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Updated: 18.12.2012 15:51
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Gewerkschaft dokumentiert systematische Repression und ruft die ILO an

"Am 8. Dezember hat sich der Freie Gewerkschaftsverband "Sierpien 80" (August 80) an die Internationale Arbeitsorganisation mit der Bitte um eine Intervention gewandt. Es geht um Rechtsverletzungen in grundlegenden Fragen von Rechten der Gewerkschaften: Diskriminierung, Einschüchterung und widerrechtliche Entlassungen von Gewerkschaftsvertretern. Des Weiteren wird beklagt, dass Druck auf die Strafverfolgungsbehörden ausgeübt wird, staatliche Institutionen in den Kampf gegen Gewerkschaften einbezogen werden und der Versuch unternommen wird Arbeiterproteste zu kriminalisieren" - so beginnt der Beitrag "Polnische Gewerkschaft "Sierpien 80" bittet Internationale Arbeitsorganisation - ILO - um Intervention" der den Brief des Gewerkschaftsvorsitzenden Boguslaw Zietek vom 8. Dezember 2009 in der zusammenfassenden Übersetzung von Norbert Kollenda wiedergibt.

Polnische Gewerkschaft "Sierpien 80" bittet Internationale Arbeitsorganisation - ILO - um Intervention

Am 8. Dezember hat sich der Freie Gewerkschaftsverband "Sierpien 80" (August 80) an die Internationale Arbeitsorganisation mit der Bitte um eine Intervention gewandt.

Es geht um Rechtsverletzungen in grundlegenden Fragen von Rechten der Gewerkschaften: Diskriminierung, Einschüchterung und widerrechtliche Entlassungen von Gewerkschaftsvertretern. Des Weiteren wird beklagt, dass Druck auf die Strafverfolgungsbehörden ausgeübt wird, staatliche Institutionen in den Kampf gegen Gewerkschaften einbezogen werden und der Versuch unternommen wird Arbeiterproteste zu kriminalisieren. Des Weiteren wird ausgeführt, dass die neoliberale Regierung die Rechte der Gewerkschaften immer weiter beschneidet, sie zentralisieren will und sie so wieder in den Zustand des vergangenen Gesellschaftssystems führen will. Die Arbeitgeber kennen die negative Haltung der Regierung gegenüber den Gewerkschaften und nutzen dies aus. So entlassen sie Gewerkschafter, die sich für die Rechte der Arbeiter engagieren, unter fadenscheinigen Vorwänden. Die Klagen bei den Arbeitsgerichten ziehen sich teilweise über Jahre hin.

Hier werden einige Beispiele aufgeführt:

Am 17. Mai 2007 wurden drei Gewerkschaftsaktivisten von "Sierpien 80" der Zeche "Szczyglowice" aus disziplinarischen Gründen fristlos entlassen. Der Anlass war eine Protestdemonstration bei der sie einige Unregelmäßigkeiten bei der Zeche aufdeckten. Über diese Unregelmäßigkeiten hatten sie vorher die Staatsanwaltschaft informiert. Die gleiche Staatsanwaltschaft, die diese Anzeige nicht bearbeiten wollte, beschuldigte nun die Gewerkschafter, dass sie Leben und Gesundheit vieler Menschen gefährdet hätten. Schon etwas kurios diese Vorwürfe, zumal der Protest nicht unter Tage stattfand. Dafür arbeiten aber in der Leitung des Zechenverbandes weiter Leute, die für Unfälle und Tod vieler Kumpel verantwortlich sind, teilweise sogar auf höheren Posten.

In der Folge werden noch weitere Ungerechtigkeiten im Kohlebergbau gegenüber Gewerkschaftern und zum Nachteil der Kumpel aufgeführt.

Ein Kollege, der Streik bei den Schlesischen Straßenbahnen (sie sollen durch Busse ersetzt werden) im Mai organisierte wurde drei Wochen später entlassen. Nach einer Intervention des Landesverbandes von " Sierpien 80" wurde er zwar wieder eingestellt, aber gleichzeitig ging an die Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen der Organisation eines illegalen Streiks. Die Staatsanwaltschaft nahm die Anzeige an - das Gericht hat dann im Oktober die Anklage zurückgewiesen und die Staatsanwaltschaft belehrt.

Beim Zentralen Rettungsdienst der Wojewodschaft Katowice wurde ein Kollege aus disziplinarischen Gründen entlassen, obwohl er einen dreifachen Kündigungsschutz hatte: als Mitglied des Landesverbandes des Gewerkschaft, Vertreter der Gewerkschaft im Betrieb und weil kurz vor der Berentung steht. In der Begründung hieß es " er würde den guten Ruf des Direktors schädigen". Er hatte die Staatsanwaltschaft und andere Kontrollinstanzen über Unregelmäßigkeiten des Betriebes informiert. Diese Unregelmäßigkeiten wurden durch den Nationalen Gesundheitsfond bestätigt und mit einer Geldstrafe geahndet. Der Direktor des Betriebes ist Mitglied des Rates für Arbeitssicherheit.und rächt sich an dem Kollegen.

Ganz ähnlich ging es dem Arzt Dr. Zbigniew Zdónek im Kreiskrankenhaus Piekary Slaskie, der verschiedene Affären und Unregelmäßigkeiten aufdeckte, den zuständigen Stellen meldete und auch an die Medien weitergab. Zugleich lief in dem Krankenhaus ein Streik gegen die Privatisierung. Nun hat er natürlich Chancen wieder eingestellt zu werden, aber bis dahin ist die Privatisierung durch.

Es gibt viele Beispiele von den Supermärkten der Firma TESCO, wo die Arbeitgeber dabei sind engagierten Gewerkschaftern irgendwelche Unregelmäßigkeiten unterzuschieben, um einen Vorwand für Entlassungen oder gar Strafverfahren zu finden.

In der Folge werden noch mehrere Beispiele aufgeführt, weiter heißt es dann: Im Zusammenhang mit den steigernden Attacken auf Gewerkschaften und auch persönlich an ihre Vertreter, könnte es bald zu führen, dass Gewerkschaften und Mitglieder fehlen werden, die für die Arbeitnehmerrechte eintreten.

Im vorliegenden Schreiben haben wir uns einen Ausschnitt von Aktivitäten gegen Gewerkschaften und Gewerkschafter aufgezeigt. Es sind nicht alle Fälle beschrieben. Wir haben nur Repressalien aufgezeigt, die unsere legale Gewerkschaft betreffen. Andere Gewerkschaften haben ähnliche Probleme.

In diesem Sinne beantragt der Landesverband der Freien Gewerkschaft "Sierpien 80" (August 80) eine schnelle Intervention seitens der Internationalen Arbeitsorganisation, damit die Rechte und die Freiheit der Gewerkschaften in Polen eingehalten werden.

Katowice, 08.12. 2009

Boguslaw Zietek Vorsitzender der Freien Gewerkschaft August 80 Przewodniczacy WZZ "Sierpien 80"

Aus dem Polnischen übersetzt und gekürzt: Norbert Kollenda


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