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Updated: 18.12.2012 15:51
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Offener Brief an die Teilnehmer der Jahreskonferenz der ILO

An alle Arbeiterinnen und Arbeiter weltweit,
An die Gewerkschaften und Arbeiterorganisationen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Das diesjährige Treffen der Internationalen Organisation der Arbeit ILO, findet unter dem Zeichen brutaler Unterdrückung der Veranstaltungen anlässlich des 1. Mai im Iran statt. Dutzende Aktivisten der Arbeiterbewegung sitzen seit dem 1. Mai, wegen Wahrnehmung ihrer elementarsten Rechte in den iranischen Gefängnissen. Sie werden misshandelt und geschlagen und gefoltert; ihre Familienmitglieder werden schikaniert und beim Gang zur Justizbehörde sogar zusammengeschlagen. Doch seitens dieses Regimes wird eine Delegation nach Genf geschickt. Neben 4 offiziellen Vertretern des Staates kommen auch 2 Funktionäre des sog. Haus der Arbeiter zur diesjährigen Sitzung. Das Haus der Arbeiter ist der lange Arm des Staates in den Betrieben. Es ist ein Organ der Bespitzelung, eine staatliche gelenkte Bande zur Unterdrückung der Arbeiterbewegung.

Es dürfte allen engagierten Menschen bekannt sein, dass:

  • die friedliche 1.Mai Versammlung durch Sicherheitskräfte und Milizen brutalst niedergeschlagen wurde. Über 150 Beteiligte wurden festgenommen und mehrere Personen wurden verprügelt und mit Verletzungen ins Gefängnis gebracht. Vier Wochen nach dem 1.Mai sind immer noch mehr als 50 Personen in Haft. Einige der Inhaftierten werden noch immer verhört und sind schwersten Misshandlungen ausgesetzt. Ein rechtlicher Beistand wurde bis jetzt, über einen Monat nach der Verhaftung, den Gefangenen nicht eingeräumt.

  • Mansour Ossanlou - Vorsitzender der Vahed Gewerkschaft - wurde nach seiner Rückkehr von der ITF-Konferenz im Jahre 2006 verhaftet und sitzt seitdem eine 5 jährige Haftstrafe unter schwersten Bedingungen ab. Ihm wird trotz schwerer Krankheit nicht mal das Recht der medizinischen Versorgung gewährt. Auch Ebrahim Madadi, Ossanlou's Stellvertreter sitzt in Haft.

  • Auch die Beschäftigten der Rohrzuckerfabrik Haft-Tappeh sind seit der Gründung ihrer Gewerkschaft - nach harten Kämpfen für die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze -einer Welle der Schikane und Repressalien ausgesetzt. Mehrere Vorstandsmitglieder dieser Gewerkschaft wurden verhaftet, angeklagt und zu insgesamt mehr als 25 Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Ali Nejati, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft wurde von seiner Arbeit entlassen. Der Grund hierfür ist das Fernbleiben von seiner Arbeitsstätte, obwohl dem Arbeitgeber bekannt war, dass er zu dieser Zeit inhaftiert war.

  • Susan Razani und Shiva Kheirabadi wurden am 18. Februar 2009 wegen der Teilnahme an 1.Mai Veranstaltungen zu 70 bzw. 15 Peitschenhieben verurteilt.

  • Ghaleb Hosseini wurde wegen der Teilnahme an einer 1.Mai Veranstaltung im Jahr 2008 zu 50 Peitschenhieben und sechs Monaten Haft verurteilt.

  • Während die Armutsgrenze nach offiziellen Angaben für eine vierköpfigen Familie umgerechnet 870 € entspricht, wurde der Mindestlohn durch die Regierung auf 265 € festgelegt.

Die o.g. Fälle, die eindeutig gegen elementare Rechte der Arbeiter und Bestimmungen der ILO verstoßen, stellen einen Bruchteil der Repressalien des iranischen Staats gegen die arbeitende Bevölkerung dar. Nicht zuletzt deshalb fordern die regierungsunabhängigen Gewerkschaften und Arbeiterorganisationen seit mehreren Jahren den Ausschluss Irans aus der ILO. Dies gilt insbesondere dass die Vertreter des iranischen Regimes von der ILO ausgeschlossen werden.

Wir, die Unterzeichner, haben uns bereits 2007 vor dem ILO Gebäude versammelt und gegen die Teilnahme der iranischen Vertreter demonstriert. Die Anwesenheit dieser Vertreter, ist eine schallende Ohrfeige für die gesamte Arbeiterschaft im Iran, wie auch für die weltweiten Gewerkschaften. Während viele Gewerkschaften gegen das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte bei den diesjährigen Maiveranstaltungen protestiert haben, hat die ILO dies merkwürdigerweise stillschweigend hingenommen.

Wie kann eine Organisation den Anspruch erheben, eine internationale Interessenvertretung der Arbeit, also "ILO" zu sein und gleichzeitig die Augen vor der offenen Unterdrückung, Inhaftierung und Auspeitschen der Arbeiter in einem der Mitgliedsländer zu verschließen? Wie kann man Mansour Ossanlou, Vorsitzender der Gewerkschaft der Busbetriebe Teherans und Umgebung (Vahed), zu internationalen Konferenzen der ITF- und ITUC einladen, und im Nachhinein seine Inhaftierung durch das iranische Regime dulden und zugleich dessen Zuchtmeister mit offenen Armen empfangen?

Die Frage ist, welche Interessen die vertritt die ILO und wie kann sie angesichts dieser klaren Widersprüche eine Legitimität beanspruchen? Und wo stehen die teilnehmenden Gewerkschaften?

Während die ILO mit ihrem Schweigen ein grünes Signal an den Unterdrückungsapparat des iranischen Regimes sendet, erwarten wir eine eindeutige Stellungnahme der Gewerkschaften und hoffen, dass damit ein Zeichen der Solidarität mit den iranischen Arbeitern und Arbeiterinnen gesetzt wird.

02. Juni 2009

Gruppe zur Solidarität mit der Arbeiterbewegung - Berlin
Solidaritätskomitee mit den iranischen ArbeiterInnen - Hamburg
Verein zur Solidarität mit den iranischen Arbeitern - Köln


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