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Updated: 18.12.2012 15:51
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Argumente GEGEN DEN KRIEG

Der Zweite Weltkrieg war nicht nur das bisher größten Menschenschlachten. Es handelt sich gleichzeitig um eine Auseinandersetzung, die von der innerimperialistischen Konkurrenz und dem Krieg gegen die Sowjetunion bestimmt war. Im folgenden Antworten auf vier gängige - falsche oder oberflächliche - Argumente zum Charakter des Zweiten Weltkriegs.

ARGUMENT 1: Die Hauptverantwortung für den Zweiten Weltkrieg tragen Deutschland, die NSDAP und Adolf Hitler.

Richtig ist: Die entscheidende Verantwortung für den Krieg trägt das deutsche Großbürgertum, tragen diejenigen Leute, die sich als deutsche Elite verstanden - und die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Westdeutschland bzw. Deutschland weitgehend wieder an den Schalthebeln der ökonomischen und politischen Macht sitzen.

Die Nazis kamen 1933 vor allem deshalb an die Regierung, weil sie von den großen Konzernen und Banken unterstützt wurden. Hitler machte den Unternehmern und Bankern drei Versprechen: Erstens die Arbeiterbewegung zu zerschlagen; zweitens die jüdische Bevölkerung auszuschalten; drittens auszurüsten und Eroberungskriege zu führen. Das verhieß 1. Profit; 2. Profit und 3. Profit.

Dieses Programm wurde in den Jahren 1929 bis 1933 auf internen Treffen der NS-Führung mit Wirtschaftsbossen vorgetragen.* Es wurde seit dem 30. Januar 1933 Punkt für Punkt abgearbeitet. In der Konsequenz waren die ersten Opfer der Nazis organisierte Arbeiter, Gewerkschafter und die jüdische Bevölkerung - und ab dem 22. Juni 1941 die Sowjetunion.

ARGUMENT 2: Mit dem Angriff auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg und damit auch der Krieg gegen die westlichen Verbündeten Polens, gegen Frankreich und Großbritannien.

Richtig ist: Die erwähnten Verbündeten ließen Polen im Stich. Sie erklärten zwar Deutschland den Krieg, verhielten sich jedoch vollkommen ruhig. Die US-Regierung erklärte sogar ihre Neutralität im Krieg Deutschland-Polen. Das Kalkül der Nazis, dass es keinen gefährlichen Zweifrontenkrieg geben würde, ging auf. Die großbürgerlichen Kreise in London und Paris hofften immer noch, dass sie den deutschen Aggressionskrieg ganz nach Osten lenken könnten. Das hatte Kontinuität: Es gab keine ernsthaften Reaktionen von Frankreich, England oder den USA auf den 1933 beginnenden deutschen Aufrüstungskurs oder den ?Anschluss? von Österreich 1938. Im spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) blieben Frankreich und England neutral und gestatteten damit den Sieg der spanischen Faschisten, die von Berlin und Rom massiv unterstützt wurden. Vor allem gaben der britische Premier Chamberlain und der französische Ministerpräsident Daladier im September 1938 auf der Münchner Konferenz Hitler grünes Licht für den Einmarsch in die Tschecheslowakei.

All das passierte vor Beginn des Zweiten Weltkriegs. Erst als am 10. Mai 1940 die Wehrmacht ihren Feldzug im Westen begann, zerstob in Paris und London die Hoffnung, die Nazi-Aggression ganz auf Moskau lenken zu können. Inzwischen kontrollierten die Armeen Hitlers und Mussolinis einen großen Teil Europas. In Frankreich kam es nach der Niederlage der französischen Armee zur Bildung einer Kollaborations-Regierung unter Marschall Petain. Dadurch konnte das NS-Regime ab Sommer 1941 einen großen Teil seiner Truppen auf den Angriff im Osten konzentrieren.

ARGUMENT 3: Die USA waren der maßgebliche Faktor in der Anti-Hitler-Koalition. Die US-Armee trug entscheidend zum Sieg über das NS-Regime bei.

Richtig ist: Ohne die Unterstützung durch die USA hätte England seinen Widerstand gegen Deutschland nicht aufrecht erhalten können. Ohne die alliierte Landung in der Normandie hätte der Krieg deutlich länger gedauert. Bei den US-Kriegszielen spielte jedoch immer die innerimperialistische Konkurrenz eine wichtige Rolle: Großbritannien war die alte Hegemonialmacht, die USA sollten nach dem Weltkrieg zur neuen kapitalistischen Hegemonialmacht werden. Gleichzeitig mussten die zwei aggressiven imperialistischen Konkurrenten Japan und Deutschland eingedämmt werden. Schließlich gab es mit allen kapitalistischen Ländern das gemeinsame Interesse, die Sowjetunion zu schwächen. Die von der Sowjetunion immer wieder geforderte alliierte Landung im Westen erfolgte erst am 6. Juni 1944 und damit zu einem Zeitpunkt, als sich die Wehrmacht im Osten längst auf dem Rückzug befand und als die sowjetischen Verbände bereits westlich des sowjetischen Gebiets kämpften. Es war für die Menschheit ein historischer Glücksfall, dass es in dieser komplizierten Gesamtkonstellation am Ende doch zum Kriegseintritt der USA und zum Bündnis der Westalliierten mit der Sowjetunion kam - ein Bündnis, das bereits wenige Monate nach Kriegsende zerbrach und in einen Kalten Krieg überging.

Argument 4: Das Nichtangriffs-Abkommen zwischen der Sowjetunion und Deutschland vom 23. August 1939 brachte für die Sowjetunion einen wichtigen Zeitgewinn zur Vorbereitung auf den späteren deutschen Angriff.

Richtig ist: Der sogenannte Hitler-Stalin-Pakt war vor allem für die deutsche Seite von erheblichem Vorteil für die ?Blitzkrieg?-Erfolge im Westen. Für die sowjetische Seite waren die politischen Folgen fatal und die militärischen Vorteile minimal. Das Abkommen war mit (am 28.9.1939 abgeschlossenen) Geheimverträgen verknüpft, die beiden Seiten in vereinbarten Einflusssphären freien Raum ließen. Die sowjetische Armee besetzte in der Folge die baltischen Staaten, den östlichen Teil Polens und führte einen Krieg gegen Finnland. Diese Annexionspolitik hat in diesen Ländern bis in die heutigen Tage hinein eine antirussische Grundhaltung gestärkt. Im April und Mai 1940 verübten Einheiten des sowjetischen Innenministeriums im polnischen Katyn ein Massaker an mehreren Tausend polnischen Offizieren.

Nicht nur die Moskauer Führung verteidigte das deutsch-sowjetische Abkommen nach außen (was man als Taktik verstehen konnte). Auch die Kommunistische Internationale (Komintern) folgte dieser Linie. Der antifaschistische Widerstand fand in dieser Zeit vor allem an der Basis statt. Die Moskauer Führung war dann auf den deutschen Angriff am 22. Juni 1941 nicht vorbereitet, obgleich die kommunistischen Spione Leopold Trepper in Berlin und Richard Sorge in Tokio die Angriffspläne mit Details übermittelt hatten. Auf diese Weise konnten die deutschen Truppen große Teile der Roten Armee überrollen; im Dezember 1941 standen sie 25 Kilometer vor Moskau.

Es war schließlich vor allem der heroische Widerstand der Roten Armee, der sowjetischen Bevölkerung und der von Hunderttausenden Menschen getragene Partisanenkrieg, die in diesem Krieg die Wende brachten.

Eine deutliche Sprache sprechen die - im übrigen sehr unterschiedlichen - Opferzahlen. Der Zweite Weltkrieg forderte zwischen 55 und 60 Millionen Tote; 39 Millionen in Europa und 16 Millionen in Asien. Rund sechs Millionen Jüdinnen und Juden - ein großer Teil der jüdischen Bevölkerung in Europa - wurde ermordet. Bei den Kriegsopfern trug die Sowjetunion mit 20 Millionen Toten (darunter 6 Millionen getötete Zivilpersonen) die größte Last. Relativ war Polen am stärksten betroffen (6 Millionen Getötete, davon 3 Millionen Juden). Eine enormen Blutzoll erlitt das relativ kleine Jugoslawien mit 300.000 toten Soldaten und 1,3 Millionen getöteten Zivilisten. Deutschland: 3,2 Millionen getötete Soldaten; 2,1 Millionen tote Zivilisten. Japan: 1,7 Millionen getötete Soldaten; 550.000 getötete Zivilisten. Großbritannien: 330.000 getötete Soldaten; 60.000 getötete Zivilisten. Frankreich: 250.000 getötete Soldaten; 270.000 getötete Zivilisten. USA: 220.000 getötete Soldaten und keine zivilen Opfer.

Quelle: Zeitung gegen den Krieg 29

*) So bei einem Treffen der Nazi-Größen Hitler, Heß, Himmler und Keppler am 4. Januar 1933 in der Privatwohnung des Bankiers kurt Freiherr von Schröder in Köln, auf dem die ?Machtergreifung? - der 30. Januar 1933 - im Detail besprochen wurde. Vgl. Reinhard Opitz, Liberalismus - Faschismus - Integration, Band II, Faschismus,Marburg 1999, S.264ff.


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