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Updated: 18.12.2012 15:51
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Bund, Länder und Gemeinden - Gemeinsam gegen Lohnabbau und Erhöhung der Arbeitszeit

Von Wolfgang Zimmermann, verdi Bezirk Rhein-Wupper, Mai 2004

Nachdem im vergangenen Jahr den Beamtinnen und Beamten per Gesetz höhere Arbeitszeiten und die Kürzung des Weihnachtsgeldes sowie die Streichung des Urlaubsgeldes verordnet wurden, sollen nun nach dem Willen der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) auch die ArbeiterInnen und Angestellten eine Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit hinnehmen.

Die Länder hatten bereits zum 30.6.03 die tariflichen Regelungen zum Weihnachts- und Urlaubsgeld gekündigt. Jetzt zogen sie mit der Kündigung der Arbeitszeitbestimmungen für das Tarifgebiet West zum 30.4.04 nach. Alle neu eingestellten ArbeiterInnen und Angestellten sollen bis zu 42 Stunden pro Woche arbeiten und jede höhere Eingruppierung soll mit der Bereitschaft verbunden werden, diese Arbeitszeiterhöhung zu akzeptieren.

Eine Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit im Bund, in den Ländern und den Gemeinden ­ also im gesamten öffentlichen Dienst ­ würde die Vernichtung von mehreren hunderttausend Stellen bedeuten. Allein in den alten Bundesländern würden über 100.000 Arbeitsplätze abgebaut. Das alles vor dem Hintergrund, dass die Beschäftigtenzahl im öffentlichen Dienst (ArbeiterInnen, Angestellte und Beamte) in den letzten zehn Jahren von 6,6 Millionen auf etwa 4,8 Millionen gesunken ist. Die Bundesrepublik Deutschland verfügt ohnehin über einen sehr "schlanken Staat". Gut 12 Prozent der abhängig Beschäftigten arbeiten in Bundes-, Landes- und kommunalen Einrichtungen und Betrieben. Ähnliche Zahlen erreichen nur noch Grossbritannien und die Niederlande. Die USA und Italien beispielsweise haben eine Quote von fast 15 Prozent.

Die Bundestarifkommission der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di reagiert empört und verurteilt auf das Schärfste das Verhalten der Bundesländer. Als Konsequenz werden die Gespräche über die Neugestaltung des Tarifrechts beendet und nur noch mit den Arbeitgebern des Bundes und der Kommunen weitergeführt.

2000 Länderbeschäftigte demonstrierten gegen diese Provokation der öffentlichen Arbeitgeber. Die Frage stellt sich nun: Ist das ausreichend?

Die Kündigung der Arbeitszeitbestimmungen durch die TdL ist ein Test. Sollten die Arbeitgeber Erfolg haben, werden die Tarifkündigungen auf den Bund und die Kommunen ausgeweitet. Es geht um einen radikalen Einschnitt in die Arbeitsbedingungen und das Lohn- und Gehaltsgefüge des öffentlichen Dienstes. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad in den Einrichtungen und Betrieben der Ländern ist relativ niedrig. Die gewerkschaftlichen Bastionen befinden sich in den Kommunen.

Wenn den Angriffen der öffentlichen Arbeitgeber auf den Löhne und Gehälter sowie die 38,5 Stundenwoche ernsthaft Widerstand entgegengesetzt werden soll, dann können das die abhängig Beschäftigten in Bund, Ländern und Gemeinden nur gemeinsam tun. Dabei ist die Lohn- und Arbeitszeitfrage nur eine Widerstandsfront. Täglich werden die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst mit Auslagerungen von öffentlichen Einrichtungen bzw. Betriebsteilen konfrontiert, die vor allem das Ziel haben, die Löhne zumindest für die neu Einzustellenden zu senken. Die Kämpfe gegen alle diese Massnahmen sind vielfach vereinzelt. Ob in den Verkehrsbetrieben, den Krankenhäusern oder in den Stadtwerken und Stadtverwaltungen, die Abwehrkämpfe müssen gebündelt werden. Die Angst der Gewerkschaft vor dem Ende der Flächentarifverträge ist durchaus berechtigt. Deswegen auch die Entscheidung der Bundestarifkommission, mit dem Bund und den Kommunen den Prozess der Neugestaltung des Tarifrechts fortzuführen. Mit diesem Schritt stehen aber die Beschäftigten der Länder mehr oder weniger im Regen. Unabhängig davon muss die Frage erlaubt sein, ob jemand ernsthaft glaubt, in einer Zeit massiver Angriffe der Arbeitgeber würde eine Neugestaltung des Tarifrechts für den öffentlichen Dienst positive Elemente für die dort arbeitenden Menschen beinhalten können. Der Kampf für den Erhalt des Flächentarifvertrages ist richtig und wichtig, doch sind die Inhalte dieses Tarifvertrages in erster Linie für die Betroffenen von Bedeutung und nicht die Hülle.


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