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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Abkommen zu erwünschten und unerwünschten Zuwanderern: Mali sagt erneut ,merde' zu Frankreich Zum vierten Mal hintereinander hat die westafrikanische Republik Mali am vergangenen Donnerstag, den 8. Januar 09 die Unterzeichnung eines Abkommens mit Frankreich über die "gemeinsame Verwaltung der Migrationsströme" ( sur la gestion concertée des flux migratoires ) verweigert. An jenem Donnerstag musste der Generalsekretär des französischen Ministeriums "für Einwanderung und nationale Identität", Patrick Stéfanini, unverrichteter Dinge aus Bamako wieder abreisen. Zuvor war es beiden Seiten nicht gelungen, zu einer Vereinbarung gelangen. Gleichzeitig demonstrierten mehrere hundert Menschen gegen das geplante Abkommen, in der Hauptstadt Bamako und in der Bezirkshauptstadt Kayes - im Westen des Staatsgebiets und im Mittelpunkt einer trocken-halbenwüstenhaften Zone, aus welcher ein Großteil der Ausland lebenden Arbeitsmigranten aus Mali stammt. Hätten die beiden Staaten das geplante Abkommen unterzeichnet, dann wären sie übereingekommen, dass Mali sich im Falle einer Abschiebung zur "Rücknahme" seiner als unerwünschte Einwanderer nach Frankreich gelangenden oder als Sans papiers (illegalisierte Zuwanderer) in Frankreich lebenden Staatsbürger verpflichtet. Im Gegenzug hätte Frankreich sich bereit erklärt, eine bestimmte - vorab kontingentierte - Anzahl von Arbeitsmigranten auf seinem Boden aufzunehmen. In letzter Minute hatte Frankreichs Delegation sich laut einem Verhandlungsteilnehmer sogar bereit gezeigt, an letzterem Punkt einige unerwartete Konzessionen an die malische Seite zu machen. (Vgl. www.lemonde.fr/web/depeches/0,14-0,39-38081045@7-37,0.html ) Dies belegt freilich nur, wie sehr die französische Seite auf den Abschluss eines entsprechenden bilateralen Vertrages drängt. Schon mehrfach hatte die Republik Mali, die zu den wenigen "wirklichen" (bürgerlichen) Demokratie in der französischen Einflusszone in Afrika zählt, in jüngerer Vergangenheit ihre Unterschrift unter ein solches Abkommen verweigert. (Vgl. http://www.antifaschistische-nachrichten.de/2008/24/2euafrika2.shtml ; http://www.labournet.de/diskussion/grundrechte/asyl/migragipfel3.html ) Einer der Hauptgründe dafür besteht in den erheblichen Widerständen, die sich nach wie vor unter den in Frankreich lebenden Staatsbürgern des westafrikanischen Landes wie auch in der "Zivilgesellschaft" Malis gegen eine offiziell akzeptierte "Rücknahme" von Abgeschobenen rühren. Während in Bamako die Verhandlungen liefen und ins Stocken gerieten, demonstrierten in Paris auch "Auslandsmalier" gemeinsam mit Solidaritätsinitiativen vor dem Konsulat Malis gegen Konzessionen an dieser Frage. Um die Scharte symbolisch auszuwetzen, konnte die französische Delegation am darauffolgenden Tag - Freitag, den 9. Januar - ein vergleichbares Abkommen mit dem Nachbarland Burkina-Faso in dessen Hauptstadt Ouagadougou unterzeichnen. Der zuständige französische Minister Brice Hortefeux setzte seine Unterschrift unter die Vereinbarung, die auch 6 Millionen Euro "Entwicklungshilfe" über einen Zeitraum von drei Jahren - als faktischen Lohn für die Kooperationsbereitschaft der Regierung Burkina-Fasos unter Präsident Blaise Compaoré - vorsieht. Gleichzeitig wurde auch eine identische Vereinbarung zwischen Frankreich und der "Westafrikanischen Währungsunion" UEMOA unterzeichnet. Die UEMOA erkennt sich eine Zuständigkeit für die Thematik, da ihre Mitgliedsländer durch ein Assoziierungsabkommen untereinander verbunden sind, das auch Aspekte der Personenfreizügigkeit behandelt. Die frühere Kolonialmacht in der gesamten Region, Frankreich, ist ohnehin de facto Partei des Abkommens zur Währungsunion - denn die in ihren Mitgliedsländern benutzte Währung, der ,franc CFA', war früher durch einen festen Wechselkurs an den französischen Franc und ist jetzt in identischer Weise an den Euro angekoppelt. (Das Kürzel ,CFA' stand früher für "Colonies françaises en Afrique" - französische Kolonien in Afrika -, nunmehr steht es für "Communauté financière africaine" oder "afrikanische Finanzgemeinschaft". De facto ist dennoch die post- und neokoloniale Kontinuität vollauf gewahrt.) Um sein Gesicht zu wahren, verkündete Hortefeux bei seiner Etappe in Ouagadougou, auch in den Verhandlungen mit dem widerspenstigen Mali gebe es durchaus Fortschritte: "95 Prozent" des umstrittenen Abkommens seien unterschriftsfrei. Nur bei den verbleibenden fünf Prozent, bei denen das Verhandlungsergebnis noch ausstehe, müsse man "weiterkommen". Er, Hortefeux, habe "großen Respekt" für den malischen Präsidenten Amadou Toumani Traoré - kurz "ATT" genannt -, der "eine intelligente, lebendige dynamische und wachsame Persönlichkeit" sei. "Aber was ich sage", fügte er hinzu, "ist, dass die Diskussion auf ruhige, gelassene Art und Weise geführt werden muss." Was immerhin darauf hindeutet, dass es ziemlich lebhaft hergegangen sein muss. - Brice Hortefeux hatte selbst nicht in Mali Station gemacht, wohin sein Generalsekretär Stéfanini gereist war, und hatte stattdessen seit vorigem Mittwoch Togo, Benin und am Schluss Burkina-Faso besucht. Dies alles erklärte Hortefeux im Anschluss an Gespräche mit dem burkinabesischen Präsidenten Blaise Compaoré. Letzterer regiert sein Land seit 1987 ohne Unterbrechung. Damals kam er durch einen Rechtsputsch mit französischer Unterstützung gegen seinen Amtsvorgänger, den revolutionär orientierten - und nach wie vor in ganz Westafrika populären - Präsidenten Thomas Sankara an die Macht. Sankara wurde dabei am 15. Oktober 1987, nach gut vierjähriger Regierungszeit, ermordet. Bislang haben acht afrikanische Staaten, Burkina-Faso eingerechnet, entsprechende Abkommen mit Frankreich unterzeichnet. Die anderen sieben sind die Kapverdischen Inseln, die Republik Senegal, Benin, die Öl-Mafiosirepublik Gabun, die Demokratische Republik Kongo (früher Zaire), Tunesien und die Insel Mauritius. Aber die mit Abstand stärksten Widerstände gegen eine solche Politik bestehen offenkundig im westafrikanischen Staat Mali, dessen Bevölkerung im März 1991 die vormalige Militärdiktatur unter Moussa Traoré gestürzt und selbst die Demokratie eingeführt hat. Derzeit leben rund vier Millionen Malier im Ausland (gegenüber zwölf Millionen innerhalb Malis), davon der größte Teil als Arbeitskräfte in - vergleichsweise - wirtschaftlich bessergestellten Nachbarländern wie Elfenbeinküste und Senegal. Rund 200.000 Staatsbürger leben in Europa. Unter ihnen geschätzte 120.000 auf französischem Boden, davon 45.000 mit gesetzlichen Aufenthaltstiteln. Artikel von Bernard Schmid vom 13.1.09 Vgl. auch:
Vom Verfasser erscheint demnächst folgendes Büchlein über den französischen Neokolonialismus in Afrika: http://www.unrast-verlag.de/unrast,2,314,4.html |