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Updated: 18.12.2012 15:51
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Stellungnahme des ver.di Bezirkes Stuttgart zur Prozessvereinbarung (Beschlossen von der Tarifpolitischen Konferenz am 19. April 2004)

1. Eingruppierungskriterien und Verfahren

ver.di Stuttgart lehnt es ab auf der Grundlage der bisher vorliegenden Unterlagen eine Entscheidung über das neue Eingruppierungsverfahren zu treffen. Das ist erst möglich wenn für die wesentlichen Tätigkeitsgruppen simuliert ist, wo sie genau eingruppiert werden und wie die Bezahlung im Vergleich zu heute aussieht. Vorher ist es nicht möglich dem neuen System zuzustimmen. ver.di Stuttgart lehnt es ab, dass ohne eigenes durchgerechnetes und diskutiertes System ergebnisoffen in AG mit den Arbeitgebern gegangen wird. Zuerst muss in diesem entscheidenden Bereich ein eigenes Modell von ver.di bestehen, das in der Organisation diskutiert ist. Die tarifpolitische Abteilung wird beauftragt klare Vergleich der wichtigsten Tätigkeitsgruppen zwischen neuem und altem Tarifsystem herzustellen und in der Organisation zur Diskussion zu stellen. Entscheidend wird auch sein, dass die entsprechenden Eingruppierungen mit Beträgen hinterlegt sind.

Bei den Kriterien für das analytische Verfahren entsteht der Eindruck, dass bestimmte Anforderungen/Belastungen, wie Einfühlungs-/Überzeugungsvermögen, Verantwortung für Menschen, Kooperationserfordernisse und mündliche Kommunikationserfordernisse ähnliche Anforderungen abdecken und damit mehrmals bewertet werden, während andere Faktoren, wie technische Fähigkeiten, Körperkraft, Konzentration, mathematisch wissenschaftliches Denken, Umgebungseinflüsse usw. gar nicht oder nur wenig vorkommen. Hier entstehen nicht nur Nachteile für den klassischen Arbeiterbereich sondern auch für andere eher technisch/handwerkliche Bereiche.

ver.di Stuttgart lehnt es ab, dass über die Anforderungsbereiche beim analytischen Verfahren hochorganisierte Bereiche, insbesondere der Arbeiterbereich, schlechter eingruppiert werden. Deshalb muss die Positionierung, wie sie in dem Papier vom 10. März 2004 vorgenommen wurde, verändert werden. Dies kann geschehen durch Einführung weiterer oder anderer Anforderungsbereiche wie Aufmerksamkeit, gefahrengeneigte Arbeit oder Umgebungseinflüsse oder durch Beibehaltung des summarischen Eingruppierungsverfahrens.Es darf nicht sein, dass die für uns streikrelevanten Gruppen niedriger eingruppiert werden. Auch bei einer Besitzstandsvereinbarung, die die bereits Beschäftigten absichert, ist es nicht akzeptabel, dass künftig einzustellende Arbeiter niedriger eingruppiert werden als dies bisher der Fall ist.

ver.di Stuttgart lehnt eine Struktur ab, bei der durch das analytische Verfahren gleiche Berufsgruppen unterschiedlich eingruppiert werden. Dies könnte dadurch geschehen, dass bei gleicher Eckeingruppierung unterschiedliche Punktezahlen für die jeweils konkrete Tätigkeit vergeben werden (z. B. Erzieher/innen in sozialen Brennpunkten). Dies könnte weiterhin in den Bereichen geschehen, in denen keine bundesweite Zuordnung vereinbart wird und die jeweiligen Arbeitgeber dies tun müssten (kleinere Berufsgruppen). Wir sehen hier die Gefahr einer Diversifizierung innerhalb der gleichen Tätigkeitsgruppen und die Zunahme unterschiedlicher Bezahlungen.

Es wird befürwortet, dass jüngere Beschäftigte schneller in die Höchstbezahlung der Entgeltgruppe kommen können. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass der Gesamtverdienst (bezogen auf ein durchschnittliches Berufsleben) nicht niedriger als beim bisherigen Eingruppierungssystem wird. Der Besitzstand und Vertrauensschutz muss so ausgestattet sein, dass Beschäftigte, die noch im Bewährungsaufstieg sind, abgesichert werden, ebenso wie Neueinzustellende, die anderweitig entsprechende Berufserfahrung gesammelt haben.

2. Familienbezogene Vergütungsbestandteile

Der ver.di Bezirk ist für die Beibehaltung der familienbezogenen Vergütungsbestandteile. Der Einbau in die Tabelle wird abgelehnt. Die sozialpolitische Forderung von Eltern mit Kindern wird nach wie vor als wichtige tarifpolitische Aufgabe angesehen.

3. Tabellenspreizung

Der ver.di Bezirk ist gegen die Möglichkeit, in der Tabelle nach unten abzuweichen. Begründung: Wir würden damit den Zusammenhang zwischen Lohn- und Gehaltshöhe und Ausgliederung anerkennen und uns vor weiteren Anforderungen der Arbeitgeber nicht mehr schützen können.

4. Leistungs- und erfolgbezogenen Vergütung

Der ver.di Bezirk Stuttgart ist mit den Kriterien der Tarifkommission einverstanden, sieht jedoch die große Gefahr, dass diese nicht gehalten werden. Die Arbeitgeber erklären offen, dass sie die leistungs- und erfolgsbezogene Vergütung innerhalb der tariflichen Bezahlung ansiedeln wollen und nicht "on top". Wie kostenneutral eine "on top"-Regelung aussehen soll, bleibt uns ein Rätsel. Es muss absolut sichergestellt werden, dass hier kein Einbruch in die Tarifbezahlung und keine Umwidmung von Entgeltbestandteilen möglich ist. Jahressonderzahlungen werden von uns abgelehnt.

5. Kündigungsschutz

Die Abschaffung des besonderen Kündigungsschutzes wird abgelehnt. Dieser Punkt hat bei den Beschäftigten einen hohen Stellenwert. Die Unterscheidung zwischen Neueingestellten und bereits Beschäftigten ist nicht akzeptabel. Die Themenbereiche Arbeitszeit, Führung auf Zeit und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall werden an den Tarifpoltischen Arbeitskreis delegiert.

Schlussbemerkung: Der ver.di Bezirk Stuttgart hält es für unverzichtbar, die Mitglieder und Funktionäre auf eine konfliktorische Auseinandersetzung um die Modernisierung des Tarifvertrages bzw. um die Verteidigung der öffentlichen Diensttarifverträge vorzubereiten. Es ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, dass mit den Arbeitgebern eine für unsere Mitglieder zufriedenstellende Modernisierung im Konsensprinzip erreicht werden kann. Eine Modernisierung um jeden Preis bzw. Zugeständnisse zu Lasten unserer Mitglieder um die Arbeitgeber weiter am Tisch zu halten, wird von uns abgelehnt. Ebenfalls schlagen wir vor, die Kolleg/innen im kommunalen Bereich in die Aktionen bei den Ländern von vorneherein mit einzubeziehen.

Stuttgart, 19. April 2004


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