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Updated: 18.12.2012 15:51
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"Wir hatten keine Wahl..."

"Wenn die Elefanten kämpfen, leidet das Gras" - so, oder ähnlich - soll ein altes Sprichwort lauten. Nun sind weder Gbagbo noch Outtara Elefanten, aber sie haben einiges Gewicht und den beiderseitigen Anspruch auf die Präsidentschaft der Elfenbeinküste. Der Eindruck, der in der bürgerlichen Berichterstattung erweckt wird ist "Demokratie versus Willkür". Der Eindruck, der bei genauerem Hinsehen entsteht ist ein anderer: Eher ein Clankampf mit wechselnden Partnerschaften. Und: "Französisch" heisst in der Afrikapolitik in der Regel Fallschirmjäger. Eine knappe Materialsammlung "Wir hatten keine Wahl" vom 15. April 2011, worin das Schwergewicht darauf zu legen versucht wird, die soziale und politische Bedeutung dieser Auseinandersetzungen für die Menschen der Elfenbeinküste hervorzuheben.

Wir hatten keine Wahl

Europa hat es schwer. Immer in Verantwortung: Einst Kulturträger (die teuerste Eisenbahn der Weltgeschichte aus London für Indien als Musterbeispiel) heute Lebensretter. Wie die Libyer, so auch die Ivorer: Gerettet! Die Menschen! Und die Demokratie!

Es mag sein, dass Herr Outtara die Wahl zum Präsidenten der Elfenbeinküste gewonnen hat -oder auch nicht, da streiten sich diverse Informanten. Frankreich jedenfalls hat entschieden, dass er gewonnen hat, Expräsident Gbagbo ist der Böse und wird genauso fernsehreif vorgeführt wie einst Saddam Hussein.

9 Jahre Krise

"Dabei wurden unter Gbagbo auch schon politische Vorkehrungen getroffen, die dem Westen entgegenkamen. So schloss Ende 2008 die Elfenbeinküste als erstes Land Afrikas ein Interimsabkommen mit der EU, das den inländischen Markt für auswärtige Importe öffnete und vier Fünftel der Einfuhren aus der EU begünstigte. Der im Land benutzte westafrikanische CFA-Franc ist dabei mit festem Wechselkurs an den Euro gebunden. Das Land investierte in bedeutende Infrastrukturprojekte wie geplante Neubau- und Sanierungsmaßnahmen in Häfen und Flughäfen, bei Straßen und Kommunikationsnetzen, bei denen die EU große Gewinne tätigen konnte" - aus dem Beitrag "Was geht in Cote d'Ivoire vor sich?" externer Link am 04. April 2011 bei dem Übersetzungsportal Tlaxcala. Ein Text, der vor allem deutlich macht, dass der ehemalige Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds Outtara ein Mann "des Westens" und dabei insbesondere Frankreichs ist, aber eben der Expräsident auch kein Antiimperialist ist, wie es sich manche wieder mal einfach zurechtlegen.

"Hinter dem aktuellen Kriegseintritt der UNO steht ein seit Jahren diskutiertes Konzept, das der Westen - darunter Deutschland - mittlerweile im Rahmen der Vereinten Nationen fest verankert hat. Dabei handelt es sich um die sogenannte Schutzverantwortung ("Responsibility to Protect", "R2P"). Das Konzept geht von dem Grundgedanken aus, dass jeder Staat verpflichtet ist, seine Bevölkerung zu schützen. Kommt ein Staat tatsächlich oder angeblich dieser Pflicht nicht nach, sollen äußere Mächte zum Schutz der Bevölkerung intervenieren dürfen - auch militärisch" schreibt in seinem Beitrag "Das Recht des Stärkeren" externer Link Hans Georg am 13. April 2011 in der Neuen Rheinischen Zeitung Online.

"Der Konflikt ist nicht nur ein Fall eines Amtsinhabers, der nicht abtreten will, sondern hat eine sehr ausgeprägte ethnische Komponente , die auch beim Vormarsch von Quattaras Truppen deutlich zutage trat (und die möglicherweise dafür sorgt, dass der Konflikt mit Gbagbos Gefangennahme noch nicht beendet ist): Ende März richtete die FRCI in der Stadt Duékoué ein Massaker an, bei dem nach UN-Angaben etwa 230 Menschen, nach Berichten einer Delegation des Internationalen Roten Kreuzes ungefähr 800 und nach einer Schätzung der Hilfsorganisation Caritas sogar mehr als 1000 Menschen ums Leben kamen" - das ist eine Dimension der aktuellen Auseinandersetzungen, die in dem Artikel "Despotenwechsel in der Elfenbeinküste" externer Link von Peter Mühlbauer am 12. April 2011 bei telepolis abgehandelt wird, nachdem auf die Fragwürdigkeit der Wahlergebnisse eingegangen wurde.

In einem älteren Beitrag "Les racines de la crise militaro-politique en Côte d'Ivoire"externer Link, den Francis Akindès 2004 beim afrikanischen Sozialforschungsrat Codesria publizierte, werden die Hauptgründe für die Auseinandersetzungen im Lande nach der Ära Konan Bedié analysiert - und bereits damals spielte Outtara - gegen den versucht wurde, die "nationale Karte" zu spielen, er sei kein Ivorer - eine zentrale Rolle.

Was 2004 passiert war - die französische Armee sollte "Zivilisten" (wen auch immer, aber damals noch ausschliesslich europäische) im Hotel Ivoire schützen und eröffnete das Feuer auf Demonstranten - wurde zum Muster der französischen Aktivität in der Elfenbeinküste, schrieb Raphaël Granvaud in "Côte d'Ivoire - une histoire réécrite" externer Link am 28. Juli 2010 bei der Franceafrique kritischen Webseite Survie aus Anlaß einer Buchbesprechung eines Rechtfertigungswerks.

Eine ganze Geschichte: Nutzungsraum

Die ganze Geschichte der Elfenbeinküste lasse sich schon an ihrem Namen erahnen: Die Gegend, wo es Elfenbein gibt, Punkt. Eventuell bei dessen Jagd störende Menschen tauchen erst gar nicht auf - umso leichter sind sie zu behandeln. Das vertritt in seinem Beitrag "West makes Côte d'Ivoire safe for cocoa chocolate soldiers" externer Link Kalundi Serumaga am 14. April 2011 bei den Pambazuka News.

Bereits am 06. Januar 2011 hatte in "Côte d'Ivoire's elections: Chronicle of a failure foretold" externer Link der Autor Pierre Sané - früherer Amnesty Generalsekretär - eine sehr genaue Analyse des Wahlvorgangs und seiner gesetzlichen Bestimmungen unternommen, in der auch er die eindeutigen Aussagen europäischer institutionen in Frage stellte.

Im Abidjan.Net schliesslich, dem eindeutig pro Outtara Portal (oder: profranzösisch) werden laufend Versprechungen publiziert, während zahlreiche Beiträge, in denen deutlich wird, dass es auch viele gibt, die in keinem der beiden Kontrahenten eine Lösung sehen, in den Hintergrund gedrängt werden. Immerhin: "L`Onu défend son rôle dans l`arrestation de Laurent Gbagbo" externer Link heisst eine hier publizierte Reutersmeldung vom 15. April 2011 - und wenn die UNO-Selbstverteidigung ihrer politischen und militärischen Rolle schon Überschriftgegenstand ist, muss eine solche Kritik schon einigermassen massiv vorhanden sein...

Zusammengestellt von hrw


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