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Updated: 18.12.2012 15:51
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Betriebsbesetzung - Widerhall in der gesamten Gesellschaft

Die Belegschaft der Ghazl al-Mahallah Textilwerke hat am vergangenen Sonntag damit begonnen, das Werk zu besetzen: die Belegschaft, eine derjenigen, die vor nun beinahe einem Jahr mit dem begonnen haben, was heute oft neue ägyptische Arbeiterbewegung genannt wird, will erzwingen, dass die Ende letzten Jahres gemachten Zusagen eingehalten werden. Das Arbeitsministerium und sein gewerkschaftlicher Anhang erklärten die Aktion sofort für illegal, enorme Polizeikräfte wurden nahe des Werkes zusammengezogen, in dem die Zahl der in einer Zeltstadt lebenden Menschen bis Montag schon auf 15.000 angewachsen war. Da viele Arbeiter ihre Familien mitbrachten, wird geschätzt, dass sich am zweiten Tag etwa die Hälfte der 27.000 Beschäftigten an der Besetzungsaktion beteiligten - Tendenz stark steigend. Der aktuelle Überblick "Betriebsetzung bei Ghazl al-Mahallah" vom 27. September 2007.

Betriebsetzung bei Ghazl al-Mahallah

Am vierten Streiktag - am Streik beteiligt sich die gesamte Belegschaft, die Zahl der Besetzer ist nach diversen Quellen auf über 20.000 Menschen angewachsen - berichtete die (englischsprachige) Zeitung "Daily News" von der Entschlossenheit der Streikenden: es geht vor allem um die Einhaltung der Abkommen über den Jahresbonus, wie sie nach dem Streik im Dezember getroffen worden war. Die Regierung hatte letztes Jahr allen Staatsbediensteten einen Bonus in Höhe von 2 Monatsgehältern versprochen. Als die Arbeiter des grässten staatlichen Betriebes Ägyptens dies auch für sich forderten, vereinten sich Regierung, Unternehmensleitung und staatstragende Gewerkschaft auf der Position, dies gelte nur für Angestellte der Ministerien usw. Sie fürchteten damals, wie es sich herausstellte: zu Recht, nicht nur das ökonomische, sondern auch das politische Beispiel, mussten aber nach dem Streik einen Jahresbonus von 1,5 Monatsgehältern ausbezahlen. Und die Zusage machen, wenn die Textilfirma mehr als 60 Millionen ägyptischer Pfund Gewinne mache würden davon 10% als Bonus an die Belegschaft bezahlt - und eben darum geht es aktuell, machte das Unternehmen doch offiziell einen Gewinn von 245 Millionen, zahlte aber weitaus weniger aus, als vorgesehen, weshalb neben der Auszahlung der vollen Summe immer auch der Vorwurf der Korruption der Geschäftsleitung und die daraus abgeleitete Forderung nach ihrem Rücktritt Gegenstand der Streikbewegung sind - so steht es in dem hiermit kurz zusammengefassten (englischen) Beitrag "Striking Mahalla workers demand govt. fulfill broken promises" externer Link von Liam Stack und Maram Mazen in den 2Daily News" vom 27. September 2007.

In diesem Artikel, wie auch in verschiedenen anderen Berichten wird die Stimmung der Belegschaft - neben ihrer Entschlossenheit, trotz Polizeiaufgebot und Militärbereitschaft - im wesentlichen so beschrieben, dass ein Teil fordert, der Präsident persönlich müsse zum Verhandeln kommen, während ein anderer Teil seinen Rücktritt fordert. Währenddessen werden immer wieder Aktivisten festgenommen - bisher aber immer auch schnell wieder freigelassen, nicht zuletzt weil sich eine weit über die Grenzen des Landes hinaus gehende Solidaritätsbewegung entwickelt, die in Kommuniques und Protestaktionen vor ägyptischen Botschaften von Gewerkschaften aus Südafrika und Brasilien (beispielsweise) sich ausdrückt.

Über die Solidarität mit den Streikenden im Lande berichtet und mehreren täglichen Postings Hossam el-Hamalawy in seinem Blog: so zum Beispiel über eine Solidaritätsdemo im Zentrum Kairos "Downtown Cairo demonstrators under police siege; new round of arrests" externer Link vom 27. September 2007, oder über die Pläne der Hafenarbeiter von Alexandria (ein anderes der grossen staatlichen Unternehmen) einen Solidaritätsstreik zu organisieren in "Solidarity with the Mahalla strikers from Alexandria" externer Link ebenfalls vom 27. September 2007. Die Solidaritätserklärung aus Alexandria wurde von den autonomen gewerkschaftlichen Vertretern der Hafenarbeiter, dem Sozialistischen Studentenverband und den Zentrum für Studien des Sozialismus unterzeichnet. Auf dem Blog wird auch über die Repressionsmaßnahmen berichtet - den Tenor gibt die Arbeitsministerin vor, die im Fernsehen behauptete, die Betriebsbesetzer würden den Maschinenpark des Werkes zerstören. Schliesslich werden auch die Kommuniques des Coordinating Committee for Trade Union and Workers Rights and Liberties dokumentiert, von der Ausgabe Nummer 6 externer Link (Mittwochabend) gibt es seit gestern auch eine englische Übersetzung, die sich unter anderem mit dem Verlauf des vierten Besetzungstages befasst - und mit der "gerüchteartigen"(!) Neuigkeit, dass an diesem Tag der Vorsitzende der Betriebsorganisation der Gewerkschaft ausgetauscht worden sei...

(Zusammengestellt von hrw)


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