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Updated: 18.12.2012 15:51
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ANDES verlässt die CUT

Mit 74.000 Mitgliedern ist - war - die ANDES (Nationale Vereinigung der Lehrkräfte der höheren Erziehung) eine der ganz grossen unter den 3.300 der CUT angeschlossenen Gewerkschaften. Eine der ganz grossen - und eine der bundesweit organisierten, kampfstarken, in keinster Weise zu vergleichen mit der GEW etwa. Die Rentenreform, die Gewerkschaftsreform und "natürlich" besonders die Universitätsreform - diese drei neoliberal geprägten Projekte der Regierung Lula und deren faktische Unterstützung durch den Gewerkschaftsbund CUT, das waren die wesentlichen Gründe für die deutliche Mehrheit, die der Beschluss zum Austritt aus der CUT auf dem 13.Kongress der ANDES vom 24.Februar bis 1.März 2005 in Curitiba erhielt.

Bei der Abstimmung am 1.März, dem letzten Kongresstag, stimmten 192 Delegierte für den Austritt aus dem Gewerkschaftsbund, 85 sprachen sich für den Verbleib aus und 12 enthielten sich der Stimme - eine so deutliche, praktisch Zweidrittel-Mehrheit hatte niemand, für welche Entscheidung auch immer, erwartet. Zur Debatte durften je 10 Delegierte jeweils 3 Minuten pro bzw contra Austritt reden. Marina Barbosa, Vorsitzende der ANDES und Professorin an der Bundesuniversität von Rio de Janeiro sagte der Presse gegenüber, es sei "klar gewesen, dass es viele gibt, die noch in der CUT bleiben wollen, obwohl sie die Kritik an Regierung und Gewerkschaftsbund mehrheitlich teilen".

Eudes Baina, Professor an der Landesuniversität des Bundesstaates Ceará und Hauptredner der Gegner des Austritts sagte in seiner Rede "wir können nicht die Kuh wegen einer Zecke schlachten" - und nannte dabei ausdrücklich den Namen des CUT-Vorsitzenden Luiz Marinho.

Die Befürworter des Austritts stellten in dieser Debatte die anstehende Universitätsreform in den Mittelpunkt - wobei die ANDES bereits zu jenen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes gehört hatte, die gegen die Rentenreform gestreikt hatten, speziell gegen die Einführung des Renteneintritts nach Lebensalter (65) anstatt wie bisher nach Dienstjahren.

Die kritisierte Universitätsreform öffnet dem Privatkapital den Zugang zu den staatlichen Universitäten und verschafft den Privatuniversitäten zusätzliches Kapital durch das darin enthaltene "ProUni" Programm mit dem Stipendien an Privatunis für StudentInnen aus armen Familien geschaffen werden sollen - ANDES hatte vertreten, stattdessen die staatlichen Universitäten (die, im Gegensatz zu den Schulen, als die besseren Einrichtungen gelten) für diese Familien zu öffnen und diesen Unis die entsprechenden Gelder zukommen zu lassen. Der CUT-Vorsitzende hatte sich die Sympathien besonders verscherzt, als er in Fernsehinterviews für das ProUni-Programm eintrat.

In ihrer Abschlussrede betonte Marina Barbosa: "Die Verteidigung der öffentlichen, kostenlosen, laizistischen Universität mit hoher Ausbildungsqualität und sozialer Akzeptanz in der Gesellschaft kann nur gelingen, wenn dieser Kampf von breitester Demokratie und gewerkschaftlicher Autonomie geprägt ist, sonst bleibt es ein bloßes bürokratisches Spiel" und kritisierte damit auch das Vorgehen der Regierung, ohne grössere gesellschaftliche Debatte eine Universitätsreform "vom Zaun zu brechen".

Lúcia Reis von nationalen Exekutivkomitee der CUT wusste zu dieser Entscheidung einer der grössten und anerkanntesten Gewerkschaften Brasiliens nur zu sagen: "Die ANDES will in wirklichkeit überhaupt keine Reform. Das Land braucht aber Reformen und wir diskutieren sie, man kann nicht gegen Alles sein, was passiert."

Kommentar zu Reis wohl überflüssig, meint Helmut Weiss


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