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Updated: 18.12.2012 15:51
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»Strategie gegen die Schikanen der Ämter«. Aktion »Zahltag«: Arbeitslosenselbsthilfegruppe in Oldenburg begleitet Erwerbslose bei ihren Jobcenter-Terminen.

Interview von Björn Kietzmann mit Roman Langner, Aktivist der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO). Mit dem Konzept der solidarischen Begleitungen versucht die Gruppe, den Betroffenen den Ämtern gegenüber den Rücken zu stärken. Langner bemüht sich um einen Ausbau dieses Konzeptes. Durch Workshops will ALSO weitere Menschen dazu ermutigen, Erwerbslose bei ihren Jobcenter-Besuchen zu unterstützen. Das Interview ist zuerst erschienen in junge Welt vom 11.03.2009

Die Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg gilt als eine der Erfinderinnen der solidarischen Begleitung Erwerbsloser. Wie ist Idee dazu entstanden?

Wir bieten dreimal wöchentlich eine unabhängige und an den Interessen der Betroffenen orientierte Beratung an. Die Idee von Beiständen basiert darauf, daß wir den Druck, der durch das chaotische Handeln der Ämter für die Betroffenen entsteht, dahin zurückgeben wollen, wo er entstanden ist, nämlich in den Ämtern. So ist das Konzept der solidarischen Begleitung entstanden und wurde im Dezember 2007 unter dem Namen »Aktion Zahltag« von Erwerbslosen in Köln erstmals durchgeführt.

Ihre Gruppe bietet solche Begleitungen in Oldenburg regelmäßig an. Wie wird das Angebot angenommen?

Sehr gut. Seit Februar 2008 bieten wir einmal wöchentlich zwischen 9 und 12 Uhr vor der ARGE Begleitung ins Amt an. Natürlich erreichen wir als eine kleine Gruppe nur eine begrenzte Anzahl von Betroffenen. Doch das Feedback ist enorm. Viele Erwerbslose, die das erste Mal eine Begleitperson mitnehmen, sagen hinterher, sie seien noch nie so freundlich behandelt worden seien. Doch es bleibt nicht nur bei diesen Gesten. Anträge, die schon eine ganze Zeit in den Akten gelegen haben, werden plötzlich bewilligt, wenn eine Begleitperson anwesend ist. Man kann also eine Menge erreichen.

Hatten Sie wegen Ihrer Aktion schon Probleme mit der ARGE?

Schikanen gab es jede Menge, und es gab auch schon mal gegen Aktivisten von uns eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs und einige Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten. Doch sie alle sind eingestellt worden. Mittlerweile wurde auch durch ein Urteil des Kasseler Sozialgerichts bestätigt, daß ein Erwerbsloser bis zu drei Personen als Beistand mitnehmen kann. Das hat die rechtliche Situation für uns auf jeden Fall erleichtert.

Beteiligen sich auch Erwerbslose an der Arbeit?

Die Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg besteht zum großen Teil aus Erwerbslosen, und durch die Begleitaktionen sind auch neue Leute dazu gekommen. Das ist keine große Masse, aber es sind aktive Leute.

Sind Sie auf der Suche nach weiteren Mitstreitern?

Ja. Wir haben natürlich Interesse daran, daß noch mehr Leute mitmachen, weil dadurch Selbstorganisationsansätze von Erwerbslosen gefördert werden. Außerdem wird auf eine ganz praktische Art die Wichtigkeit des gemeinsamen solidarischen Handelns vermittelt, und es gelingt so, eine Strategie gegen die Schikanen der Ämter zu entwickeln.

Versuchen Sie auch, das Konzepts in anderen Städten und Gemeinden bekanntzumachen und praktisch anzuwenden?

Wir bieten mit Unterstützung der Koordinierungsstelle der gewerkschaftlichen Erwerbslosen (KOS) Workshops zum Thema solidarische Begleitung in verschiedenen Städten an.

Wie groß ist denn das Interesse in anderen Städten. Gab es auch dort schon Begleitaktionen?

Es gibt Interesse in vielen Städten. Ende vergangener Woche fand eine solche Aktion erstmals vor einem Jobcenter in Berlin statt. Die Resonanz unter den Erwerbslosen war ähnlich wie in Oldenburg. Die meisten betonten, daß sie freundlicher behandelt wurden, und es gab auch einige Erfolge bei den Anträgen.

Was wird in den Workshops vermittelt?

Wir vermitteln die gesetzliche Grundlage, auf der die Begleitung beruht. Natürlich gibt es auch viele sehr konkrete Fragen zu deren praktischer Durchführung, auf die wir in den Workshops eingehen. Wir bieten solche Workshops gerne auch in anderen Städten an.

Kontakt: Arbeitslosenzentrum der ALSO, Donnerschweer Str. 55, 26123 Oldenburg, Tel. 0441/163-13 (AB), Fax: -94, also@also-zentrum.de . Weitere Infos: www.also-zentrum.de externer Link


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