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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Köln am Samstag: Das Wochenende in Köln "auf der anderen Seite" oder: Der Rassistenkongress mal aus der Nähe betrachtet Die Intelligenzschicht ist dünn, und kratzt man ein wenig daran, kommt unter dem oberflächlich aufgetragenen Lack schnell bräunliche Farbe zum Vorschein. Ungefähr so lässt sich die Begegnung mit den Anhängern und Aktivisten von "Pro Köln" und anderer rechtsextremer/"rechtspopulistischer" europäischen Parteien am vorigen Samstag auf dem Kölner Heumarkt zusammenfassen. Rund 80 bis 90 von ihnen hatten es bis zum Versammlungsort geschafft, auf dem am vergangenen Samstag um 12 Uhr die - durch die rechtslastige Regionalpartei "Pro Köln" vollmundig angekündigte - internationale Kundgebung stattfinden sollte. Aus Sicht der Veranstalter sollte es sich um die Krönung ihres "Anti-Islamisierungs-Kongresses" handeln, der vom 19. bis 21. September hätte stattfinden sollen - aber aufgrund der massiven Widerstände zu grö ß eren Teilen ausfallen musste. Allein, auf dem fu ß ballfeldgro ß en Platz in der Kölner Altstadt sahen die knapp 100 versammelten Anhänger dann doch ziemlich verloren aus. Hinzu kamen im Übrigen noch rund 300 Journalistinnen und Journalisten, denen die Polizei freien Zutritt zu dem Gelände lie ß, unter ihnen Kamerateams von zwei französischen sowie mehreren türkischen Fernsehsendern. Rund herum blockierten, demonstrierten und protestieren gleichzeitig mehrere Zehntausend Menschen gegen das Stattfinden der Versammlung, deren Auflösung die Einsatzleitung der Polizei eine gute halbe Stunden nach ihrer offiziellen Eröffnung bekannt gab: "Die Sicherheit der Kölner Bürger/innen" habe "Vorrang" vor dem Demonstrationsrecht der extremen Rechten: Es sei "völlig unverhältnismäßig", so der Einsatzleiter, den wenigen Anhänger "unter Einsatz von Wasserwerfern und Spezialeinheiten" den Weg zum Veranstaltungsort - dem Kölner Heumarkt - frei zu prügeln. Kurze Zusammenfassung zu den Widerständen Schon am Vortag, dem vergangenen Freitag, war die angekündigte "internationale Pressekonferenz" - die auf einem Schiff stattfinden sollte, welches am Freitag gegen Mittag vom Stadtteil Köln-Rhodenkirchen ablegte -zu einer stundenlangen ziellosen Irrfahrt auf dem Rhein geworden. Aufgrund des polizeilichen Verbots, unter Kölner Brücken durchzufahren (dort befindliche Demonstranten könnten ja Gegenstände nach unten werfen), musste das Boot schlussendlich im Hafen von Köln-Niehl anliegen. Dort aber standen die "Rechtspolitiker" dann wie bestellt und nicht abgeholt - und kamen nicht vom Fleck, weil zwei Busfahrer ihre Arbeit niederlegten und die Kölner Taxifahrer/innen den Ort (infolge einer Ankündigung ihrer Präsenz über Funk) weiträumig umfuhren. Dass dies Alles so möglich war, hängt selbstverständlich auch mit besonderen Kölner Traditionen zusammen. Die sprichwörtliche "Liberalität" und "Toleranz" der Rheinmetropole kannte zwar ihre unrühmlichen historischen Ausnahmen (man denke an den antisemitisch aufgeladenen Karneval während der NS-Ära). Aber es bleibt ein Urgrund von Widerständigkeit gegen Obrigkeitsstaatlichkeit und autoritäre Figuren, der wohl vornehmlich aus der Zeit der - unbeliebten -Zwangseingemeindung des (katholischen) Rheinlands ins protestantisch-militaristisch Preu ß en herrührt. Unter dem "Kulturkampf" des preu ß ischen Staates gegen die renitente katholische Minderheit gediehen auch so manche anti-obrigkeitsstaatlichen Charakterzüge der rheinländischen Gesellschaft. Ausnahmsweise (!) scheint das historische Erbe einer katholischen Prägung dieser Region positive Konsequenzen zu haben. Offene Rassisten und Faschisten scheinen jedenfalls in Köln - mehrheitlich - wirklich unwillkommen zu sein. Auch wenn die "Republikaner" (REPs) hier dereinst, 1989, mit 7,4 % der Stimmen in den Kölner Stadtrat einziehen konnten - aus ihrem damaligen "harten Kern" an Führungskadern und jungen Intellektuellen von der Kölner Universität ging übrigens, weitgehend bruchlos, der heutige Führungszirkel von "Pro Köln" hervor. Alles ehemalige Jurastudierende der Universität Köln, wie Markus Beisicht (heute Rechtsanwalt), Gabriele Schlaeper (seine Gattin und selbst Rechtsanwältin), Manfred Rouhs und ähnliche Figuren. 1989/90 galten sie als Protagonisten der damals durch die Parteiführung unter Franz Schönhuber angestrebten "Intellektualisierung" der Partei (mittels Gründung eines bundesweiten "Republikanischen Hochschulbunds"), die gnadenlos scheiterte. Später gründeten sie die rechtsextreme Partei-Abspaltung "Deutsche Liga für Volk und Heimat", und in den späten 1990er Jahren formten sie selbige in die heutige "Bürgerbewegung Pro Köln" um. Samstag früh in Köln: Einmal quer durch die politischen Widersprüche Doch der Reihe nach, fangen wir also am frühen Morgen jenes Samstag an. Da ich davon ausgehen darf, dass es von den antifaschistisch und antirassistisch motivierten Protesten zahlreiche fundierte Berichte und Aufnahmen geben wird, mache ich mich - mitsamt Fotoapparat - etwas abseits von den Hauptrouten der blockierenden und protestierenden FreundInnen auf den Weg. Zunächst führt mein Trampelpfad vom Roncalliplatz (am Kölner Dom), wo seit 9 Uhr eine Großkundgebung - eher jene der etwas etablierteren Kräfte, etwa SPD und Grüne, zuzüglich einer sichtbaren gewerkschaftlichen Präsenz von IG Metall und Ford-Beschäftigten - gegen den Rassistenkongress stattfindet. Von dort geht es dann über die Fußgängerzone zum Wallraf-Richartz-Platz, dem Vorplatz des Hauptsitzes des WDR. Dort will sich ab 10 Uhr eine, zunächst ominös bleibende, "dritte Kraft" versammeln, die sowohl gegen den "einheimischen Rechtsextremismus" in Gestalt von "Pro Köln"& Konsorten als auch gegen den "zugewanderten Rechtsextremismus" demonstrieren möchte. Unter letztere Kategorie fällt dabei, dem Aufruf zufolge, "der (politische) Islam", zu dem aber unter anderem gleich auch noch die "Grauen Wölfe" - also eher säkulare, völkische türkische Nationalisten mit offen faschistischer Tradition - mit in einen Topf geworfen werden. Auch jenseits von "Pro Köln" und Co.: "Der bedrohliche Islam" als Projektionsfläche taugt stets für trübe bis durchgeknallte Bündnisse Überraschung: Bei der Kundgebung, über die zuvor die Medien ausführlich berichtet hatten, und an der nun - großzügig geschätzt - 15 bis höchstens 20 Personen teilnehmen, treffe ich auf eine bizarre Mischung aus AnhängerInnen einer linksradikalen bis z.T. sektiererischen iranischen Exilpartei (Arbeiterkommunistische Partei des Iran, inzwischen in mehrere Fraktionen zerfallen) einerseits und der, nun ja, eher ziemlich rechtslastigen "Bürgerbewegung Pax Europa" des berüchtigten früheren FAZ-Journalisten Udo Ulfkotte andererseits. Beide machen je rund die Hälfte der Anwesenden aus. Abgesehen davon, dass Ulfkotte (der Gründer einer kurzlebigen "Christlich-Ökologischen Partei" und Buchautor, der "unsere Städte" von Islamisten vollständig "unterwandert" und ziemlich dicht vor dem "Bürgerkrieg" stehen sieht) eher durchgeknallt erscheint, sind der Mann und seine Bewegung auch gehörig rechtsorientiert. Am 11. September 2007 hatte Ulfkotte noch zunächst mit dem Vlaams Belang (der rechtsextrem-regionalistischen Partei "Flämisches Interesse") in Brüssel, und später zusammen mit "Pro Köln" in der Rheinmetropole demonstrieren wollen. Gegen das in Brüssel ausgesprochene Verbot hatte Ulfkotte mit einem Anwalt, "den ihm Philip Dewinter, der Fraktionsvorsitzende (des) Vlaams Belang, vermittelt hatte" (lt. Wikipedia-Eintrag zu Ulfkotte), erfolglos zu klagen versucht. Ab September 2007 distanzierte Ulfkotte sich dann aber plötzlich von "Rechtsextremisten" - um bürgerliche Seriosität bemüht. Am vergangenen Samstag sprach der (demnach) "seriöse Rechte" Ulfkotte allerdings nicht selbst, sondern begnügte sich damit, direkt hinter der Rednern Mina Ahadi ständig ein Plakat hochzuhalten. Mina Ahadi ist die Vorsitzende des "Zentralrats der Ex-Muslime". Ein Verein, dessen ureigenes Anliegen - zu betonen, dass Menschen, die aus Ländern wie dem Iran stammen, ebenso gut Gottlose wie Moslems sein können und das Recht dazu haben, nicht qua Herkunft unter "Muslime" eingemeindet zu werden - zwar legitim ist. Der nun aber offenkundig vor verqueren und abstrusen Bündnissen, wie am vergangenen Samstag, nicht zurückscheut. In ihrer, im Laufe von 45 Minuten dreifach wiederholten, Rede behauptete Ahadi unter anderem, falls die Moschee in Köln-Ehrenfeld errichtet werde, könnten Kinder dort "was lernen? Selbstmordattentate und Steinigungen?" Dafür erhielt sie von einigen Dutzend Umstehenden und Schaulustigen zum Teil frenetischen Applaus. Man möchte nur wissen, aus welchen Motiven. Dass Ahadi selbst - die stets ihre "ausländische Herkunft" betonte - keine rassistischen Motive hatte, sondern sich gegen den Herrschaftsanspruch des politischen Islam in ihrem Herkunftsland (dessen dort regierende Variante besonders hässlich ist) zur Wehr setzt, darf man ihr gerne abnehmen. Die lauteren Motive ihrer deutschen Zuschauer dagegen, in vielen Fällen, nicht. Und vor jener Sorte von (laut einem Bonmot) "Atheisten, die den ganzen Tag über nur von Gott reden" bzw. von Ex-Muslimen, die den ganzen Tag nur mit ihrer früheren Religion hadern, sollte man sich vielleicht auch lieber hüten. Besessenheit macht nun mal leicht blind, der sprichwörtliche "Feind meines Feindes" ist nicht unbedingt mein Freund - und wer sich mit entweder durchgeknallten oder auf einer rechten Modewelle surfenden Figuren wie Udo Ulfkotte alliiert, hat sich selbst längst diskreditiert. Erst recht, wenn er oder sie mit abstrusen Argumente wie jenem, in einer (doch ziemlich im Lichte der Öffentlichkeit und entsprechender Beobachtung stehenden) Einrichtung wie der zukünftigen Moschee von Köln-Ehrenfeld würden notwendig "Selbstmordenattentate und Steinigungen" gelehrt, den lieben Leuten Angst einzujagen versucht. "STOP ISLAM": Der Rassistenkongress, aus der Nähe betrachtet Und weiter ging es zum Heumarkt, wo die - im Vergleich zu Ulfkotte - etwas unseriöseren "Islamkritiker" auftreten wollten. Wollten. Denn je wie schon gesagt, wurde aus dem Auftritt zum guten Teil nichts. Zum Auftakt stach allerdings die riesige Tribüne ins Auge, auf die in dicken Lettern die Aufschrift gemalt war: "Stop Islam!" Und nicht etwa "Stopp IslamISMUS" oder auch "Stopp IslamisIERUNG": Während die Veranstalter von "Pro Köln" im Vorfeld offiziell noch Wert darauf gelegt hatten, dass ihre Chose auf den Namen "Anti-Islamisierungs-" und nicht "Anti-Islam-Kongress" höre - dass sie also nicht pauschal gegen sämtliche Moslems hetzen, sondern einen angeblichen gesellschaftlichen Prozess einer "zunehmenden Vorherrschaft des Islam" anprangern wollten -, fiel auch diese Maske gewissermaßen. Die Aufschrift jedenfalls betraf "den Islam" als solchen, ohne jegliche Abstufung oder Differenzierung. Unter ihr stand, in kleineren Buchstaben, als Untertitel in mehreren europäischen Sprachen: "Städte gegen Islamisierung". Mit betont ruhiger Stimme und darum bemüht, gefasst zu wirken, verkündete Manfred Rouhs etwa eine halbe Stunde nach Mittag den offiziellen Veranstaltungsbeginn. Zwar waren die knapp 100 Anhänger aus mehreren europäischen Ländern noch immer relativ allein auf dem Platz. Allerdings, so behauptete Rouhs, säßen noch "400" Gesinnungskameraden (Zeitungen und Augenzeugen sprachen später von 150 bis maximal 200) am Flughafen Köln-Bonn fest. Unter ihnen seien auch "gewählte Volksvertreter des Vlaams Belang". Tatsächlich hielten Philip Dewinter von der flämischen Separatisten- und Rassistenpartei, Markus Beisicht von "Pro Köln" und andere rechte Gesinnungsfreunde später eine improvisierte Pressekonferenz im Kellergeschoss des Flughafens ab. Rouhs betonte unterdessen: "Wir haben Zeit. Heute früh um 2 Uhr waren Leute von uns hier, um nächtens aufzubauen. Und wenn es sein muss, werden wir hier bis 2 Uhr oder auch bis 6 Uhr warten, bevor wir unsere Kundgebung beginnen. Wir fordern die Kölner Behörden dazu auf, unseren Freunden am Flughafen einen Bus oder eine S-Bahn zur Verfügung zu stellen, um hierher kommen zu können. Bis dahin werden wir warten!" Gut gebrüllt, Löwe. Eine gute halbe Stunde später allerdings wurde die Veranstaltung bereits polizeilich für aufgelöst erklärt - angesichts der offenkundigen Aussichtslosigkeit, der Proteste Herr zu werden und den am Flughafen Festsitzenden ein Durchkommen zu verschaffen. Ausländische Gäste: Lega Nord und zwei französische Faschistenparteien Bis zum Versammlungsort geschafft hatte es Mario Borghezio, ein Senator der norditalienischen Regionalisten- und Rassistenpartei Lega Nord, der eine weiße Fahne mit rotem Vendée-Symbol (ein Kreuz, das auf einem Herzsymbol aufgepflanzt ist, und die katholisch-royalistische Konterrevolution in Frankreich 1793-94 symbolisiert) schwenkte und mehrfach frenetisch rief: "Europa cristiana, mai musulmana!" (Christliches Europa, niemals muslimisch!) Ebenfalls anwesend waren rund ein Dutzend Aktivisten seiner Partei, sowie eine dreiköpfige Delegation aus Frankreich vom MNR. Diese, inzwischen längst jenseits des Randes der Bedeutungslosigkeit angekommene, rechtsextreme Partei war 1999 unter Bruno Mégret als Abspaltung vom Front National (FN) entstanden. Vertreten wurde sie in Köln vor allem durch Jean-Pierre Tournier, den Bezirkssekretär der Partei im westfranzösischen Département Charente, einem ländlichen Bezirk rund um Angouleme, der eine französische Fahne mit dem Vendée-Kreuzherzen schwenkte und zwischendurch mit französischem Akzent "Es lebe Deutschland!" ausrief. Eine weitere (dritte) rechtsextreme Kraft auf Frankreich, die Regionalpartei Alsace d'abord (Elsass zuerst) war zugleich, mit ihrem Ex-Vorsitzenden Robert Spieler - gleichzeitig inzwischen einer der Sprecher der, derzeit bereits wieder gescheiterten, rechtsextremen Sammlungsbewegung NDP (Nouvelle Droite Populaire) - bei der Pressekonferenz im Kellerraum des Flughafens vertreten. Offenkundig hatte die Absage des Vorsitzenden des FN, Jean-Marie Le Pen - dessen "Großpartei" überhaupt nicht nach Köln kam, wohl weil sie dort nichts zu gewinnen hatte und keinen Bock verspürte, für "Pro Köln" Aufbauhilfe zu leisten - den Weg für die beiden französischen Splitterparteien auf der extremen Rechten freigemacht. Im Ausland konnten sie sich - so dachten sie sich vielleicht - zu größerer Bedeutung aufschwingen, als ihnen "zu Hause" (wo sie neben dem FN vollkommen marginalisiert bleiben) zukommt. Linke Abgeordnete hadert mit Rassisten Unterdessen kam es auf dem Platz zu hitzigen Diskussionen. Die couragierte Bundestagsabgeordnete der Linken aus Bochum, Sevim Dagdelen, hatte es dank ihres Abgeordnetenmandats über die Polizeisperren hinweg auf den Platz geschafft. Sie trug dabei eine gelbe Neonjacke mit der Aufschrift "Köln stellt sich quer" (gegen den Rassistenkongress) und Anti-Nazi-Buttons. Dort wurde sie von einzelnen Anhängern von Pro Köln hitzig angegangen: Warum sie denn ihren Protest nicht lieber draußen - "bei Ihren Leuten, die mit Steinen werfen" - zum Ausdruck bringe, wurde ihr vorgehalten. Daraufhin drehten sich alle Kameras zu ihr. Das konnte Manfred Rouhs wiederum nicht auf sitzen lassen, der - in seinen Augen - nicht genug Scheinwerferlicht abbekam. Er versuchte, mit der protestierenden Abgeordneten zu diskutieren, die er als "Schönes Kind" bezeichnete, was ihm als Retourkutsche eine Titulierung als "hässlicher Junge" eintrug. Doch während Rouhs - wie auch der Bühne - Wert darauf legte, einen geschliffenen Diskurs an den Tag zu legen und zu betonen, er habe überhaupt nichts gegen TürkInnen und Moslems als solche, ihm gehe es nur um Integration (die durch "eine Großmoschee" und durch mangelnde Deutschkenntnisse verhindert werde), gingen mit seinen Anhängern sofort die Gäule durch. Eine ältere Aktivistin von "Pro Köln" ereiferte sich etwa gegenüber der Abgeordneten, sie solle doch aus dieser Stadt - und am liebsten wohl aus diesem Land - verschwinden. Denn "wir sind eine Stadt, die eine Kultur hat, wir zahlen Steuern, wir haben den Kölner Dom gebaut, und überhaupt: Was haben Ihre Vorfahren mit den Armeniern und den Christen in der Türkei gemacht?!!" Ob die solcherart stolze Vertreterin ihrer "Kultur" wirklich selbst mit Hand beim Bau des Kölner Doms angelegt hat, mochte sie unterdessen auf Nachfrage hin nicht verraten. Eine andere türkischstämmige Deutsche - oder türkische Kölnerin -, die später ihrerseits (auf etwas hilflose Weise) mit respektive gegen Rouhs zu argumentieren versuchte, bekam gleich noch von einem aufgebrachten, schäumenden Anhänger zu hören: "Wenn es so weitergeht, gute Frau" - nämlich mit den Ausländern. - "dann haben wir hier bald einen Bürgerkrieg! Jawohl! Dann haben wir bald einen Bürgerkrieg!" Eine ältliche Anhängerin meinte zur selben Minute: "Die Ausländer, die hier sind, die müssen sich anpassen! Die müssen sich anpassen!" Als sie zur Antwort bekam, man könne auch "zusammen leben" und sich mischen, erwiderte sie wie aus der Pistole geschossen: "Aber wir wollen nichts Türkisches!!" Vorläufige Bilanz Insgesamt befanden sich circa 40 bis 50 Sympathisanten oder Mitglieder von "Pro Köln" unterschiedlicher Altersgruppen, die sich durch ihre Anstecker zu erkennen gaben, auf dem Platz. Hinzu kamen ein gutes Dutzend Vertreter der Lega Nord, drei Leute aus Frankreich und einige Aufbauhelfer vom belgischen Vlaams Belang - der die Organisation übernommen hatte, und dessen LkW sowie die T-Shirts seiner Helfer die flämische Aufschrift "Organisatie" trugen. Auch ein britischer Altfaschist ließ sich blicken. Hinten rechts in der Ecke (mit Blickrichtung vom Publikumseingang auf die Bühne) saß zudem ein gutes Dutzend kahlgeschorener Jungnazis auf einer Bank. Diese wollte man im vorderen Bereich nicht unbedingt sehen - laut einem Zeitungsbericht wurden ihnen auch das Vorzeigen der Reichskriegsflagge durch den Ordnerdienst verwehrt -, sie wurden vom Veranstalter aber auch nicht des Platzes verwiesen. Alles in allem also: ein betontes Bemühen darum, bürgerlich-konservative Reputierlichkeit zu wahren (Manfred Rouhs ließ sich jedenfalls keinen einzigen explizit rassistischen Ausrutscher entlocken, sondern berief sich stets auf die Notwendigkeit von "Integration" und - de facto - Assimilation). Aber eine Realität, was das "Denken" in den Köpfen der Anhänger betrifft, die doch reichlich anders aussieht: ungleich offener rassistisch. Kurz nach 13 Uhr gab Manfred Rouhs die polizeiliche Untersagung einer Fortführung der Veranstaltung bekannt. Als Trost hatte er kurz zuvor noch auf den Himmel verweisen können, an dem rund eine Minute lang ein Flugzeug kreiste, das ein anhängendes Transparent mit der Aufschrift "Pro Köln" hinter sich herzog. (Es wurde dann jedoch durch einen Polizeihubschrauber zur Landung gezwungen.) Dies beweise, so Rouhs, "unsere tiefe Verankerung in Köln", weil es nämlich belege, "dass sich ein mutiger Pilot gefunden hat" (sic). Das klang dann doch ziemlich stark nach dem sprichwörtlichen Pfeifen im dunklen Keller. "Pro Köln" schäumt seitdem in mehreren Presseerklärungen und E-Mail-Aussenden, die Kölner Polizei haben jämmerlich "versagt" (ohne von den Unzulänglichkeiten der eigenen Organisierung oder den Mängeln eigener Mobilisierungsfähigkeit zu sprechen.), und man werde in der Folge noch die Verwaltungsgerichte dagegen anzurufen. Offiziell verlautbart "Pro Köln" auch, man werde den unterbrochenen Kongress "fortführen" bzw. "wiederholen", sobald man vor den Verwaltungsgerichten gewonnen habe. Wenn das mal nicht zu vollmundig ist - wäre "Pro Köln" doch damit gar zu offenkundig überfordert. (Bernhard Schmid, live aus Köln) |