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Updated: 18.12.2012 15:51 |
4 Jahre Betriebsrat im Markt der Einschüchterung - 4 Jahre Horrortrip Erlebnisbericht eines Metro-Mitarbeiters (Name der Redaktion des LabourNet Germany bekannt) VI. 2005/2006: Wertvolle Erfahrungen auf dem Weg aus dem Betriebsrat 1. Gesundheitspolizei Eines Tages kam ein vom Geschäftsleiter beauftragter Betriebsleiter in den Betriebsrat und stellte ein neues Gesundheitsprogramm, wie er es nannte, vor [Das "Konzept zur Gesundheitsförderung" liegt der Redaktion des LabourNet Germany vor]. Und das hatte es in sich. Es wurde als "Präventivmaßnahmen zur Senkung des Krankenstandes" bekannt gegeben. Da hieß es u.a., dass bei der Einstellung neuer Mitarbeiter der Aspekt der körperlich schweren Arbeit stärker berücksichtigt werden solle und ob der Bewerber den physischen und psychischen Ansprüchen des Arbeitsplatzes gerecht werden könne. Das Konzept beinhaltet auch das Benchmarking Krankenstand also die Entwicklung des Krankenstandes im Vergleich mit anderen Märkten. Es sollte also schon bei den Bewerbern eine Art Auslese erfolgen und vermeintlich schwächere Bewerber sollten nicht mehr eingestellt werden. Auf meine Frage, wie das denn festgestellt werden sollte, bekam ich zur Antwort, an der körperlichen Konstitution könne man ja sehen, ob jemand für die Tätigkeit hier geeignet wäre oder nicht. Durch die Gespräche, die mit den Bewerbern geführt würden, könne dann auch erkannt werden, ob die Bewerber den psychischen Ansprüchen hier gerecht würden. Für mich stand da eigentlich schon fest, dass ich so einem Schwachsinn nicht zustimmen würde. Es kam aber in diesem Papier noch schlimmer: So sollten sich Langzeit-Kranke, laut diesen Papiers also Mitarbeiter, die länger als vier Wochen krank waren, zu so genannten Fehlzeitengesprächen beim Betriebsleiter melden, z.B. wenn die Krankheitsursache unklar wäre oder Auffälligkeiten im Fehlzeitenverhalten der Mitarbeiter vorliegen würden. Ziel sei eine Klärung der Ursache; es sollten Auswirkungen der Fehlzeiten erläutert und Konsequenzen aufgezeigt werden, wenn sich das Fehlzeitenverhalten nicht bessere. Und als letzte Konsequenz wird dann ein Geschäftsleiter-Gespräch gefordert, wobei auch ein Betriebsratsmitglied an diesem Gespräch teilnehmen solle. Das "Tribunal" war natürlich begeistert von diesem Programm. So könne man endlich die Leute im Betrieb unter Kontrolle bringen, die sich ihrer Ansicht nach auf Kosten der Allgemeinheit ausruhen. Denn es gebe, nach Ansicht der "Tribunalleute", eine Menge "Parasiten" im Betrieb, die sich auf Kosten der anderen im Betrieb mal schnell ein Attest vom Arzt besorgen würden. Es gebe auch Leute, die würden montags regelmäßig zum Arzt gehen. Auch mit denen könne dann ein Gespräch erfolgen und so wäre man in der Statistik ja um einiges runter vom jetzigen Krankenstand. Ich lehnte diese Art von Gesundheitspolizei ab und erläuterte noch einmal meine Meinung, dass es niemanden im Betrieb etwas angeht, welche Krankheit ich hatte, wenn ich längerfristig krank war. Ich fand auch, es sei eine Unterstellung, Leute als Blaumacher zu bezeichnen, die ein ärztliches Attest vorlegten. Es wurde dann diskutiert und es sollten andere Märkte und auch der Gesamtbetriebsrat dazu befragt werden, ob es denn schon irgendwo so ein Papier als Betriebsvereinbarung gebe. Das war jedoch nicht der Fall und da DIE wohl nicht auch hier schon wieder eine Art Vorreiterrolle spielen wollten, wurde dieses Papier erst mal wieder auf die Seite gelegt mit den Worten: "Dann dauert es halt noch ein paar Monate, bis wir dieses Papier als Betriebsvereinbarung machen können". So haben wir hier zumindest vorerst diesen Schwachsinn verhindern können. Ob das Papier später durchkommt, hängt davon ab, wie sich die neuen Kräfteverhältnisse im Gesamtbetriebsrat nach den Wahlen darstellen werden. Da hier weiterhin die reaktionären Kräfte die Mehrheit haben, kann es eigentlich nur der Gesamtbetriebsrat verhindern. Oder mutige Leute, die vor dem Arbeitsgericht dagegen Klagen, denn wenn so etwas um sich greift, dann würde das heißen, dass die Leute noch mehr verängstigt wären und halbtot zur Arbeit kämen, um dem Psychoterror eines Rückkehrgespräches aus dem Weg zu gehen. Dann hätten wir eine Gesundheitspolizei, die, je nachdem, wer krank ist, bestimmen kann, wer denn nun angeblich simuliert oder wer wirklich krank ist. Der Willkür, die ja hier sowieso tagtäglich praktiziert wird, würde noch mehr Tür und Tor geöffnet. Aber so, wie es aussieht, wird dieser Schwachsinn demnächst auch noch eingeführt werden. 2. "Tribunal"-Alltag Teil 5 Eines Tages wollten wir einen Krankenbesuch bei einer Kollegin machen. Da es hier üblich war, dass zu Krankenbesuchen Sekt mitgenommen wurde, nahmen wir Sekt mit. Einige Tage später mussten wir uns anhören, dass wir das nicht hätten machen dürfen. Die Kollegin sei krank und da sei es nicht gestattet, Sekt mitzunehmen. Also legten wir die Kohle für den Sekt zusammen und somit war die Kollegin die einzige, bei der es nicht gestattet war, Sekt mitzunehmen. Bei allen Krankenbesuchen, die bisher bei Langzeitkranken gemacht worden waren, war die Kollegin die erste, bei der das moniert wurde. Das Problem, das das "Tribunal" mit ihr hatte, war, dass sie ebenfalls offensiv gegen die hier stattfindenden Willkürmaßnahmen agiert hatte. Sie hatte z.B. der Vorsitzenden vorgeworfen, diese sei ein verlängerter Arm der Geschäftsleitung. Solange Leute wie sie in der Gewerkschaft Positionen hätten, würde sie nicht in so einen Bonzenverein eintreten. Zum Betriebsrat hier würde sie eh nicht gehen, wenn sie einmal ein Problem hätte, sondern gleich zum Anwalt. Und so wollten DIE sich auf diese fiese Tour an ihr rächen bzw. uns Ärger machen. Dann gab es wegen mir wieder Diskussionen im "Tribunal". Diesmal ging es darum, dass ich und andere angeblich die Vorsitzende und einen "Tribunaltyp" angerufen und bedroht haben sollen. Da fing dieser "Tribunaltyp"noch an, er hätte ein Gespräch zwischen mir und einer Kollegin belauscht, in dem wir gesagt hätten, dass er und die Vorsitzende sowieso nur Lakaien des Geschäftsleiters wären. Außerdem hätte ich in diesem Gespräch gesagt, dass das "Tribunal" weg müsse, also alle mit der Vorsitzenden an der Spitze. Ich war kurz vor der Explosion, als ich schon wieder hören musste, dass meine Gespräche belauscht worden waren und dass ein Telefongespräch Thema einer Betriebsratssitzung war. Also erwiderte ich, wenn sie denn ein Problem mit mir hätten, wäre ich gerne bereit, das mit ihm unter vier Augen zu diskutieren bzw. mich mit ihm irgendwo außerhalb des Marktes zu treffen. Da fragte der "Tribunaltyp" - feige wie er war - ob das hieße, dass ich ihn schlagen wolle und stellte zusammen mit der Vorsitzenden den Antrag, mich aus dem Betriebsrat auszuschließen, weil ich die Arbeit des Betriebsrates behindere. Ich beantragte, den Antrag abzuweisen da es sich hierbei nicht um Betriebsratsangelegenheiten handele. Natürlich wurde der Antrag mit deren Stimmenmehrheit angenommen und somit wurde festgelegt, das Thema auf einer der nächsten Sitzungen zu behandeln. Da ich nicht viel Ahnung über die rechtliche Seite solcher Ausschlussanträge hatte, fragte ich bei ver.di nach. Die sagten mir, dass es eines Antrags beim Arbeitsgericht bedarf, bevor ein Betriebsratsmitglied ausgeschlossen werden kann. Wegen Meinungsverschiedenheiten, wie es hier der Fall sei, brauchte ich mir keine Gedanken zu machen. Das bedeutete, DIE spielten "Menschenschach" mit mir und dachten, sie könnten mit solcher Art von Psychoterror meinen Willen brechen. Aber - und das war für mich entscheidend - ich hatte jetzt auch außerhalb des Betriebes Leute bei ver.di, die mich unterstützten. So kam es dann noch zu einer Art Aussprache, bei der nochmals die Positionen dargelegt wurden. Als ich auf die rechtliche Seite aufmerksam machte, da wussten Die, dass sie jetzt nicht weiter gehen konnten. Und plötzlich hieß es, was die belauschten Gespräche von mir angeht, das sei gehört worden, weil ich so laut geredet hätte, auch das Telefongespräch war dann nur noch eine Art Meinungsaustausch. So wurde die ganze Angelegenheit als Missverständnis abgetan. Meine Kollegin im Betriebsrat ließ noch die ganzen Vorfälle protokollieren mit dem Zusatz, dass, sollten weiterhin Gespräche von mir oder anderen belauscht bzw. Leute wegen angeblicher Äußerungen von mir befragt werden, dann beim Gericht ein Antrag auf Unterlassung fällig würde. Diesmal merkten DIE, dass sie nicht mehr soweit gehen konnten wie die ganze Zeit vorher. Schon bei der einen Kollegin, als der Geschäftsleiter von ver.di den Brief bekam, merkten DIE, dass die ganzen Willkürmaßnahmen diesmal nicht wie bei der zuständigen ver.di unter den Tisch gekehrt wurden, sondern zur Sprache kamen. Dadurch waren sie, zusammen mit dem Geschäftsleiter, ziemlich verunsichert, was ich an ihren zum Teil jetzt doch sehr aggressiven Reaktionen merkte. Es lagen jetzt öfter Papierreste in meiner Nähe und der Betriebsleiter war dann auch immer da und forderte mich auf, die Reste aufzuheben. Manchmal wartete er auch, bis ich in seine Nähe kam, um mich dann aufzufordern, den zufällig in seiner Nähe liegenden Gegenstand aufzuheben. Aber ich ließ mich zu keiner Reaktion hinreißen. Auch wurde ich mal wieder in einen anderen Bereich verlegt, aber auch das war ich ja schon gewohnt, das ich als einziger eine Art AVD [Arschloch vom Dienst für Tätigkeiten, die keiner gern macht] oder ZBV [zur besonderen Verwendung, ein Springer für alle Bereiche, wo gerade Personal fehlt] war. Im Betriebsrat gingi vom "Tribunal" in Altersteilzeit. Auch das war ein Privileg, das in der Regel nur den Vorgesetzten und den "Tribunalleuten" zustand. Die haben alle ihre Anträge genehmigt bekommen. Den Leuten, die tagtäglich ihre Knochen hinhalten, bei dem täglichen Arbeitsstress, dem sie ausgesetzt sind, die bekamen fast alle ablehnende Bescheide und müssen weiter arbeiten bis zum Umfallen. Also gingen die beiden "Tribunalleute" in Altersteilzeit, kamen aber weiter zu den Sitzungen und stimmten auch weiter mit ab. Auf Anfrage einer Betriebsratskollegin, ob die denn noch berechtigt seien, an den Sitzungen teilzunehmen, hieß es lapidar, natürlich können sie die drei Jahre, die sie noch in Altersteilzeit sind, teilnehmen. Wir glaubten, dass es so auch seine Richtigkeit hatte, bis unsere Betriebsratskollegin den ver.di-Sekretär befragte, ob es denn richtig sei, dass jemand in der Altersteilzeit weiter an den Betriebsratssitzungen teilnehme und wohl auch die Betriebsratskohle mitkassiere. Da kam zu unser aller Überraschung heraus, dass die "Tribunaltypen" gar nicht mehr hätten teilnehmen dürfen und dass somit alle Sitzungen öffentlich und alle Beschlüsse, die in ihrer Anwesenheit gemacht wurden, ungültig seien. Das "Tribunal" hatte hier auch wieder mal eigenständig alle gesetzlichen Regelungen außer Acht gelassen. Wir vereinbarten, bis zu den Wahlen, die ja bald anstanden, nichts zu unternehmen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass alle Beschlüsse, bei denen die beiden da waren, vor dem Arbeitsgericht angefochten werden können. Das "Tribunal" scherte sich ohnehin nicht um irgendwelche Gesetze, wenn es um seine Leute ging. Der eine ging öfter mal von einer Betriebsratssitzung zu einer Sitzung mit dem Geschäftsleiter. Auch die Vorsitzende bzw. alle aus dem "Tribunal", die leitende Funktionen im Markt hatten - und das waren ja die meisten von denen - gingen öfter während der Betriebsratssitzungen zu Terminen mit der Geschäftsleitung. Auch die eine vom "Tribunal", die nicht umsonst den Namen "Verräterin". Jeder, von dem sie bei ihren täglichen Rundgängen aufschnappte, wie er sich negativ über die Fabrik äußerte, der/die konnte sich auf ein Gespräch beim Betriebsleiter einstellen. "Verräterin" wurde sie deshalb genannt, weil, wenn du sie nicht näher kennst, du meinst, sie sei total in Ordnung und auf deiner Seite. Sie ist ein wichtiger Punkt im Spitzelsystem des Geschäftsleiters, denn sie ist eigentlich von ihrer Abteilung freigestellt (sie steht also da auf dem Papier und bekommt natürlich richtig dicke Kohle) und kann sich dadurch überall im Markt frei bewegen wie sie gerade will, ohne dass da ein Betriebsleiter was sagen würde. Sie hat dann so eine richtig kollegiale Art an sich, nimmt dich in den Arm, wenn du mal wieder ein Problem mit dem Betriebsleiter hattest. Du schüttest dein Herz aus, weil du denkst, die sei doch voll auf deiner Seite, und im nächsten Moment, wenn sich die Gelegenheit bietet, ist die beim Betriebsleiter und berichtet dem dann über das Gespräch. Hast du dich negativ geäußert, dann hast du jetzt richtig Probleme, denn du stehst jetzt unter ständiger Beobachtung. So war das z.B. bei einem Kollegen, der bei ihr war und sich wegen des Umgangstons des Betriebsleiter beschwerte, er wurde drei Tage später zu einen Gespräch bei ihm gebeten, bei dem ihm klar gemacht wurde, dass wenn er weiter Unruhe in der Belegschaft bringen würde, dann müsse er damit rechnen, dass er nicht mehr lange hier wäre. Oder der Nerventerror, den die "Verräterin" einem anderen Kollegen angetan hat: Der Kollege hatte Ware herausgegeben, die erst am Wochenende hätte herausgegeben werden sollen. Er hatte es schon paar Tage vorher getan und so bekam er dann jede Menge Ärger: eine Abmahnung und dann wollte sich die "Verräterin" noch profilieren und sagte dem Kollegen, er müsse jetzt damit rechnen, von Food nach Nonfood versetzt zu werden. Aber sie, die "Verräterin", wolle noch mal mit dem Betriebsleiter reden. Der Kollege kam fix und fertig zu mir und berichtete mir von dem Vorfall. Ich sagte ihm, er solle sich nicht fertig machen lassen; wenn eine Versetzung geplant sei, dann müssten DIE das begründen. Also ging ich zu meiner Kollegin vom Betriebsrat und bat sie, mit mir die "Verräterin" aufzusuchen und zu fragen. Als wir die dann trafen, tat die erst mal überrascht, dass wir jetzt auch noch informiert wären, wen der Kollege denn noch alles vom Betriebsrat informieren würde. Als ich sie dann fragte, was es denn mit der Versetzung auf sich hätte, antwortete die eiskalt, es wäre natürlich keine Versetzung im Gespräch, aber damit der Kollege so etwas nicht mehr mache, müsse ihm ein bisschen Angst gemacht werden. Wir forderten sie auf, das sofort zu unterlassen und dem Kollegen, der sowieso schon total fertig war, mitzuteilen, dass er in der Abteilung bleiben könne. Ich ging dennoch vorsichtshalber gleich nach dem Gespräch zu diesem Kollegen und teilte ihm mit, dass er wegen dieser Sache nicht versetzt werden könne. 3. "Sozialpartnerschaftliche" Eingruppierungen Dann kamen Leute zu uns, die falsch eingruppiert waren. Wir diskutierten im Betriebsrat wochenlang darüber, dass die zu niedrig eingruppiert waren, aber die meisten interessierte nur, wie eine für den Geschäftsleiter gute Lösung gefunden werden konnte. Es war immer ätzender zu sehen, wie die Verhandlungen mit der Betriebsleitung in die in die Länge gezogen wurden, mit Begründungen wie, es müsse noch mal überprüft werden, in welchem Umfang diese Tätigkeiten vollzogen würden. Die "Verräterin" machte natürlich bei den Gesprächen mit der Betriebsleitung noch den Vorschlag, dass, wenn evtl. eine Zulage oder Höhergruppierung erfolgen sollte, der Betriebsleiter dann einen neuen Vertrag machen müsse, damit die, wenn sie in eine andere Abteilung kommen, nicht dasselbe Geld bekommen wie im jetzigen Arbeitsbereich. Da musste ich wieder mal an mich halten, um meinem Zorn über diese Art von Betriebsratsarbeit nicht freien Lauf zu lassen. Ein Ergebnis ist, soweit ich informiert bin, bis jetzt noch nicht erreicht worden. Da ich in dieser Art Verhandlungen keinen Sinn mehr sah, machte ich den Leuten den Vorschlag, dass sie ihr Geld am besten einklagen sollten. Das kam dann auch der "Verräterin" zu Ohren und auf der Betriebsratssitzung gab es dann eine Auseinandersetzung darüber: Ich würde die Leute aufhetzen zu klagen, "und wenn hier jemand klagt", sagte dann das "Tribunal", "dann ist diese Person nicht mehr lange hier. Sie gefährden den Arbeitsplatz dieser Leute." Und außerdem", warf dann noch ein "Tribunaltyp" ein, "haben die Leute ja wegen Ihnen noch nicht mehr Geld bekommen", da auch dem Geschäftsleiter bekannt sei, dass ich bei den Gesprächen mit dem Betriebsleiter immer auf Konfrontation aus gewesen sei, indem ich immer wieder eine Höhergruppierung gefordert hätte. Man müsse in der heutigen Zeit auch damit leben können, wenn man ein paar Euro weniger verdiene als im Tarifvertrag festgelegt sei. Also war ich schuld, dass die Leute nicht mehr Geld bekamen. Das wurde echt immer ätzender. Auch hier wurde wieder deutlich, wie korrupt und wie abhängig das "Tribunal" vom Geschäftsleiter war. Das ist wirklich schon so eine enge Zusammenarbeit mit dem Geschäftsleiter, dass es nur noch gefehlt hätte, mit ihm zusammen die Betriebsratssitzungen zu machen. Aber das wäre ja dann zu offensichtlich gewesen. Auch in dieser Angelegenheit wurde wieder klar, dass wir ohne Mehrheit im Betriebsrat nichts ändern konnten. 4. Die Idee einer eigenen Liste Und so reifte die Idee, über eine Listenwahl eine Mehrheit im Betriebsrat zu bekommen und dann den ganzen Verrat an den Interessen der Mitarbeiter zu beenden. Endlich dafür zu sorgen, dass auch hier die Tarifverträge eingehalten würden, da wir ja keine Chance hatten, in diesem Betriebsrat hier gegen die "Tribunalmehrheit" etwas zu ändern. Meine Kollegin machte noch zwei Eingaben im Betriebsrat wegen der Eingruppierung. Weil sich nichts bewegte, forderten wir, ein Ultimatum zu setzen, aber dem wurde von der Betriebsratsmehrheit nicht stattgegeben. Fristen wurden immer wieder verlängert und ein konkretes Ergebnis kam nicht zustande. Für die Betroffenen - sofern niemand den Mut findet, sein Geld einzuklagen - heißt das im Endeffekt, weiter unter Tarif zu arbeiten und möglichst den Mund darüber zu halten; wenn nicht, kann man/frau ja den Arbeitsplatz verlieren. Und wenn dann noch jemand von diesen Leuten zu mir kommt, der könne gleich davon ausgehen, dass er gar nichts bekommt, so der Originalton des "Tribunals". Und das sollte ich auch noch richtig auf einer Betriebsversammlung vorgehalten bekommen. Es war zu diesem Zeitpunkt eigentlich allen klar, dass für uns bei den anstehenden Betriebsratswahlen nur eine Listenwahl in Frage käme, wenn wir hier eine Veränderung bewirken wollten. Wir trafen uns ein paar Mal und legten fest, dass eine Kollegin von uns die Listenvertreter übernehmen sollte. Eigentlich wollten wir die Liste dem Wahlausschuss erst kurz vor dem Abgabetermin vorlegen. Denn der Wahlausschuss bestand ja aus "Tribunalleuten" mit der Vorsitzenden an der Spitze. Natürlich hatten die sich mit ihrer Mehrheit im Betriebsrat selbst als Wahlvorstand gewählt und unser Vorschlag, Leute aus dem Betrieb bzw. ver.di-Vertreter in den Wahlvorstand zu wählen, wurde abgelehnt. So hatten DIE natürlich alle Vorteile auf ihrer Seite. Wir begannen, konkret mit Leuten im Betrieb über die Liste zu reden, und hatten auch jede Menge Kandidaten und Kandidatinnen zusammen. Die Liste wollten wir dann eine Woche vor Abgabetermin einreichen, da viele der Meinung waren, dass es besser wäre vorher abzugeben, denn wenn ein Fehler drin wäre, dann hätten wir keine Chance mehr zu korrigieren. Aber es kam dann alles ganz anders. Wir hatten die rhetorischen Fähigkeiten des Gegners unterschätzt, Lügen als Wahrheit zu verkaufen und die in der Belegschaft vorhandenen Ängste vor dem Verlust des Arbeitsplatzes für sich auszunutzen. Auf einer der Betriebsratssitzungen kurz vor der Betriebsversammlung wurde das "Tribunal" dann konkret mit seinen Drohungen: Wenn es zur Listenwahl käme und wir nicht davon abweichen würden, würden DIE mich fertig machen. "Glauben Sie mir, wir sitzen am längeren Hebel. Sie werden sich noch wundern." Die Vorsitzende pflichtete bei, dass es nur eine Personenwahl geben könne, alles andere würden DIE mit allen Mitteln, die sie zur Verfügung hätten, verhindern. Ich nahm das eigentlich als Angstmacherei mir gegenüber hin und war fest davon überzeugt, dass wir das mit der Liste hinbekommen. Es folgten noch Diskussionen im Betrieb und wir begannen die notwendigen Stützunterschriften zu sammeln, die wir auch bald zusammen hatten. Und da DIE wohl Wind davon bekommen hatten, wurde ich schon von einem uns wohl gesonnenen Betriebsleiter vorgewarnt: "Lasst das mit der Liste, ihr bekommt sonst jede Menge Ärger. Der Geschäftsleiter und die Betriebsratsvorsitzende treffen sich fast jeden Tag und hecken irgendwas aus. Wenn ihr keinen Ärger wollt, löst die Liste auf, du weißt ja, wie nachtragend der Geschäftsleiter ist und Die sitzen eh am längeren Hebel, die machen dich klein. Glaub mir, das ist ein bitterböser Verein." Ich sagte, wir würden das durchziehen und auch meine KollegInnen waren der Meinung, dass wir es durchziehen sollten. So kam es dann zur Betriebsversammlung. Das "Tribunal" hatte schon fast alle Vorgesetzten für eine Personenwahl rekrutiert und auch ein paar andere Funktionsträger im Markt. Während auf unserer Liste fast nur Arbeiter waren, wurden vom Gegner alle nur möglichen Funktionsträger mobilisiert. Natürlich waren auch alle dabei, die dem Spitzelapparat in irgendeiner Form angehörten. So standen wir noch mehr unter Druck, durch die Stimmungsmache, die jetzt gegen uns lief. Wir gingen noch immer davon aus, dass auf der Betriebsversammlung über Probleme im Markt gesprochen werden soll, also Überstunden ohne Ende und die immer mehr um sich greifende Arbeitsplatzvernichtung und dann der "Tribunal"-Wahlvorstand kurz die beiden Wahlverfahren, die es bei Betriebsratswahlen gibt, vorstellt. Die meisten der uns nahe stehenden Kolleginnen und Kollegen sagten, dass sie nicht an der Betriebsversammlung teilnehmen würden, da DIE ja eh nur lügen würden, ein paar wollten kommen. Auch wir, also unsere Gruppe im Betriebsrat nahmen teil. Dass hier was am laufen war, merkte ich dann noch vor der Versammlung, denn ich wurde ein paar Tage zuvor zu einen Gespräch zum Betriebsleiter gebeten. Da ging es darum, dass DIE mich mal wieder versetzen wollten, diesmal in den Tiefkühlbereich. Eine Versetzung sei das keine, da das Tiefkühllager ja auch mit zur Food-Abteilung gehöre. Also müsse ich gleich am nächsten Tag dort anfangen, da dort dringender Bedarf bestehe. Auf meine Einwände, dass wir kurz vor einer Betriebsratswahl stehen würden und ich somit keine Chance mehr hätte, mit der Belegschaft über die anliegenden Themen zu diskutieren, wurde mir erwidert, das könne ich ja dann in meiner Freizeit machen. So wurde auch hier dem Gegner ein Vorteil verschafft, da sich die "Tribunalleute" alle tagtäglich, wie sie gerade wollten, mit der Belegschaft unterhalten konnten. Ich musste dagegen, unter totaler Überwachung und abgeschnitten von den Kolleginnen und Kollegen, im etwas abseits von den anderen Abteilungen liegenden Tiefkühlbereich arbeiten. Meine Pausen wurden dann auch noch so gelegt, dass ich mich mit den Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich fast immer zusammen in der Pause war, nicht mehr treffen konnte. Außerdem war in dem Tiefkühlbereich eine Bekannte der "Verräterin" vom "Tribunal" tätig und dementsprechend war die "Begrüßung". Ich hörte Drohungen, für den Fall, dass ich mich nicht anpassen würde und auch, dass die Leute im Tiefkühlbereich keinen Ärger wegen mir haben wollten. Und dann kam die Betriebsversammlung. Das "Tribunal" hatte sich vollständig versammelt. Von uns waren nur ein paar vertreten. Von der zuständigen ver.di hat sich niemand blicken lassen - dass da Kalkül dahinter steckte, wurde mir erst nach der Betriebsversammlung klar. Anwesend war auch noch der Geschäftsleiter mit seinen Kettenhunden aus der Betriebsleitung. Als dann die Betriebsratswahlen angesprochen wurden, ging es los. Der "Tribunalwahlvorstand" begann loszupoltern, dass es diesmal keine Personenwahl gebe, sondern eine Verhältniswahl, weil das ein paar Leute so wollten. Sie meinten weiter, dass die Leute ja nur die Personenwahl kennen würden, bei der sie ihre Kreuze auf den Stimmzettel gemacht hätten: "Etwas anderes kennt ihr doch nicht." Eine Listenwahl wäre unfair, polterte sie weiter. Dann war ich fällig: Eine vom "Tribunal" hetzte gegen mich rum, dass ich angeblich noch nie etwas für die Leute getan hätte. Und das war ausgerechnet die, die am lautesten gedroht hatte, sie würde mich wegen Störung des Betriebsfriedens belangen lassen, wenn ich den Menschen, die ihre Knochen für einen Niedriglohn hinhalten müssen, sage, dass sie nach vier Jahren Tätigkeit eine Höherstufung bekommen sollten. Dann hetzte ein "Tribunaltyp" gegen eine Betriebsratskollegin und mich, dass wir Leuten geraten hätten, wegen ihrer Eingruppierungen vor dem Arbeitsgericht zu klagen. "Und was passiert dann mit diesen Leuten?", fragte er in meine Richtung, "die bekommen doch dann noch mehr Ärger als die Sache wert ist". Jetzt schaltete sich die Vorsitzende ein und behauptete, wir wollten die Liste "rebellische Liste" nennen, die meisten Leute, die unterschrieben hätten, wüssten angeblich nicht, um was es bei der Listenwahl ginge. Wenn die nicht die nötige Anzahl von Stützunterschriften bekommen, dann können sie keine Listenwahl durchführen". Es war natürlich erstunken und erlogen, was von diesem so genannten "Wahlvorstand" rüber kam. "Rebellisch" finde ich zwar gut, aber so ein Name für die Liste war nie im Gespräch. Die Hetzkampagne auf dieser Betriebsversammlung kam dann zu ihrem Höhepunkt. Es begann eine Schreierei, die einstudiert schien. Es gab auch Bedrohungen gegen uns hauptsächlich von den Funktionsträgern im Markt, die für eine Personenwahl von der Geschäftsleitung und vom "Tribunal" mobilisiert worden waren. Wir wurden niedergeschrieen, als wir versuchten zu erklären, dass eigentlich die Listenwahl die übliche Wahl ist. Und dann kam natürlich auch noch der "Auftritt" des Geschäftsleiters. Der ging mich voll damit an, dass wenn ich mich weiterhin für die Leute einsetzen würde, die sich falsch eingruppiert fühlten, ich es dann mit ihm persönlich zu tun bekäme. "Die Eingruppierungen hier im Markt stimmen!", brüllte er. Um dann noch meine Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat anzugehen, er habe gehört, dass sie behaupten würden, die Zulagen in einigen Bereichen würden nicht gezahlt. "Auch die Zulagen stimmen hier im Markt" behauptete er einfach. Kein Wort natürlich davon, dass die Leute entgegen den im Manteltarifvertrag festgelegten Kriterien bezahlt werden. Im Manteltarifvertrag ist eine angemessene Zulage für Tätigkeiten, die in höhere Lohngruppen gehören, aber im Monatsdurchschnitt unter 50% der Arbeitszeit liegen, festgelegt. Aber nein, diese Menschen, die eh schon ausgepresst werden wie Zitronen, bekommen keine Zulagen, weil hier in diesem Markt der Geschäftsleiter und das "Tribunal" bestimmen, die der Manteltarifvertrag ausgelegt wird. Also droht der Geschäftsleiter auch meinen Kolleginnen und Kollegen, sie sollen sich ab jetzt vor ihm in Acht nehmen. Und zum Abschluss schrieen natürlich die "Tribunalleute" (am lautesten wieder mal deren Vorsitzende), dass sie zusammen mit dem Geschäftsleiter immer nur das Beste für die Belegschaft rausgeholt hätten. Als wir ihnen daraufhin vorhielten, dass hier bei bestimmten Tätigkeiten gegen den Manteltarifvertrag verstoßen wird, weil die Zulagen im Manteltarifvertrag höher sind bzw. die Zulagen hier gar nicht gezahlt würden, warf die Vorsitzende ein, der Erhalt der Arbeitsplätze hätte bei ihr und auch dem Geschäftsleiter einen höheren Stellenwert als der Manteltarifvertrag. Auf die Anfrage einer Kollegin, dass die Vorsitzende als Mitglied der Tarifkommission sich doch eigentlich für die Einhaltung des Manteltarifvertrags einsetzen müsse, kam gar nichts mehr von ihr. Aber die Leute wurden wieder aufgefordert, unsere Liste nicht zu stützen. "Zieht eure Stützunterschriften zurück, wenn ihr die Liste schon unterschrieben haben solltet" hieß die klare Aufforderung des "Tribunals". Die Sache hier war abgesprochen, es wirkte vieles, was hier abging wie eine Art Rollenspiel, das Geschäftsleiter und "Tribunalgrößen" vorher einstudiert hatten. Denn sobald einer aufhörte, kam der Nächste mit irgendwelchen Sachen. Wir sind überrumpelt worden. Auf so eine Kampagne war niemand von uns vorbereitet. Unsere Forderungen nach Veränderungen im Markt, u.a.
konnten wir vor lauter Schreierei und Drohungen gegen uns gar nicht vortragen. Eigentlich hätten wir da schon diese so genannte Betriebsversammlung verlassen müssen. Es war eben alles wie einstudiert. Der Geschäftsleiter stellte die Drohung in den Raum, dass wenn er Leute höher eingruppieren müsste, dafür andere entlassen würden. Ein Abteilungsleiter fragte wieder, wie denn die Listenwahl verhindert werden könne und der "Tribunalvorstand" antwortete wie aus einem Guss: "Indem keine fünf Prozent der Belegschaft ihre Stützunterschrift geben." Es kamen noch weitere Attacken gegen uns. Es war für mich wie eine Tribunalverhandlung, in der ich als Angeklagter stand und vom "Tribunal" für alles verantwortlich gemacht wurde, was nach deren Meinung hier schief läuft. Die "Verbrechen" bestanden darin, sich für die Einhaltung des Manteltarifvertrags eingesetzt zu haben in einem Markt, der zu einen Unternehmen gehört, das weltweit expandiert und dem es wirtschaftlich sehr gut geht. Die weiteren "Verbrechen" bestanden darin, dass ich als Betriebsrat immer und mit allen gesetzlichen Mitteln die Interessen der Schwächsten - und das sind wir Mitarbeiter - verteidigt habe, das auch gegenüber dem "Tribunal" offensiv getan und es auch gegenüber dem Geschäftsleiter so vertreten habe, trotz der massiven Drohungen und Willkürmaßnahmen, die schon während meiner ganzen Betriebsratstätigkeit gegen mich durchgeführt worden sind. Das schlimmste "Verbrechen", das jetzt begangen wurde, war das Aufstellen einer Liste, um eine Mehrheit gegen das "Tribunal" im Betriebsrat zu bekommen, also war ich jetzt ein Angeklagter. Beendet wurde diese Betriebsversammlung natürlich vom Geschäftsleiter mit ganz massiven Drohungen, dass diejenigen, die seiner Meinung nach falsche Tarifinformationen an die Mitarbeiter im Betrieb geben würden, es ab jetzt persönlich mit ihm zu tun bekommen würden. Am liebsten hätte er uns fristlos gekündigt, so wie er lospolterte. Der Geschäftsleiter hatte hiermit - natürlich - Partei für das "Tribunal" ergriffen und von allen Beteiligten war ein klares Signal an die Belegschaft ausgegangen: "Verhindert die Listenwahl und schaut, dass keine fünf Prozent Stützunterschriften zusammen kommen". Jedem und Jeder, die da noch mitmachten, könne es ansonsten so gehen wie mir z.B., nämlich Versetzung in den Tiefkühlbereich, Ärger mit dem Geschäftsleiter. Eventuell käme es auch zum Verlust des Arbeitsplatzes, wenn jemand das Geld fordere, was ihm/ihr aus dem Manteltarifvertrag zustehe. 5. Ungleicher Wahlkampf Die Atmosphäre der Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes wurde mit Erfolg in die Belegschaft getragen. Wir bekamen den Druck richtig zu spüren im Betrieb und auch in der Diskussion mit den uns nahe stehenden Kolleginnen und Kollegen. Ich hatte zudem auf Grund der Versetzung ins Tiefkühllager kaum noch Möglichkeiten, in die Diskussion einzugreifen. Auch meine KollegInnen im Betriebsrat hatten dazu keine richtige Möglichkeit mehr, weil auch ihre Arbeitsplätze verlegt worden sind. Die Hetzkampagne und das illegale Eingreifen des Geschäftsleiters in eine Betriebsratswahl hatte Wirkung gezeigt, bei einigen sogar so schnell, dass sie gleich nach der Betriebsversammlung zu unserer Listenvertreterin kamen und von der Liste gestrichen werden wollten. Andere kamen einen oder zwei Tage später, denen stand der Angstschweiß auf der Stirn. Eine Kollegin, die uns bisher unterstützt hatte, kam zu uns: "Bitte streicht mich, DIE waren schon bei mir, ihr wisst, ich bin 'Ausländerin' und wenn ich weiter mit mache, dann verliere ich meinen Arbeitsplatz". Und wer "DIE" waren, das war klar, der gesamte "Tribunalvorstand" war gemeint. Es ging sogar soweit, dass einige Mitarbeiter von Mitgliedern des "Tribunalvorstands" zu unserer Listenvertreterin an ihren Arbeitsplatz geschickt wurden, um ihre schon gegebenen Stützunterschriften wieder zurückzuziehen. Das "Tribunal" hatte Wort gehalten bei den Drohungen, dass DIE uns jede Menge Ärger machen würden, indem die Mitarbeiter unter massiven Druck gesetzt wurden. So standen wir "Restlichen" vor einer schweren Entscheidung: Entweder weitermachen und evtl. die verbliebenen Stützunterschriften, die ja noch ausreichten, beim "Tribunalwahlvorstand" abgeben, mit dem Risiko, dass diese Kolleginnen und Kollegen einen Riesenärger am Arbeitsplatz bekommen und Willkürmaßnahmen ausgesetzt sind, oder die Liste zurückziehen und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr in den Betriebsrat gewählt zu werden. Wir, also die restlichen verbliebenen Kandidatinnen und Kandidaten der Liste kamen in der Mehrheit zu der Erkenntnis, dass es besser sei, die Liste zurückzuziehen, als dem "Tribunalwahlvorstand" und damit auch dem Geschäftsleiter die Liste zu geben und somit die Leuten, die uns stützten, jeder Menge Ärger am Arbeitsplatz und den Repressalien des Geschäftsleiters und seiner Kettenhunde auszusetzen. So entschied sich dann die Mehrheit von uns dazu, in die Personenwahl zu gehen. Ich kandidierte gar nicht mehr zur Betriebsratswahl, nachdem ich festgestellt hatte, dass hier freie Wahlen nicht möglich sind. Im Wahlkampf waren die meisten von uns dann chancenlos, auch durch Versetzungen, weil einer sogar außerhalb des Marktes im Leergutbereich arbeiten musste und kaum noch Möglichkeiten hatte, den Leuten im Betrieb unser Programm näher zu bringen. Wir hatten keine Chance gegen die laufende Hetzkampagne des "Tribunals" und des Geschäftsleiters, denn die können mit der Drohung des Arbeitsplatzverlustes Wahlen beeinflussen. Es war und ist eigentlich ganz klar ersichtlich, dass sich hier der Geschäftsleiter auch über die Betriebsverfassung hinweggesetzt hat. Denn da steht drin, dass ein Geschäftsleiter aus Betriebsratswahlen herauszuhalten hat. Aber hier in diesem Markt zählten und zählen ja solche Gesetze nicht. Er hatte sich hier nämlich eindeutig zu Gunsten des "Tribunals" eingemischt. Der Geschäftsleiter drohte jetzt sogar Kollegen an ihrem Arbeitplatz. Er drohte jeden zu verklagen, der behaupten würde, er hätte durch sein Verhalten auf der Betriebsversammlung gegen Paragraphen des Betriebsverfassungsgesetzes verstoßen. Die Wahlen gingen dann so aus, wie wir es erwartet hatten: Das "Tribunal" hat wieder eine stabile Mehrheit und somit das erreicht, was DIE wollten, nämlich Politik, die sich nach dem Manteltarifvertrag und der Betriebsverfassung richtet, mundtot zu machen und ein Spitzelsystem und eine Atmosphäre der Angst im Betrieb aufrecht zu erhalten, die dazu dienen, den Mitarbeiter auszupressen wie eine Zitrone und ihm/sie als willenloses Werkzeug hin und her zu schieben, wie DIE es gerade brauchen. Einige Leute, von denen sie nicht wussten und bis heute nicht wissen, dass sie auf unseren Liste waren, haben es noch in den Betriebsrat geschafft. Diese Kolleginnen und Kollegen sind natürlich weiter eine "Stimme der Unterdrückten" mit den bescheidenen Mitteln, die sie gegen das "Tribunal" als Minderheit haben. Ja, und der Geschäftsleiter hat ja wohl schon fleißig mit dem "Tribunal" gefeiert. Etliche Flaschen Sekt und Kaffee und Kuchen hat DER nach der Betriebsrat Wahl spendiert, ist erzählt worden, und dass jetzt wieder normale Zeiten im Betriebsrat eingekehrt seien, soll er gesagt haben. Bei mir wird es sicher noch einige Zeit brauchen, um mich von dieser Lügen- und Intrigenkampagne, die das "Tribunal", der Geschäftsleiter und auch die zuständige ver.di gegen mich geführt haben, zu erholen. Aber den Kampf werde ich als Gewerkschafter und Mitarbeiter weiterführen. Denn bei dem, was ich hier in diesem Markt an Willkür und Schikanen gesehen und auch selbst erlebt habe, kann ich mich nicht raushalten oder wegschauen. Und ich hoffe, dass wir es zumindest schaffen, irgendwann, dass auch hier gewerkschaftliche Betätigung und Betriebsvereinbarungen, der Manteltarifvertrag und das Betriebsverfassungsgesetz - eben die Rechte, die wir als Mitarbeiter haben - geachtet werden. zurück zu Vorwort und Gliederung Weiter zu Kap. 7: Fazit und Ausblick |