Liebe KollegInnen,
neu im LabourNet Germany am Dienstag, 21.
September 2004:
I. Diskussion: (Lohn)Arbeit / Praxis der
Sozialpolitik / Alg II: "Zusammenführung" von Arbeitslosen-
und Sozialhilfe / Niedrigstlöhne
- Annahme eines Ein-Euro-Jobs ab Oktober doch nicht freiwillig.
„Entgegen anders lautender Ankündigungen sollen Erwerbslose
schon ab Oktober zur Annahme eines Ein-Euro-Jobs gezwungen werden können.
(…) Etwa 50.000 Bezieher von Arbeitslosenhilfe sollen im Vorgriff
auf die umstrittene Arbeitsmarktreform Hartz IV schon in diesem Herbst
mit Hilfe gemeinnütziger Arbeit etwa bei Kommunen, Kirchen oder
Wohlfahrtsverbänden beschäftigt werden. Zwar gilt die Annahme
einer solchen Arbeitsgelegenheit bis Ende des Jahres offiziell noch
als freiwillig, doch wer das Angebot ablehnt, muss mit anderweitigen
Druckmitteln der Arbeitsagentur rechnen. (…)„Es sollten
in diesen Fällen Trainingsmaßnahmen zur Überprüfung
der Arbeitswilligkeit angeboten werden“, heißt es in dem
Papier…“ ver.di
Newsticker vom 18.09.2004
- Frankfurt/M.: „Arbeitsgelegenheiten“ in Arbeitsuniformen?
Am 01. 09. 2004 stellte die SPD-Fraktion im Magistrat der Stadt Frankfurt
einen Antrag (letzte Aktualisierung am 15.09.), in dem sie ein Konzept
für die neuen "Arbeitsgelegenheiten" (Ein-Euro-Jobs)
im kommunalen Bereich fordert, und dabei vor allem eine "einheitliche
Kleidung" befürwortet. Gleichzeitig macht sie Vorschläge,
in welchen Bereichen diese Leute eingesetzt werden könnten. In
der FR war dazu folgerichtig von "einheitlichen Uniformen"
gesprochen worden (FR 15.09.04). Wir
dokumentieren den Antrag
- „Gemeinwohlarbeit“ - ein Modell für Essen
Auch in Essen denken die verantwortlichen Träger verstärkt
über die kommunale Nutzung der Ein-Euro-Jobs nach. Auch wenn sich
ein „Netzwerk der GemeinWohlArbeit für Essen“ (GWA)
erst in der Entwurfsphase befindet, lädt die Arbeitsagentur mit
ordentlicher Ladung samt Rechtshelfbelehrung in das Gebäude des
Essener Diakonischen Werkes ein. So wurden am 10.09.2004 akademisch
vorgebildete Personen unterschiedlichster Professionen darüber
informiert, dass es sich um Arbeitsgelegenheiten für 1,25 Euro,
mit einem Umfang zwischen 15-25 Stunden und einem zeitlich befristeten
Rahmen vom 01.10.2004 - 30.06.2005 handele – mit dem Verweis darauf,
dass es ab 2005 auch bis zu 42,5 Std. werden könnten. Die TeilnehmerInnen
wurden zudem informiert, dass es sich zur Zeit um eine freiwillige Teilnahme
handele, man könne jetzt noch wählen, später sei dies
aber nicht mehr möglich..... Ein MA der Arbeitsagentur wies zudem
darauf hin, dass es sich um "staatlich alimentierte Leistungen"
handele und "es gehe gar nicht um die Höhe der Leistung, es
gehe um Umorientierung"... Wir dokumentieren die
Projektskizze GemeinWohlArbeit der Diakonie Essen vom 29.6.04
und verweisen insbesondere auf den „Ideensammler“ für
die grosse Anzahl der geplanten Einsatzfelder
Aus dem Text und dem Kapitel Leistungsanreize : „… GWA-Kräfte
erhalten keine Arbeitsverträge und damit keine daraus resultierenden
Ansprüche auf Entlohnung ihrer Tätigkeit. Nach dem Grundsatz
„Leistung muss sich lohnen“ konnten in der Vergangenheit
bei Maßnahmen, die keine arbeitsvertragliche Bindung vorsahen,
mit der Erstattung von Fahrtkosten und der Auszahlung von Mehraufwandsentschädigungen
zu den bestehenden finanziellen Leistungsansprüchen bei gleichzeitiger
Freiwilligkeit zur Maßnahmeteilnahme, gute Erfahrungen gemacht
werden. Vergleichbare Leistungsanreize sollten daher für Gemeinwohlarbeit
nach dem Prinzip „Fördern und Fordern“ ebenfalls in
Betracht gezogen werden….“
- Gemein und gar nicht nützlich. Mit den 1-Euro-Jobs droht eine
massive Ausweitung von Pflichtarbeit. Artikel
von Gaby Gottwald und Wolfgang Völker in ak
- analyse + kritik - Zeitung für linke Debatte und Praxis vom 17.09.2004
- Der Segen des Dumpingjobs. Wohlfahrtsverbände schaffen Ein-Euro-Jobs.
Alte Menschen, die auf Pflege angewiesen sind, müssen sich bald
auf den Pflichtdienst von Billigarbeitern einstellen. Artikel
von Heike Ulatowski in Freitag vom 17.09.2004
- Städte als willige Nutznießer des Sozialraubs. Moderner
Arbeitsdienst - Führungsetagen der Kommunen haben eine Menge Ideen
zum Gebrauch der Ein-Euro-Jobber. Artikel
von Ulrich Sander
II. Diskussion: (Lohn)Arbeit / Praxis der
Sozialpolitik / Arbeitsamt
und Arbeitszwang
a) Alltägliche Schikanen / Die
neue Waffe der Arbeitsagenturen: Sperren
Bestandspflege der Arbeitsagenturen. Mit immer neuen Tricks
wird der Bezug staatlicher Leistungen beschränkt
Die Arbeitsämter haben Erfahrung damit, wie man Arbeitslosenhilfe-Bezieher
mit Säumnis- und Sperrzeiten schikanieren kann. Artikel
von Harald Rein in ND 20.09.04
b) "Lohnwucher"
auf dem Arbeitsamt
Existenzsicherung durch Hilfe bei AlgII-Anträgen?
Nach Informationen eines Lesers unterbreitet die AA Berlin
momentan ein Stellenangebot der Fa BEQUIT GmbH, Beschäftigungs- und
Qualifizierungsgesellschaft in Tempelhof mbH, gefördert durch die
Arbeitsämter Berlin Süd und Berlin Südwest, die Berliner
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen etc. Gesucht wird
eine Bürokraft in Vollzeit, die eine Fremdsprache fließend
spricht, zur Mithilfe beim Ausfüllen der HARTZ IV-Anträge. Gehalt:
1100 Euro Brutto !!! Die Firma BEQUIT arbeitet in Berlin eng mit dem AA
zusammen und stellt sich in
ihrem Internet-Auftritt
wie folgt vor: „Unser Leitbild orientiert sich am Begriff der Arbeit
in unserer Gesellschaft. Arbeit dient dazu, die materielle Existenz, die
individuelle Entfaltung der Persönlichkeit, die soziale Beteiligung
und die soziale Stellung des Einzelnen in der Gesellschaft zu sichern.“
III. Diskussion: (Lohn)Arbeit / Praxis der
Sozialpolitik / Mindestlohn
- 'Gesetzliche Mindestlöhne sind nicht beschäftigungsfeindlich'
Vollzeitbeschäftigung muss Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
ermöglichen
„Als Folge von Hartz IV und den verschärften Zumutbarkeitsregeln
droht den Löhnen in Deutschland eine Abwärtsspirale. Gesetzliche
Mindestlöhne könnten gegensteuern, meint der Wirtschaftswissenschaftler
Ronald Schettkat. In einem Gespräch mit verdi.de erläutert
der Professor an der Bergischen Universität Wuppertal die Erfahrungen,
die zum Beispiel die USA oder Großbritannien mit gesetzlichen
Mindestlöhnen gemacht haben. Er erklärt auch, welches Niveau
gesetzliche Mindestlöhne in Deutschland haben müssen….“
Interview
von Jana Bender vom 16. September 2004 bei ver.di
- Frauen-Einkommen nicht mehr existenzsichernd? Dagmar Fries ist Landesfrauensekretärin
der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in Bayern. jW fragte sie. Interview
von Claudia Wangerin in junge Welt vom18.09.2004
IV. Diskussion: (Lohn)Arbeit / Sozialpolitische
Aktionen und Proteste / Debatte der Protestformen / Arbeitnehmerbegehren
»Keine andere Politik«. »Arbeitnehmerbegehren«
der IG Metall verwässert vorherige Positionen
Ein Gespräch mit Rainer Roth, Professor für Sozialwissenschaft
an der Fachhochschule Frankfurt/Main und aktiv im Rhein-Main-Bündnis
gegen Sozialabbau und Billiglöhne. Interview
in junge Welt vom 21.09.2004
V. Internationales: Israel
A nation at a standstill (Generalstreik am heutigen 21.9.04)
“As of this morning, airports, trains, ports, government
offices, banks, municipalities, to name a few, are shut down in protest
of non-payment of municipal and religious council workers. As of this
morning, airports, trains, ports, government offices, banks, local municipalities,
to name a few, are shut down in protest of non-payment of local workers.”
Artikel
von Gil Horev in Maariv international vom 21.9.04
über den schon mehrfach angekündigten, heute stattfindenden
Streik im Öffentlichen Dienst in den seit längerem laufenden
Auseinandersetzungen um die geplanten Einschnitte in dem Budget 2005 zugunsten
des Verteidigungshaushaltes. Viele öffentliche Beschäftigte
haben schon jetzt unregelmässige oder keine Gehälter bekommen.
Zum Hintergrund siehe "Rich Nation, Poor Nation. Budget battle amid
rising hardship for Israelis." Artikel
von Stewart Ain in The Jewish Week vom 13.8.04
VI. Internationales: Italien
Italienisch für Erwerbslose
Interview
mit einer Erwerbslosenintiative aus Neapel, erschienen in direkte
aktion Nr. 165 vom September/Oktober 2004. Das Interview führten:
Isabelle und Rudy, Übersetzung: Sylvie Chauvet und Matthias Seiffert
– Dank an die Redaktion!
VII. Internationales: Schweiz
Gesamtschweizerischer Aktionstag am 23. September: Alle
gemeinsam gegen den Kahlschlag! Aufruf
und Hintergründe bei indymedia schweiz .
Siehe auch: Breites Bündnis gegen Sozialkahlschlag. Streik- und Aktionstag
in der Schweiz geplant. »Montagsdemonstrationen« im Gespräch.
„In der Schweiz findet am 23. September ein landesweiter Streik-
und Aktionstag gegen Sozialkahlschlag statt. Aufgerufen dazu hat eine
Allianz von 17 Gewerkschaften, Berufsverbänden und politischen Organisationen.
Das Aktionsbündnis zählt derzeit 330 000 Mitglieder. Doris Schüepp,
Generalsekretärin der Gewerkschaft für den Service Public (vpod),
bezeichnet die Breite des Bündnisses als »historisch«.
Geplant sind Demonstrationen und Kundgebungen u.a. in Basel, Bern, Baden,
Chur, Genf, Lausanne und Zürich. In den Kantonen Waadt und Genf werden
mehrtägige Streiks erwartet; »Protestpausen« sind in
Bern und in Kliniken des Kanton Jura geplant….“ Artikel
von Peter Dzikowski in junge Welt vom 17.09.2004
Lieber Gruss, Mag
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and
unwaged
Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes,
qu`ils aient ou non un emploi
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