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Updated: 18.12.2012 15:51
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Redebeitrag vom "Bürgerbündnis gegen Privatisierung", der am Standort Mitte gehalten wurde

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

ich spreche hier für das "Bürgerbündnis gegen Privatisierung", das sich erst kürzlich gegründet hat - nämlich nach der Konferenz "Privatisierung in Berlin".

Im Mittelpunkt dieser Konferenz standen die Analyse und die fundierte Kritik an den Privatisierungen der letzten Jahre, sowie die Frage, was können wir gemeinsam dagegen tun.

Die Kollegen Volker Gernhardt von Vivantes und Carsten Becker von der Charité haben während der Konferenz die Situation in den Krankenhäusern und die immer schlechter werdenden Arbeitsbedingungen eindringlich beschrieben.

Weitere Ausgründungen von Bereichen oder auch die komplette Privatisierung von Kliniken sind in Berlin noch lange nicht vom Tisch - das heißt der Druck auf Euch, die Beschäftigten der Charité aber auch der von Vivantes wird nicht weniger werden. Die bisherigen Zugeständnisse an den Senat reichen den Arbeitgebern, sprich dem Senat offensichtlich noch nicht aus.

Das Bürgerbündnis unterstützt euren Warnstreik und eure Forderungen, weil wir wissen, dass die Versorgung der Patienten und Patientinnen, also schlußendlich von uns allen, darunter leiden muß, wenn die Arbeitsdichte immer höher wird, die Löhne weiter sinken und Fallpauschalen den Arbeitstakt und die Verweildauer vorgeben.

Jeder Kampf für tariflich gesicherte Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und gegen Stellenabbau ist also auch ein Kampf für die Erhaltung unseres Gesundheitssystems, das auf Bundesebene unter der rot-grünen und jetzt unter der großen Koalition privaten Kapitalinteressen geopfert werden soll.

Das Gesundheitssystem solle stärker "wettbewerblich ausgerichtet" werden, heißt es im Koalitionsvertrag von SPD und CDU.

Dieser Satz beschreibt den Kern der Gesundheitsreformen: es geht nicht um Kostensenkung, sondern darum, die Gelder der Krankenversicherungen verstärkt umzuleiten in die Kassen privater Konzerne.

Denn das hiesige Gesundheitssystem ist längst nicht so schlecht und auch nicht so teuer, wie immer wieder behauptet wird. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft schrieb 2003, "Die These einer Kostenexplosion des deutschen Gesundheitswesens ist trotz international vergleichsweise hoher Ausgaben falsch." Und auf die stationäre Versorgung sei das relativ teure System schon gar nicht zurückzuführen: "Gemessen an international vergleichenden Statistiken ist die Leistungserbringung der deutschen Krankenhäuser bei hoher Qualität sehr wirtschaftlich."

Die Einführung der Fallpauschalen dient dementsprechend nicht der Senkung der Kosten, wie die Erfahrungen in Ländern mit DRG belegen, sondern es geht um die Verschärfung der Konkurrenz unter den Kliniken und damit um Verdrängung vom Markt und Erweiterung der Profitmöglichkeiten. Dieses System wird nicht mehr in erster Linie dem Wohle der Menschen verpflichtet sein.

Die massiv expandierenden privaten Klinikkonzerne wie Rhön, Fresenius/Helios oder Sana belegen dies in ihren Geschäftsberichten: Strategische Kennziffern der Gewinnaussichten für Anleger sind eine möglichst niedrige durchschnittliche Verweildauer, hohe Fallzahlen und ein günstiger CaseMix. Tarifbindungen sind diesen Konzernen ein Hindernis, das abgeschafft gehört.

Wenn der Berliner Senat die Kliniken von Vivantes oder der Charité auf den Markt werfen möchte, stehen diese privaten Konzerne in den Startlöchern. Wenn keinerlei Tarifbindung besteht, wofür SPD und PDS/Linkspartei an der Charité gesorgt haben, um so besser für die Investoren.

Der rot-rote Senat in Berlin betreibt diese Politik unter der vorgeblichen Zielsetzung den Berliner Haushalt ausgleichen zu wollen. Deshalb wurden auch Wohnungsbaugesellschaften wie die GSW verkauft und deshalb sind auch andere Unternehmen der sozialen Infrastruktur wie die BVG oder die Krankenhäuser in Gefahr.

Diese Haushaltspolitik ist jedoch ein Faß ohne Boden, sie verschärft die Situation eher als dass sie zu einer Lösung führen könnte, u.a. weil soziale Folgekosten keinerlei Berücksichtigung finden.

Verkauft werden natürlich nur jene Betriebe, die Gewinne machen. Diese Einnahmen aus kommunalen Betrieben werden dem Berliner Haushalt entzogen, wie wir es bei den Wasserbetrieben oder der Gasag seit einigen Jahren erleben.

Durch die Politik des Bundes verringert sich zudem das Steueraufkommen.

Vor diesem Hintergrund könnten SPD und Linkspartei - ohne erkennbare Opposition im Abgeordnetenhaus - die gesamte soziale Infrastruktur des Landes verkaufen und der Haushalt sähe trotzdem nicht viel besser aus.

Besser sehen allein die Bilanzen der großen Konzerne aus. Sie kaufen unsere Wohnungen, unser Wasser und bald vielleicht auch noch unsere Kliniken, um ihre Profite zu steigern.

Wir sagen: Schluß damit!
Berlin ist unverkäuflich!
Die Charité ist unverkäuflich!

Besonders schlecht zu verkaufen sind die kommunalen Unternehmen, wenn sich massiver Widerstand regt.

Deshalb sind wir hier und zeigen als Bürgerbündnis unsere Solidarität mit dem Warnstreik aber auch allen anderen Kampfmaßnahmen, für die ihr euch entscheiden werdet.


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