Erklärung der bundesweiten verdi - Linken
zum Abschluss ihrer Konferenz vom 16.-17.04.2005
Das vergangene Jahr war kein gutes Jahr für unsere
Gewerkschaft.
Der katastrophale Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst spielt dabei
eine zentrale Rolle. Mit ihm ist ver.di hinter eigene Positionen und Beschlüsse
in grundsätzlichen Fragen der Tarifpolitik zurückgefallen. Dies
gilt neben anderen Kritikpunkten insbesondere für die Öffnungsklausel
zur Arbeitszeit, die extrem lange Laufzeit und die so genannte „Meistbegünstigungsklausel“.
Die ver.di-Linke hatte 2004 den Bundesvorstand aufgefordert, aus der Prozessvereinbarung
auszusteigen und eine konkrete Tarifforderung vorzulegen. Das geschah
nicht. Stattdessen kam es zu Verhandlungen und einem Ergebnis ohne wirkliche
vorherige Mobilisierung der Organisation. Der Tarifabschluss gibt den
Arbeitgebern Erpressungsmittel in die Hand und öffnet die Tür
für weitere Verschlechterungen. Das bedeutet, dass sich die Gesamtorganisation
darauf einstellen muss, in nächster Zeit kampfbereit zu sein. Es
gilt deshalb schon jetzt mit der dringend notwendigen Mobilisierung zu
beginnen.
Besonders bedenklich ist es, dass weite Teile der Gesamtorganisation
und insbesondere auch ihre SpitzenfunktionärInnen die Gegenwehr gegen
die Agenda 2010 eingestellt haben und auch in diesem Bereich hinter die
eigene Beschlusslage zurückfallen. Resolutionen alleine werden die
massive Umverteilung zu Lasten der Erwerbstätigen und Erwerbslosen
und allein zu Gunsten der Profite und Profiteure nicht aufhalten. Mit
der neuen EU-Verfassung und der Bolkestein-Richtlinie drohen bereits weitere
Schläge gegen soziale Standards und Rechte; Lohndrückerei und
das Unterlaufen der Tarifverträge. Im Krankenhaussektor machen sich
bereits die Folgen der Privatisierungswelle und der Übernahme durch
internationalisierte Finanzgruppen schmerzhaft bemerkbar.
Es kann deshalb auch nicht nur um die Verhinderung von
Einzelmaßnahmen gehen oder um die "Mitgestaltung" dieser
"Modernisierung". Der fortschreitende neoliberale Sozialstaats-Abbruch
und die sozialpartnerschaftliche Beteiligung daran zerstören die
Errungenschaften von Jahrzehnten Gewerkschaftsarbeit. Am Ende dieses Prozesses
droht die gesellschaftliche Bedeutungslosigkeit. ver.di würde zunehmend
zum Teil des Problems statt zum Motor der Lösung.
Packen wir's an !
Gegen die Agenda 2010 als Ganzes muss aktiver gewerkschaftlicher
Widerstand entwickelt werden.
Die Hartz-Gesetze haben ihren Zweck als Disziplinierungsinstrument bereits
erfüllt: JedEr, die/der heute erwerbstätig ist, ist von Erwerbslosigkeit
bedroht. JedEr, die/der heute erwerbslos wird, muss Angst vor der Armut
haben. Zentrales Element der Agenda 2010 sind die sogenannten Ein-Euro-Jobs,
die nichts weiter als der verfassungswidrige Zwang zur Arbeit sind. Damit
erinnern sie fatal an den nazistischen Reichsarbeitsdienst. Deshalb sind
die Forderungen nach einem bedingungslosen Grundeinkommen
und nach einem Mindestlohn zutiefst im Interesse aller
auf Beschäftigung Angewiesenen und ihrer Gewerkschaften. Hierfür
muss mit allen gewerkschaftlichen und politischen Mitteln gekämpft
werden.
Die Zukunft unserer Gewerkschaft wird entscheidend von der Wiederherstellung
gewerkschaftlicher Kampfkraft abhängen. Die Ressourcen der
Organisation müssen schwerpunktmäßig in die Entwicklung
und, wo nötig, in den Wiederaufbau gewerkschaftlicher Basisstrukturen
(Betriebsgruppen, Vertrauensleute) investiert werden.
Privatisierung öffentlicher Einrichtungen ist weder im Interesse
der dort Beschäftigten, noch in dem der Bevölkerung. ver.di
muss konsequent für den Stopp der Privatisierungen und die Rücknahme
der bereits erfolgten eintreten. Wir brauchen eine Entprivatisierungskampgane,
die mit der ausufernden Profit- und Wettbewerbslogik bricht und die gesellschaftliche
Notwendigkeit öffentlicher Daseinsgestaltung betont.
Ein weiteres Ziel muss eine radikale Verkürzung der Arbeitszeit
bei vollem Lohn- und Personalausgleich sein - als Instrument
zur Umverteilung und Humanisierung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit.
Im Juli findet in Erfurt das erste Deutsche Sozialforum
statt. Dort werden wir die genannten Punkte zum Thema machen. Wir werden
deshalb in Erfurt eine gemeinsame Konferenz der verschiedenen sozialen
Bewegungen, insbesondere der Erwerbslosenorganisationen, mit der Gewerkschaftslinken
zum Thema "Weg mit den Ein- Euro-Jobs!" initiieren
und vorbereiten.
Wir unterstützen außerdem die Aktivitäten der Aktion "Agenturschluss"
gegen die Ein-Euro-Jobs
am 20.Mai 2005.
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