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Updated: 18.12.2012 15:51
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Wie weiter nach dem Europäischen Protesttag am 3. April 2004?

Antrag an den Gewerkschaftsrat, ver.di Bundesvorstand und ver.di Landesvorstand Baden Württemberg

Die Großdemonstrationen am 3. April waren ein voller Erfolg, der jedoch nicht verpuffen darf. Politiker der Regierung, und Opposition zeigten sich zwar beeindruckt, betonten aber, dass sie an ihrem grundsätzlichen Kurs festhalten wollen. Ebenso forcieren die Arbeitgeberverbände ihre Angriffe auf die Tarifverträge, insbesondere die Arbeitszeit. Aus diesen Gründen ist es wichtig, die Proteste fortzusetzen und zu verstärken. Der nächste Zwischenschritt ist sicherlich der 1. Mai und der ver.di-Perspektivenkongress in Berlin. Für die Zeit danach muss ver.di in enger Zusammenarbeit mit dem DGB schnell ein Konzept für die weitere Vorgehensweise entwickeln.

Der ver.di Bezirk Stuttgart hat folgende Vorstellungen für ein weiteres Konzept entwickelt und beantragt beim Gewerkschaftsrat/Bundesvorstand darüber zu entscheiden. Das Konzept gliedert sich in drei Teile, die inhaltlich miteinander verknüpft werden müssen.

1. Kampagne zur Durchsetzung von vier konkreten Forderungen

Wir halten es für sinnvoll, eine Kampagne anzustoßen, die sich auf vier konkrete Forderungen konzentriert. Diese müssen dazu geeignet sein, sowohl Beschäftigte sowie weitere Bevölkerungsgruppen anzusprechen und zu mobilisieren, als auch ganz oder teilweise durchsetzbar sein. Wir schlagen folgende Themenfelder vor:
- Wiedereinführung der Vermögensteuer und Reform der Unternehmensbesteuerung (bzw. Rücknahme der letzten)
- weg mit den Praxisgebühren und Zuzahlungen bei der Gesundheitsreform (evtl. Krankengeld und Zahnersatz/Zahnbehandlung mit einbeziehen)
- weg mit den Zumutbarkeitsverschärfungen für Arbeitslose und Beibehaltung der Arbeitslosenhilfe
- keine weiteren Verschlechterungen der gesetzlichen Altersversorgung

Die Forderung nach Einführung von Vermögensteuer ist exemplarisch für die Heranziehung großer Vermögen und von Kapitalbesitz zur Finanzierung des Gemeinwesens und wird von einer Mehrheit der Bevölkerung befürwortet. Die restlichen Forderungen sprechen sowohl Beschäftigte als auch Arbeitslose, Rentner und andere Bevölkerungsgruppen an und sind geeignet, sowohl in der Öffentlichkeit als auch in den Betrieben breiten Zuspruch zu finden.

Entscheidend ist, dass hierzu schnell ein Kampagnenkonzept entwickelt wird. Im Prinzip müsste diese Kampagne eine Zuspitzung der Aktivitäten für Oktober/November vorsehen. Die Gewerkschaften und die mit ihnen verbündeten Organisationen könnten in der Lage sein, hier eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung zu repräsentieren bzw. zum Ausdruck zu bringen.

Basis dieser Kampagne müssten neben den Gewerkschaften die regionalen Bündnisse gegen Sozialabbau sein. Diese müssten von Anfang an in die Entwicklung und Umsetzung eines solchen Konzepts mit einbezogen werden.

2. Angriff auf die Tarifverträge abwehren

Die zweite Linie zur Fortsetzung der Proteste ist das Feld der Tarifpolitik. Hier geht es darum, die Angriffe der Arbeitgeberverbände, aber auch der politischen Elite, gegen die Standards in den Flächentarifverträgen bzw. auf die Flächentarifverträge überhaupt zurück zu weisen. Zentraler Angriffspunkt ist mit Sicherheit die Arbeitszeit.

Wir beantragen, dass ver.di eine bundesweite, fachbereichsübergreifend Kampagne zur Verteidigung der Tarifverträge und gegen die Verlängerung der Arbeitszeit startet. Der Bezirk Stuttgart hat bereits eine Kampagne entwickelt, die derzeit startet. Das Motto dieser Kampagne ist "Tarifverträge schützen ­ auch dich!"

Die zentralen Forderungen im Rahmen dieser Kampagne sollen sein:
- ein Arbeitsplatz muss zum Leben reichen
- keine Absenkung von Löhnen, Gehältern und Sonderzahlungen
- keine Arbeitszeitverlängerung ­ stattdessen planbare Freizeit
- Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes der zum Leben reicht

Die Forderungen sind in letzter Konsequenz noch nicht völlig ausgefeilt. An ihnen wird noch gearbeitet. Die Themenfelder sollen jedoch so bleiben.

3. Alternativprogramm

Wir halten es für notwendig, auf mittelfristige Sicht ein Alternativprogramm zur gegenwärtigen neoliberalen Wirtschaftspolitik zu erarbeiten. Das ist nicht nur notwendig, um dem Vorwurf, wir würden nur Nein sagen und hätten keine Alternativen, entgegenzutreten, sondern auch um unseren Mitgliedern und den Beschäftigten eine mittel- bis längerfristige Orientierung an die Hand zu geben.

Der Perspektivenkongress bildet einen ersten Ansatz zur Diskussion über grundlegende Alternativen. Die Ergebnisse dieses Kongresses müssten jedoch schnellstens aufgearbeitet und in ver.di eine mitgliederoffene Diskussion geführt werden. Am Ende dieses Diskussionsprozesses sollte ein halbwegs in sich geschlossenes Alternativprogramm stehen.

Stuttgart, den 20. April 2004
ver.di Bezirk Stuttgart
Dr. Thomas Böhm, Vorsitzender
Bernd Riexinger, Geschäftsführer


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