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Updated: 18.12.2012 15:51
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Keine Arbeit mehr für »Scheiß«-Geld : Pflegebeschäftigte begannen Arbeitskampf der besonderen Art

Die Toilettenhäuschen, die am Montagvormittag vor der Senatsverwaltung Integration, Arbeit und Soziales aufgebaut waren, solltenn für Aufmerksamkeit sorgen. Daneben hatten sich ca. 50 Beschäftigten aus dem ambulanten Pflege- und Assistenzbereich, die sich dort versammelt. Schließlich war die Aktion der Auftakt eines ungewöhnlichen Arbeitskonflikts. Am 27. April begann der bundesweit erste Scheissstreik. Einen Monat lang, bis zum 27. Mai, werden bundesweit Beschäftigte aus dem Pflege- und Assistenzbereich den bei ihrer Arbeit anfallenden Kot in luftdicht verschließbare Röhrchen füllen und an die ihrer Meinung nach für die soziale Misere Bereich Verantwortlichen schicken. Die Berliner Senatsstelle wurde ausgewählt, weil im nächsten Jahr Budget-Verhandlungen mit den Paritätischen Wohlfahrtsverbänden anstehen, bei denen die Interessen der Beschäftigten bisher zu wenig berücksichtigt worden sind.
Auf der Kampagnenhomepage http://www.jenseits-des-helfersyndroms.de externer Link sind neben politischen Entscheidungsträgern, auch Zeitarbeitsfirmen, kirchliche Träger, Zeitarbeitsfirmen, Arbeitsagenturen und Krankenkassen als potentielle Adressaten der Kotröhrchen aufgeführt.

Niedriglohnsektor Pflege

"Seit dem Jahr 2000 hat es bei uns keine Lohnanpassung mehr gegeben. Seit letztem Jahr sind alle Neueingestellen mit Lohnkürzungen von 20 % konfrontiert, schildert der Betriebsrat bei den Ambulanten Diensten (AD) Berlin Carsten Does gegenüber ND die prekäre Situation der Beschäftigten. Ein Großteil der Beschäftiget von AD beteiligt sich am Streiss-Streiks. Bei anderen Betrieben sieht die Situation nicht besser aus. Auch eine Beschäftigte des Pflegedienstes Lebenswege aus Berlin ist mit ihrer Geduld am Ende:
"Sehr viel wird in der letzten Zeit über den Notstand im Pflegebereich gesprochen. Doch wir sind seit Jahren mit einer ständigen Verschlechterung unserer Arbeitsbedingungen konfrontiert", betont sie . Mit dem Scheiss-Streik solle öffentlich deutlich gemacht werden, dass es vielen Beschäftigten reicht. Das drückt sich auch im Motto der Aktion aus. Es lautet: "Für das Geld machen wir den Scheiß nicht mehr ...weg!".

Schließlich sind mittlerweile sind Vergütungen von bis zu 30 Prozent unter dem Tarif des Öffentlichen Dienstes in privaten Pflegebereich durchaus üblich. Vermehrt übernehmen Leiharbeitsfirmen reguläre Aufgaben.. Auch Erwerbslose werden im Rahmen einer "Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung" (MAE) häufig in Heimen oder in der Hauspflege privater Service-Dienste eingesetzt. Dadurch nimmt der Druck auf die Löhne und Arbeitsbedingungen in dem Pflegebereich noch weiter zu.

Breiter Unterstützerkreis

Wie Ernst die Lage für die Beschäftigten ist, zeigt auch der große Unterstützerkreis für den Scheiss-Streik. Dazu gehören die "Unabhängige Arbeitnehmervertretung in der persönlichen Assistenz (UAPA), die Sektion Sozialwesen der anarchosyndikalistischen Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union, aber auch er Fachbereichsekretär Altenhilfe/Gesundheitsberufe von ver.di - Bezirk Berlin Michael Musall. Darüber hinaus unterstützt das Berliner Mayday-Bündnis, das sich für den Widerstand gegen prekäre Arbeitsverhältnisse stark macht, die Aktion ebenso wie der Berliner "Arbeitskreis Undokumentiertes Arbeiten", der sich um die Organisierung von Beschäftigten ohne Papiere kümmert, die im Pflegebereich besonders häufig anzutreffen sind.

Artikel von Peter Nowak, zuerst erschienen im Neues Deutschland vom 28.04.2009


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