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Updated: 18.12.2012 15:51
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Wie weiter im Allianz-Konzern?

Ein Strategievorschlag - Bernd Riexinger und Frank Fassin*

Der folgende Beitrag zur Frage, wie nach den von den Allianz-Betriebsräten abgeschlossenen Interessenausgleichen mit dem nach wie vor angekündigten Abbau von 5000 Beschäftigten gewerkschaftspolitisch verfahren werden soll, ist nicht nur für ver.di relevant: Die Tendenz, Auseinandersetzungen um Arbeitsbedingungen von den Betriebsräten einzelner Unternehmen oder auch Konzerne »lösen« zu lassen, bedeutet unter gegebenen arbeitsrechtlichen Vorzeichen zugleich den Verzicht auf das Mittel des Streiks. Wie will bspw. die IG Metall diese Form der Arbeitskampffähigkeit erhalten oder gar entwickeln, wenn nicht unmaßgebliche Strömungen in ihr ihre Hoffnungen gerade auf diese zunehmende Verbetrieblichung richten?

Wir dokumentieren im Anschluss an den Bericht über den Allianz-Arbeitskampf von Bernd Riexinger einen Vorschlag, wie mit dem Problem der Entfremdung und Verselbstständigung von Betriebsräten und Gewerkschaft umgegangen werden könnte:

Nach mehreren Diskussionen mit unseren ehrenamtlichen Aktiven schlagen wir folgende weitere Vorgehensweise vor:

  1. Das Verhandlungsergebnis ist bei den Belegschaften durchaus nicht auf Jubel gestoßen. Einerseits wird der längere Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen und der Erhalt der Standorte in Köln und Dortmund als Erfolg gesehen, andererseits realisieren die Beschäftigten genau, dass viele unserer Ziele nicht erreicht wurden. Dazu gehört insbesondere, dass die Konzernleitung am beschlossenen Abbau von mehr als 5000 Stellen festhält. Genau dieser Punkt hat aber am meisten Empörung ausgelöst. Unbefriedigend ist, dass die Verlagerung von Arbeit auf andere Standorte beibehalten und betriebsbedingte Änderungskündigungen nicht ausgeschlossen werden. Eine wichtige Forderung von uns war, die Übernahme der Auszubildenden bzw. eine Perspektive für die junge Generation durchzusetzen. Auch das ist nicht gelungen. Der Erhalt der Standorte Köln und Dortmund ist zwar positiv, trotzdem müssen dort ca. 2/3 der Stellen abgebaut werden. Dauerhaft werden diese Standorte kaum gesichert sein.

    Von daher kann sicherlich darum gestritten werden, ob es sinnvoll war, die Auseinandersetzung um den Arbeitsplatzabbau jetzt schon abzubrechen und ein solches Ergebnis zu akzeptieren. Das war in erster Linie eine Entscheidung auf der Betriebsratsebene. Wir sehen es als Erfolg, dass sich die Konzernleitung überhaupt bewegt hat und die Belegschaften die Erfahrung machen konnten, dass ihr Protest etwas bewirkt hat. Auf diese Erfahrung müssen wir im weiteren Fortgang aufbauen.
  2. Aus den genannten Gründen soll u.E. die Forderung nach einem Konzerntarifvertrag aufrecht erhalten bleiben. Die Haustarifkommission soll nicht aufgelöst werden. ver.di müsste dann das von den Betriebsräten erzielte Verhandlungsergebnis als erfolgreiches Zwischenergebnis darstellen, gleichzeitig die Verhinderung des geplanten Stellenabbaus, die Übernahme der Auszubildenden und die standortorientierte Arbeitsorganisation als wichtige Ziele für einen Konzerntarifvertrag aufrecht erhalten.
  3. In den Vordergrund müsste dabei die Kritik gestellt werden, dass sich die Stellenabbaupläne der Konzernleitung an deren Budgetvorgaben orientieren und nicht an der tatsächlich zu leistenden Arbeit. Wir müssten jedoch von der tatsächlichen Arbeit ausgehen und dabei ständige Bruchstellen wie hohe Arbeitsbelastung trotz Personalabbau, Überstundenanordnung trotz Stellenvernichtung usw. aufgreifen.
  4. Auf Bundesebene sollte es ein Treffen der hauptamtlichen Betreuungssekretäre mit den BetriebsgruppensprecherInnen geben, auf dem die weitere Strategie und vor allen Dingen die Planung der weiteren Aktivitäten besprochen werden.
  5. Wir glauben, dass wir mit dieser Strategie dafür sorgen, dass ver.di in hohem Maße glaubwürdig bleibt. Gleichzeitig ermöglicht uns diese Vorgehensweise auch, die Betriebsräte einzubinden und die gewerkschaftliche Arbeit vor Ort zu stärken. Das Aufrechterhalten der Forderungen nach einem Konzerntarifvertrag und die Beibehaltung der Haustarifkommission würde ein wichtiges Zeichen setzen, dass für ver.di der Konflikt bei Allianz noch nicht zu Ende ist.

Stuttgart/Düsseldorf, 18. Dezember 2006

Bernd Riexinger ist Geschäftsführer des ver.di-Bezirks Stuttgart
Frank Fassin ist Landesfachbereichsleiter Finanzdienstleistungen bei ver.di in NRW

Erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 1/07


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