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Updated: 18.12.2012 15:51
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"Wir wollen doch nur euer Bestes..."

Die Vertreibung von Menschen aus Slums ist heute weltweit eine meist unbeobachtete soziale Katastrophe, gegen die die Betroffenen sich (meist alleine) so gut es geht wehren. Und ob es Stadtplaner in Indien, Kazachstan, Nigeria, Brasilien oder eben Angola sind: immer wollen sie ja nur das Beste...Die kurze Korrespondenz "Boavista adieu" von Jaime Pereira vom 10. Juli 2006 berichtet eben von der "Umsiedlung" mehrerer Hundert Menschen an den Stadtrand Luandas.

Boavista - Adieu

Ich will dir ganz kurz schreiben, was heute hier passiert ist, weil ich einfach will, dass möglichst viele es erfahren und ich weiss, dass ihr euch - für mich überraschend - auch als Gewerkschafter für das Leben der Menschen in Slums interessiert.

Es gibt von der Provinzregierung seit 5 Jahren ein Programm, das Notwohnungsprogramm genannt wird. Und in Boavista, wo ich geboren bin, gibt es in der Tat genügend Not in der Wohnungsfrage. Aber es geht eben nicht um Verbesserung - sondern um Vertreibung. Es geht nicht etwa darum, die Papp- und Blechhütten durch Häuser zu ersetzen, oder gar um Wasser oder Strom. Oder um Schutz vor Erdrutsch nach Regenfällen.

Über den Stadtrand hinaus

Heute wurden nach offiziellen Angaben 167 Familien von Boavista nach Zango - am äussersten Stadtrand "umgesiedelt" - die NachbarInnen mit denen ich gesprochen habe, haben ungefähr 700 Personen gezählt. Keiner weiss, wieviele Leute wirklich hier wohnen, offiziell werden 12.000 Familien in Boavista angegeben - alle sollen aus dem Hafengebiet, wo Boavista liegt, umgesiedelt werden, in den nächsten Tagen sollen weitere Hunderte folgen.

Wobei die meisten nach Viana vertrieben werden sollen, was eine eigene Stadt ist, schon nicht mehr Luanda, sondern über 30 Kilometer weg von hier. Mehr als ein Viertel der ursprünglichen bevölkerung wurden schon zwangsumgesiedelt. Und dies ist keineswegs übertrieben, denn fast alle versuchten, sich irgendwie zu wehren - und seit es durch Umzug von einer Blechhütte in die andere - immer noch besser, als was die Regierung anzubieten hat: Zeltlager!

Zwischen der Alternative, Todesgefahr durch Wassermassen und Erdrutsche und Todesgefahr durch Polizeieinsatz (auf beide Arten sind schon viele gestorben) ist das Bleiben am gewohnten Platz immer noch besser, denn hier, inmitten Luandas, gibt es mehr Arbeitsmöglichkeiten und die gewohnten Schulen für die Kinder.

Für die nächste Räumung bereiten eine ganze Reihe von familien Widerstands- und Protestaktionen vor, so dass ich Dich bitten will, diesen kurzen Bericht zu veröffentlichen, damit auch in Deutschland zumindest euere LeserInnen erfahren, was in Angola gegen die Bevölkerung abgeht - ein Beispiel von vielen, nur dass es eben mich auch betrifft.

Viele Grüsse, Jaime

(übersetzt von hrw)


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