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Updated: 18.12.2012 15:51
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Der Konflikt um die gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten bei der Gewerkschaft TEZ-KOOP-IS - Die Darstellung der entlassenen Kollegen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in unserem ersten Schreiben informierten wir Euch über die unrechtmäßige Entlassung von 3 Kollegen bei der türkischen Gewerkschaft pdf-Datei, TEZ-KOOP-IS.

Gleich nach unserer Entlassung organisierten wir am 03.02.2009 mit Unterstützung von u.a. der 4. Verwaltungsstelle von TEZ-KOOP-IS in Ankara eine Kundgebung und eine Presseerklärung mit vielen Kollegen und Kolleginnen gegen den Vorstand von TEZ-KOOP-IS. Seitdem führen wir auch einen ununterbrochenen Sitzstreik direkt vor der Gewerkschaftszentrale in Ankara durch.

Sitzstreik direkt vor der Gewerkschaftszentrale in AnkaraWährend unseres Sitzstreiks erfahren wir sehr viel Unterstützung und Solidarität, nicht nur von vielen Kolleginnen und Kollegen, sondern auch von Studenten und Studentinnen sowie von Freunden und Bekannten. Die Medien besuchen uns relativ oft und berichtet über unseren Widerstand.

In Bezug auf die persönliche Situation von uns dreien möchten wir Ihnen folgendes mitteilen:

  • Die türkische Arbeitsgesetzgebung sieht ausschließlich eine gewerkschaftliche Vertretung in einem Betrieb vor, d.h. dass bei uns, im Gegensatz zu vielen westeuropäischen Ländern, keine weitere Belegschaftsvertretung wie z.B. Betriebsrat vorgesehen ist und sogar konkret untersagt ist. Nachdem der Vertreter der Vertrauenskörperschaft, Ümit Yasar Yalgin, mit zwei Gewerkschaftsmitgliedern gleichzeitig entlassen wurde und vom Gewerkschaftsvorstand die Wahl eines neuen Vertreters vehement verhindert wird, existiert faktisch keine Belegschaftsvertretung, die die Rechte (noch) Beschäftigten gegenüber dem Vorstand wahrnehmen könnte.

  • Sitzstreik direkt vor der Gewerkschaftszentrale in Ankara

    Auch nach der Entlassung sind wir nach dem geltenden Gesetz weiterhin Mitglied von TEZ-KOOP-IS. Der jedem Mitglied zustehende Rechtschutz durch den Gewerkschaftsvorstand wird uns verweigert. Für Menschen in unserer Situation, die Arbeitslosengeld von 250€/mtl. für höchsten 10 Monate in Anspruch nehmen können, ist es eine finanzielle Unmöglichkeit mit dem Einkommen die von uns beauftragten Rechtsanwalts- und Gerichtskosten in voller Höhe zu bezahlen. Einzige Möglichkeit ist uns bei Freunden zu verschulden.

  • Unsere Bitte an Euch ist, dass Ihr auf den Vorstand von TEZ-KOOP-IS euren Einfluss geltend macht, so dass der Vorstand bereit ist, die Kosten eines Rechtsanwaltes, der unser Vertrauen genießt und Gerichtskosten zu übernehmen.

  • Für den Fall, dass der Vorstand von TEZ-KOOP-IS ihrer Pflicht nicht nachkommen sollte, bitten wir Euch DRINGEND um finanzielle Unterstützung.

  • Wir brauchen eure Solidarität und sind davon überzeugt, dass Ihr uns diese gewähren werdet.

  • Im folgenden Text haben wir versucht, DIE TATSÄCHLICHEN GRÜNDE des Konflikts darzulegen

Ümit Yasar Yalgin
Entlassener Vertreter der Vertrauenskörperschaft der Beschäftigten bei der Gewerkschaft, TEZ-KOOP-IS
Tel: 0090 537 780 01 10


DIE GEWERKSCHAFTLICHE ORGANISIERUNG DER BESCHÄFTIGTEN BEI DER GEWERKSCHAFT TEZ-KOOP-IS

Die WAHREN GRÜNDE, die letztendlich zur Entlassung der 3 gewerkschaftlich organisierten Kollegen durch den Gewerkschaftsvorstand führten, ist für Dritte beim ersten Blick nicht einfach. Im Bewusstsein dessen und damit sich ein/e Außenstende/r darüber ein objektives Urteil bilden kann, möchten wir im Folgendem mit Hilfe von Fakten und Dokumenten den Konflikt in seinem bisherigen Verlauf zusammenzufassen.

Unser Ziel ist, dass nicht über Spekulationen oder Gerüchte sondern über Fakten diskutiert werden können.

ANTRAG AUF MITGLIEDSCHAFT BEI TEZ-KOOP-IS

Sitzstreik direkt vor der Gewerkschaftszentrale in AnkaraIn der 46 jährigen Geschichte von TEZ-KOOO-IS gab es bereits gewerkschaftseigene Beschäftigte, die Antrag auf die Mitgliedschaft bei TEZ-KOOP-IS stellten. In der Regel wurden die Anträge auch angenommen. Z. B. der jetzige Vorsitzender von TEZ-KOOP-IS, Herr Gürsel DOGRU ein ehemaliger Gewerkschaftsbeschäftigter, der mit Hilfe seines Schwiegervaters, der seiner Zeit Vorsitzender der 1. Verwaltungsstelle von TEZ-KOOP-IS in Istanbul war, ihn als sein Nachfolger wählen ließ. In derselben Tradition ließ auch Gürsel DOGRU seinen Verwandten Rahmi Polatli als seinen Nachfolger zum Vorsitzenden derselben Verwaltungsstelle berufen, nachdem er das Amt des Vorsitzenden der Gesamtgewerkschaft übernahm.

Darüber hinaus gab es auch einzelne Versuche von Beschäftigten auf die Aufnahme in die Gewerkschaft, die aber nicht angenommen worden sind. Zum ersten Mal stellten vier Beschäftigten der Gewerkschaftzentrale ( Kollegin Asli VEZNECIOGLU KURTULDU, Kollege Nezih GENCLER, Kollege Serdar ERMAN und Kollege Ramazan BAYRAM) am 28.11.2006 gemeinsam einen Antrag auf die Mitgliedschaft (noterielle Bestätigung der Anträge bei dem 7. Notar in Altindag in Ankara mit Eintragungsnummer 25748), mit der Zielsetzung, einen Kollektivvertrag, einen Tarifvertrag für alle gewerkschaftseigene Beschäftigten durchzusetzen, in dem die Rechte und Pflichten klar definiert werden sollen.

Der Antrag der Kollegen/innen wurde aber vom damaligen Vorsitzenden, Sadik ÖZBEn und dem Vorstand mit einem Vorwand am 25.12.2006 schriftlich abgelehnt. Das Hauptargument, dass in der Ablehnung formuliert wurde war, dass die geltende Arbeitsgesetzgebung die Annahme der Anträge nicht zuließe, da hier eine erforderliche Trennung zwischen einer Gewerkschaft und Arbeitgeberseite nicht vorliege. In der von dem damaligen Vorsitzenden Sadik ÖZBEN und dem Sekretär für Organisierung, Fikret OMAK, unterzeichneter Erklärung wurde den Antragsteller/innen sogar vorgeworfen, die Gewerkschaft mit einer Frage „ des Humors, aber nicht des Rechts“ konfrontiert zu haben.

Drei von Antragsteller/innen stellten daraufhin einen Widerspruchsklage beim zuständigen Arbeitsgericht in Ankara, da sie fest davon überzeugt waren, dass ihre Mitgliedsanträge gesetzeskonform und rechtsmäßig waren. Ihre Widerspruchklage wurde beim 15. Arbeitsgericht in Ankara mit Aktenzeichen, 2007/36 E bearbeitet.

Während des Rechtsprozesses baten die Kollegen/innen den türkischen Dachverband, TÜRK-IS, dem auch die Gewerkschaft, TEZ-KOOP-IS angehört und den internationalen Dachverband der Dienstleistungsgewerkschaften, UNI, um eine Stellungnahme.

Beide Dachverbände beantworteten den Antrag von 3 Kollegen/innen unmissverständlich und positiv:

In der Stellungnahme des türkischen Dachverbandes, TÜRK-IS, vom 27.02.2007, unterzeichnet vom Vorsitzenden Salih KILIC und dem Vorstandmitglied für Organisationsfragen, Cetin ALTUN, wurde eindeutig hervorgehoben, dass für die Annahme der Mitgliedsanträge „weder ein rechtlicher Zweifel noch ein rechtliches Hindernis“ bestehen.

Der Leiter von UNI-Europa/Commerce, Kollege Jan FURSTENBORG, gab folgende Stellungnahme am 23. 01.2007:
„Lieber Kollegen und Kolleginnen,
hinsichtlich eurer Frage kann ich hiermit bestätigen, dass in Europa ein Mensch, der bei einer Gewerkschaft arbeitet, in seine Gewerkschaft als Mitglied beitreten kann. Dieses wird in den Konventionen von ILO (Internationale Arbeitsorganisation, Anmerkung des Übersetzers) von Nr. 87 und 97, die die Koalitionsfreiheit und das Recht auf Tarifverhandlungen der Beschäftigten garantieren, festgehalten.
Wenn es erforderlich ist, können wir uns auch an ILO wenden.“

Wie man sieht, dass sowohl TÜRK-IS als auch UNI als Dachverbände die Mitgliedschaft der gewerkschaftseigenen Beschäftigten in ihre eigene Gewerkschaft im Gegensatz zu TEZ-KOOP-IS nicht als eine Frage „des Humors“, sondern als ein erkämpftes Recht der arbeitenden Menschen ansahen.

DER RECHTSPROZESS

Das Gericht beauftragte einen Gutachter, der diese Frage rechtlich klären sollte. Der Gutachter kam auf der Grundlage der türkischen Verfassung, des Gesetzes zu „Gewerkschaften“ Nr. 2821 und des Gesetzes zu „Streik, Aussperrung und Tarifvertrag“ Nr. 2822 zu demselben Ergebnis, dass die gewerkschaftseigenen Beschäftigten in ihre Gewerkschaft als Mitglied beitragen können.

In derselben Zeit fand am 14-15. März 2007 der Gewerkschaftskongress von TEZ-KOOP-IS statt, auf dem der bisherige Vorsitzende Sadik ÖZBEN mit seiner Liste die Wahl verlor und die Gegenliste von Gürsel DOGRU sich durchsetzen konnte. Die Wahl war mit erbitterten Machtkämpfen und Vorwürfen begleitet. Der (noch) Vorsitzender Sadik ÖZBEN warf dem Gegenkanditen vor, seinen Vorsitz der Verwaltungsstelle in Istanbul für persönliche Interessen missbraucht zu haben, indem Herr Gürsel DOGRU durch Scheinfirmen seiner Verwandten als Auftragsnehmer bei Unternehmen wir bei dem Einzelhandelsunternehmen GIMA, bei dem TEZ-KOOP-IS Tarifpartei war, seine Funktion mißbrauche, während der Gegenkandidat ihm „undemokratisches Vorgehen in der Gewerkschaft , Aushöhlung der innergewerkschaftlichen Demokratie“ entgegnete.

DIE ANNAHME DER MITGLIEDANTRÄGE

Die Wahl gewann Gürsel DOGRU. Er fuhr hinsichtlich der Mitgliedsanträge der gewerkschaftseigenen Beschäftigten eine widersprüchliche und doppelte Strategie.

Einerseits wurde den 3 Kollegen/innen unterstellt, dass sie mit ihrer Rechtsklage der Gewerkschaft Schaden zugefügt hätten, andererseits konnte er sich nicht offen gegen die Annahme der Anträge stellen, da er selbst als ehemaliger Gewerkschaftsbeschäftigter in die Gewerkschaft beitrat und daraufhin nicht nur als Vorsitzender der Verwaltungsstelle in Istanbul, sondern nun auch als Vorsitzender der Gesamtgewerkschaft gewählt worden war.

Während Vorstandmitglieder Osman GÜRSU, Merih VAROL und Sedat ÖLMEZ die Anträge der Kollegen/innen aufrichtig unterstützen, ließen Gürsel DOGRU als Vorsitzender und Hakan TOPALOGLU als Sekretär für gewerkschaftliche Schulung keine Gelegenheit, um die Annahme der Anträge trotzdem zu verhindern. Da die beiden Ablehner im Vorstand in MINDERHEIT waren, bleib ihnen nichts anderes übrig als letztendlich dem Antrag zu zustimmen.

Der Vorstand beschloss die Annahme der Anträge unter der Voraussetzung dass die Klage von drei Kollegen/innen zurückgezogen wird.

Daraufhin zogen drei Kollegen/innen ihre Klage zurück und ihre Mitgliedsanträge wurden per Vorstandbeschluss bestätigt. Dem folgten rasch weitere Mitgliedsanträge von Beschäftigten. Der Vorsitzende Gürsel DOGRU unternahm weitere Schritte, um das Wachsen der gewerkschaftlichen Organisierung der Beschäftigten doch zu stoppen.

Nach der undemokratischen Arbeitsgesetzgebung in der Türkei ist eine Betriebsmarke von 50+1% der Beschäftigten erforderlich, um die Tariffähigkeit zu erlangen. Da aufgrund dieser undemokratischen Rechtslage das Erreichen der erforderlichen Betriebsmarke in der Regel eine lange Zeit in Anspruch nimmt und in der langen Zeit die Beschäftigten als Mitglieder einer Gewerkschaft objektiv keine Vorteile haben, erheben die Gewerkschaften bis zur offiziellen Anerkennung der Tariffähigkeit und der Unterzeichnung eines Tarifvertrages keine Mitgliedsbeiträge. Z.B. bei den Unternehmen, wie IBM und TESCO-KIPA in der Türkei, bei denen TEZ-KOOP-IS viele Mitglieder hat, aber als Tarifpartei nicht anerkannt ist, wird aktuell so verfahren.

Dies galt aber nun nicht bei Beschäftigten von TEZ-KOOP-IS. Ab den Moment der Mitgliedsanträge der gewerkschaftseigenen Beschäftigten mussten sie Beiträge entrichten. Gürsel DOGRU zielte darauf ab, mit Zwang der Entrichtung der Mitgliedsbeiträge viele Beschäftigten von dem Vorhaben abzubringen.

Trotzdem konnten Kolleginnen und Kollegen von TEZ-KOOP-IS in 10 Monaten die Mehrheit der Beschäftigten als Mitglied gewinnen. Daraufhin stellte das Ministerium für Arbeit und Soziales im März 2008 die Tariffähigkeit aus. Die Mitglieder wählten bei einer Mitgliederversammlung den seit 14 Jahren als Fahrer der Gewerkschaft tätigen Kollegen, Ümit Yasar YALGIN, EINSTIMMIG als ihren Vertreter der Vertrauenskörperschaft und Verhandlungsführer bei den nachfolgenden Tarifgesprächen.

Der Vorstand von TEZ-KOOP-IS beauftragte die 4. Verwaltungsstelle der Gewerkschaft in Ankara als zuständige Verwaltungsstelle.

Kollege Ümit als Vertreter der Vertrauenskörperschaft bereitete ein Tarifangebotsentwurf, was unter allen Mitgliedern diskutiert und abgestimmt wurde.

TARIFGESPRÄCHE

Der Vorstand als Arbeitgeberseite wies außer einer einzigen Forderung der Beschäftigten alle anderen Angebote zurück, die einmal jährliche Zuzahlung für Kinder in Schulbildung vorsah. Die Identität des Vorstandes als Arbeitgeber trat eindeutig zu Tage, als selbst den Tarifgesprächen die Wahl des Vertreters der Vertrauenskörperschaft der Beschäftigten mit dem Verweis auf Arbeitsgesetzgebung vehement abgelehnt wurde, da die Arbeitsgesetzgebung die Wahl des Vertreters der Vertrauenskörperschaft nicht obligatorisch vorsieht, sondern den Gewerkschaftsvorständen die rechtliche Macht gibt, diesen von oben selbst zu bestimmen.

Es gab am Ende von 2 Monate andauernden Tarifgesprächen keine Einigung und für Beschäftigten kein tragbares Kompromiss. Die Stimmen für einen evtl. Streik wurden aufgrund der kompromisslosen Haltung des Vorstandes unter den Beschäftigten immer lauter.

Um die konsequente Haltung der Mitglieder zu brechen und ihnen Angst einzujagen drohte Gürsel DOGRU auf einer von ihm anberaumten Betriebsversammlung allen Beschäftigten offen, dass er „sich gezwungen sehe, einigen Weh zu tun, falls dem Tarifvertragsangebot des Vorstandes nicht zugestimmt wird.“

Angesicht dieser offenen Drohung, die nicht anderes verstanden werden konnte als Entlassung einiger Kollegen/innen, kamen die meisten der Kollegen/innen zu dem Schluss, trotz der unakzeptablen Situation, dem vom Vorstand vorgelegten Angebot zu zustimmen.

Am 24. Juni 2008 unterzeichneten daraufhin der Vorsitzender von TEZ-KOOP-IS, Gürsel DOGRU, der Vertreter der Belegschaft, Ümit Yasar Yalgin und der Vorsitzender der 4. Verwaltungsstelle, Ekrem ERDOGAn offiziell den Tarifvertrag, so dass in der Geschichte von TEZ-KOOP-IS zum ersten Mal ein Tarifvertrag für die Beschäftigten zustande kommen konnte.

Der Vorstand ging aber sofort über, den selbst von ihm diktierten Tarifvertrag mit Füßen zu treten.

Während der Vorstand bei den Unternehmen wie bei Real oder Carre four, mit denen er einen Tarifvertrag unterzeichnet hat, darauf bestand, dass die Vorteile des Tarifvertrages nur an Gewerkschaftsmitglieder weitergegeben werden sollen, wurden die Vorteile unseres Tarifvertrages auch bei gewerkschaftseigenen Beschäftigten angewandt, die kein Gewerkschaftsmitglied sind.

Als ein weiterer Verstoß gegen den Tarifvertrag erwies sich die Ablehnung der Bereitstellung eines Büros für den Vertreter der Vertrauenskörperschaft, obwohl der Tarifvertrag dies zwingend vorschrieb.

Der Tarifvertrag (31. Punkt der Vereinbarung) sah weiterhin die BILDUNG EINES DISZIPLINAUSSCHUSSES vor, der je 2 Vertreter von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite angehören mussten. Das wurde auch vom Vorstand mit allen Mitteln verhindert. Die dahinter steckende Absicht der Verhinderungspolitik konnte erst später eindeutig wahrgenommen werden.

Der 31. Pasus des Tarifvertrages schrieb fest, dass „ohne den Beschluss des Disziplinarausschusses weder eine Mahnung noch eine Kündigung ausgesprochen können. Sonst gelten diese für rechtswidrig.

Das war aber die tatsächliche Absicht des Vorstandes, bei der Kündigung der „unliebsamen“ Kollegen/innen die Hände nicht mit o.g. Vorschriften binden zu lassen. Das mussten einige Kollegen später bitter am eigenem Leib erfahren.

Obwohl der Vertreter der Vertrauenskörperschaft, Ümit Yasar Yalgin und die 4. Verwaltungsstelle in Ankara sich wiederholt an den Vorstand wandten, endlich die Anforderung des Tarifvertrages umzusetzen, stoßen sie an tauben Ohren.

DER AUßERORDENTLICHE GEWERKSCHAFTSKONGRESS

Inzwischen tauchten viele Konflikte innerhalb des Vorstandes auf, die dazu führten, dass der Vorstand die Einberufung eines „außerordentlichen Kongresses“ beschloß.

Bei den innergewerkschaftlichen Machtkämpfen bildeten nun die alten Gegner und ihre jeweiligen Gruppen unter Gürsel DOGRU und Sadik ÖZBEN ein Bündnis, obwohl sie sich 22 Monate zuvor gegenseitig „Subunternehmer der Arbeitgeber“ oder „undemokratisch“ usw. vorwarfen.

Wie auch dem sei, es konnte sich das Interessenbündnis von Gürsel DOGRU und Sadik ÖZBEN beim Machtkampf durchsetzen. Bei nun neugebildetem Vorstand konnte die Gruppe um Sadik Özben 5 von insg. 7 Vorstandsmitgliedern aufstellen.

DIE OFFENSIVE GEGEN GEWERKSCHAFTLICHE ORGANISIERUNG

Die neue Vorstand beschloss in seiner ersten Sitzung als erste Handlung die Entlassung von 3 Kollegen: den Vertreter der Vertrauenskörperschaft, Ümit Yasar Yalgin, den Beschäftigten der Finanzabteilung und Gewerkschaftsmitglied Enver CAVUS und den Beschäftigten der Rechtsabteilung und Gewerkschaftsmitglied Yunus SAHIN,

Der Vorstand begründete die Entlassung von Ümit, der 15 seit Jahren bei TEZ-KOOP-IS arbeitet, offiziell mit „Ineffektivität seiner Leistung“ und die Entlassung der beiden Kollegen, die über 20 Jahre bei TEZ-KOOP-IS beruflich tätig sind, damit, dass sie „keine Ausbildung“ für ihren Beruf besäßen!

Bei der Entlassung wurde den Kollegen nicht einmal die Möglichkeit gegeben, sich dazu zu äußern.

Bei der Entlassung wurden zwingende Vorschriften des geltenden Tarifvertrages beiseite geschoben.

Bei der Entlassung wurde selbst die für die Beschäftigten zuständige Verwaltungsstelle in Ankara weder informiert noch um eine Stellungnahme gebeten.

Der Grund der aggressiven und raschen Entscheidung des Vorstandes lag darin, dass er damit

  • So schnell wie möglich die gewerkschaftliche Organisierung der gewerkschaftseigenen Beschäftigten zerschlagen wollte und

  • mit der Entlassung von gewerkschaftlich aktiven Kollegen neue Stellen für die Leute der Gruppe von Sadik ÖZBEN frei machen beabsichtigte.

Genau aus dieser Erwägung wurde der ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft, Sadik ÖZBEN, gleich nach Entlassungen von drei Kollegen als Berater für Internationales mit einem für türkische Verhältnisse satten Gehalt eingestellt. Darüber hinaus wurde ein weiterer Bündnispartner von Sadik ÖZBEN und ehemaliger Generalsekretär, Hüseyin HAMURCU, als Berater des Vorsitzenden eingestellt. Unter Bezahlung eines guten Honorar versteht sich selbst.

In welchen Fragen die neuen Berater den Vorstand beraten würden, war ja durch ihre Praxis, als sie im Vorstand von TEZ-KOOP-IS saßen, mehr als genug unter Beweis gestellt: die Verhinderung und die Zerschlagung der gewerkschaftlichen Organisierung der Beschäftigten und die Wahrnehmung ihrer Rechte und Freiheiten.

10 von insgesamt 19 Verwaltungsstellen protestierten schriftlich gegen unsere Entlassung durch den Vorstand. Die für die gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten zuständige 4. Verwaltungsstelle in Ankara führte eine Protestkundgebung und eine Presseerklärung vor dem Sitz der Gewerkschaftszentrale in Ankara durch.

Um den Schein der Rechtmäßigkeit ihrer Entscheidung in Bezug auf die Entlassungen zu verstärken zwang der Vorstand das gesamte Personal, auf die von ihm vorgelegte Erklärung ihre Unterschriften aufzusetzen. Wer könnte sich unter der praktizierten Angst der Entlassungen dagegen wehren?

Warum lässt der Vorstand weiterhin nicht zu, dass ein neuer Vertreter der Vertrauenskörperschaft gewählt wird oder der Disziplinarausschuss aufgestellt wird, wenn er rechtsmäßig handelt?

Wir fragen jeden Kollegen und jede Kollegin, die die Gerechtigkeit und das Recht für ein unverzichtbares Gut hält?

Kann eine Gewerkschaft ihre Glaubwürdigkeit aufrecht erhalten, wenn der Vorsitzende einer Gewerkschaft einen von ihm selbst unterzeichneten Tarifvertrag in gröbster Weiser mit Füßen tritt?

Sitzstreik direkt vor der Gewerkschaftszentrale in AnkaraWie kann eine Gewerkschaftsführung glaubwürdig und konsequent gegen ähnliche Verletzungen der Tarifverträge durch Arbeitgeber vorgehen?

Wir, die entlassenen 3 Kollegen, sind nicht nur wegen der Entlassungen zutiefst empört, sondern sehen damit auch all die guten Traditionen von TEZ-KOOP-IS als verletzt und beiseite geschoben an.

Seit dem Tag unserer Entlassung führen wir einen regelmäßigen SITZSTREIK direkt vor der Gewerkschaftszentrale von TEZ-KOOP-IS durch. Und wir sind all den Menschen, die sich mit unserem Widerstand solidarisieren, zutiefst dankbar.

BIS ZUR WIEDEREINSTELLUNG WERDEN WIR MIT DEM SITZSTREIK WEITERKÄMPFEN!

Liebe Kollegen/innen von UNI, unterstützt bitte unsere Forderung.

Versucht mit eurem Einfluss darauf einzuwirken, dass diese sowohl der türkischen als auch der internationalen Gewerkschaftsbewegung schadende Vorgehensweise von TEZ-KOOP-IS zurückgenommen wird.

Bitte schickt eure Kollegen/innen in die Türkei, um den Vorfall vor Ort zu überprüfen.

In der festen Überzeugung eurer Unterstützung schicken wir euch unsere solidarischen Grüße.

Ümit Yasar YALGIN
i.A. aller entlassennen Kollegen
ümityalgin@hotmail.com
Tel: 0090 537 780 01 10

Beauftragter Rechtsanwalt: Ismail ALTUNG, Toros Sokak NO: 27/4, 06430 Sihhiye-Ankara,
Tel: 0090 312 231 81 43, Fax: 0090 312 231 81 44
E-mail: avismailaltin@mynet.com


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