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Updated: 18.12.2012 15:51
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„So viele falsche Freunde. Die Arbeitslosenindustrie läuft zu populistischer Hochform auf - und schadet den Betroffenen“

Die Kolumne von Margaret Heckel aus der FTD vom 3.8.2004 externer Link hat gleich zwei LabourNet-Leser zu Leserbriefen angeregt:


RECHENKÜNSTE

Sehr geehrte Frau Heckel,

Worauf ich mich nicht beziehen werde, obwohl ich als Langzeitarbeitsloser vor Wut koche, wenn ich ihr Geschmiere lese, für das sie auch noch Geld bekommen werden, ist ihr Stil.

Ich wundere mich, dass so was in der FTD möglich ist, auch in der Rubrik Kommentare und Meinungen.

Gegen ihre ideologische Verseuchung will ich aber heute nicht angehen. Nur ihre Rechenkünste, die sind schon peinlich.
Haben Sie das beim Schreiben wirklich nicht bemerkt? Zwar hantiere ich nicht annähernd so gerne wie Sie mit dem Begriff der Betroffenheit. In diesem Falle bin ich aber ein Betroffener.

Rechnen wir einmal: ich bekomme im Dezember 2004 zum Monatsende meine letzte Zahlung der Arbeitslosenhilfe. Die wurde immer nachträglich gezahlt. Soweit sind wir ja noch einer Meinung. Es ist allerdings auch klar, dass diese Zahlung sich auf den Monat Dezember bezieht und nicht auf den Januar. Das ist sogar höchstrichterlich festgestellt worden.

So, und wenn nun, wie sie ja auch noch richtig schreiben, das neue ALG II immer am Monatsanfang ausgezahlt wird und die erste Zahlung erfolgt erst am 1. Februar 2005, dann ist diese Zahlung auch für den Februar. Für den Januar bekämen ich und alle anderen "Betroffenen" dann nichts.

Das aber streiten sie glattweg ab. Ich hätte es ja noch verstanden, wenn sie argumentiert hätten, dass der Clement schon recht habe, die Bedürftigkeit wäre dann zu prüfen und läge nicht vor etc.

Aber nein, sie behaupten, ihre Rechnung wäre korrekt und wir würden nicht um einen Monat Einkommen, welches dann eh kaum noch zum Leben reicht, beschissen.

Liebe Frau Meckel. Fangen Sie am besten noch mal in der Grundschule an! Es besteht durchaus Hoffnung.

Mit freundlichen Grüßen
Henry Royeck

P. S.: Vielleicht schreiben Sie ja doch in der richtigen Zeitung. Mehr am Rande fällt mir unten bei meinen Angaben auf, dass Arbeitslose hier nur unter "Sonstige" geführt werden, während neben den üblichen beruflichen Einstufungen gleich mehrere Leitungsrubriken aufgezählt werden. Es gibt eben verschiedene Leben im Kapitalismus. Freuen Sie sich, dass Sie noch auf der Seite der Beschäftigten stehen. Solche Kommentare sollen diesen Zustand wahrscheinlich auch sichern.


Betrifft: Kolumne: So viele falsche Freunde FTD 03.08.2004

Sehr geehrte Frau Margaret Heckel,

ich verstehe Ihre Empörung über die ang. „Arbeitslosen-Empörungsindustrie“ zumindest in sofern, wie zu Ihrem Leserkreis eher jener Teil der Bevölkerung gehört, der lieber mit Aktien – also auch mit Arbeitslosigkeit und sinkenden Löhnen - spekuliert als zu arbeiten (sicher - fallende Kurse können einem auch dazu bringen ein paar Kalorien auszuschwitzen).

Etwas wundersam empfinde ich allerdings Ihre Rechnung bezüglich der Umstellung am 02.01.2005. Wenn die Arbeitslosenhilfe zum Monatsende und das Arbeitslosengeld II am Monatsanfang gezahlt wird, so muss nach Rechnen Grundschule 2. Klasse, dass Arbeitslosengeld II Anfang Januar 2005 und nicht Anfang Februar 2005 gezahlt werden. Es ist also nach dem Einmal-Eins egal, wann das Geld für Januar gezahlt wird, eine Zahlung am 1.Februar, die als Vorauszahlung für Februar gedacht ist, zaubert allerdings kein Geld für Januar her. Um Herrn Clement seine Metaphysik zu verteidigen, weichen Sie auf das Argument aus, dass das Arbeitslosengeld II „als rein steuerfinanzierte Bedürftigkeitsleistung analog zur heutigen Sozialhilfe im Voraus bezahlt“ wird, was nochmals Ihre geringen mathematischen Grundkenntnisse zeigt.

Tatsache ist vielmehr, dass von Regierungsseite die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld einfach reduziert wurde, ohne dass die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gesenkt wurden. Ja, wo ist es denn hin, das Geld, was die Regierung von mir als fleißig arbeitender Menschen munter weiter kassiert, aber den Betroffenen nun nicht mehr wie früher zu Gute kommen lässt? Anders ausgedrückt: Wer heute versucht sein Geld vor dem Staat zu retten, schadet nicht dem sog. „Gemeinwohl“, sondern bestenfalls einer Politik, die hart erarbeitetes Geld zu stehlen versucht.

Bei einem gegenwärtigen Rekordhoch an Arbeitslosigkeit, sollten auch Sie sich vielleicht einmal fragen, was dagegen zu machen ist. Arbeitslose sollten endlich anfangen vom Staat möglichst viel herauszuholen. Schließlich brauchen sie jede Menge um wirklich das Allgemeinwohl zu fördern, also das zu tun, was die gegenwärtige Regierung nicht kann bzw. nicht will. Zugegeben-  nicht jeder Arbeitslose spendiert Bedürftigen etwas. Nur sind hier die Chancen größer als bei der Regierung.

Warum helfen Sie denn nicht den Betroffenen beim Ausfüllen, was sicher besser ist als solche Artikel zu schreiben? Verständlich ist nur, dass nur wenige freiwillig, die erfassungswidrige Wiedereinführung der Zwangsarbeit unterstützen wollen. Geld verdirbt zwar nicht unbedingt den Charakter. Der ganze Hartz-Komplott gegen das Grundgesetz zeigt allerdings, dass ständiges Schmarotzen auf Kosten anderer schnell zum Aufgeben jeglicher Grundsätze von Demokratie und sozialem Rechtstaat führen kann – allerdings die Geschichte wiederholt sich nicht.

Ansonsten - auch weiterhin - viel Spaß beim Klassenkampf

 Armin Kammrad, Augsburg


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