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Updated: 18.12.2012 15:51
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Hungerstreik in Belfast

Entlassene Gewerkschafter verweigern Nahrungsaufnahme, um Unterstützung durch ihre Organisation zu erzwingen. Bedrohung durch paramilitärische Gruppen

Artikel von Christian Bunke, zuerst erschienen in der jungen Welt vom 27.05.2008

Am Montag begann Gordon McNeill seinen zwölften Tag im Hunger- und Durststreik. Er ist einer von drei Beschäftigten der Sicherheitsfirma ICTS, die vor sechs Jahren als Vertrauensleute der Transportarbeitergewerkschaft TGWU die Interessen ihrer Kollegen am Belfaster Flughafen vertraten. Alle drei sind abwechselnd im Hunger- und Durststreik, der sich gegen die Führung ihrer eigenen Gewerkschaft richtet.

Rückblende: Vor sechs Jahren hieß der Führer der TGWU noch Bill Morris. Dieser war einer der korruptesten Gewerkschaftschefs seiner Generation. In Belfast organisierte Morris ein Stillhalteabkommen zwischen den dort tätigen Konzernen und der Gewerkschaft. Gordon McNeill, Chris Bowyer und Madan Gupta wollten dies nicht so einfach hinnehmen. Die aktiven Gewerkschafter und Sozialisten beschlossen, mit der ICTS-Belegschaft den Kampf aufzunehmen. Sie schafften es, den Gewerkschaftssekretär Joe McCusker zur Einleitung einer Urabstimmung zu zwingen. Dabei sprachen sich 99 Prozent der Beschäftigten für die Durchführung von Streiks aus, um eine Erhöhung der Stundenlöhne von 5,50 auf 6,00 Pfund (7,50 Euro) zu erreichen.

Die Arbeitsniederlegung fand statt, ICTS drohte mit Entlassungen. Daraufhin verschwand McCusker spurlos. Für die Vertrauensleute bei ICTS, die er eigentlich zu vertreten hatte, war er nicht mehr zu sprechen. ICTS hatte diese Probleme nicht. Manager des Unternehmens trafen sich zwei Tage nach dem Streik mit McCusker in einem Hotel. Dieser distanzierte sich schriftlich von der Aktion. Dies gab der Unternehmerseite die Möglichkeit zum Gegenschlag. Die Hälfte aller am Ausstand beteiligten Angestellten wurde entlassen, darunter alle aktiven Vertrauensleute. McNeill, Bowyer und Gupta strengten daraufhin einen Arbeitsprozeß gegen ICTS an. Die TGWU weigerte sich, die Kosten zu übernehmen. Also mußten sich die drei hochgradig verschulden, um die Sache aus eigener Kraft durchzustehen.

Im Urteil bestätigte das Arbeitsgericht, daß die Vertrauensleute allein wegen ihrer gewerkschaftlichen Tätigkeit und aufgrund ihrer sozialistischen Überzeugung entlassen wurden. Dies ist potentiell ein wichtiger Erfolg für die Arbeiterbewegung in Nordirland und darüberhinaus.

Doch die TGWU, jetzt unter der Führung von Tony Woodley, sieht das offenbar anders. Bis heute weigert sie sich, die Gerichtskosten zu übernehmen. In den vergangenen Jahren wurden die drei Kollegen wiederholt aufgefordert, ihre Anstrengungen gegen ICTS und für ihre Wiedereinstellung zu beenden. In Akten der TGWU ist zudem zu lesen, daß es Morddrohungen von seiten paramilitärischer Organisationen gegen die drei gegeben hat. Madan Gupta wurde gar einmal entführt und mit einer Pistole bedroht – mit der Aufforderung, den Kampf aufzugeben.

Die drei Aktivisten sind durch den Fall hoch verschuldet. Sie können jederzeit ihre Häuser verlieren. McNeill und Bowyer sind auf einer schwarzen Liste und finden keine Arbeit. McNeill erklärte, er sei bereit, »bis zum Ende zu gehen«, um die TGWU zumindest zur Übernahme der Anwaltskosten zu zwingen.


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