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Updated: 18.12.2012 15:51
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Der Regierungsmacher. Der Kriegstrommler. Seine Methoden, die europäische Musterdemokratie und ...

...die Peinlichkeit der Gewerkschaft. Sind die Themen einer kleinen kommentierten Materialsammlung zu einem gewissen Herrn Murdoch, einer eingestellten Zeitung, diversen Wahlsiegern und in welche peinliche Position man kommen kann, wenn man jeden Arbeitsplatz verteidigen will, egal, was da getrieben wird. Ach ja: die britische Demokratie gilt als Modell. Ist sie ja wohl auch. Die Zusammenstellung "Murdoch - der Regierungsmacher" vom 21. Juli 2011.

Wählt Cameron - und bekommt Murdoch!

Das war eines der Wahlplakate, die Cameron nicht am Sieg hindern konnten. Woraus zunächst einmal nur deutlich wird, dass "Murdoch" als politische Bezeichnung durchaus bereits als negative Zuschreibung verwendet wurde, es also keinesfalls um völlige Neuigkeiten gehen kann. Um das Bild abzurunden: Murdochs Medienimperium setzte sich bei den Wahlen zuvor eindeutig für Tony Blair ein. In dem Bericht von der parlamentarischen Anhörung der Murdochs "Rupert Murdoch's phone-hacking humble pie" externer Link von Patrick Wintour am 19. Juli 2011 im Guardian wird deutlich unterstrichen, dass Murdoch Vater und Sohn beide sich die Hände in Unschuld wuschen, sie hätten von den Telefonabhörungen und Polizeibestechungen der News of the world nichts gewusst. Auch der BBC-Bericht über die Anhörung "Phone hacking: 'Humbled' Murdoch rejects blame" externer Link vom 20. Juli behandelt nahezu ausschliesslich die Fragen, auf die auch die Anhörung beschränkt war - was wussten die Besitzer des Medienkonglomerats?

Im Vorfeld der Ausschusstagung hatte Murdoch nach langem Schweigen ein Interview gegeben - in dem ihm gehörenden Wall Street Journal...unter anderem mit Angriffen auf den früheren Labour Premierminister Gordon Brown, was in dem Artikel "Ein Geflecht aus Medien und Verbrechen" externer Link von Chris Marsden am 19. Juli auf der World Socialist Website so kommentiert wird: "Brown wurde von vielen Journalisten und Politikern Heuchelei vorgeworfen. Diese beriefen sich auf seine langjährigen Verbindungen mit Murdoch und taten seine Rede als Erguss eines Beleidigten ab, da News International im Jahr 2009 dazu überging, statt Labour die Konservativen zu unterstützen. Aber Antipathie gegenüber Brown, der einer der Architekten von New Labour und ein williger Handlanger der Wirtschaft war, darf nicht davon ablenken, dass diese Kampagne darauf abzielt, das, was er ans Licht gebracht hat, wieder zu vergraben, indem der Überbringer schlechter Nachrichten getötet wird".

Keineswegs nur "News of the World"

Um nur ein Beispiel aus der Reihe der (keineswegs nur englischen) Medienskandale anzuführen, sei hier auf den Boykott der Zeitung "The Sun" durch breiteste Teile der Bevölkerung von Liverpool angeführt - seit 1989. Damals starben 96 Menschen in einer Katastrophe im Fußballstadion von Hillsborough (Sheffield). Die Zeitung, gerade in einer ihrer Polizeistaatskampagnen engagiert, beschimpfte die Liverpooler Fußballfans in übelster Weise und entgegen jeder Faktenlage. Der Beitrag "Liverpool was right about News International all along" externer Link von Billy Brag am 13. Juli 2011 im Guardian zeichnet diese einfache und brutale Geschichte nach. Dieses Beispiel soll Hinweis darauf sein, dass es sich eben nicht um einen begrenzten Skandal eines einzelnen Blattes oder auch unternehmens handelt, sondern um ein System, das sich speziell in den letzten 50 Jahren weltweit entwickelt hat - Murdoch fing 1969 an, der brasilianische Moloch TV Globo wurde mit freundlicher Starthilfe der Militärdiktatur 1967 begonnen...

Zu diesem System schreibt Susil Gupta am 15. Juli 2011 in seinem Artikel "Murdoch's Mafia" externer Link in counterpunch nicht nur über alltägliche Verwobenheit mit den führenden politischen, sondern auch mit den führenden Polizeikreisen - und verweist als weiteres Beispiel auch auf den Medienunternehmer Berlusconi... ebenfalls in counterpunch vom 15. Juli erinnert in "The Blood on Murdoch's Hands" externer Link Autor DAVID SWANSON an die konkreten politischen Kampagnen des Konzerns - hier vor allem, wie und wann die Kriegstrommeln gerührt wurden.

Und wenn es auch klar ist, dass etwa mit dem Betreiben der "Times" in erster Linie politischer Einfluss gesucht (und gefunden) wird, ein Minusgeschäft kann sich auch rechnen, so ist andrerseits deutlich, dass ein unternehmen Gewinn machen muss - unter anderem zu ermöglichen anhand der Nichtbezahlung der Steuern bzw zu niedrigeren Sätzen, wie in dem Beitrag "Murdoch Empire and tax avoidance in the UK" externer Link von press droid am 11. Juli 2011 im indymedia UK nachvollzogen wird.

Schliesslich: "Die Bestechlichen" externer Link heisst der Beitrag von Alexander Menden am 21. Juli 2011 bei der Süddeutschen Zeitung in dem die Rolle von Scotland Yard in diesem Skandal - und vorher - nachgezeichnet wird...

Keineswegs nur in England

Die Machenschaften des News of the World Blattes bzw seiner Redakteure mögen jetzt im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit stehen - aber solches Vorgehen ist weder bei Murdoch auf England beschränkt, noch gar auf eine Zeitung dort - und auch nicht auf dieses Unternehmen.

In dem Beitrag "Murdoch ist nur Symbol und Teil des Problems der Zerstörung der demokratischen Willensbildung und der Entmachtung der Mehrheit" externer Link am 20. Juli 2011 bei den Nachdenkseiten wird die Schlussfolgerung gezogen: "Die Konsequenz müsste sein, dass nicht nur über die schlimmen Abhör-Machenschaften sondern über die Medienmacht des einen Konzerns in Großbritannien diskutiert wird und dass man das Problem der mangelnden Pluralität angeht". Was eben keineswegs nur für Großbritannien gilt. In diesem Beitrag auf den Nachdenkseiten findet sich auch folgendes Zitat: "Dabei wäre Rupert Murdoch zumindest im Vereinigten Königreich nicht der, der er ist, hätte er nicht von Anfang an die Unterstützung der Politik gehabt, die er gleichzeitig wie kein zweiter beeinflusste. Seit dem Kauf der "News of the World", mit der der gebürtige Australier 1969 sein britisches Protektorat begründete, sah er sich als Königsmacher. Er hatte den Segen seiner konservativen Schwester im Geiste Margaret Thatcher, als er vor genau 25 Jahren der britischen Druckergewerkschaft das Genick brach. Thatcher selbst hatte Murdoch die Genehmigung verschafft, "Times" und "Sunday Times" zu kaufen. Damals ging die Polizei mit Härte gegen die streikenden Drucker vor und Murdoch ließ kostenlose Ausgaben seiner Blätter an die Polizisten verteilen. Manchem Gewerkschafts-Veteranen scheint es heute, als habe damals die unselige Zusammenarbeit von Teilen der Ordnungsmacht mit Murdoch-Zeitungen begonnen". Das ist aus dem Kommentar "Lord Voldemort der politischen Klasse" externer Link von Brigitte Baetz am 19. Juli 2011 beim Deutschlandfunk und charakterisiert die politische Positionierung des grössten Medienkonzerns in aller Deutlichkeit. Um nur eines von vielen aktuellen möglichen Beispielen zu dokumetieren hier der Verweis auf ein Transkript einer Gewerkschaftsveranstaltung in Liverpool, die am 28. Juni in Liverpool stattfand zur Verteidigung des staatlichen Gesundheitsdienstes NHS "Defend Our NHS - transcript of Liverpool public meeting" externer Link das bei den Kollegen von LabourNet UK dokumentiert ist - und wo verschiedenste Sprecher auf die konzentrierte Medienkampagne gegen den NHS verweisen.

Nicht nur in England heisst einerseits: Murdochs Imperium wirkt in vielen Ländern. In dem Artikel "Murdoch am Ende" externer Link von Philipp Schläger am 20. Juli 2011 in der jungen welt wird vor allem über die Auswirkungen der Ereignisse auf Murdochs Geschäfte in den USA berichtet und spekuliert. In der Blogübersicht "Australia: Regime Change Rupert Murdoch Style" externer Link vom 16. Juli 2011 bei Global Voices gibt Kevin Rennie einen Einblick in die konkreten Machenschaften Murdochs in seiner Heimat Australien...

Nicht nur in England heisst aber auch: Keineswegs nur Murdoch, was etwa in dem Artikel "Rupert Murdoch y los latifundios mediáticos" externer Link von Luis Hernández Navarro am 19. Juli 201 in der mexikanischen Zeitung La Jornada bedeutet, Paralellen zu ziehen zwischen Murdoch und, im konkreten Fall, der in Mexiko domierenden Televisagruppe. Und in dem Beitrag "Die traurige Hinterlassenschaft von Leo Kirch" externer Link skizziert Wolfgang Lieb am 15. Juli 2011 die Mediengeschäfte in der BRD, inklusive der nachträglichen Auszahlung von Beratungshonoraren...

Alternativen ?

Die britische Journalistengewerkschaft NUJ hatte sich am 07. Juli 2011 so geäussert: "NUJ condemns Murdoch's closure of the News of the World" externer Link - schliesslich würden dabei Arbeitsplätze verloren gehen und der "normale arbeitende journalist" sei schliesslich nicht Schuld an der Sache...Wohlgemerkt spricht die NUJ hier nicht von Druckern usw sondern von Journalisten, die die Revolverblätter der Reaktion produzieren. Umso peinlicher, wenn dies ausgerechnet die Gewerkschaft tut, die seit 1936 einen "Code of conduct" externer Link für Journalisten bereit hält (lange, bevor dies in Unternehmenskreisen eine Art Modebegriff wurde) der im direkten Gegensatz zu den Praktiken der News of the world Truppe steht... Dabei wäre, im Journalismus vielleicht noch mehr als in allen anderen Branchen, wo es auch gilt, "decent work" als gesellschaftliche Bewegung nur zu ermöglichen, wenn dies eben nicht nur Arbeitsbedingungen, sondern auch Arbeitsinhalte bedeuten würde.

So aber werden die Ansätze zu Alternativen von anderswo ausgehen müssen. So schlägt etwa der australische Wissenschaftler Dr Gideon Polya in "Boycott Murdoch Media and other MSM over Egregious Censorship, Warmongering and Climate Change Denial" externer Link am 21. Juli 2011 bei bellaciao nicht nur eine Boykottkampagne wegen Inhalten vor, sondern überlegt auch Wege, Gegengewichte organisieren zu können. In "Social media campaign takes on Rupert Murdoch's News Corp." externer Link gibt Deborah Mackay am 08. Juli 2011 bei the next web einen Überblick über die verschiedenen Aktivitäten von Alternativmedien, in dieser Situation größeren Raum zu bekommen.

Zusammengestellt und kommentiert von Helmut Weiss


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