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Updated: 18.12.2012 15:51
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Vor 70 Jahren in Frankreich: Der Front populaire , der Generalstreik und die «Errungenschaften»

Die Vorgeschichte

Am 06. Februar 1934 versuchen die französischen Faschisten, durch eine gewalttätige Massendemonstration mit Sturm auf das Parlament (Bilanz: 17 Tote, 2.300 Verletzte) die Republik zu stürzen. Die Kommunistische Partei reagiert gemäß der «Sozialfaschismus»-Doktrin der Dritten Internationale (Komintern). Der französische KP-Chef Maurice Thorez erklärt im Parlament: «Sie alle, Regierende und Abgeordnete der Rechten oder der Linken, führen das Land in den Faschismus. Die internationale Erfahrung beweist, dass es keinen Wesensunterschied zwischen der bürgerlichen Demokratie und dem Faschismus gibt.»

An der Basis der Linksparteien jedoch stellt sich von selbst die antifaschistische Einheit her: Als in Paris zwei getrennte Demonstrationszüge gegen den Putschversuch vom 06. Februar marschieren, ein sozialdemokratischer und ein kommunistischer, vereinigen sie sich spontan unter Rufen: «Einheit! Einheit!»

Unter dem mächtigen Druck der Arbeiterbasis hin zur antifaschistischen Einheit, aber auch unter dem Eindruck der Niederlage der deutschen Kommunisten (1933) bereitet die Komintern einen Kurswechsel vor. Ab jetzt fordert sie nationalen kommunistischen Parteien dazu auf, die Einheit gegen den Faschismus zu suchen, Bündnisse mit der Sozialdemokratie einzugehen und auch einen patriotischen Diskurs zu übernehmen. Am 27. Juli 1934 unterzeichnen französische Kommunisten und Sozialisten einen Pakt der Aktionseinheit. Mit Blick auf die Parlamentswahlen, die am 26. April und 03. Mai 1936 stattfinden werden, schließen sie ein Wahlbündnis ab, dem sich dann auch die Radikalen (so heißen seit dem 19. Jahrhundert in Frankreich die antiklerikalen Liberalen) anschließen: Es heißt «Sammlung des kleinen Volkes ( Rassemblement populaire ) für Brot, Frieden und Freiheit», bekannt geworden unter dem Namen Front populaire (ungefähr: Front der gesellschaftlichen Unterklassen, äußerst grobschlächtig und verzerrend übersetzt mit «Volksfront»). Gleichzeitig kommt es im März 1936 auch, nach fünfzehn Jahren Trennung, zur Wiederververeinigung der beiden großen Gewerkschaftsorganisationen CGT (Mehrheitsblock) und CGT-U (der kommunistische Flügel) unter dem nunmehr wieder gemeinsamen Namen CGT. Letztere wird dadurch zur unangefochtenen gewerkschaftlichen Massenorganisation.

Als offizieller Name für die Allianz auf Wahlebene wird Rassemblement populaire (gegenüber dem gebräuchlicheren Titel « Front... ») vorgezogen, da die Parteistrategen namentlich bei der KP keine Verwechslung mit dem Front unique (Einheitsfront, gemeint: der Arbeiterparteien) aufkommen lassen wollte, über den man in den 1920er Jahre noch lebhaft diskutiert hatte. Denn nunmehr geht es nicht um eine «Einheitsfront» der (in welcher Form auch immer) sozialistisch orientierten Kräfte und der Parteien der Arbeiterbewegung, sondern um ein Bündnis, das dezidiert auch bürgerlichen Kräften wie den 'Radicaux' offen stehen soll.

Dank des Rückzugs jeweils aller anderen Bewerber aus der Linken, zugunsten des best platzierten Kandidaten einer Linkspartei im jeweiligen Wahlkreis, trägt die Linke den Wahlsieg davon. Das Kräfteverhältnis zwischen den Blöcken der Rechten, die 100.000 Stimmen verloren hat (4,2 Millionen), und der Linken mit 300.000 gewonnenen Stimmen (5,4 Millionen) hat sich nur in geringfügigem Maße verändert. Innerhalb der Linken freilich hat sich das Kräfteverhältnis verschoben. Der große Gewinner ist die KP, die sich von vorher 8,4 Prozent auf 15,4 Prozent der abgegebenen Stimmen katapultiert und erstmals zur wirklichen Massenpartei wird.

KP-Chef Maurice Thorez betrachtet das neue Bündnis als «Union der französischen Nation», das auch Katholiken und ehemaligen Nationalen offen stehe, um das Land gegen die «Agenten des Auslands» zu verteidigen, nämlich die Faschisten als (in seiner Darstellung) Diener Deutschlands und Italiens. Just in jener Periode übernimmt die KP auch eine für sie neue Symbolik: In ihren Veranstaltungen wird zukünftig - und bis heute - noch vor der « Internationale » auch die französische Nationalhymne (La Marseille) gesungen, unter Berufung darauf, dass diese ja auch ein revolutionäres Erbe widerspiegele. Und ab jetzt werden auch französische Nationalflaggen bei der KP zur Schau gestellt. In der ersten Phase, 1935/36, hat die Parteiführung dabei jedoch noch ernsthafte Schwierigkeiten mit ihrer Basis: Auf ihren Demonstrationen rollen die Kommunisten von der Parteibasis die blau-weiß-roten Fahnen einfach um die Fahnenstange herum zusammen - so lange, bis nur noch der rote Stoff übrig bleibt.

Die Forderungen, so der Chef der französischen KP, dürften daher nicht zu radikal formuliert sein. Teile der sozialistischen Partei SFIO hingegen wollen ein Regierungsprogramm mit «sozialistischen Inhalten», von dem sie sich tief greifende Reformen (damals handelt es sich noch nicht um «Reformen» im neoliberalen, regressiven Sinne!) versprechen. Der linke Flügel der SFIO beispielsweise kann im Programm der Sozialisten eine Reihe von Nationalisierungsforderungen durchsetzen, die jedoch in der Folgezeit im gemeinsamen Bündnis durch die KP ausgegrenzt werden. Denn aus deren Sicht gilt es einerseits nicht die bürgerlichen Bündnispartner in der gemeinsamen « Volksfront » zu verärgern. Andererseits aber kann die KP es nicht dulden, dass da jemand ohne ihr Zutun nach vermeintlichen ( !) Wegen des Übergangs zum Sozialismus sucht: Niemand anders als sie selbst verkörpert eine grundlegende Alternative zum kapitalistischen System. Also darf auch niemand an Versuchen, dieses System umzuwandeln, herum basteln, so lange die KP dabei nicht mittut.

«Alles ist möglich» - Oder: « Il faut savoir arrêter une grève »?

Der Wahlsieg der Linken löst unterdessen eine spontane Massenbewegung aus, mittels derer sich der jahrelang aufgestaute soziale Druck entlädt. Unmittelbarer Anlass sind Entlassungen von Arbeitern, die am 1. Mai (damals noch kein gesetzlicher Feiertag!) nicht in der Fabrik erschienen waren.

Auf dem Höhepunkt der mächtigen Streikwelle, zwischen dem 09. Und 11. Juni 1936, sind anderthalb Millionen im Ausstand. Und, vor allem, die Streikenden besetzen «ihre» Fabriken und Arbeitsstätten! Der radikale Flügel der SFIO-Sozialisten unter Maurice Pivert und die französischen Trotzkisten halten die damalige Situation für potenziell revolutionär und erklären: «Alles ist möglich» ( Tout est possible ). Hingegen fordert KP-Chef Maurice Thorez die Arbeiter auf: «Man muss einen Streik beenden können, sobald die Forderungen erfüllt sind. Oder auch wenn nicht Zufriedenstellung zu allen Forderungen erreicht werden konnte, aber die wesentlichen Punkte erfüllt sind. Alles ist nicht möglich.» Vor allem der erste zitierte Halbsatz ( Il faut savoir arrêter  une grève... ) ist seitdem im historischen Gedächtnis der französischen Linken fest verankert geblieben.

Die öffentlich Bediensteten, insbesondere die gut organisierten Mitarbeiter/innen der Verkehrsbetriebe, schließen sich unter dem Druck der KP und der mit ihr verbündeten CGT-Führung dem Streik nicht an. Der Professor für Zeitgeschichte Jean-Paul Brunet schreibt dazu: «Diese (KP- und CGT-Führung) hatten Angst vor der Breite der Bewegung, die ihrer Kontrolle entglitt, und schätzten, dass die gewerkschaftlich nicht organisierte Masse der Arbeiter die Grenzen des Vernünftigen überschreiten würde.» (Zitiert aus: Historia , Nr. 593, Mai 1996.)

Aber erst die Streikwelle war es, die zum Durchbruch einiger der wesentlichen «Reformen der Front populaire -Regierung» führte. So hatte das Wahlprogramm des Front populaire nur in allgemeiner Form eine «Verkürzung der Arbeitswoche ohne Lohnverlust» versprochen bzw. gefordert. Erst im Juni 1936, nach dem Streik!, taucht dann die konkretisierte Aussicht auf die 40-Stunden-Woche (anstatt der bisherigen 48-Stunden-Woche) auf. Und die Forderung nach bezahltem Urlaub war vor dem Ausbruch der Streikwelle durch die Linksparteien gar nicht programmatisch erhoben worden. Umgekehrt stimmen auch Abgeordnete der Rechten, unter dem Eindruck der Streikwelle, ihrer Einführung dann später zu - obwohl die politische Rechte ideologisch solchen Reformen im Prinzip feindlich gegenüber steht. Es war also der Streik mit Fabrikbesetzungen, der die entscheidende Änderung herbei führte, und nicht (allein) der Wahlsieg des Front populaire .   

Ein Marxist wird Regierungschef

Am 04. Juni 1936 tritt die neue Regierung ihr Amt an. Léon Blum wird Premierminister bzw., nach damaliger Terminologie (der Ausdruck 'Premierminister' wird unter der Fünften Republik seit 1958 benutzt) «Präsident des Ministerrats», Président du Conseil .

Die KP unterstützt die Regierung, nimmt aber nicht selbst mit Ministern an ihr teil, sondern erprobt eine Art Tolerierungsmodell ( Soutien sans participation , «Unterstützung ohne Teilnahme»); ihre Führungspersönlichkeiten werden aber stets in engem Kontakt mit Premierminister Blum bleiben.

Der Historiker Aymar du Chatenet schreibt: «Es ist das erste Mal, dass ein Jude ins höchste Regierungsamt eintritt; das erste Mal, dass ein Marxist Präsident des Ministerrats wird; und auch das erste Mal, dass der Regierungschef durch die Kommunisten unterstützt wird.» Blum holt drei Frauen in die Regierung, obwohl der weibliche Teil der Bevölkerung damals noch überhaupt nicht das Wahlrecht hat - das Frauenwahlrecht wird in Frankreich erst 1944 gesetzlich verankert. Ein Teil der öffentlichen Meinung zeigt sich «schockiert». Die Presse der extremen Rechten, die damals in Millionenauflage erscheint, geifert gegen den «streunenden, wurzellosen Juden» ( juif errant ) Blum, gegen die «Tyrannei dieses Mannes einer anderen Rasse», gegen «den Asiaten». Und sie streut finsterste Gerüchte, etwa das, wonach Léon Blum in Wirklichkeit Karfunkelstein heiße, nicht Franzose sei, aus Bessarabien (heute Moldawien) stamme und ein geheimes Vermögen aus Diamanten besitze. Doch es hilft alles nichts: Aufgrund der nachfolgenden Reformen wird Léon Blum durchaus als populäre Figur im historischen Gedächtnis eines Großteils der französischen Gesellschaft bleiben. Die antisemitische Propaganda hat damals ihre zweite gesellschaftliche Niederlage erlebt, nach der Niederringung der antisemitischen Bewegung während der Dreyfus-Affäre (auch wenn ihre Ideologie unter der deutschen Besatzung und dem Kollaborationsregime vier Jahre lang zum Staatsprogramm erhoben werden wird, was sie aber späterhin erst recht diskreditiert).

Die ersten Wochen der Regierungsära des Front populaire bringen Reformen Schlag auf Schlag, 133 Gesetze werden in 73 Tagen veraschiedet. Die wichtigsten betreffen die 40-Stunden-Woche (statt bisher 48 Stunden), den ersten bezahlten Urlaub (zwei Wochen pro Jahr) für die Masse der Arbeiterschaft - viele sehen im Sommer 1936 zum ersten Mal in ihrem Leben das Meer! -, kräftige Lohnerhöhungen u.a. durch Festlegungen von Mindestlöhnen, die gesetzliche Einführung der Kollektivvereinbarungen (= Tarifverträgen). Für die Bauern, damals immerhin 30 Prozent der arbeitenden Bevölkerung, wird das Office de Blé (ungefähr: Weizenbüro) gegründet. Eine wichtige Neuerung, denn durch diese Agentur übernimmt die öffentliche Hand eine Abnahmegarantie für das Getreide zu festen Mindestpreisen, so dass das häufig Existenz gefährdende wirtschaftliche Risiko für die landwirtschaftlichen Erzeuger doch erheblich gemindert wird. Am 30. Juni 1936 werden ferner die rechtsextremen «Bünde» ( ligues ), die bestehenden Ansätze von faschistischen Massenorganisationen, verboten und aufgelöst. Die Staatsbank ist nunmehr der Regierung verantwortlich und kann nicht mehr, unabhängig von der Politik bzw. (falls diese für das Kapital unangenehme Entscheidungen trifft) zu deren Nachteil, eigenmächtig über Auf- und Abwertungen der französischen Währung entscheiden. Und am 11. August 1936 wird die Waffenindustrie verstaatlicht. Die Banque de France (französische Zentralbank) wird zur « Banque de la France » und soll nunmehr auf die Ziele der staatlichen Wirtschaftspolitik verpflichtet werden, statt allein für Geldwertstabilität durch Inflationsbekämpfung zu sorgen.

«Die ökonomische Doktrin von Léon Blum war in ihrer Essenz nicht sozialistisch (...). Das Schema Blums sah das Wachstum des Binnenkonsums vor (...) und ging davon aus, dass sich so erhöhte Profitaussichten für eine Unternehmerschaft ergeben würde, die neue Investitionen vornehmen würde» (so der oben zitierte Historiker Brunet). Ein eher keynesianisches Schema also.

Doch das Bürgertum zieht es damals vor, sein Kapital «in Sicherheit zu bringen», vorzugsweise in die Schweiz. Durch Währungsspekulation verliert der französische Franc zunehmend an Boden. Da Léon Blum sich jedoch anfänglich weigert, eine eindeutige Wahl zu treffen und die Währung freiwillig abzuwerten (und damit Importe zu verteuern, Exporte zu verbilligen, aber Gefahr zu laufen, das französische Image in Sachen «Stabilität» zu schädigen), muss er schließlich eine von außen erzwungene, unfreiwillige und erzwungene Abwertung hinnehmen.

Am 25. Oktober 1936 schließt Paris ein Abkommen mit London und Washington, demzufolge der Franc um 25 bzw. 35 Prozent abgewertet wird. Die positiven Effekte (Verbilligung von Produktion und Exporten) sind angesichts anhaltender Kapitalflucht und Währungsspekulation alsbald verflogen. Doch die negativen Aspekte (Abwanderung spekulativen Kapitals, das auf der Suche nach Gewinnen bisher in französischen Francs angelegt worden war; Verteuerung der Importe) greifen rasch, noch zusätzlich beschleunigt durch die psychologische Niederlage der Regierung Blum. Die Inflationsrate durch Preiserhöhungen bei vielen Gütern (70 Prozent binnen zwölf Monaten) bringt alsbald die vorhandenen Lohnzuwächse der Arbeiter in Gefahr. So holt sich das Kapital zurück, was es am Anfang hatte herausrücken müssen.

Als am 17. Juli 1936 der General Franco in Spanien putscht und eine weitere Front in der Ausbreitung des europäischen Faschismus eröffnet, ist Léon Blum zunächst Anhänger einer Intervention zugunsten der bedrohten spanischen Republik. Am 06. September 1936 jedoch spricht er sich in einer Rede für die Nicht-Intervention aus, dem europäischen Frieden zuliebe. Die Regierung Blum (die allerdings de facto private Initiativen für Waffenlieferungen nach Spanien und andere Solidaritätsformen ermuntert) steht von mehreren Seiten her unter Druck. Die Kommunistische Partei rührt aktiv die Trommel für eine militärische Unterstützung der spanischen Republik. Dagegen sind die Radicaux (Linksliberalen; damals eine Zwanzig-Prozent-Partei, von der heute nur noch ein kümmerlicher Rest übrig ist) für die britische Politik des «Heraushaltens». Und innerhalb der Sozialistischen Partei, SFIO, wünscht der pazifistische Flügel ebenfalls ein Heraushalten, wenn auch aus anderen Motiven, die (für sich genommen) moralisch ehrbar sein mögen.

Die neue Akzeptanz der KP als staatspolitische Kraft ist unterdessen nach einigen Monaten bereits am Dahinschmelzen. Vor allem internationale Ereignisse liefern dazu Anlässe. Die Haltung der franzözsischen Kommunisten zum Bürgerkrieg in Spanien bringt insbesondere katholische Milieus gegen sie auf, die durch Horrorberichte über angebliche Schändungen von Kirchen durch «Rote» (die freilich, wenn überhaupt, durch radikale spanische Anarchisten begangen worden waren) aufgeschreckt worden sind. Dies schmälert zunehmend die gemeinsame Basis, im Rahmen des Front populaire -Bündnisses, gegenüber der organisierten katholischen Arbeiterschaft.

Eine wichtige Rolle spielen aber auch die Moskauer Prozesse, deren erste Welle zwischen dem 18. und dem 23. August 1936 ablief. Nicht wenige Intellektuelle wenden sich nach den ersten Schauprozessen angewidert von der KP ab, darin bestärkt durch zwei Buchveröffentlichungen von André Gide. Dieser war als kommunistischer Sympathisant in die Sowjetunion gereist, schrieb jedoch Ende 1936 in sehr kritischem Ton «Rückkehr aus der UdSSR» ( Retour d'URSS ) und Ende 1937, schärfer verfasst, «Korrekturen an meiner Rückkehr aus der UdSSR». Die Terrorprozesse in Moskau bleiben in der französischen Intelligenz auch sonst nicht unbeachtet. Die KP-Tageszeitung L'Humanité  berichtet zunächst nüchtern-neutral aus der UdSSR. Aber zur zweiten Prozesswelle im Januar 1937 schickt sie zwei Beobachter. Im Anschluss schießt sie sich heftig-geifernd auf die politische Opposition und andere «Spione» ein. Die inner-kommunistische Opposition, in der Sowjetunion wie im Übrigen auch in Frankreich selbst, wird nunmehr perfide als (so die neue offizielle Sprachregelung der französischen KP) Hitléro-trotzkistes , also «Hitler- und Trotzki-Anhänger», tituliert. Eine Sprachregelung, die Maurice Thorez bis lange nach dem Zweiten Weltkrieg beibehält.

Das Ende vom Lied

Am 13. Februar 1937 spricht Léon Blum sich in einer Radioansprache für eine «Pause» bei den Reformen aus. Der Druck des in privaten Händen konzentrierten Kapitals, das ja seine wirtschaftlichen Machtpositionen grundsätzlich behalten hatte, wird nunmehr übermächtig. Am 15. Juni 1937 dann will Blum sich vom Parlament in ökonomischen Fragen umfassende Vollmachten verleihen lassen, um nunmehr restriktive Maßnahmen durchsetzen zu können: Das Ende der (im Prinzip) automatischen Angleichung der Löhne an den Preisanstieg; fünf Milliarden Francs zusätzliche Steuern; eine drastische Erhöhung der Tabakpreise, der Post- und Bahntarife; aber auch die parallele Einführung einer Kontrolle (endlich!) der spekulativen Währungsgeschäfte und anderer Aktivitäten des Finanzkapitals.

Während die KP die Einführung der erstgenannten Maßnahmen beklagt, empört sich die Bourgeoisie über die letzteren. Die KP stimmt schließlich für das Gesamtpaket an Maßnahmen, «um den Front populaire zu retten». Aber die Radikalen (Linksliberalen) spielen ein doppeltes Spiel: In der Nationalversammlung, dem «Unterhaus» des französischen Parlaments, stimmen sie für Blum. Doch im Senat, dem «Oberhaus», votieren sie gegen ihn. In der Nacht vom 21. auf den 22. Juni 1937 reicht Léon Blum seinen Rücktritt als Präsident des Ministerrats ein.   

Bernard Schmid, Paris, 07.06.2006


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