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Updated: 18.12.2012 15:51
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Terror und Kinderpornographie - Argumente für Kontrolle?

Es sind immer wieder die gleichen Schlagworte die genutzt werden um stärkere Kontrollen zu rechtfertigen. Aber wem nutzen Forderungen wie das Speichern von Verbindungsdaten? Nun, in der letzten Zeit hat sich die Musikindustrie verstärkt mit Anzeigen gegen Tauschbörsennutzer bekannt gemacht – ein lukratives Geschäft für die Industrie und ihre Anwälte an welcher der einzelne Künstler übrigens nichts verdient. Die Anwälte verdienen an den Abmahngebühren, die sich nicht selten auch mal im fünfstelligen Bereich bewegen und die Industrie verlangt Strafgebühren in Höhen zwischen 50 und 500 Euro. Verkauft man eine CD, dann erhält man vielleicht fünf Euro Gewinn, wenn man Mehrwertsteuer, Produktionskosten und den Obulus an den Künstler abrechnet.

Das ist jetzt natürlich nicht wirklich abgerechnet, sondern grob geschätzt – ausgehend von einem Verkaufspreis von 15¤. Da ist es natürlich lukrativer einen Tauschbörsennutzer zu verklagen, bzw. mit einem Strafgeld wegen der unerlaubten Nutzung von Lizenzen zu belegen. Die Lizenz betrifft nur die Musikverlage, nicht den Künstler – das bedeutet das die fünfzig Euro direkter Reingewinn für die Rechteinhaber sind, ohne das dabei Kostenmarken von CD Produktion und Künstlerbudget anfallen. Die ganz harten Geschäftsleute verlangen übrigens pro Song 50 Euro – was sich bei einer CD mit 15 Songs durchaus rechnet – immerhin, 750 Euro die man mit niemandem teilen muss, abgesehen von den in Deutschland ja relativ geringen Unternehmenssteuern.

Was hat das Ganze mit der Vorratsdatenspeicherung zu tun? Ganz einfach, wer nicht bei T-Online (ehemals Telekom, Post-Tochter und ehedem Staatliches Unternehmen) oder einem Reseller als Kunde registriert ist und über eine Flatrate verfügt, der kann das Glück haben das seine Verbindungsdaten nicht gespeichert werden. Was nichts anderes bedeutet als das die Verbindungsdaten nach schließen der Verbindung ins ewige Aus verschwinden. Niemand kann mehr verfolgen wer wann was gemacht hat. Folglich können auch keine Personen ermittelt und in der oben genannten Weise ausgenommen werden.

Unsere Politik verlangt nun eine Vorratsdatenspeicherung, aber ich bezweifle das die Argumente Kinderpornographie und islamischer Terrorismus die eigentlich sind. Natürlich sind es Themen die für die Ermittler derartiger Verbrechen eine gewichtige Rolle spielen, aber das Versprechen das die gespeicherten Daten nicht an Unbefugte herausgegeben werden ist absurd. Derartige Daten dürfen bereits heute nicht herausgegeben werden, die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft fordert diese, auf Verlangen des jeweiligen Klagestellers, erstmal bei den ISPs an. Klagesteller darf übrigens jeder werden, also auch die Musik oder Filmindustrie. Da Urheberrechtsverletzungen keine strafrechtlichen Konsequenzen beinhalten, wird die Klage meist abgewiesen, dafür darf der Anwalt allerdings Einsicht in die Akten nehmen und erfährt über diesen kleinen Kunstgriff den Namen des Anschlussinhabers und damit den Namen des Menschen der sich „illegal“ etwas heruntergeladen hat. Der Rest, also das auferlegen von Strafgeldern, wird über zivilrechtliche Prozesse abgewickelt. Und hier können höhere Kostenmarken verlangt werden als durch einen strafrechtlich relevanten Prozess.

Klingelt es langsam?

Solange bei Flatrates personenbezogene Daten nicht gespeichert werden müssen, ist auch kein – wie oben beschrieben – Gewinn zu machen. Solange die Daten allerdings bis zu zwei Jahren gespeichert werden, kann und wird man jeden Tauschbörsennutzer versuchen mit Strafgeldern zu belegen. Terroristen legen Wert darauf das ihre Nachrichten und Heilsbotschaften von einen möglichst breiten Teil der Bevölkerung wahrgenommen werden. Ein heimliches Tauschen in Tauschbörsen ist da eher sekundäres Verbreitungsmittel. Und das betrachten der Informationen selbst ist derzeit noch nicht strafbar. Kinderpornographie stellt da ein völlig anderes Medium dar. Hier ist eine breite Öffentlichkeit natürlich unerwünscht und Tauschbörsen bieten sich dafür – leider – an.

Allerdings möchte ich nicht wissen wie viele Kinderpornos ihren Weg durch anonyme Postfächer in Form von DVDs oder selbst erstellten Videokassetten finden! Das Argument Kinderporno wäre für mich glaubhafter wenn für die Verbreitungswege außerhalb des Internets ebenfalls mehr Transparenz gefordert würde. Da dieses nicht gefordert wird, denke ich das hier einige Lobbyisten wieder einmal mehr versuchen der Industrie – also dem Hauptfinanzier der großen Politik – auf eine nicht ganz offensichtliche Art und Weise Gelder zu beschaffen. Treu dem Motto Quit pro quo…

Die gewünschte Vorratsdatenspeicherung dient in meinen Augen nur einem einzigen Zweck: der einfachen und lukrativen Möglichkeit für die weltweit agierende Unterhaltungsindustrie Geld zu verdienen. Natürlich mal wieder auf Kosten des kleinen Mannes. Das hier Menschen kriminalisiert, und teilweise dadurch ihrer Existenzgrundlage beraubt werden, interessiert natürlich niemanden. Natürlich bekommt der Staat dadurch auch einiges an nützlichen Informationen. Es würde leichter nachvollziehbar sein wer Systemkritische Äußerungen tätigt. Ein nicht gänzlich angenehmer Gedanke.

Und der Staat selbst? Hier wird natürlich versucht jede Form von Transparenz zu vermeiden. Wieso sonst wehren sich neun Mitglieder des Bundestages dagegen ihre Nebeneinkünfte offen zu legen? Wieso wird immer wieder verhindert das der normale Bürger erfährt aus welchen Quellen Gelder fließen und vor allem wohin sie fließen? Ich denke die Antwort auf diese Fragen kann sich jeder der ein bisschen nachdenkt selber stellen.

Ingo Jäckels


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