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Updated: 18.12.2012 15:51
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Frankreich: Trotz Bossnapping, Streik und Gerichtsurteil - Caterpillar bestätigt die volle Zahl v. 733 Entlassungen

Das nennt man eine Erpressung, mit Vollzug der Drohung: Der französische Ableger des US-Baumaschinenkonzerns Caterpillar hat zu Wochenanfang angekündigt, die Anzahl der geplanten Entlassungen in Grenobles und Echirolles nicht zu reduzieren. Zwischendurch war seitens der - unter Druck geratenen - Konzernspitze angekündigt worden, die Zahl der geplanten Entlassungen auf 620 respektive 600 zu reduzieren. (Zwischenzeitlich war, kurzfristig, auch einmal von rund 450 die Rede gewesen.) Betroffen sind die beiden Standorte in Ostfrankreich, wo insgesamt rund 2.500 Lohnabhängige beschäftigt sind.

Im Zuge der Ereignisse kam es zum ,Bossnapping' von vier führenden Managern bei Caterpillar am 31. März, zu einem massiv befolgten Streik im April und schließlich zur gerichtlichen "Annullierung" des Sozialplans am 27. April dieses Jahres. Daraufhin musste die Konzernspitze neue Anhörungen des CE (Comité d'entreprise, ungefähres Äquivalent zum deutschen Betriebsrat, aber mit anders ausgestalteten Befugnissen) ansetzen, und nahm ferner neue Verhandlungen mit den Gewerkschaften auf. Letztere sind in einem übergewerkschaftlichen Ausschuss, einer ,intersyndicale', zusammengeschlossen.

Die Gewerkschaften und ihre Vertreter im CE hatten die Konzernleitung dazu aufgefordert, zuerst die Sanktionsdrohungen gegen 22 Lohnabhängige zurückzunehmen, die im Zusammenhang mit der Bossnapping-Aktion von Ende März u. Anfang April Disziplinarstrafen (Aussetzung des Arbeitsvertrags ohne Lohnfortzahlung, französ. ,mise à pied') erhielten. Zunächst hatte es so ausgesehen, als würden diese Sanktionen aufgehoben, als die Direktion - infolge des Urteils zur Anfechtung des "Sozialplans" - neue Verhandlungen mit den Gewerkschaften und neue Anhörungen im CE aufnahm. (Vgl. http://www.labournet.de/internationales/fr/festsetzen6.html externer Link) Doch alsbald wurde diese Nachricht durch Verlautbarungen seitens des Unternehmens wieder dementiert: Die Disziplinarstrafen würden doch nicht aufgehoben. Ferner läuft eine Strafverfolgung vor der staatlichen Justiz gegen 19 Lohnabhängige, im Zusammenhang mit dem Streik, wegen ,Beeinträchtigung des Rechts auf Arbeit (für die Arbeitswilligen)'.

An diesem Montag sollte das CE zu einer letzten Anhörungsrunde zum neu aufgelegten "Sozialplan" zusammentreten. Die Beschäftigtenvertreter im CE forderten die Betriebsleitung aus diesem Anlass dazu auf, die Sanktionen und Strafanzeigen zurückzunehmen. Doch letztere weigerten sich, darüber zu reden, und wollten ihrerseits eine "Verhandlung" über die Einführung unregelmäßiger, je nach Bedarf der Produktion variablen Arbeitszeiten im Jahresmaßstab (annualisation du temps de travail) auf die Tagesordnung setzen. Das mochten wiederum die Beschäftigtenvertreter nicht hinnehmen, zumal eine solche ,Annualisation' ein sicheres Mittel wäre, um - durch weitaus intensivere und "bessere" Ausnutzung der vorhandenen Arbeitskräfte - die Zahl der erforderlichen Lohnabhängigen zu reduzieren und dadurch Arbeitsplätze vernichten zu helfen.

Die Sitzung am Montag platzte dadurch. Die Konzernleitung kündigte unmittelbar im Anschluss daran an, nunmehr setze sie volle Anzahl von 733 Kündigungen auf die Tagesordnungen. Nun werde es keine Verhandlungen mehr geben, "die es hätten erlauben können, 133 Arbeitsplätze zu retten" (in Gestalt der vorgegaukelten ,Kompromisslösung' mit vielleicht 600 Entlassungen), fügte die Direktion hämisch hinzu. Vgl. http://www.lepoint.fr/actualites-societe/2009-05-11/caterpillar-la-direction-applique-le-plan-social-733-licenciements/920/0/342399 externer Link

Im Augenblick befindet die Kapitalseite sich, (nicht nur) bei Caterpillar, offenkundig in der Offensive. Wer kämpft, kann verlieren. Aber der seit langen Wochen währende, phasenweise Kampf bei Caterpillar hat es bisher immerhin u.a. erlaubt, eine Erhöhung der ,angebotenen' Abfindungszahlungen um 75 % herauszuholen. Auch die durch die Betriebsleitung seit längerem geplante Einführung der ,Annualisation' für alle abhängig Beschäftigten konnte doch noch verhindert werden. Die Niederlage ist nicht total und noch keineswegs vollständig ausgemacht. (Vgl. http://www.lutte-ouvriere-journal.org/?act=artl&num=2128&id=29 externer Link)

Letzte Meldung : Am heutigen Donnerstag früh unterbreiteten drei - "moderatere" respektive rechtere - Gewerkschaften bei Caterpillar (CFDT, FO, CFTC) einen "Alternativvorschlag", der die Rettung von 133 Arbeitsplätzen erlauben soll. (Vgl. http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5g0BP3VPDmdCccxgrXMYnK8r0pWyA externer Link)

Artikel von Bernard Schmid vom 14.5.09


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