kaum vorstellbar, die sehr unterschiedlichen, grundsätzlichen Positionen in ein Papier einzubauen. Insofern müssen wir uns darauf konzentrieren die Auseinandersetzung auf dem Kongress zuzuspitzen mit dem Ziel das Hessenpapier noch zu verbessern und durchzusetzen.

Wie organisieren wir die Debatte? (Wolfgang .Zimmermann.) Wir müssen die Debatte auf dem Kongress mit bestimmen. Delegiertentreffen zu Beginn des Kongresses. Der FB 10 hat einen eigenen Entwurf eingebracht, kommt wohl aber auch zu dem Schluss sich auf das Hessenpapier stützen zu können. Aus NRW kommt das Papier "Eckpunkte eines alternativen Programmentwurfes". Auch da fehlen noch Aussagen zur Frauenpolitik, Ökologie.

Hilfreich wäre eine gründliche, kritische Analyse des Entwurfes des Bundesvorstandes. Hinweis auf Artikel von Wehner im Sozialismus und eine Arbeit von Christian und Co.

Auch im Hessenpapier fehlt z.B. die Befassung mit der zunehmenden Präkarisierung.

Konkrete Vereinbarungen:

  1. Das NRW-Papier wird zum ver.di Linken Papier und als solches verbreitet.

  2. Auf dem Kongress wird ein Treffen der Linken organisiert

  3. Plädoyer auf Bearbeitung des Hessenpapieres externer Link

  4. Bevor die Organisation sich spaltet soll verschoben werden

  5. Treffen am 25. August zur Vorbereitung des Kongresses

  6. Das Hessenpapier wird angereichert.

  7. Die Mitglieder des GR werden über unsere Haltung informiert.

  8. Auch auf den Fachbereichskonferenzen besteht die Möglichkeit zu diskutieren.

  9. Die NRW Eckpunkte können, wenn als Antrag eingebracht, als Arbeitsmaterial verwendet werden.

Wir halten den Entwurf des Bundesvorstandes für ungeeignet und fordern dazu auf, dass der hessische Entwurf vom 30.01.07 als Arbeitsgrundlage auf dem Kongress genommen wird.

Das NRW-Eckpunktepapier dient als inhaltliche Grundlage dafür, dass Hessenpapier zu verbessern.

Die Delegierten zum Bundeskongress treffen sich am 25.8. von 11.00 - 17.00 Uhr in Dortmund.

Joachim Gabriel aus Dortmund erklärt sich bereit eine neue Mailingliste zu erstellen.

Protokoll : gez. Bernt Kamin, Gregor Falkenhain


Abschlusserklärung

Das 3. Treffen der ver.di Linken am 16./17. Februar in Dortmund hat sich mit der Lage der Gewerkschaften in Zeiten der großen Koalition, mit dem Verhältnis der Gewerkschaften zu den sozialen Bewegungen und der Programmatik in Vorbereitung des Bundeskongresses von ver.di beschäftigt.

Zur Lage der Gewerkschaften

Die Teilnehmenden setzen sich dafür ein, dass die Gewerkschaften klarere Positionen beziehen, um Gegenmacht organisieren. Die Schwäche der Gewerkschaften drückt sich u.a. dadurch aus, dass es spätestens seit den 90er Jahren zunehmende Abweichungen von den Flächentarifverträgen gibt, im Rahmen der Zerstörung der sozialen Systeme Belegschaften verängstigt sind und Gewerkschaften wie ver.di zuviel Kraft auf die Beschäftigung mit sich selbst vergeuden. Notwendige Veränderungen beginnen nach Auffassung der Teilnehmenden in den eigenen Köpfen.

Der Kampf um die 35 Stunden-Woche war die letzte "realistische Utopie", die umgesetzt werden konnte. Gleichwohl ist es dringend notwendig die Diskussion um eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit zu führen.

In einer globalisierten Welt dürfen die Kämpfe nicht an den Landesgrenzen enden. Schon gar nicht dürfen sich Gewerkschaften als Standortprotagonisten missbrauchen lassen. Es ist zwingend notwendig die Kämpfe in Deutschland mit denen unserer Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern, insbesondere in Europa zu verbinden.

Da immer mehr politische Entscheidungen gegen die Interessen der Beschäftigten, und Erwerbslosen getroffen werden, ist die Frage des politischen Streiks offensiv auf die Tagesordnung zu setzen.

Zum Verhältnis zu den sozialen Bewegungen

Die Teilnehmenden des ver.di linken Treffen rufen dazu auf, sich in allen Organisationseinheiten dafür einzusetzen, dass sich ver.di offiziell an den Protesten gegen den G8 Gipfel am 02. 06. 2007 in Rostock beteiligt und in der Vorbereitung eng mit den sozialen Bewegungen kooperiert.

Zur Programmatik

Die Teilnehmenden halten den Entwurf des Bundesvorstandes "Aufbruch in die Zukunft" für ungeeignet und fordern dazu auf, dass der Entwurf des hessischen Landesbezirksvorstandes vom 30. 01. 2007 als Arbeitsgrundlage auf dem Kongress genommen wird. Der Programmentwurf des Bundesvorstandes ist nach Auffassung der TN eine Art Mitgestaltung des neoliberalen Kapitalismus.

Die Teilnehmenden verständigen sich darauf, das in NRW erstellte Eckpunktepapier zu übernehmen und setzen sich dafür ein, das Hessenpapier um die dort getroffenen Kernaussagen anzureichern. Die Teilnehmenden sind sich darüber bewusst, dass weitere Themen (z.B. Frauen- und Gleichstellungspolitik, Ökologie, Präkarisierung und Kampf gegen Rechts) einfließen müssen.

Die Teilnehmenden des 3. Bundestreffens der ver.di-Linken rufen alle Kolleginnen und Kollegen, die ihren Frieden noch nicht mit dem bestehenden Gesellschaftssystem gemacht haben dazu auf, sich an den zukünftigen Diskussionen zu beteiligen, um Beiträge zur Weiterentwicklung unserer Gewerkschaft zu leisten.


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