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Updated: 18.12.2012 15:51
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Sollen Gewerkschaften bei der Rente mitbestimmen?

Im Dezember 2010 fanden Sondierungsgespräche zwischen den Arbeitgebern und den betroffenen Gewerkschaften ver.di, GEW und dbb-Tarifunion statt. Es ging um Ungerechtigkeiten bei den "Startgutschriften", zu der über 3000 Versicherte gegen die Betriebs-Rentenversicherung VBL (bzw. ZVK) den Klageweg beschritten hatten. Die höchsten deutschen Gerichte haben die Startgutschriften als "unverbindlich" erklärt, d.h. Gewerkschaften und Arbeitgeber müssen diesen Punkt nach verhandeln. Die Tarifverhandlungen sollen im April 2011 aufgenommen werden.

Hintergrund und Vorausschau:

1. Mit der Tarifeinigung von 2001, die als Satzung für die VBL übernommen wurde, wurde die Abschaffung der Gesamtversorgung zu Gunsten eines Punktemodells vereinbart.

2. Diejenigen Arbeitnehmer, die am 01.01.2002 55 Jahre alt waren, behielten den Besitzstand. Bei allen anderen wurde die Anwartschaft auf Betriebsrente in Punkte nach dem neuen System umgerechnet.

3. Es stellte sich schnell heraus, dass es bei der Umrechnung Gewinner und Verlierer gab: Wer 1999-2001 durchschnittlich etwas über 5274 Euro/Monat verdiente und am 1.1.2002 verheiratet war, gewann dazu. Verlierer wurden fast alle anderen Gruppen, vor allem die der Alleinstehenden der Jahrgänge 47 bis 56 mit mittlerem Verdienst. Die Verluste belaufen sich gegenüber dem alten Versorgungsrecht auf 20 bis 50 %, in Einzelfällen höher (Quelle: Rentenkürzungen bei älteren, alleinstehenden Rentenfernen (März 2009) auf startgutschriften-arge.de externer Link, Schaltfläche STUDIEN).

4. Die Dynamisierung der Startgutschriften wurde ausdrücklich ausgeschlossen (§ 78 VBL-S). Es gab seit 2001 lediglich "Gutschriften" von 3x 0,25 Bonus-Punkten, was bei Normalverdienern etwa 3 x 40 Cent ausmacht.

5. ver.di spielte zu den Tarifverhandlungen 2001 alles andere als eine rühmliche Rolle. Zwar ist die VBL-Satzung erheblich verbessert worden, aber die Pannen bei den Startgutschriften zeigen, dass ver.di nicht bis in die Tiefen der Berechnungen vorgedrungen ist. verdi wurde - meiner Meinung nach - von den Arbeitgebern, welche von der VBL beraten wurden, "über den Tisch gezogen".

6. Auch jetzt halte ich ver.di diesbezüglich für einen Schnarchnasenverein. Auf einem Flugblatt vom Dezember 2010 externer Link pdf-Datei teilt ver.di mit, dass die Gespräche zur VBL wieder aufgenommen worden sind. Man orientiere sich zu den anstehenden Tarifverhandlungen im April an einem Modell der Arbeitgeber zur Korrektur der Startgutschriften (also offensichtlich nicht an den Interessen der Mitglieder, sonst hätte man mich als Betroffenen und ver.di-Mitglied und viele andere gefragt).

Für mich ergeben sich folgende Fragen:

  • Was macht diejenigen, die am 1.1.2002 55 Jahre alt waren, für ver.di soviel wertvoller als mich (54 J. zu dem Zeitpunkt), dass sie noch die alte Gesamtversorgung erhalten?
  • Was macht die am 01.1.2002 Verheirateten soviel wertvoller als mich, da sie eine deutlich höhere Zusatzrente erhalten (das neue System trifft diese Unterscheidung nicht mehr)?
  • Warum ließ ver.di 2001 zur Umrechnung der Renten-Anwartschaften auf Punkterente die Anwendung einer Formel zu, die bestimmte Jahrgänge (47 bis 56) besonders benachteiligt?
  • Warum wurde die Dynamisierung der Startgutschriften ausdrücklich ausgeschlossen?
  • Warum ist ver.di nicht bereit, sich für die Fehler, die 2001 passiert sind, zu entschuldigen und zu versuchen, sie jetzt (bei den Tarifverhandlungen im April 2011) zu korrigieren?
  • Warum bin ich eigentlich als Betroffener noch Mitglied bei ver.di? Zum Herunterregeln meiner Rente brauche ich keine Gewerkschaft, das kann ich selbst.

Fazit: Obwohl ver.di Seminare zur Antidiskriminierung anbietet und Betroffenen Rechtsschutz gewährt, hat sie sich mit dem Tarifvertrag von 2001 einen schweren Fall von Altersdiskriminierung aufgeladen. Solange ver.di bei dem Thema "dicht" macht, und die passierten Fehler ausblendet, halte ich diese Gewerkschaft nicht für geeignet, bei der Rente mit zu bestimmen.

Meint Fritz Lakritz


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