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Updated: 18.12.2012 15:51
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Zurück ins 19. Jahrhundert. Frauenlöhne "Ost".

Nicht jedem fiel die aktuelle Tabelle vom Statistischen Bundesamt in die Hände, die unlängst in einigen Printmedien kommentiert veröffentlicht worden ist und Auskunft darüber vermittelte, welchen "Lohnentzug" eine berufstätige Frau in den "Neuen Bundesländern" hinzunehmen gezwungen ist.

August Bebel leitete 1879 bei der Erstveröffentlichung seines Buches "Die Frau im Sozialismus" seine Gedanken mit der Betrachtung ein: "Wir leben im Zeitalter einer großen sozialen Umwälzung, die mit jedem Tag weitere Fortschritte macht."

Wenn im vielseitigen CDU/CSU -"Regierungsprogramm" der Begriff "Frau" lediglich drei Mal Erwähnung findet, treffen die von Bebel vorausgesagten "großen sozialen Umwälzungen" im negativen Sinne zeitgemäß zu. Beide sogenannten Volksparteien faseln in ihren Wahl-Programmen von der Gleichstellung der Frau. "Eine SPD-geführte Bundesregierung wird erstmals einen "Bericht zur Gleichstellung von Frauen und Männern" vorlegen und in einer nachfolgenden Regierungserklärung Fortschritte aufzeigen, die verbliebenen Defizite offen legen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen darlegen." Hatten die SPD-Genossen um Schröder nicht schon Jahre dazu Gelegenheit, die Defizite zu beheben?

Eine vollzeitbeschäftigte "Ost-Frau", so das Statistische Bundesamt, verdiente im produzierenden Gewerbe im Jahr 2004 ein Jahreseinkommen von 20.196 Euro. Die "West-Frau" hingegen 26.371 Euro, also 30,6 % mehr. Der vollbeschäftigte "West-Mann" ging mit 35.313 Euro in die Statistik ein, also 74,9 % mehr als eine Frau "in den blühenden Landschaften". Die "Gleichstellung zwischen Frau und Mann" weist eben noch "verbleibende Defizite" auf. Um nicht der Einseitigkeit bezichtigt zu werden, hier auch der amtliche Vergleich im Bereich Handel, Kredit- und Versicherungsgewerbe. Jahreseinkommen 2004 der "Ost-Frau"= 28.402 Euro; Frau im Westen = 34.374 Euro. Differenz: 21 % Mehrverdienst in den alten Bundesländern. Der "West-Mann" hingegen 46.326 Euro; 63 % über dem Frauen-Ostniveau. August Bebel zitiert in seinem Werk den bedeutenden französischen Nationalökonomen Pierre Emile Levasseur, der umfangreiche Studien zur weltweiten Lohnentwicklung im ausgehenden 19. Jahrhundert betrieb. "Was den Arbeitslohn betrifft, so sagt der bürgerliche E. Lavasseur, dass fast in allen Fällen der Arbeitslohn der Frauen nur sehr selten bis zu zwei Dritteln des Lohnes der männlichen Arbeiter steigt und viel öfter die Hälfte beträgt." Die Erkenntnis des Franzosen aus dem 19. Jahrhundert bewahrheitet sich am Beginn des 21. Jahrhunderts für die Frauen und Mädchen in den "Neuen Bundesländern".

Der Erfurter Ingenieur Stefan Sommer mühte sich mit gebremsten Schaum in seinem Nachwende-"Lexikon des DDR-Alltags" einige Begriffe zu definieren, vermied gänzlich den Begriff "Gleichberechtigung", entschloss sich aber immerhin nach "Frau Dr. Pille" alphabetisch folgend den "Frauenausschuss", "Frauenförderungspläne", "Frauenruheraum", "Frauensonderstudium" und "Frauentag" zu erwähnen. Seine Erläuterung zum Begriff "Frauenförderpläne": Sie "dienten dazu, die Gleichberechtigung der Frau, die sich in den ersten Jahren der DDR vor allem darin äußerte, dass die Frau für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn bezahlt bekam, auf ein neues Niveau zu heben und Frauen vor allem in der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu unterstützen."

Vergangenheit! Bebels Titel: "Die Frau im Sozialismus."

"Wir lebten im Zeitalter einer großen sozialen Umwälzung, die mit jedem Tag weitere Fortschritte machte."

Hans Horn im August 2005


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