Gewerkschaftliche Strategien gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse
Diplomarbeit von Tobias Willms im Studiengang Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin (Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften, Otto-Suhr-Institut) vom August 2007
Abstract des Autors: "In der vorliegenden Arbeit werden "gewerkschaftliche Strategien gegen
prekäre Beschäftigungsverhältnisse" auf ihr Revitalisierungspotential hin befragt. Revitalisierung bedeutet - kurz gesagt - die Fähigkeit, auf gesellschaftliche Entwicklungen nicht nur mit Anpassung an diese zu reagieren, sondern einen vergrößerten Handlungsspielraum zu etablieren. In Bezug auf Gewerkschaften kann dies nur heißen, Interessenvertretung von abhängig Beschäftigten auch unter zunehmend widrigen Umständen zu bewerkstelligen.
Eine der untersuchten Strategien ist die Forderung nach einem Mindestlohn. Die Kritik an dieser Strategie setzt nicht an der Forderung an sich an. Vielmehr wird gezeigt, dass die Mittel zur Durchsetzung der Forderung auf die Gesetzgebung abzielen und wenig dazu beitragen, gewerkschaftliche Gegenmacht zu erkämpfen. Eine Mobilisierung für den Mindestlohn hätte das Potential für eine solche Gegenmacht; diese wird aber von den DGB-Gewerkschaften nicht in Angriff genommen. Stattdessen wird auf eine zunehmend schwächer werdende institutionelle Einflussnahme abgezielt.
Die zweite Strategie ist angelehnt an das Organizing-Modell. Das Revitalisierungspotential wird bedeutend höher eingeschätzt. Besonders im Bereich der prekären Beschäftigung ist Organizing eines der wenigen Mittel, um Interessenvertretung zu gewährleisten. Denn die "strukturelle Macht" (Erik Olin Wright) der ArbeiterInnen in diesem Beschäftigungssegment ist gering, da sie häufig beispielsweise nicht in einer Schlüssel-Industrie arbeiten. Deshalb kommt der "kollektiven Macht" besondere Bedeutung zu, und diese kollektive Macht bedeutet Organisierung, aktive und kollektive Interessenvertretung. Da aber ein Charakteristikum des prekären Beschäftigungssegments der niedrige Organisationsgrad ist, bedeutet dies, dass in Konflikte offensiv eingetreten werden muss. Diese Konfliktfähigkeit ist deshalb Voraussetzung für die Interessenvertretung.
Im Anhang ist ein Interview mit einem Gewerkschaftsfunktionär zu finden. Die Ausführungen über seine Arbeit vor Ort - seine Arbeit als Organizer - bekräftigen die These der konfliktorischen Interessenvertretung. "
Organisieren heißt Zuhören. Leiharbeit und Befristungen erfordern neue gewerkschaftliche Antworten - oder doch nicht?
"Ob bei der Kleiderkette Hennes & Mauritz oder bei einer Berliner Klinik-reinigung: Kampagnen gegen prekäre Arbeit können erfolgreich sein. Doch die Gewerkschaften, in einer Zeit von Tarifverträgen, Mitbestimmung und Festanstellung groß geworden, reagieren noch langsam auf die veränderte Arbeitswelt." Artikel von Haidy Damm im ND vom 03.04.2009
Prekäre Beschäftigung Herausforderung für die Gewerkschaften - Anregungen und Vorschläge für die gewerkschaftliche Diskussion
Broschüre der Projektgruppe Prekäre Beschäftigung vom September 2007 von und beim DGB
Freeter Zenpan Roso - Prekäre in Japan: Seit 2004 suchen prekäre ArbeiterInnen in Japan nach neuen Wegen der Organisierung - und entdecken dabei den Anarcho-Syndikalismus wieder
"Krise und Neoliberalismus haben Japan bereits vor Jahren erreicht. In der Folge ist die Anzahl prekärer Jobs explodiert. Seit 2004 organisiert sich ein Teil der prekär Beschäftigten in der Gewerkschaft der Freeters, die in der Tradition des japanischen Anarcho-Syndikalismus nach Strategien gegen den japanischen Kapitalismus von heute sucht." Dieser Beitrag von Sabu Kohso erschien erstmals in der IWW-Zeitung "Industrial Worker" und wird nun in einer Übersetzung von robot in Direkte Aktion 187, Mai/Juni 2008 veröffentlicht. Wir danken dem Verlag und dem Autor für die Freigabe!
Zone ständiger Unsicherheit. Die oft beschworene »Flexibilisierung des Arbeitsmarktes« ist vor allem eine Prekarisierung. Gewerkschaften suchen nach Gegenstrategien
Artikel von Sebastian Wessels in junge Welt vom 07.09.2007 . Aus dem Text: ". Für die Gewerkschaften kündigte Buntenbach an, die prekäre Beschäftigung zum Arbeitsschwerpunkt zu machen, und präsentierte eine Reihe von Forderungen an die Politik - darunter ein Mindestlohn von 7,50 Euro die Stunde, eine Streichung der Subventionen für auf Dauer eingerichtete Minijobs und die Schaffung einer Bürgerversicherung, zu deren Finanzierung auch Selbständige herangezogen werden sollten.."
Prekäre Lage. Tagung an Berliner FU: Trend zu deregulierten Beschäftigungsverhältnissen darf für Gewerkschaften kein Randthema sein
Artikel von Daniel Behruzi in junge Welt vom 27.03.2007
Gewerkschaften und Prekarität - eine handlungsorientierte Bestandsaufnahme
Folien-Vortrag von Klaus Dörre (ppt-Datei) im Rahmen der DGB-FUB-TUP-Fachtagung "Unsicherheit und Armut trotz Arbeit - Prekäre Beschäftigung und gewerkschaftliche Alternativen" in Berlin am 22.03.2007. Aus den Schlussfolgerungen: ".Eine wirksame Politik der Entprekarisierung (Mindestlöhne, Grundeinkommen, Selbstorganisation, solidarische Ökonomie) hat eine erneuerte "Sozialkritik des Kapitalismus" zur Voraussetzung."
Selbstorganisierung fördern
"Das Job-Wachstum während des zurückliegenden Jahrzehnts bedeutete vor allem einen Zuwachs an flexiblen, überwiegend prekären Beschäftigungsverhältnissen. Das Phänomen der Prekarität lenkt die Aufmerksamkeit auf die Wiederkehr sozialer Unsicherheit in die an sich reichen und sicheren Gesellschaften des Westens. Die Gewerkschaften sind gut beraten, eine wirksame Politik der Entprekarisierung zu entwickeln." Artikel von Prof. Klaus Dörre bei ver.di Perspektiven ohne Datum
Fluchtlinien eines politischen Projekts in der Prekarisierung. Eine eklektische Aneignung des gewerkschaftlichen "Organizing"
Im Gegensatz zum gewerkschaftlichen Service-Modell baut Organizing - unter dem Motto "die Beschäftigten bilden selber die Gewerkschaft" - auf einer breitbandigen Strategie auf.
Artikel von Efthimia Panagiotidis in Organisierung der Unorganisierbaren entnommen aus Kulturrisse 0406
Mayday! Oder: Die unmögliche Organisierung der möglicherweise Unorganisierbaren - eine Zwischenbilanz mit Ausblick
Die Entstehung des Euromayday-Prozesses erzählt viel über die Krise der traditionellen Organisationen der ArbeiterInnen- und Gewerkschaftsbewegung. Artikel von Martin Birkner und Birgit Mennel in Organisierung der Unorganisierbaren entnommen aus Kulturrisse 0406
Jenseits eines simplen Verelendungsdiskurses
Prekäre Arbeitsverhältnisse von Migrantinnen und Möglichkeiten einer (Selbst-)Organisation der Betroffenen am Beispiel maiz. Artikel von Luzenir Caixeta in Organisierung der Unorganisierbaren entnommen aus Kulturrisse 0406
Drinnen oder draußen? Frauen in Gewerkschaften
Ein Hauptproblem in Bezug auf die Nicht-Erfassung von Frauenarbeit ist an den Kategorien festzumachen, in denen gedacht, geforscht und mit denen Politik gemacht wird. Artikel von Alexandra Weiss in Organisierung der Unorganisierbaren entnommen aus Kulturrisse 0406
Die Unorganisierbaren organisieren. Neue Formen von Arbeit, Identitäten und Interessen und ihre kollektive Organisierung
Die Bedingungen für eine erfolgreiche Organisierung sind tendenziell in Auflösung begriffen und erfordern neue Formen der kollektiven Vertretung von ArbeitnehmerInneninteressen durch die Gewerkschaften. Artikel von Susanne Pernicka in Organisierung der Unorganisierbaren entnommen aus Kulturrisse 0406
Let's organize. Modelle der Organisierung in den Creative Industries
Im Gegensatz zu KünstlerInnen im engeren Sinne handelt es sich bei den Beschäftigten in den CI um Personen, die zwischen allen Stühlen sitzen. Und das sogar in verschiedenen Räumen. Artikel von Elisabeth Mayerhofer und Monika Mokre in Organisierung der Unorganisierbaren entnommen aus Kulturrisse 0406
MWR: The sexiest rebellion ever - Über die Selbstorganisation eines Haufens ungebildeter, fauler, betrunkener Taugenichtse und die Rolle des Internets dabei
"McDonald's Workers Resistance (MWR) - diesen Namen gab sich 1999 eine Gruppe junger McDo-ArbeiterInnen in Glasgow (Schottland). Mit der Zeit schlossen sich andere Gruppen in Großbritannien (UK) und im Ausland an. Bis die Bewegung 2004 an Elan verlor und die ursprüngliche Gruppe sich auflöste, umfasste sie Hunderte ArbeiterInnen, die sich selbst als "apolitisch" oder politisch uninteressiert bezeichneten - aber die meisten unterstützten den konfrontativen Kurs der Glasgower Gruppe. Dieser Versuch, gering qualifizierte ArbeiterInnen mit Hilfe des Internets zu organisieren, sammelte wichtige Erfahrungen und begründete gegen alle Widrigkeiten auch bei McDonald's eine Widerstandstradition. Die Erfahrungen von MWR sollen als Anregung für ArbeiterInnen dienen, die sich v.a. im Niedriglohnsektor zusammentun und für ihre Würde kämpfen wollen, wie auch andere vor ihnen gekämpft haben. Just do it!..." Artikel von Funnywump (Ex-MWR) in der Onlinezeitung trend 01/07
Die Unorganisierbaren. Tarifpolitik der kleinen Schritte bei »besonderen Dienstleistungen« "Viel Arbeit, wenig Geld, hohe Fluktuation, kaum Organisierung: Der ver.di-Fachbereich 13 für »besondere Dienstleistungen« kümmert sich um die Problemzonen der Dienstleistungsgesellschaft. In einem Modellprojekt in Hamburg wird versucht, Erfahrungen aus den USA zu nutzen." Artikel von Jörg Meyer in ND vom 17.11.06
Prekäre Arbeit: Neue Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten für die Interessenvertretung
Leiharbeit, befristete Arbeitsverhältnisse und Mini-Jobs haben im Organisationsbereich der IG Metall erheblich zugenommen. Die gesundheitlichen Risiken für die prekär Beschäftigten sind besonders hoch. Dies belegt eine Studie im Rahmen des Projekts "Gute Arbeit". Die Download-Arbeitsmappe "Prekäre Arbeit" analysiert die Arbeitsbedingungen prekär Beschäftigter. Siehe dazu auch:
Kampagne für prekär Beschäftigte gestartet
"Die IG Metall will sich mehr um Menschen kümmern, die von tariflichen und sozialen Errungenschaften kaum profitieren. Gemeint sind etwa Zeitarbeiter, befristet Beschäftigte und Arbeitslose. In Nordrhein- Westfalen hat die Gewerkschaft dazu die "Initiative Solidarität" gestartet." Artikel von Eva Roth in Frankfurter Rundschau vom 17.11.06. Bei der IG Metall ist natürlich davon nichts zu finden.
Chainworkers zu Anti-Prekaritäts-Perspektiven
"Anlässlich der landesweiten Konferenz "Stop precarietà ora" ("Prekaritäts-Stopp jetzt!") veröffentlichten die Chainworkers in der linken Tageszeitung "il manifesto" vom 8.7.2006 das folgende Positionspapier zum Stand der Anti-Prekaritätsdebatte und den Perspektiven. Die im April 2000 im besetzten Centro Sociale Bulk in Mailand entstandene Gruppe Chainworkers (Supermarktkettenarbeiter) initiierte und prägte - zusammen mit dem Basisgewerkschaftsbund CUB - die seit dem 1.Mai 2002 in der norditalienischen Metropole organisierten Mayday-Paraden..." Posting von "Chainworkers" vom 26.07.2006 bei indymedia der Übersetzung der Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover
Kollege, Opfer, Konkurrent
Auf einem gewerkschaftlichen Workshop zur illegalen Beschäftigung meldeten sich die Betroffenen selbst zu Wort. Artikel von Peter Nowak in erweiterter Fassung gegenüber ND vom 2.12.05
Prekarität und soziale (Des-)Integration
"Wir gehen in unserem Beitrag von der These aus, dass der Trend zur Prekarisierung der Erwerbsarbeit von maßgeblichen gesellschaftlichen Akteuren in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft noch immer unterschätzt wird. Wir werden zeigen, dass die Ausbreitung unsicherer Beschäftigungsverhältnisse zunehmend auch das noch immer geschützte Zentrum der Arbeitsgesellschaft diszipliniert. Gestaltungsansätze, die sich an lange Zeit verbindlichen Kriterien für "gute Arbeit" orientieren, geraten in die Defensive. In der Konsequenz plädieren wir für eine Strategie der Entprekarisierung als Eckpfeiler eines neuen arbeitspolitischen Koordinatensystems von Praktikern aus Wirtschaft, Betrieben, Gewerkschaften und Politik." Artikel von Klaus Dörre und Tatjana Fuchs in Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung Nr. 63 vom September 2005
"Niedriglöhne, prekäre Beschäftigung und Gewerkschaften"
Thesen zu prekärer Arbeit und gewerkschaftlicher Organisation - Diskussionspapier von Sebastian Wertmüller, DGB Vorsitzender Südniedersachsen/Harz. Auf der Kongress-Sonderseite "Die Kosten rebellieren" im LabourNet Germany. |