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Updated: 18.12.2012 15:51
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Frankreich:

Neue Einwanderungspolitik: Quoten für "erwünschte" Arbeitsimmigration, Repression für den Rest

Die regierende konservative Einheitspartei UMP (gegründet 2002 neue Sammlungsbewegung von Neogaullisten, Liberalen und Marktradikalen) bereitet sich darauf vor, das Thema "Immigration" in den kommenden Monaten erneut in den Mittelpunkt zu rücken. Premierminister Dominique de Villepin, der sich "100 Tage Zeit, um zu überzeugen" gegeben hat und möglicherweise nur eine Übergangsregierung anführt, hat die ersten Tage seiner Amtszeit vor allem zu Ankündigungen in den beiden Problembereichen "Beschäftigungspolitik" und "Einwanderung" gewidmet. Nach der Regierungserklärung vom Mittwoch, 8. Juni folgte am Donnerstag, 9. Juni ein Seminar der Regierungspartei UMP zum Thema "Immigration". Ton angebend war hier sein große Rivale, der amtierende Innenminister und gleichzeitige UMP-Chef Nicolas Sarkozy. Der Premierminister seinerseits setzte am selben Tag ein neues ressortübergreifendes Ministerkomitee "für die Kontrolle der Zuwanderung" (Comité interministériel pour le contrôle de l`immigration) ein.

Die französischen Sozialdemokraten sind der Ansicht, dass die bürgerliche Rechte es wahrscheinlich sogar zu einem der zentralen Wahlkampfthemen für das "Superwahljahr" 2007 machen wolle. Im übernächsten Jahr finden in Frankreich die kommenden Präsidentschafts- und wenige Wochen später die Parlamentswahlen statt, in einem knapp Jahr Abstand gefolgt von den frankreichweiten Rathauswahlen.

Neues (altes) Wahlkampfthema?

Gelingt das Vorhaben, würde die Frage der Einwanderung die beiden, in den letzten 3 bis 4 Jahren dominierenden Superthemen "Innere Sicherheit" und "Soziales" ablösen. Die Einwanderungspolitik war in den Jahren von 1983 bis etwa 1997 ein zentrales Thema der französischen Innenpolitik (siehe Näheres dazu in unten stehendem Kasten).

Die Grundlagen der künftigen Einwanderungspolitik

Der neue "Superstar" der konservativen Rechten, Nicolas Sarkozy, will diese Politik nun nach beiden Seiten hin kräftig weiterentwickeln. Also sowohl in den repressiven Bereich (gegen unerwünschte Einwanderer) hinein, als auch in integrativer Richtung bzw. im Sinne der Herausbildung einer (schmalen) "Elite" aus der Einwanderungsbevölkerung.

Zunächst zum repressiven Flügel des Regierungsprogramms. Wie der damalige Innen- und jetzige Premierminister Dominique de Villepin bereits Anfang Mai dieses Jahres verkündete, schätzt die französische Regierung der derzeit "illegal" sich im Lande aufhaltenden Einwanderer (oder Sans papiers, also Einwanderer "ohne Dokumente", d.h. ohne Aufenthaltstitel) auf "200.000 bis 400.000". Diese Schätzung ist wahrscheinlich ziemlich realistisch. Diese illegalisierten und entsprechend prekarisierten Einwanderer bilden ein fest in den Bedarf der Wirtschaft eingeplantes Potenzial an "flexibel" einsetzbaren Arbeitskräften für bestimmte Sektoren wie die Bauindustrie, das Reinigungsgewerbe (v.a. Gebäudereinigung, Putzen von Glasfassaden usw.) und die Gastronomie.

Mehr Abschiebungen

Allerdings lautet die Position der grundsätzlich äußerst wirtschaftsnahen, konsersativen Regierung, dass die Zahl der "illegalen" Einwanderer heute jene der nützlicherweise "vorrätig zu haltenden" Arbeitskräfte tendenziell übersteige. Gleichzeitig erwartet die bürgerliche Rechte von den Auswirkungen der EU-Osterweiterung, dass eine neue innereuropäische "Billiglohnkonkurrenz" auf den Arbeitsmärkten entstehe. Bisher ist diese ihrerseits noch weitgehend "illegalisiert", da Frankreich ähnlich wie Deutschland die bei der Osterweiterung der EU von 2004 vereinbarte Option auf Hinauszögerung der Freizügigkeit für osteuropäische Arbeitskräfte geltend macht. Die Niederlassungsfreiheit für polnische u.a. Arbeitnehmer kann demnach für zunächst zwei, später für weitere drei Jahre verweigert werden. Frankreich, Deutschland und fast alle EU-Mitgliedsländer außer den britischen Inseln machen von dieser Option Gebrauch. Deswegen kommen viele polnische u.a. Arbeitskräfte derzeit als Schein-Selbständige, um ihre Arbeitskraft selbst unter tendenziell "illegalen" Bedingungen auf den Arbeitsmärkten anzubieten. Die von vielen befürchtete "Billiglohnkonkurrenz" bildete eines der zentralen Themen im jüngsten Abstimmungskampf über die EU-Verfassung. (Die Mehrheit der linken Vertragsgegner antwortete darauf freilich nicht durch Forderungen nach Hinauswurf dieser Arbeitnehmer, sondern nach verbindlichen Mindestlöhnen und EU-weiter Vereinheitlichung der Sozialstandards.) Die regierende Rechte versucht nun, eine repressive und tendenziell rassistische Antwort auf die laut gewordenen Ängste zu geben, die sich vor allem gegen die "illegalen" Einwanderer aus Afrika und Asien richten soll, da mit dem Osten der EU eine Neuzusammensetzung des Arbeitskräftereservoirs ansteht.

Entsprechend verspricht Innenminister Sarkozy eine drastische Erhöhung der "effektiv vorgenommenen Abschiebungen. Nach vorliegenden offiziellen Zahlen wurden 2001 insgesamt 9.227 unerwünschte, "illegale" Einwanderer tatsächlich abgeschoben. In den folgenden Jahren stieg ihre Zahl auf 10.067 (2002), dann 11.692 (2003) und später auf bisher geschätzte 16.000 im Jahr 2004. Das ist u.a. auf den Druck von Nicolas Sarkozy, der von Mai 2002 bis April 2004 bereits einmal als Innenminister amtierte, auf die untergebenen Polizeiorgane zurückzuführen.

Für das laufenden Jahr 2005 verspricht Sarkozy, der einem großen "Effektivitäts"kult (wobei "Effektivität" sich bei ihm stets in Zahlen ausdrückt) anhängt, 25.000 tatsächlich erfolgte Abschiebungen.

Gleichzeitig soll eine Spezialpolizei zum Aufgreifen unerwünschter "illegaler" Einwanderer gegründet werden.

Quoten für erwünschte Neueinwanderer

Gleichzeitig spricht Sarkozy sich, unter dem Begriff der "ausgewählten Zuwanderung" (immigration choisie), sich für jährlich vorab festzulegende Quoten von Neuzuwanderern aus. Dabei soll nach Kriterien, zu denen vor allem das Alter und die berufliche Qualifikation zählen sollen, jedes Jahr neu das Ausmaß der erwünschten Neueinwanderer festgelegt werden. Sarkozy denkt dabei vor allem an "Facharbeitskräfte, Unternehmensgründer, Wissenschaftler und Universitätsprofessoren". Zum Vorbild hat er sich das kanadische System erkoren, wobei in dem nordamerikanischen Land (das einen sehr aufnahmefähigen Arbeitsmarkt hat) allerdings deutlich großzügigere Quoten bestehen, als sie in Frankreich in näherer Zukunft zu erwarten sind.

Im Februar 2005 hatte es noch eine öffentliche Polemik zwischen Sarkozys damaligem Nachfolger im Innenministerium, Dominique de Villepin, und UMP-Chef Sarkozy gegeben. Damals hatte Sarkozy sich erstmals offen für Zuwanderungsquoten eingesetzt. Villepin hatte ihm widersprochen: Solche Quoten widersprächen der "republikanischen Tradition" Frankreichs, die sich dadurch auszeichne, dass alle Individuen vor dem Gesetz gleich seien, also durch den Universalitätsanspruch ihrer Regeln. Dominique de Villepin trat durchaus auch für eine (am "Bedarf" oder Nutzen für Frankreich) orientierte Steuerung der Einwanderung ein, aber durch die Festlegung allgemeingültiger Spielregeln. So würden die Regeln etwa für den Familiennachzug, die man je nach Bedarf verschärfen oder abmildern kann, über das Ausmaß des Neuzuzugs entscheiden.Sarkozy trat dagegen dafür ein, dass der französische Staat vorab nach Zahlen bemessene Kontingente festlegen solle.

Nunmehr hat Sarkozy sich allem Anschein nach durchgesetzt: In seiner Regierungserklärung benutzte Villepin selbst den Begriff der "ausgewählten Zuwanderung², was der alt-neue Innenminister Sarkozy als Triumph seiner Ideen auffasste. Dabei vermeidet die neue Regierung jedoch bisher die explizite Benutzung des Begriffs "Quoten", was auf den zurückliegenden Streit zwischen den beiden führende Köpfen der Regierung ­ Villepin und Sarkozy ­ zurückzuführen ist. In der Sache scheinen die Dinge jedoch klar darauf hinauszulaufen. Allerdings betonte Dominique de Villepin als einschränkende Bedingung, es komme nicht in Frage, "ethnische oder Nationalitäten-Quoten" einzurichten, also Kontingente nach Herkunft (oder gar "Rasse") zu etablieren. Ein solcher Typus von Quoten würde aber ohnehin zwangsläufig durch die Gerichte kassiert werden.

Dabei hat Sarkozy keinen Zweifel daran gelassen, dass die Einwanderung, die auf der Grundlage einer an Berufsbildern bemessenen Bedarfsabschätzung erfolgen soll, auf Kosten der Zuwanderung durch Familiennachzug sowie aus humanitären Gründen gehen soll. Zwar möchte er die drei Kategorien (Einwanderung aus wirtschaftlichem Bedarf, aus familiären Gründen, Duldung aus humanitären Motiven) im Prinzip beibehalten. Doch kündigte der Innenminister gleichzeitig eine Verschärfung der Regeln bzw. der Praxis beim Familiennachzug an: Künftig solle "rigoroser" auf die Einhaltung der Bedingungen für den Familiennachzug (dabei gelten Kriterien wie vorhandener Wohnraum, Einkommen der versorgungspflichtigen Angehörigen in Frankreich) gewacht werden. Auch solle das Kriterium der "Integration" der bereits in Frankreich lebenden Familie schärfer geprüft werden.

Ferner soll laut Sarkozy scharf gegen die "Umgehung der Regeln" etwa durch "Scheinheiraten" vorgegangen werden; die "verdächtigen" Eheschlüsse mit Migranten können aufgrund eines von Sarkozy vorbereiteten Gesetzes von 2004 nunmehr systematisch durch die Staatsanwaltschaft aufgeschoben und überprüft werden. Daneben soll die Inaspruchnahme der medizinischen Nothilfe AME, die auch "illegalen" Einwanderern bei medizinischen Ernstfällen offen steht, beschränkt und kontrolliert werden.

Debatte um die Quote

Die Idee der Quoten-Einwanderung hat im übrigen bereits breitete Kreise gezogen: Ein innerparteilicher "Untersuchungsbericht² des sozialdemokratischen Parteivorstandsmitglieds Malek Boutih (ein Nachwuchspolitiker mit Karriereaussichten und Ex-Chef der sozialdemokratischen Sattelitenorganisation "SOS Racisme") spricht sich seinerseits für die Quotenidee bei der Zuwanderung aus. Vergangene Woche wurde der "Rapport" von Malek Boutih jedoch durch die französischen Sozialisten in die Schublade verbannt, da es stärkere innerparteiliche Widerstände gegen die Festlegung der Einwanderung nach zahlenmäßig bemessenene Kontingenten gibt.

Gegen die Quoten in der durch Sarkozy geplanten Form spricht sich der Soziologe Patrick Weil aus, der 1997 die Grundlagen für die gesteuerte Einwanderungspolitik des damaligen sozialdemokratischen Premierministers Lionel Jospin lieferte. Weil machte geltend, nach dem kanadischen System (das Sarkozy offiziell zum Vorbild erkor) würde nur die Qualifikation der Neuzuwanderer festgelegt; dies garantiere jedoch nicht, dass für diese auch ein konkreter Arbeitsplatz vorhanden sei. So könnte in Kanada ein Hochschullehrer, der aufgrund seiner Qualifikation einwandern durfte, auch im Endeffekt als Taxifahrer arbeiten. Patrick Weil spricht deswegen einer stärker am konkreten Bedarf "von Unternehmen oder Universitäten" orientierten Zuwanderungsregelung das Wort. Demnach sollen Betriebe und Hochschule jeweils "ihre" Einwanderungskandidaten schon bezeichnen dürfen, beispielsweise ehemalige ausländische Studenten, die anlässlich ihres Berufspraktikums oder Studienaufenthalts positiv aufgefallen sind. Diese konkret bezeichneten Kandidaten sollen dann Visa erhalten.

Integrationsversprechen

Der dritte Aspekt von Sarkozys Politik ist die "gelungene Integration". Zu ihr soll beispielsweise die Einrichtung von Aufnahmequoten für Kandidaten aus Einwanderer- und Unterschichtsvierteln (etwa in den Trabantenstädten) an den französischen Elitehochschulen beitragen. Eine solche Quotenregelung existiert bereits am Institut d`Etudes Politiques (IEP) in Paris, wo eine Elite aus den allerbesten Absolventen der in "sozialen Problemvierteln" gelegenen Schulen aufgenommen wird, ohne dass diese das normalerweise erforderliche und sehr selektive Aufnahmeverfahren bestehen müssten. Sarkozy will so Kontingente von 5 bis 10 Prozent der Plätze an Elitehochschulen für die Herausbildung einer (Wissens-)Elite aus der Nachkommenschaft der in Frankreich lebenden Einwandererfamilien reserviert wissen.

Bei diesem Programmpunkt des Seminars der Regierungspartei vom 9. Juni kam es jedoch zu Unruhe im Publikum. Ein Teilnehmer griff etwa wutentbrannt zum Saalmikrophon und meinte, es bestehe "eine Unvereinbarkeit zwischen der christlichen und der muslimischen Religion", weshalb es eine unsinnige Vorstellung sei, "die Moslems integrieren zu können". Das veranlasste den auf dem Podium sitzenden Medizinprofessor und Kardiologie-Experten Salem Kacet von der Universitätsklinik Lille (der über seine eigene Erfahrung sagt: "Seitdem ich Professor bin, höre ich mich nicht mehr als ´Araber´ bezeichnen") zu der Unmutsäußerung: "Bei welcher Partei bin ich hier eigentlich?", offenkundig auf die extreme Rechte anspielend. Ein anderer Teilnehmer aus dem UMP-Publikum hielt der Forderung eines Podiumsdiskutanten nach besser Vertretung der Minderheiten in den Medien und vor allem im Fernsehen entgegen: "Ich bin auch eine Minderheit, ich bin blond und blauäugig!" (Worauf der Podiumsteilnehmer Amirouche Laïdi antwortete: "Ja, aber Sie erleiden keine gewalttätigen Polizeikontrollen!")

Bis die reaktionäre Parteibasis also mit den Erfordernissen einer, am Bedarf der modernen Ökonomie orientierten Zuwanderungspolitik versöhnt sein wird, hat die Regierung also anscheinend noch zu tun.

Bernhard Schmid (Paris)

20 Jahre Einwanderungsdebatte in Frankreich

Die Einwanderungspolitik war in den Jahren von 1983 bis etwa 1997 ein zentrales Thema der französischen Innenpolitik, das damals vorwiegend von Bedrohungsfantasien und "Überflutungs"metaphern beherrscht wurde. Zwar hatten die großen staatstragenden Parteien, vor allem die beiden damaligen konservativ-liberalen Rechtsparteien RPR und UDF, "die Immigration" selbst zum beherrschenden Thema der Kommunalwahlen von 1983 gemacht. Es sollte damals die sozialpolitischen Themen verdrängen: Die Regierungsübernahme durch die Koalition aus Sozialisten und Parteikommunisten im Mai/Juni 1981 hatte zahlreiche Veränderungswünsche und ­erwartungen auf diesem Gebiet geweckt. Die konservative Rechte versuchte das Thema "Einwanderung" und den schlummerenden Rassismus als "Gegendiskurs" zu mobilisieren. Gleichzeitig zogen die Sozialisten aber auf diesem Gebiet nach, da sie die sozialen Veränderungshoffnungen ihrer Wähler ab 1982/83 bereits gründlich enttäuscht hatten und deswegen ebenfalls daran interessiert waren, dass die Debatte sich auf das angebliche Problem "zu viel Einwanderung" konzentrierte.

Der wahre Gewinner der Konjunktur des Einwanderungsthemas war jedoch jahrelang der rechtsextreme Front National (FN). Er schaffte seinen Durchbruch zur Wahlpartei mit Massenbasis erstmals bei eben diesen Kommunalwahlen von 1983. Seitdem prägte folgendes Grundmuster sämtliche Debatten zur Einwanderungspolitik für anderthalb Jahrzehnte: Die konservative Rechte versprach mehr Härte, um sich von den Sozialisten zu unterscheiden, die ständig gegenüber dem Andrang der bürgerlichen Rechten nachgaben und ihre eigenen Positionen schrittweise aufgaben. Doch die Konservativen konnten ihrerseits keine Glaubwürdigkeit gewinnen, weil sie ständig durch den FN übertrumpft wurden. Die Le Pen-Partei ließ jede auch nur halbwegs moderate Position als "Komplizenschaft mit der Masseneinwanderung" erscheinen. Und sie stellte jahrelang die Einwanderungsdebatte in den Schatten der "Überflutungs"ängste.

Ein Beispiel: Unter dem konservativen Innenminister Charles Pasqua (1986 bis 88 und nochmals 1993 bis 95) gab die regierende bürgerliche Rechte in den frühen neunziger Jahren die offizielle Parole "Zéro immigration", Null Einwanderung, heraus. Doch dieses ideologische Postulat konnte leicht als in der Praxis nicht erfüllt "entlarvt" werden, da Gesetze und Gerichte für die Einhaltung bürgerlicher Minimal-Rechtstandards sorgen. (Etwa des Rechts, unter bestimmten Konditionen seine Familie in das Aufnahmeland Frankreich nachkommen zu lassen, da die Europäische Menschenrechtskonvention das "Recht auf ein normalers Familienleben" anerkennt.) Auf diese Weise konnte die extreme Recht immer wieder aufs Neue "beweisen", dass die Bürgerlichen einerseits ihr wesentliches Postulat "Einwanderung = Bedrohung" teilten, andererseits aber doch nicht alle Türen und Schlupflöchern hermetisch dicht zu halten vermochten. Ende der 90er Jahre bezeichneten führende konservative Politiker nunmehr selbst diese Konstellation als "Falle".

Seit Ende der 90er Jahre ist diese Konstellation jedoch aufgebrochen. Dazu trug einerseits die Krise der extremen Rechten bei, die ab 1998/99 aufgrund der wachsenden Widersprüche zwischen dem innerparteilichen persönlichen Allmachtswunsch Le Pens einerseits und dem Kader- und Aktivistenpotenzial der "Bewegung" andererseits zerbrach. Ab 1999 fiel der FN als "Motor" der Debatte und führender Stichwortgeber vorübergehend aus. Aber auch die Erfordernisse der Wirtschaft sorgten seit dem letzten Jahrhundertwechsel für eine Veränderung der Debatte. Die Verschiebung der Alterspyramide in den meisten europäischen Gesellschaften, mit einem sich abzeichnenden Übergewicht der älteren Jahrgänge, spielte dabei eine wichtige Rolle. Ebenso der (Fach-)Arbeitskräftemangel in bestimmten Sektoren - einige Jahr lang betraf das die Informatik, und daneben vor allem den Pflegebereich. In den Jahren von 1997 bis 1999 begann sich deswegen ein Konsens zwischen den staatstragenden Parteien auf der "Linken" und auf der Rechten heraus zu schälen: Frankreich benötige eine selektive Neueinwanderung, die vom wirtschaftlichen Nutzen "für das eigene Land" her zu bestimmen und zu steuern sei. (Siehe ausführlicher dazu: http://www.antifaschistische-nachrichten.de/1999/22/007.htm.php externer Link)

 


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