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Updated: 18.12.2012 15:51
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Hans-Dieter Hey: Das hat was mit Faschismus zu tun!

1927 haben die Sozialdemokraten die Regierung gebildet und Gesetze  zur Verringerung der Erwerbslosigkeit geschaffen, die noch  einigermaßen nach sozialer Gerechtigkeit aussahen. Nach dem Gesetz  zur Arbeitsvermittlung hieß  es in § 62: "Soweit ein Tarifvertrag besteht,  darf die Vermittlung beteiligter  Arbeitnehmer an Arbeitgeber ... nur zu  tariflich zulässigen Bedingungen  erfolgen".

2005  - mit ca. 8,6 Mio. - Erwerbslosen   haben die Sozialdemokraten mit  den Bündnisgrünen eine neue Variante der Arbeitsmarktpolitik in "Hartz  IV" gefunden:  Die Vermittlung der Erwerbslosen zu Bedingungen 30 %  unterhalb der Tarife  und zu Hungerlöhnen oder  mit so genannten "Minijobs"  zwischen 400 -  800 Euro im Monat, weil  jede - aber auch jeder Arbeit - angenommen werden muss. Ein weiteres  "Highlight" dieser Regierung ist die Einführung von Zwangsarbeitslöhnen  von 1,00 EURO Aufwandsentschädigung  plus Arbeitslosengeld II. Und  das liegt ca. 20 % niedriger als die frühere Sozialhilfe und braucht den  täglichen Lebensbedarf eines Menschen nach den sog. Hartz-IV- Regelungen nicht einmal mehr zu decken. Früher musste noch  nach § 1  Bundessozialhilfegesetz ein "menschenwürdiges Leben" sicher  gestellt werden. Damit wurde durch rot-grün das Ende der Menschenwürde eingeleitet. 

Aber was hat das nun mit Faschismus zu tun? 1933 hatten wir über 6  Mio. Erwerbslose. In diesem Jahr - Hitler war gerade an der Macht -  stellte er sein "Gesetz zur Verringerung der Arbeitslosigkeit" vor, um die  "restlose Eingliederung des so genannten 4. Standes", also die  zahllosen Erwerbslosen,  vorzunehmen.
Seine erste Maßnahme hierzu war einmal die weitgehende Aufhebung  des bis dahin garantierten Arbeits- und Rechts- und Tarifschutzes für  Arbeitslose und der Aufbau eines riesigen Billiglohn-Sektors. Zweitens  nach § 2 Abs. 6 dieses Gesetzes die Einführung von Kombilöhnen, wie  wir dies im sog. 1-Euro-Job auch heute wieder finden.
Mit diesen Methoden sollte der so genannten "4. Stand" gefügig gemacht werden: "Deutsche Staatsangehörige können vom Präsidenten der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung für  eine begrenzte Zeit verpflichtet werden, auf einem bestimmten ihnen zugewiesenen  Arbeitsplatz Dienste zu leisten oder sich einer  bestimmten beruflichen  Ausbildung zu unterziehen." So der Wortlaut  damals, im Hitler- Faschismus. Es  war der "Reichsarbeitsdienst", der  1935 Gesetz wurde.

Die Form der Zwangsarbeit hatte Hitler von den Sozialdemokraten, die  den "Arbeitsdienst" in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts schon  einmal eingeführt  hatten. 1931 beklagte die "Arbeiter-Illustrierte  Zeitung" in ihrer Ausgabe Nr. 48,  dass es eine Legende sei von "...der  Freiwilligkeit der Arbeitsleistung, die die  bürgerlichen Blätter nicht hoch  genug preisen können, obwohl man schwerlich von freiem Willen  sprechen kann, wenn die Ursache für solchen Hungerlohn zu  schuften  nichts anderes ist als die Unterstützungssperre ...". Soviel also zu den sozialen Vorstellungen der Sozialdemokratie!

Und heute, 2005 heißt es im "Vierten Gesetz über moderne  Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" in § 16 Abs. 3: "Für erwerbsfähige  Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden können, sollen  Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Werden  Gelegenheiten für im  öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Arbeiten nicht  nach Absatz  1 als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gefördert, ist den  erwerbsfähigen  Hilfebedürftigen  zuzüglich zum Arbeitslosengeld II eine  angemessene  Entschädigung für Mehraufwendungen zu zahlen; diese Arbeiten  begründen kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts; die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz sind entsprechend anzuwenden; für Schäden bei der Ausübung ihrer  Tätigkeit haften erwerbsfähige Hilfebedürftige nur wie  Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer...".

Also Klartext: Es gilt kein Arbeitsrecht, weil hierdurch kein  Arbeitsverhältnis begründet wird. Es gilt kein Kündigungsschutz, kein  Krankengeld, kein Tarifvertragsrecht. Von  einer  Unfallrente ist man  ebenso ausgeschlossen wie von den Wirkungen betrieblicher  Mitbestimmung. Zwar gelten die Regelungen des Arbeitsschutzes, doch  wer darauf besteht, kann rausfliegen   und ist schutzlos. Und schließlich  rechtlos, weil die Arbeitsgerichte nicht zuständig sind. Das Ganze dann  für ca. 2 Euro die Stunde (ALG II) plus 1 Euro die Stunde  Aufwandsentschädigung! Und wer nicht spurt, dem drohen Kürzung oder Entzug des Arbeitslosengeldes II. Die Maßnahmen sollen auch zur Schulung zwecks Wiedereingliederung dienen. Welche  Wiedereingliederung denn, um zu Arbeiten "qualifiziert" zu werden,  damit man im Abbruch tätig sein kann, um Kisten zu stapeln oder völlig  unnütze Arbeit zu erledigen?  Und letztlich dient diese moderne Form  der Staatssklaverei der Sanierung öffentlicher Haushalte.

Die Regelungen heute sind denen damals verdammt ähnlich. Dies ist Zwangsarbeit   und nichts anderes. Deutlicher kann der Zusammenhang  nicht sein. Und Arbeit unter Aufhebung von Arbeitnehmerrechten und  Androhung des Entzugs der Existenz hat etwas mit Faschismus zu tun!

Erschienen in: kumm erus

Siehe auch den Artikel: Hans-Dieter Hey: Kommt ein neuer Faschismus?

 


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