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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Dienstag, 13. Juli 2010: I.Internationales / Panama 4 Tote, 150 Verletzte: Der Dialog mit den Gewerkschaften Ausnahmezustand in der Bananenprovinz Boca del Toro und auf den Straßen von Panama-Stadt, die Polizei schiesst und tötet im Westen des Landes, Gewerkschaftssekretäre werden in der Hauptstadt gejagt: Weil der Staat Panama für den Kanalverkehr zu sorgen hat, scheint die im letzten Jahr gewählte Regierung Martinelli einen internationalen Freibrief für gewaltsame Repression bekommen zu haben. "Ausnahmezustand" ist ein aktueller Überblick vom 12. Juli 2010. II.Internationales / Pakistan Tarifverhandlung, pakistanische Art: Gewerkschaftsvertreter erschossen Der 35-jährige Mustansar Randhawa war in mehreren Distrikten des Punjab ein gut bekannter Organisator der Beschäftigten in Textilfabriken - etwa 250.000 Kleinbetriebe der Branche gibt es in der Provinz, in denen ungefähr 600.000 ArbeiterInnen beschäftigt sind - mit 10-12 Stundenschichten und unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns. Das Labour Qaumi Movement, von Randhawa mitbegründet war ein relativ neuer, großer und erfolgreicher Versuch die Menschen, die gezwungen sind, unter solchen Bedingungen zu arbeiten, zu organisieren. Am 5. Juli war Streiktag, am selben 5. Juli gab es ein erstes Treffen mit Unternehmensvertretern an dem Randhawa teilnahm, und am Vormittag des folgenden Tages gab es ein Treffen mit Streikenden, um sie über den Stand der Dinge zu informieren - danach, als er zusammen mit seinem Bruder den Ort des Treffens verliess, am 6. Juli gegen Mittag, wurde Mustansar Randhawa auf der Straße von einem unbekannten Mann erschossen - dieser schoss mit einem Gewehr aus einem Auto, das von einem zweiten Mann gefahren wurde - beide Brüder starben am Ort. Die Gegend, in der der Mord stattfand, ist als gefährlich bekannt - und Randhawa hatte verschiedentlich von eindeutigen Drohungen seitens der Unternehmer berichtet. Nach dem Mord setzten die Belegschaften ihren zunächst wegen der Verhandlungen ausgesetzten Streik fort und fordern dabei nun vor allem eine unparteiische Untersuchung des Falles. Die asiatische Menschenrechtskomission hat am 8. Juli 2010 einen "dringenden Appell" veröffentlicht "A trade union leader and his brother are murdered during strike negotiations" (dessen Schilderung der Sachlage wir hiermit zusammengefasst haben), der auch einen Muster-Protestbrief enthält, sowie die verschiedenen Adressen dafür. III.Internationales / USA / Lebens- und Arbeitsbedingungen Über 4 Millionen squatters....... ...Hausbesetzer also, gibt es heute in den USA: Die meisten, und dies ist der Unterschied zu vielen anderen Ländern, sind Menschen, die einfach in ihren Häusern geblieben sind, obwohl sie nach bürgerlichem Gesetz diese zugunsten von Kreditgebern aufgeben müssten. Aber: Warum sollten sie auch? Sie nehmen nur wörtlich, was viele sagen: Sie zahlen nicht für die kapitalistische Krise. a) Dass dieser massive, oft individuelle, immer öfter aber auch organisierte Widerstand "schlecht fürs Geschäft" ist, wurde bereits in dem Artikel "America Is Now Filled With At Least 4.4 Million Squatters" von Vincent Fernando beim Business Insider vom 26. April 2010 festgehalten. b) Die von Zynikern sozial genannte Marktwirtschaft hat in den USA zwischen 2007 und Ende 2009 zu knapp 92,5 Millionen "foreclosures" - zu deutsch: Vertreibung - geführt, wobei der Prozentsatz von (noch) Minderheiten jeweils deutlich über ihrem Anteil an der Gesellschaft liegen. So muss in "Race and Recession: Foreclosure Losses Still Mounting" von Seth Freed Wessler bei Colorlines am 08. Juli 2010 nicht nur von der überdurchschnittlichen Betroffenheit von AfroamerikanerInnen berichtet werden - sondern auch davon, dass die Zahl der Vertreibungen seit Jahresbeginn 2010 weiter anwächst. c) "Wir helfen armen Familien, leere Häuser zu besetzen. Der Name ist Programm: Nehmt das Land zurück! Die Regierung hat mit unseren Steuergeldern die Banken gerettet. Banken, die gleichzeitig massenhaft mit Zwangsvollstreckungen Menschen aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben haben. Wir sagen: »Wie könnt ihr uns enteignen, wenn unsere Steuergelder euch gerettet haben?« Die Banken gehören uns, den Steuerzahlern. Wir haben ein Recht auf unsere Häuser und Wohnungen, und werden sie uns nehmen. Die »Take Back the Land«-Bewegung versucht landesweit, Gruppen zusammenzuführen, die mit zivilem Ungehorsam die Eigentumsverhältnisse für Grundbesitz ändern wollen. Wir wollen das Wohneigentum aus der Marktlogik herauslösen. Ich glaube, daß wir dafür in den USA momentan eine Situation haben, die es so noch nie gegeben hat und die eine einmalige Gelegenheit bietet" - das sagt Rob Robinson von "Take back the land" im Interview "Wir helfen Armen, Häuser zu besetzen" mit Christina Kaindl am 08. Juli 2010 in der jungen welt. d) Wenn in dem vorigen Interview vor allem über Häuser und über New York geredet wird, so geht es in dem Beitrag "Class Struggles in Los Angeles 2010" einer anarchistischen Gruppierung, vom 05. Mai 2010 bei marxmail um einen Mietstop für öffentlich geförderte Wohnungen in Los Angeles, der auf einen massiven Widerstand der Hausbesitzervereinigungen stösst. IV.Internationales / Mosambik Von mutigen Experimenten zu kühnen Behauptungen Jene afrikanischen Staaten, die aus dem besonders langen und besonders heftigen Kampf gegen den portugiesischen Kolonialismus entstanden waren einst auch diejenigen, in denen die mutigsten sozialen Experimente organisiert wurden, um das Leben der breiten Masse der jBevölkerung zu verbessern. Spätestens mit der Wahl von Armando Guebuza zum Präsidenten, im Jahr 2002, sind die mutigen Experimente endgültig kühnen Behauptungen gewichen: Dass beispielsweise eine regierung unter der Führung des reichsten Geschäftsmannes des Landes immer noch in der Kontinuität der Befreiungsbewegung stünde. Die Bilanz dieses Kurswechsels und eine Reihe von Gründen dafür analysiert in "Mozambique: Not Then But Now" John S. Saul in der Ausgabe Juli 2010 des e-zines von anfricafiles. V.Internationales / Südafrika / Armut und Umwelt Der Prozeß gegen die "Kennedy 12" ist verschoben worden, die Angeklagten werden vorläufig freigelassen Gestern begann der Prozess gegen die Kennedy 12 - eine Folge des Überfalls von ANC Schlägertruppen im September 2009 auf selbstorganisierte shackdwellers, und der Tatsache, dass die Menschen sich gegen diesen Überfall zur Wehr setzten. Zu dem Prozessbeginn vor dem Durban High Court die Pressemitteilung "The Kennedy 12 Go To Trial Today" von Abahlali baseMjondolo vom 12. Juli 2010. Zum Ergebnis des ersten Prozesstages - Verschiebung auf November 2010 und - endlich - die einstweilige Freilassung der Angeklagten, siehe die Pressemitteilung "The Kennedy 12 Case Postponed Until 29 November - the Five Jailed Comrades to be Released Tomorrow" , ebenfalls vom 12. Juli 2010, einige Stunden später, eben nach der Sitzung des Gerichts, bei der es Hunderte von Zuschauern und grosse Medienpräsenz gab. VI.Internationales / Italien Presseknebelprotest "Journalisten und ihren Verbände protestieren gegen ein von der Berlusconi-Regierung geplantes Abhör- und Mediengesetz, das als Knebelgesetz bezeichnet wird Am 9. Juli sind in Italien viele Zeitungen, darunter der Corriere della Sera , L'espresso und La Stampa , nicht erschienen. Der Grund ist ein Protesttag von Journalisten und ihren Verbänden gegen ein von der Berlusconi-Regierung geplantes Abhör- und Mediengesetz" - so beginnt der Artikel "Tag des journalistischen Schweigens in Italien" von Peter Nowak am 09. Juli 2010 bei telepolis. VII.Internationales / Türkei / Arbeitskämpfe Solidaritätsdemonstration mit Tümtis in Istanbul - gegen den Antigewerkschaftskurs von UPS "Mit einer Großdemonstration will die Verwaltungsstelle Istanbul des größten türkischen Gewerkschaftsbundes Türk-Is am heutigen Dienstag Solidarität mit den seit rund zwei Monaten im Streik stehenden Beschäftigten des Transportunternehmens UPS in der Türkei zeigen. Erwartet werden mehrere tausend Mitglieder insbesondere der kämpferischen Einzelgewerkschaften des ansonsten eher staatsnahen Türk-Is. Mobilisiert haben unter anderem die Transportarbeitergewerkschaft Tümtis, die Lebensmittelarbeitergewerkschaft Tekgida-Is und die Lederarbeitergewerkschaft Deri-Is. Aus Deutschland sind UPS-Betriebsräte sowie Vertreter der Gewerkschaften ver.di und NGG nach Istanbul gereist, um internationale Solidarität zu demonstrieren" - so beginnt der aktuelle Bericht "Wildwest bei UPS" von Nick Brauns vom 13. Juli 2010 in der jungen welt. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |